Baumaßnahmen mit giftiger Schlacke am Ohlstedter Platz

Im Ortsausschuss Walddörfer wurde am 9. Juli 2007 vom Bezirksamt Wandsbek über den Einbau von belasteter Müllverbrennungsschlacke am Ohlstedter Platz während Bauarbeiten im Herbst 2004 berichtet. In der Folge seien Schadstoffe aus der Schlacke ausgewaschen worden und es sei an mehreren Messpunkten in unmittelbarer Nähe der Straße zu Überschreitungen von Grenzwerten für Sulfat und Chlorid im Grundwasser gekommen. In einem privaten Trinkwasserbrunnen am Ohlstedter Platz sei bei Kontrolluntersuchungen ein Sulfatgehalt deutlich oberhalb der Trinkwassergrenzwerte festgestellt worden.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Verwendung von Müllverbrennungsschlacke (im Folgenden Schlacke genannt) als Straßenbaustoff ist unter bestimmten Rahmenbedingungen und unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung erwünscht.

Die Rahmenbedingungen zum Schutz des Bodens und des Grundwassers sind in den „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von Abfällen ­ Technische Regeln" (Länderarbeitsgemeinschaft Abfall ­ LAGA) und den einschlägigen Straßenbauvorschriften geregelt. Die Verwendung von Schlacke unter wasserundurchlässigen Deckschichten (Einbauklasse 2) ist zulässig, wenn die entsprechenden Zuordnungswerte (Z 2) eingehalten sind. Die Zuordnungswerte Z 2 betragen für Chlorid 250 mg/l und für Sulfat 600 mg/l. Für Bauweisen mit Pflasterdecken sind in Hamburg nur Schlacken mit ­ gegenüber den Z 2-Werten ­ reduzierten Salzgehalten zugelassen.

Die Einhaltung der Zuordnungswerte wird seitens der Schlackeproduzenten durch die im Rahmen der Eigen- und Fremdüberwachung durchgeführten Untersuchungen durch unabhängige, anerkannte Labors sichergestellt. Die Ergebnisse der Fremdüberwachung werden der zuständigen Behörde regelmäßig übermittelt. Durch die Hanseatische Schlackenkontor GmbH (HSK) werden nur güteüberwachte Schlacken in den Vertrieb gebracht.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. In welchem Zeitraum wurde die Stichstraße zum Ohlstedter Platz 7 erstellt (bitte taggenau angeben) und an welchen Tagen genau wurde die Schlacke in das Straßenbett eingebracht?

Die Schlacke wurde zwischen dem 27. Juli 2004 und dem 11. August 2004 sowie zwischen dem 25. August 2004 und dem 7. Oktober 2004 eingebaut.

2. Wie sieht der Straßenaufbau aus (Querschnitt mit Angaben in cm)?

Der Straßenaufbau sieht von oben nach unten wie folgt aus:

· 10 cm Rechteckpflaster,

· 3 cm Bettung,

· 25 cm zweite Tragschicht (Schlacke),

· 22 cm erste Tragschicht (Bodenart: F 1 (DIN 18196), in Teilbereichen auch Schlacke).

3. Wie viele Tonnen Schlacke und/oder Asche wurden dort verbaut?

Es wurden 740 t Schlacke eingebaut.

4. Welche Informationen hat die zuständige Behörde über die genaue Herkunft der Schlacke?

Die Schlacke wurde von einem Baustoffhändler geliefert, der die Schlacke über Zwischenhändler von HSK bezogen hat. Der güteüberwachte Baustoff des Herstellers HSK ist gemäß Rundschreiben vom 17. Februar 2004 RST 2/04 für die im Einzelnen festgelegte Verwendung im Straßenbau von der zuständigen Behörde zugelassen.

Eine private Baufirma hat die Schlacke eingebaut. Das Bezirksamt Wandsbek hat die Straßenbaumaßnahme geplant.

5. Welches Unternehmen hat die Schlacke geliefert, welches Unternehmen hat die Schlacke verbaut, welches Unternehmen hat die Verantwortung für die Planung?

Siehe Antwort zu 4.

6. Welche Angaben haben die beteiligten Unternehmen gegenüber der Behörde zur Qualität und Belastung der Schlacke gemacht?

Siehe Vorbemerkung.

7. Trifft es zu, dass in der Schlacke noch erkennbare, nicht verbrannte Gegenstände vorhanden waren?

Der Untersuchungsbericht des Instituts für Hygiene und Umwelt vom 9. Dezember 2004 erwähnt nicht quantifizierte Kunststofffetzen.

8. Zu welchen Zeitpunkten wurden Untersuchungen zur Ermittlung des Schadstoffgehalts der Schlacke zum Zeitpunkt des Einbaus durchgeführt, und was für Ergebnisse brachten die Untersuchungen jeweils im Hinblick auf die Belastung mit Chloriden, Sulfaten, Schwermetallen und anderen Schadstoffen?

Eine Probe wurde am 15. Oktober 2004 im Institut für Hygiene und Umwelt eingereicht, mit folgendem Ergebnis (Zuordnungswerte Z2 in Klammern): Chlorid 243 mg/l (250), Sulfat 676 mg/l (600), die Daten für Schwermetalle und Organik waren unauffällig.

9. Unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsanforderungen an die Versiegelung und an den Grundwasserstand dürfen Schlacken der Zuordnung Z2 nach den „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln" (LAGA) im Straßenbau verwendet werden.

a) Was für Zuordnungswerte Z1, Z2 und Z3 gelten für Müllverbrennungsschlacken für den Gehalt von Chlorid und Sulfat?

Die Verwendung von Schlacke in der Einbauklasse 1 ist nach dem oben genannten Regelwerk nicht vorgesehen, dementsprechend gibt es keine Zuordnungswerte Z1.

Zu Z2 siehe Vorbemerkung. Zuordnungswerte Z3 sieht das Regelwerk nicht vor.

b) Welcher Abfallzuordnung sind die verbauten Schlacken zuzuordnen?

c) Seit wann weiß die zuständige Behörde von dieser Zuordnung?

Die in Hamburg als Straßenbaustoff zugelassenen Schlacken sind generell dem Abfallschlüssel 190112 gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung zuzuordnen.

10. Welche Sicherheits- und Vorsorge-Anforderungen zum Schutz von Boden und Wasser gelten für Schlacken dieser Zuordnung?

Insbesondere:

a) Wie breit darf die Fuge zwischen Pflastersteinen als Deckschicht maximal sein?

Bauweisen mit Pflasterdecken sind mit minimaler Fugenbreite (3­5 mm) auszuführen.

b) Wie hoch muss der Abstand zwischen Schlackengrund und Grundwasser sein?

Der Abstand zwischen der Unterkante der eingebauten Schlacke und dem höchsten zu erwartenden Grundwasserstand soll mindestens einen Meter betragen.

11. Wurde gegen entsprechende Anforderungen bei der Baumaßnahme verstoßen? Insbesondere:

a) Wie breit ist die Fuge der Deckschicht-Pflasterung im betroffenen Straßenbereich?

Die Fugenbreite beträgt drei bis fünf Millimeter.

b) Wie groß ist der Abstand am Ohlstedter Platz zwischen Schlackengrund und Grund-/Sickerwasser mindestens?

Nach einer Untersuchung des Bezirksamtes Wandsbek Anfang Januar 2005 betrug der Mindestabstand an drei Punkten am Ohlstedter Platz circa 80 cm.

12. Welche Behörde ist für die Überwachung der Einhaltung dieser Anforderungen zuständig?

Das Bezirksamt Wandsbek.

13. Wann hat die zuständige Behörde die Fugenbreite und den Abstand zum Grund-/Sickerwasser geprüft?

Das Bezirksamt hat die Fugenbreite im Rahmen der Bauüberwachung überprüft. Zum Prüfzeitpunkt für den Abstand zwischen Schlackenunterkante und Grundwasser siehe Antwort zu 11. b).

In welchem Umfang ist der Boden und/oder das Grundwasser durch aus der Schlacke ausgewaschene Schadstoffe kontaminiert worden?

Das Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg hat im Juni 2006 festgestellt, dass die Sulfatwerte im Grundwasser im Umfeld der Erschließungsstraße aufgrund der eingebauten Schlacke deutlich erhöht sind.

15. Sind nach Auffassung der zuständigen Behörde die Einbaurichtlinien für die Verbauung von MVA-Schlacken ausreichend, um Boden und Wasser vor Auswaschungen zu schützen? Wenn ja, wieso konnte es dennoch zu der Wasservergiftung kommen?

Ja. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 10. b) und 11. b).

Aus welchem Anlass wurde wann die Vergiftung des Hausbrunnens Ohlstedter Platz 7 bemerkt, und welche Grenzwerte wurden bei den Messungen wie hoch überschritten?

Bei den jährlich stattfindenden mikrobiologischen Regeluntersuchungen Ende 2005 wurden Auffälligkeiten festgestellt, die das Bezirksamt Wandsbek zu einer chemischen Untersuchung veranlassten. Die Proben vom 14. Februar 2006 wiesen folgende Abweichungen von Grenz-/Richtwerten (in Klammern) auf: pH-Wert 6,2 (6,5-9,5), Sulfat 670 mg/l (240), Chlorid 292 mg/l (250), Natrium 240 mg/l (200).