Versicherung

Frau Mirwald bat die IuK-Abteilung am Morgen des 6. März 2006, sämtliche Daten auf ihrem Dienstrechner zu sichern. Die IuK-Abteilung untersuchte nach Frau Mirwalds Angaben ihre archivierten Mails und bestätigte ihr, dass sie keine Protokolle an den Senat gemailt habe.

Im Arbeitsstab des PUA „Feuerbergstraße" wurde am 15. März 2006 festgestellt, dass die für die Sachverhaltsermittlung der Protokollweitergabe erheblichen Protokollverteiler, in denen darauf hingewiesen wurde, dass die PUA-Protokolle nicht an den Senat zu verschicken sind, nicht mehr in der Handakte vorhanden waren. Jedenfalls befanden sich die Verteiler ­ Stand 2003 und Stand 2005 ­ (siehe Teil 2, A II 2d, Anhang 1 ohne und mit handschriftlichen Zufügungen) zumindest in der Zeit vom 15. März 2006 bis zum 16. März 2006 nicht in der Handakte.

Die Aufklärung des Vorfalls übernahm eine Mitarbeiterin der Abteilung Recht und Eingaben der Bürgerschaftskanzlei. Sie befragte hierzu Frau Dr. Wunderlich, Frau Mirwald und Herrn Dr. Knütter. Frau Cordes machte keine Aussage.

Frau Mirwald erklärte, dass sie die Protokollverteiler ­ einen alten, zweiteiligen aus 2003 und einen neueren aus 2005 ­ am 8. oder am 9. März 2006 noch in der Handakte vorgefunden habe. Wahrscheinlich seien sie auch noch am 13. März 2006 in der Handakte gewesen. Am 15. März 2006, als Frau Mirwald von Herrn Dr. Knütter gebeten wurde, ihm die Protokollverteiler zu bringen, habe sie diese in der Handakte nicht finden können. Frau Mirwald habe daraufhin Frau Cordes nach dem Verbleib der Protokollverteiler gefragt, die ihr sinngemäß geantwortet habe, dass sie nicht wisse, was Frau Mirwald suche, und ihr dabei nicht helfen könne. Frau Mirwald erklärte, sie sei über diese Aussage sehr irritiert gewesen und habe nicht weiter nachgefragt. Danach sei sie mit der Handakte zu Dr. Knütter gegangen und habe ihn über den Vorgang informiert.

Herr Dr. Knütter gab an, dass er ­ nachdem Frau Mirwald ihm mitgeteilt habe, dass die Verteiler nicht mehr vorhanden seien ­ die Handakte nochmals ergebnislos durchgesehen habe. Daraufhin habe er den Direktor bei der Bürgerschaft über den Vorgang informiert. Am 16. März 2006 stellte Herr Dr. Knütter fest, dass sich die Protokollverteiler wieder in der Handakte befanden.

bb. PUA „Feuerbergstraße"

(1) Aktivitäten des Ausschussvorsitzenden am 02.03.2006 und 03.03.

Der Ausschussvorsitzende des PUA „Feuerbergstraße", Herr Dr. Jäger, informierte am 2. März 2006 die Obleute der Fraktionen über die Protokollweitergabe an den Senat, nachdem er von dem Direktor bei der Bürgerschaft sowie dem Arbeitsstabsleiter hierüber in Kenntnis gesetzt worden war. Herr Dr. Jäger fragte zudem am 3. März 2006 bei der Leiterin der Senatsgeschäftsstelle, Frau Hitpaß, nach und erfuhr, dass ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Senatskanzlei, Herr Kohlhardt, ohne Wissen seiner Vorgesetzten Frau Hitpaß die Protokolle beim Arbeitsstab angefordert habe.

Befragt nach dem Zweck der Protokollanforderung gab Frau Hitpaß gegenüber Herrn Dr. Jäger an, dass es eine Anforderung der Präsidialabteilung der Behörde für Soziales und Familie durch Frau Gschwendtner und Herrn Koberstein gegeben habe.

(2) Ausschusssitzung am 03.03.

In der Ausschusssitzung des PUA „Feuerbergstraße" am Freitag, den 3. März 2006, teilte der Ausschussvorsitzende zusammen mit dem Arbeitsstabsleiter, Herrn Dr. Knütter, den Ausschussmitgliedern unter dem Punkt „Verschiedenes" mit, dass eine Sachbearbeiterin des Arbeitsstabes, Frau Cordes, Protokolle des Untersuchungsausschusses an den Senat weitergegeben habe, und stellte die Vorgänge ­ in Abwesenheit der beiden Sachbearbeiterinnen Frau Cordes und Frau Mirwald ­ kurz dar. Herr Böwer fragte, ob es noch etwas gebe, was sowohl Herr Dr. Knütter als auch Herr Dr. Jäger im Rahmen der Recherche erfahren hätten, was bisher noch nicht Gegenstand im Ausschuss gewesen sei. Herr Dr. Jäger verneinte dies. Dass Frau Cordes Herrn Böwer bereits am 2. März darüber informiert hatte, dass sie die Protokolle an den Senat weitergegeben habe, erwähnte Herr Böwer während der Sitzung nicht.

Der PUA „Feuerbergstraße" fasste daraufhin einstimmig den Beschluss, den Senat zur Rückgabe beziehungsweise Vernichtung der an ihn gelangten Unterlagen aufzufordern. Dieser Beschluss wurde mit folgendem Schreiben des Ausschussvorsitzenden vom 3. März 2006 dem Präsidenten des Senats mitgeteilt: Sehr geehrter Herr von Beust, am 02.03.2006 ist bekannt geworden, dass durch die Sachbearbeitung des Arbeitsstabes des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses seit Oktober 2005 diverse Protokolle der Sitzungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses auf Anforderung eines Mitarbeiters der Geschäftsstelle des Senats an diesen übermittelt worden sind. Eine Nachfrage bei der Leiterin der Geschäftsstelle des Senats durch mich ergab, dass die Anforderungen auf Wunsch der Präsidialabteilung der Behörde für Soziales und Familie erfolgten.

Offensichtlich sind die Protokolle dann an die Präsidialabteilung weitergeleitet worden.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat zu diesem Themenkomplex in seiner Sitzung am 03. März 2006 einstimmig folgenden Beschluss gefasst:

1. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss fordert den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf, bis Montag, 06. März 2006 14.00 Uhr, sämtliche ihm nicht zustehenden Unterlagen und Kopien, insbesondere die Protokolle der Ausschusssitzungen, dem Arbeitsstab auszuhändigen.

2. Der Senat wird aufgefordert, entsprechende Dateien zu vernichten und zu versichern, dass sich weder Dateien noch Unterlagen zu diesem Komplex in seinem Bereich befinden.

Ich bitte Sie, dem Beschluss des Ausschusses zu entsprechen.

Mit freundlichen Grüßen (Unterschrift) Dr. Manfred Jäger

­ Vorsitzender ­

Der Ausschussvorsitzende beauftragte zudem den Arbeitsstab mit der Prüfung, inwieweit die Vernehmung der Zeugin Gschwendtner, die Protokolle zur Vorbereitung gehabt habe, gegenstandslos geworden sei.

(3) Rückgabe der an den Senat gelangten Unterlagen des PUA „Feuerbergstraße"

Die stellvertretende Leiterin der Senatsgeschäftsstelle, Frau Katzer, ließ dem Arbeitsstabsleiter am 6. und 13 März 2006 die in der Senatskanzlei, der Behörde für Soziales und Familie sowie in der Justizbehörde in Papierform aufgefundenen Protokolle des PUA „Feuerbergstraße" übergeben. Dies teilte sie dem Ausschussvorsitzenden, Herrn Dr. Jäger, mit Schreiben vom 6. und 13. März 2006 mit und versicherte, dass auf Senatsseite „die Löschung der elektronisch vorhandenen Datenbestände veranlasst" sei.

Am 20. März 2006 sichtete Herr Dr. Jäger ferner gemeinsam mit Herrn Dr. Schön, dem Chef der Senatskanzlei, drei Umschläge, die Herrn Gedaschko während seiner Untersuchung von Herrn Müller, Herrn Klahn und Frau Havemeister übergeben worden waren (siehe Teil 2, A III 1c bb und ee). Den Inhalt dieser Umschläge ­ ein Exemplar des Protokolls 18/3, ein Exemplar des gesamten Vermerks Nummer 18 sowie zwei Seiten eines Telefax, die eine Zusammenfassung des Vermerks Nummer 18 enthielten ­ nahm Herr Dr. Jäger anschließend an sich.

(4) Ausschusssitzung am 20.03.

In der Sitzung am 20. März 2006 wurde im PUA „Feuerbergstraße" der Beschluss gefasst, Beweis darüber zu erheben, ob und inwieweit Zeugen des Ausschusses bei ihrer Aussage Kenntnis über den Inhalt von Protokollen vorangegangener Sitzungen des PUA „Feuerbergstraße" gehabt hatten.

Der ebenfalls in der Sitzung am 20. März 2006 gefasste Beschluss, die Abordnung von Frau Cordes zum Arbeitsstab des PUA „Feuerbergstraße" aufzuheben, wurde mit Wirkung vom 21. März 2006 umgesetzt.

(5) Thematisierung des Kenntnisstandes eines Ausschussmitgliedes

Am 18. März 2006 erschien in der Hamburger Morgenpost ein Artikel, in dem „das Gerücht" wiedergegeben wurde, der Obmann der SPD-Fraktion im PUA „Feuerbergstraße", Thomas Böwer, „habe bereits lange von den illegal kursierenden ZeugenProtokollen gewusst". Der SPD-Obmann habe bereits zugeben müssen, „dass er am 2. März nicht vom Ausschussvorsitzenden Manfred Jäger (CDU) über die ProtokollAffäre informiert wurde, sondern durch die PUA-Mitarbeiterin Inga C." In einem Artikel der „Welt" vom selben Tag hieß es, Herr Böwer habe bislang „den Eindruck erweckt, dass er wie andere Mitglieder des PUA erst am Abend des 3. März informiert worden sei." Am 20. März erschien im „Hamburger Abendblatt" ein Artikel, in dem die Mutmaßungen wiederholt wurden.

Herr Böwer gab daraufhin am 20. März 2006 folgende als eidesstattliche Versicherung bezeichnete Erklärung ab: Ich, Thomas Böwer, erkläre hiermit ­ der Strafbarkeit falscher eidesstattlicher Versicherung bewusst ­ an Eides statt:

1. Von der Weitergabe von Protokollen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße" durch Mitarbeiter des PUA-Arbeitsstabes an Mitarbeiter der Senatskanzlei habe ich erstmals am Donnerstag, den 2. März 2006, durch einen Anruf von Frau Inga Cordes erfahren. Dieses Telefonat erreichte mich an meinem Arbeitsplatz und hat meiner Erinnerung nach gegen 11:00 Uhr am Vormittag des 2. März 2006 stattgefunden.

2. Im weiteren Verlauf des späteren Vormittags erhielt ich ­ nach meiner Erinnerung ­ einen Anruf des Leiters des Arbeitsstabes, Herrn Dr. Burkhard Knütter, der meine telefonische Erreichbarkeit für ein wichtiges Telefonat mit dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, Herrn Dr. Manfred Jäger, und mir sicherstellen wollte.

3. Zur Mittagszeit hat mich Herr Dr. Manfred Jäger über den Umstand telefonisch informiert, dass Protokolle von einer Mitarbeiterin des Arbeitsstabes an die Senatskanzlei regelhaft weitergegeben wurden. Herr Dr. Manfred Jäger sagte mir bei dieser Gelegenheit, er würde sämtliche Obleute telefonisch über diesen Umstand informieren.

4. Vom Umstand, dass Protokolle des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses an die Präsidialabteilung der Sozialbehörde weitergegeben wurden bzw. von der Präsidialabteilung bei der Senatskanzlei abgerufen wurden, habe ich erst im Verlauf der Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am Freitag, den 3. März 2006, durch den Bericht des Vorsitzenden, Herrn Dr. Manfred Jäger, erfahren.

5. Die in der Öffentlichkeit verbreitete Vermutung der CDU ­ siehe auch „Abendblatt" vom 20. März ­ ich hätte bereits sehr viel früher, also vor dem 2. März 2006 bzw. 3. März 2006, von der Weitergabe von Protokollen durch den Arbeitsstab an die Senatskanzlei oder andere Behörden erfahren, ist falsch und entspricht nicht den Tatsachen.

Thomas Böwer Hamburg, den 20. März 2006.