Forschung

1 XFEL ­ Vorgeschichte

TESLA-Kollaboration

Befürwortung durch den Wissenschaftsrat

Entscheidung für den XFEL

Verhandlungen mit den internationalen Partnern

Planfeststellungsbeschluss 2 XFEL ­ das Projekt

Wissenschaftliche Aufgabenstellung

XFEL-Technical Design Report (TDR)

Investitionskosten

Betriebskosten 3 XFEL ­ eine internationale Forschungseinrichtung

Verträge mit den internationalen Partnern

Rolle Deutschlands „In-kind-Finanzierung"

Start des internationalen Projektes mit Phase I

Kosten der Phase I 4 XFEL ­ Beitrag Hamburgs und Schleswig-Holsteins

Finanzierung des deutschen Anteils

Kooperation Hamburg und Schleswig-Holstein

Veranschlagung und Abwicklung der Baumaßnahme im Haushalt

Grunderwerb 5 Petitum 1 XFEL ­ Vorgeschichte

TESLA-Kollaboration Beginnend 1992 wurde bei DESY in internationaler Zusammenarbeit eine neue supraleitende Beschleunigertechnologie entwickelt. Auf dieser Technologie basierend wurde dem Wissenschaftsrat im März 2001 ein Projektvorschlag zu einem TESLA-Linearbeschleuniger mit integriertem Freie-Elektronen-Röntgenlaser zur Begutachtung vorgelegt. Dieses Großgerät sollte am Standort Bahrenfeld bei DESY beginnen und rund 33 Kilometer weit in den Kreis Pinneberg hineinreichen. Hamburg und Schleswig-Holstein hatten für dieses Projekt in einem Staatsvertrag die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen (vgl. Drucksache 16/436). Die Konzeption für den Freie-Elektronen-Röntgenlaser basierte auf Erfahrungen mit der seit 1997 von DESY betriebenen Testanlage (TESLA-Test-Facility (TTF)), die inzwischen schrittweise zu dem 2005 in Betrieb genommenen FLASH ausgebaut wurde, dem weltweit ersten Freie-Elektronen-Laser mit Strahlung im Ultraviolettbereich. Am Projektvorschlag haben 1.134 Autoren von 304 Instituten aus 36 Ländern mitgewirkt. DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache18/6979 Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Haushaltsplan 2007/2008

Haushaltsjahr 2008

Sonderinvestitionsprogramm „Hamburg 2010" (SIP) Bau und Betrieb eines Freie-Elektronen-Röntgenlasers (XFEL) Gliederung

Befürwortung durch den Wissenschaftsrat

Der Wissenschaftsrat hatte empfohlen, den Linearbeschleuniger und den Freie-Elektronen-Röntgenlaser von einander zu trennen, um denkbare gegenseitige Störungen so gering wie möglich zu halten. Beide Vorhaben wurden vom Wissenschaftsrat wegen des zu erwartenden besonders hohen Wissensgewinns in fundamentalen Fragestellungen der Teilchen- und Astrophysik bzw. wegen der neuen Qualität von Experimenten für viele Gebiete der natur-, lebens-, geo- und materialwissenschaftlichen Forschung positiv bewertet und am 15. November 2002 zur Förderung empfohlen. 1) Der Wissenschaftsrat stellte fest, dass beide Projekte nur mit internationaler Finanzierungsbeteiligung zu realisieren seien.

Entscheidung für den XFEL

Am 5. Februar 2003 erklärte die damalige Bundesministerin Bulmahn gegenüber der Presse, dass Deutschland bereit sei, den Freie-Elektronen-Röntgenlaser zu realisieren und nun die Gespräche über eine europäische Kooperation und Finanzierung aufnehmen werde.

Die Realisierung eines Linearbeschleunigers am Standort Deutschland stellte die Bundesregierung dagegen zurück mit dem Hinweis, dass es sich dabei wegen der Kosten nur um ein einziges global zu finanzierendes Projekt dieser Art in der Welt handeln könne. Auch sei deshalb zuvor eine weltweite Einigung auf die anzuwendende Beschleunigertechnologie erforderlich. DESY solle aber die für einen internationalen Linearbeschleuniger erforderlichen Forschungsarbeiten weiterführen, um eine deutsche Beteiligung an einem späteren globalen Projekt zu ermöglichen. Inzwischen hat sich die internationale Physikergemeinschaft im August 2004 darauf geeinigt, für einen internationalen Linearbeschleuniger (ILC) die unter Federführung von DESY entwickelte TESLA-Technologie einzusetzen ­ eine weitere Bestätigung der hervorragenden Qualität der Entwicklungsarbeiten der TESLAKollaboration. Inzwischen wird das Konzept des ILC für einen Technical Design Report (TDR) ausgearbeitet. Eine Entscheidung über einen Standort soll 2010 fallen.

Die Entscheidung, zunächst nur den Freie-ElektronenRöntgenlaser zu realisieren, machte eine Umplanung des Standortes erforderlich, damit die Anlage an die bei DESY vorhandene Infrastruktur angebunden werden konnte.

Die neue Großforschungsanlage „European X-Ray FreeElectron Laser Project XFEL" wird nun auf dem DESY-Gelände in Hamburg-Bahrenfeld beginnen und in 3,4 Kilometer Entfernung im Forschungscampus in Schenefeld in Schleswig-Holstein enden.

Auf Grund der Umplanungen schlossen Hamburg und Schleswig-Holstein einen weiteren Staatsvertrag ab, um auch für dieses die Ländergrenzen überschreitende Projekt die planerischen Voraussetzungen für Bau und Betrieb des XFEL zu schaffen (vgl. Drucksache 18/1159). Das Gesetz zum Staatsvertrag trat am 1. Januar 2005 in Kraft.

Verhandlungen mit den internationalen Partnern

Die vom BMBF aufgenommenen Gespräche mit den Partnern führten am 13. September 2004 zur Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding on the Preparatory Phase of the European X-ray Free-Electron Laser Facility" (MoU). In diesem MoU erklärten die Unterzeichner ihren gemeinsamen Willen, einen XFEL zu errichten und legten fest, welche Unterlagen in der Vorbereitungsphase erarbeitet werden sollen. Die Leitung und Abstimmung dieses Prozesses wurde dem XFEL Steering Committee (ISC) übertragen, in dem alle Unterzeichner vertreten sind.

Weiterhin vereinbarten sie, ein Internationales Projektteam (XFEL project team) einzusetzen, das seinen Sitz bei DESY hat.

Inzwischen haben folgende Staaten das MoU unterzeichnet: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Spanien, Ungarn, VR China. Die Laufzeit des MoU wurde vom ISC am 3. Mai 2007 verlängert bis zur Gründung der XFEL GmbH, die bis zum Ende des Jahres 2007 erfolgen soll.

Hamburg und Schleswig-Holstein sind in alle Beratungen eingebunden und haben im ISC und seinen Arbeitsgruppen einen Gaststatus.

Planfeststellungsbeschluss

Für Großvorhaben wie den XFEL schreibt das Planungsrecht ein Planfeststellungsverfahren vor. Im Staatsvertrag von 2005 zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein wurde festgelegt, dass das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal-Zellerfeld die Aufgabe der Planfeststellungsbehörde übernimmt. DESY hat im Vorgriff auf die Gründung einer XFEL GmbH die Aufgabe des Vorhabensträgers übernommen. Im April 2005 hat DESY alle erforderlichen Unterlagen an die Planfeststellungsbehörde überreicht. Im Mai 2005 wurden die Unterlagen für sechs Wochen öffentlich ausgelegt. Im Oktober 2005 fand unter Leitung des Landesamtes eine Anhörung der Öffentlichkeit statt. Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 20. Juli 2006 wurden Bau und Betrieb des XFEL einschließlich Nebenanlagen zugelassen. In § 5 Absatz 5 des Staatsvertrages ist geregelt, dass der Planfeststellungsbeschluss sofort vollziehbar ist.

2 XFEL ­ das Projekt

Wissenschaftliche Aufgabenstellung

Der XFEL wird für die Strukturforschung neue Perspektiven eröffnen; mit seinen extrem kurzen und intensiven Röntgenlaserblitzen (30.000 in einer Sekunde) sollen molekulare und atomare Prozesse gleichsam gefilmt und Abläufe der Lebensvorgänge in Zellen untersucht werden können. Der XFEL ermöglicht Momentaufnahmen von atomaren Details in Materialien und Biomolekülen.

Davon profitieren die verschiedenen Naturwissenschaften

­ von der Physik über die Chemie, die Material- und Geoforschung bis hin zu den Biowissenschaften ­ ebenso wie industrielle Anwender. Außerdem kann mit den Röntgenblitzen der Plasma-Zustand der Materie erzeugt und untersucht werden, der bei sehr hohen Temperaturen entsteht.

Diese Materieform ist maßgeblich an der Energieerzeugung in Sonnen beteiligt. Ein besseres Verständnis ist für die Nachahmung dieser Prozesse auf der Erde, aber auch für die Herstellung von Computerchips und die Entwicklung neuer Werkstoffe von großer Bedeutung. Die Wissenschaft spricht vom „Licht der Zukunft".

1) Vgl.: Stellungnahme zu neun Großgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung und zur Weiterentwicklung der Investitionsplanung von Großgeräten.

Wissenschaftsrat. Drs. 5332/02 vom 12. Juli 2002

Die XFEL-Anlage basiert ­ anders als die Konkurrenzprojekte in den USA und Japan ­ auf der von der internationalen TESLA-Collaboration unter Leitung von DESY entwickelten supraleitenden Beschleunigungstechnologie, die auch für den geplanten Internationalen Linearbeschleuniger ILC beabsichtigt ist und beim FLASH bei DESY verwendet wird. Um die hohe Energie für die XFEL-Blitze zu erreichen, werden die Elektronen über zwei Kilometer beschleunigt und zu Energiepaketen gebündelt; die Beschleunigungselemente werden auf minus 271 Grad gekühlt, damit sie ihren elektrischen Widerstand verlieren (supraleitende TESLA-Technologie). Anschließend werden die Elektronen in sogenannten Undulatoren phasengleich auf „Slalomkurs" gebracht; das Ergebnis sind hochintensive Röntgenblitze mit der Eigenschaft von Laserlicht. Die Spitzenleistung der Anlage wird das Zehnmilliardenfache moderner Röntgenquellen erreichen, womit sich ganz neue Klassen von Molekülen untersuchen lassen. Die XFEL-Lichtblitze werden weniger als 1002) billiardstel Sekunden lang sein und somit das Filmen von chemischen Reaktionen ermöglichen.

Der Bau eines XFEL in Europa ist von großer Bedeutung für die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents. Wie die folgende Übersicht3) zeigt, wird der XFEL mittelfristig den Projekten in den USA und Japan überlegen sein, obwohl er vier bis fünf Jahre später in Betrieb gehen wird.

Da gerade im naturwissenschaftlichen Bereich die Kosten für Großgeräte von einzelnen Nationen nicht mehr allein finanziert werden können, haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) im Oktober 2006 eine Liste mit 35 Großgeräten vorgelegt, die gemeinsam finanziert und betrieben werden sollen4). Der XFEL ist das erste Großgerät dieser Liste.

XFEL-Technical Design Report (TDR)

Im Juli 2006 wurde der TDR dem ISC des XFEL-Projektes vorgelegt. Der TDR umfasst die komplette Beschreibung des Projektes und gibt eine umfassende Kostenschätzung auf der Basis der Preise von 2005 (siehe Ziffer 2.3). An der Erarbeitung waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den MoU-Unterzeichnungsländern aber auch darüber hinaus (z. B. aus den USA, Irland, Portugal u. a.) beteiligt. Der TDR wurde in verschiedenen internationalen Workshops diskutiert und abschließend durch die vom ISC eingesetzte Unterarbeitsgruppe „Working Group on Science and Technical Issues" (XFEL-STI) geprüft und für gut befunden. Eine Kurzfassung des TDR ist Bestandteil der internationalen Verträge.

Laut TDR wird der XFEL eine 3,4 km lange Anlage, die im Wesentlichen unterirdisch verläuft und zu der drei oberirische Betriebsgelände (Hamburg-Bahrenfeld, Osdorfer Born und Schenefeld) gehören. Der XFEL beginnt bei DESY in Hamburg-Bahrenfeld, verläuft dann in nordwestlicher Richtung unter den Stadteilen Bahrenfeld und Osdorf hindurch und endet im Süden der Stadt Schenefeld (Kreis Pinneberg, Schleswig-Holstein). Hier liegt der überwiegende Teil des etwa 25 Hektar großen XFEL-Forschungsgeländes, rund 5 Hektar befinden sich im Hamburger Stadtgebiet in der Osdorfer Feldmark. In Abhängigkeit von der Geländehöhe ist der Tunnel mit 6 bis 38 m Erdboden überdeckt. Das Betriebsgelände in Schenefeld umfasst bereits Flächen für eine mögliche spätere Erweiterung des XFEL.