JVA
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 16.16.
II. B. 20. Wie viele Gefangene des geschlossenen Vollzuges sind als Hausarbeiter/innen (Küche, Reinigungs- und Wäschedienst usw.) eingesetzt? Bitte die Anstalten des geschlossenen Vollzuges nach den jeweiligen Hausarbeiter/innen differenziert auflisten. B. 21. Wie viele Gefangene (z.B. Freigänger/innen) erhalten eine Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) III? Bitte auflisten nach Art der Förderungsmaßnahmen. Wenn keine Gefangenen diese Förderung erhalten, welche Möglichkeiten sieht der Senat, diese Förderungsmöglichkeiten für Gefangene mit welchem Status zugänglich zu machen?
Nach den Förderungsrichtlinien zu § 77 ff. des SGB III nehmen aktuell 51 Strafgefangene an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teil.
Diese Maßnahmen werden von 36 Strafgefangenen als Freigänger außerhalb der Anstalten bei freien Aus- und Weiterbildungsträgern und von 15 Strafgefangenen in einer Anstalt wahrgenommen.
22. Wie viele Gefangene (z.B. Freigänger/innen) nehmen an dem Hamburger Programm „Arbeit und Qualifizierung" oder anderen Hamburger Arbeitsbeschaffungsprogrammen teil? Bitte auflisten nach Art der Maßnahmen. Wenn keine Gefangenen daran teilnehmen, welche Möglichkeiten sieht der Senat, welche Gefangenen mit welchem Status an diesem Programm teilnehmen zu lassen? Betriebe und Aufträge
1. Wie hat sich die eigenständigere Wirtschaftsführung und somit die Umstellung auf eine eigene kaufmännische Buchführung der Betriebe 1998 in den JVAs ausgewirkt?
Ein genauer Gradmesser für eine positive Auswirkung der eigenständigeren Wirtschaftsführung der Anstalten kann nur die Entwicklung der Betriebserlöse sein. Jedoch ist eine kaufmännische Buchführung der Betriebe mit einer Kosten- und Erlösrechnung noch nicht eingeführt worden. Sie wird wegen des damit verbundenen erheblichen Aufwandes erst eingeführt, wenn die Etablierung der Sachmittel- und der Personalkostenbudgets in den Anstalten zumindest weitgehend abgeschlossen sein wird. Anhaltspunkt für eine wirksamere Wirtschaftsführung der Anstalten in den Betrieben sind deren Einnahmen. Entsprechende Ergebnisse für das Jahr 1998 liegen allerdings noch nicht vor.
2. Welche Maßnahmen haben die Arbeitsbetriebe und deren kaufmännische Leiter/innen ergriffen, um verstärkt Aufträge zu akquirieren?
3. Werden dabei Marketingstrategien mit in die Arbeit einbezogen? Wenn ja, welche und in welcher Form?
Es ist beabsichtigt, im Zuge der fortschreitenden Umsetzung des Neuen Steuerungsmodells im Hamburger Strafvollzug verstärkt Aufträge zu akquirieren und dafür Marketingstrategien zu entwickeln. Dabei geht es insbesondere darum, betriebswirtschaftliche Instrumente an die Bedingungen des Vollzuges anzupassen. Gegenwärtig wird ein entsprechendes betriebswirtschaftliches Kalkulationsmodell in Teilbereichen erprobt, das ab Mitte des Jahres 1999 allgemein zur Anwendung kommen soll. Das Entwicklungstempo auf diesem Gebiet wird allerdings davon bestimmt, dass die Bewirtschaftung der konsolidierten Kosten unter anderem mittels einer Kosten- und Leistungsrechnung sowie weitere Kostenreduzierungen bis auf weiteres Vorrang haben.
III. A. 4. Welche Ansiedlung von Fremd-/Unternehmerbetrieben welcher Branchen und Produkte hält der Senat für geeignet, z. B. entsprechend dem Hamburger Modell anzuwerben?
5. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um Fremd-/Unternehmerbetriebe für die Produktion an welchen Standorten im Vollzug anzuwerben?
Siehe Antwort zu II.B.7.
6. Hat der Senat die Rahmenbedingungen für die Aufträge an den Vollzug mit dem Ziel der Auftragslagenverbesserung untersucht? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht und wann wird er es tun?
Nein. Eine spezifische Untersuchung von Rahmenbedingungen wird nicht für ergiebig gehalten. Es gehört zum Alltagsgeschäft, die Rahmenbedingungen bei der Akquisition und Durchführung von Aufträgen zu berücksichtigen. Sofern vollzugliche Sicherheitserfordernisse die Produktionsmöglichkeiten beeinträchtigen (z.B. durch zeitraubende Kontrollen von Lieferfahrzeugen), ist der Spielraum für eine Veränderung solcher Rahmenbedingungen jedenfalls begrenzt. Dasselbe gilt für knappe Personalressourcen.
7. Wie hat sich die Zahl der Aufträge und das Umsatzvolumen bei Aufträgen an Vollzugsbetriebe durch Behörden von 1990 bis heute entwickelt? Bitte getrennt nach Behörden und öffentlichen Unternehmen angeben.
8. Wie hoch ist der Anteil der öffentlichen Aufträge an Vollzugsbetriebe im Vergleich zu den öffentlichen Aufträgen insgesamt?
Die Beantwortung dieser Fragen würde die Ermittlung und Auswertung sämtlicher diesbezüglicher Vorgänge seit 1990 erfordern. Dies ist auch innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar.
9. Sind nach Auffassung des Senats Leistungsanreize für öffentliche Aufträge ähnlich denen für Werkstätten für Behinderte bei Aufträgen an den Vollzug möglich?
Wenn ja, welche und hat er diese umgesetzt? Wenn nein, warum nicht?
Nach §11 Schwerbehindertengesetz müssen Arbeitgeber für unbesetzte Pflichtplätze eine Ausgleichsabgabe entrichten, die an die zuständige Hauptfürsorgestelle abzuführen ist. Diese Ausgleichsabgabe darf nur für Zwecke der Arbeits- und Berufsförderung Schwerbehinderter sowie für Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben verwendet werden. Im Hamburger Haushalt steht hierfür der Titel 9700.532.01 zur Verfügung. Nach § 55 Schwerbehindertengesetz können Aufträge an Werkstätten für Behinderte auf die Ausgleichsabgabe angerechnet werden. Im Strafvollzug besteht eine solche gesetzliche Möglichkeit nicht.
B. Allgemeine Vertragsbedingungen
1. Trifft es zu, dass es spezielle „Allgemeine Vertragsbedingungen" für die Ausführung von Lieferungen und Leistungen durch Gefangenenarbeitskräfte der Vollzugsanstalten des Strafvollzugsamtes gibt? Wenn ja:
a) Von wann sind diese?
b) Trifft es zu, dass der Auftraggeber danach grundsätzlich keinen Anspruch auf Rücktritt hat?
c) Enthalten diese Allgemeinen Vertragsbestimmungen Regelungen über die Bezahlung der Gefangenen, ggf. welche?
Die Allgemeinen Vertragsbedingungen haben sich grundsätzlich bewährt. Sie behandeln typischerweise stetig wiederkehrende Vertragsbestandteile betreffend die Lieferungen und Leistungen der Vollzugsanstalten, die aus Gründen der Auftragsabsicherung oder aus vollzuglichen Gründen usw. ständig vom Strafvollzug zu beachten sind, und gehen zurück auf eine mehr als 30 Jahre alte Vorlage. Es ist zutreffend, dass Auftraggeber grundsätzlich nur einen Anspruch auf Nachbesserung besitzen. Regelungen über die Bezahlung der Arbeitskräfte sind wie dies auch im Wirtschaftsleben üblich ist in den Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht enthalten. Es kann auch nicht Aufgabe der Allgemeinen Vertragsbedingungen sein, die Vertragspartner besserzustellen, als dies im Wirtschaftsleben der Fall wäre, wenngleich deren Interessen so weit wie möglich entgegengekommen werden soll. Gegenwärtig werden die Allgemeinen Vertragsbedingungen daher im Rahmen einer Gesamtmaßnahme angepaßt. Zur Zeit ist ein Betriebsabrechnungsbogen sowie ein daraus folgendes Angebotskalkulationsschema für die Betriebe in der Erprobung. Erreicht werden soll, dass die Interessenlage potentieller Auftraggeber angemessener berücksichtigt wird.
1. d) Werden Lieferzeiten ohne Gewähr von der Zahl der zur Verfügung stehenden Gefangenenarbeitskräfte abhängig gemacht?
Ja.
1. e) Welche Vertrags-Rücktrittsklauseln sind seitens des Strafvollzugsamtes enthalten?
Nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen ist das Strafvollzugsamt in folgenden Fällen berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten:
a) bei zweimaliger verspäteter Rechnungsbegleichung,
b) bei Durchsteckereien mit dem Gefangenen seitens des Auftraggebers oder dessen Beauftragten,
c) bei Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Auftraggebers,
d) wenn die Gefangenen für dringende Anstaltsarbeiten anderweitig benötigt werden.
III. B. 1. f) Ist der Senat der Auffassung, dass diese „Allgemeinen Vertragsbedingungen" zur Verbesserung der Auftragslage beitragen?
g) Gedenkt der Senat diese aus ggf. welchen Gründen zu ändern? Wenn nein, welche Rechtsgrundlage gilt für Lieferungen und Leistungen durch Gefangenenarbeitsstätten?
Siehe Antwort zu III.B.1. bis III.B.1.c).
C. Neue Konzepte in Anstalten
1. Ist dem Senat das in der Strafanstalt Saxerriet in der Schweiz verfolgte Arbeitskonzept bekannt? Wenn ja, welche Übertragungsmöglichkeiten sieht der Senat für welche Anstalt in Hamburg?
Das Arbeitskonzept in der kantonalen Strafanstalt Saxerriet in der Schweiz ist in den wesentlichen Grundzügen bekannt. Es sind jedoch keine aktuellen Erkenntnisse vorhanden, die eine fundierte Beantwortung der Frage zuließen.
2. Welche bisherigen Überlegungen gibt es zur Einrichtung welcher Betriebe mit welchen Tätigkeiten in der neu zu bauenden Anstalt Billwerder-Moorfleet?
Die Feinplanungen für den Neubau der Justizvollzugsanstalt Billwerder sind noch nicht abgeschlossen. Soweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits Aussagen getroffen werden, unterliegen diese dem Vorbehalt weiterer Detaillierungen. Bisher bestehen folgende Überlegungen zur Einrichtung eines Schulungs-, Werkstatt- und Gewerbeparkbereichs:
Im Werkstattbereich werden 40 Arbeitsplätze eingerichtet für
Metall- und Elektroarbeiten,
Schlosserei/Klempnerei/Installation,
Tischlerei/Bautischlerei sowie eine
Malerei.
Die Werkstattarbeit soll durch Motivationskurse ergänzt werden.
Die weiteren Ausbildungs- und Arbeitsplätze verteilen sich wie folgt: 34 in der Ganztagsschule 36 in der Fertigung (Kerzengieß-Betrieb) 32 in der Versorgung (ökologischer Gartenbau, Küche, Kammer, Reinigungsbetrieb) 78 in der Produktion für Unternehmen, z.B. 78 Pack-, Cargo- und Kommissionierbetriebe 78 Konfektionierer 78 Holzverarbeitungs- und Karosseriebetriebe 78 Bauunternehmen.
Schließlich soll es in der neuen Anstalt etwa 70 Freigänger geben, die in Betrieben außerhalb der Justizvollzugsanstalt im Rahmen freier Beschäftigungsverhältnisse arbeiten werden.
3. Welche Veränderungen sind mit der Einführung der Budgetierung im Jahr 1998 in welchen Anstalten für den Bereich der Arbeitsbetriebe eingetreten?
Siehe Antwort zu III.A.1.
4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das in einem Amsterdamer Gefängnis durchgeführte „Roustabout-Projekt" (90 Prozent der Teilnehmer erhielten einen Arbeitsplatz direkt nach der Haftentlassung) mit den entsprechenden Voraussetzungen und Begleitprogramm auf Hamburger Gefängnisse zu übertragen?
Über das genannte Projekt liegen der zuständigen Behörde keine ausreichenden Informationen vor, die eine Beurteilung der Übertragbarkeit auf Hamburg ermöglichten. Die Übertragbarkeit ausländischer Projekte des Strafvollzugs bedarf wegen der regelmäßig unterschiedlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen generell einer sorgfältigen Prüfung.