Heilbehandlung

Keine Kürzung des ALG Il-Regelsatzes bei Krankenhausaufenthalten

Die ArGe team.arbeit.hamburg kürzt nach Angaben des Senats während der Dauer von stationären Krankenhausaufenthalten den ALG II Regelsatz von Leistungsempfänger/-innen: bei Erwachsenen um 35 Prozent, das entspricht einem Betrag in Höhe von 121,45 Euro für einen vollen Monat, und bei Kindern je nach Lebensalter zwischen 61,50 und 82 Euro. Diese Kürzungen sind unsozial sowie rechtlich und sachlich unangemessen:

- Mit der Hartz IV Reform wurde der pauschalierte Regelsatz eingeführt, um die Gleichbehandlung aller Leistungsempfänger/-innen zu gewährleisten und um die Verwaltungsabläufe zu vereinfachen. Gleichzeitig fielen die einmaligen Leistungen bis auf wenige Ausnahmen weg. Typische Mehrbedarfe, die durch einen stationären Krankenhausaufenthalt entstehen, können heute nicht mehr bewilligt werden. Paragraf 20 Absatz 2 SGB II bestimmt die Höhe des Regelsatzes daher abschließend. Abzüge hiervon, die damit begründet werden, dass der Bedarf sich für einen gewissen Zeitraum verändert habe, sieht das Gesetz nicht vor, zudem widerspricht dieses Verfahren der Logik der Pauschalierung (vergleiche SG Heilbronn, S 7 AS 4471/06; SG Berlin S 37 AS 919/05 ER; SG Kassel S 20 AS 3/05 ER).

- Auch eine Anrechnung der Krankenhausverpflegung als Einkommen ist nicht möglich, weil es dafür an der erforderlichen Tauschbarkeit in Geld fehlt. Die Verpflegung ist ihrem Charakter nach ein Teil der Heilbehandlung und nicht anderweitig verwertbar (vgergleiche SG Freiburg S 9 AS 1557/06).

- Ziel des SGB II ist es, die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen zu erhalten, zu verbessern oder wieder herzustellen. Oftmals ist zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit auch aus vermittlerischer Sicht eine Reha-Maßnahme oder Kur notwendig. Wenn solche Maßnahmen für die Betroffenen durch die damit verbundenen Regelsatzkürzungen zu erheblichen finanziellen Verlusten und neuen Sorgen führen, geht die Motivation verloren, die für den Behandlungserfolg unerlässlich ist. In solchen Fällen führen kurzfristige Einsparungen zu erheblichen langfristigen Mehrausgaben und wirken gegen die Intention des SGB II.

- Da vom ersten Tag des stationären Aufenthalts an der Regelsatz gekürzt werden soll, werden in der Regel Aufhebungsbescheide und Rückforderungsbescheide notwendig. Jeden Krankenhausaufenthalt mit einem Aufhebungsbescheid zu begleiten ist bürokratisch aufwendig. Eine derartige Praxis betont den Verwaltungscharakter der ArGe und geht zu Lasten einer individuellen Förderung. Da stationäre Krankenhausaufenthalte oft ungeplant sind, werden sie dem Jobcenter auch erst im Nachhinein bekannt und führen dann zu belastenden Rückforderungen, wenn der Krankenhausaufenthalt schon vorbei ist.

Da auf eine einschlägige Entscheidung des Bundessozialgerichts unter Umständen noch lange gewartet werden muss, sollte die ArGe team.arbeit.hamburg schon jetzt seine Position überdenken und diese Kürzungen zumindest bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Bundessozialgerichts aussetzen.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert

1. in der Trägerversammlung der ArGe team.arbeit.hamburg zu beantragen, dass der Regelsatz während stationärer Krankenhausaufenthalte und Reha-Maßnahmen nicht gekürzt wird;

2. sich bei der Bundesagentur für Arbeit für ein entsprechendes Vorgehen im gesamten Bundesgebiet einzusetzen;

3. der Bürgerschaft bis zum 31. Oktober 2007 zu berichten.