Bedingungen der Sozial- und Zwangsbestattungen deutlich verbessern

I. Vorbemerkung:

Die Drs. 18/6404 war auf Antrag der SPD-Fraktion durch Beschluss der Bürgerschaft am 20. Juni 2007 an den Sozialausschuss überwiesen worden. Der Sozialausschuss befasste sich in seiner Sitzung vom 24. August 2007 abschließend mit der Drucksache.

II. Beratungsinhalt:

Die GAL-Abgeordneten erläuterten ihren Antrag dahingehend, Kenntnis über eine Vielzahl von Fällen ­ auch aus anderen Bundesländern ­ zu haben. Teilweise vergingen mehrere Monate bis eine Bestattung vollzogen werde, obwohl dafür Fristen existierten. Zudem werde Menschen, die eine Sozialbestattung beantragten, empfohlen, davon Abstand zu nehmen, da bis zu einer Sozialbestattung zu viel Zeit vergehe. Für die Beantragenden sei dies eine schwierige Situation, auch aus dem Grund, dass mit engen Fristen argumentiert werde, in denen sie eine Entscheidung fällen müssten. An dieser Stelle sei es aus ihrer Sicht vonnöten, die beratenden Stellen entsprechend zu schulen, damit sie von der Möglichkeit einer Darlehensgewährung Gebrauch machten, wie es das Landessozialgericht im Jahr 2006 vorgeschlagen habe.

Ferner sei es ihr Anliegen, den Kreis der Personen, die eine Sozialbestattung beantragen könnten, um Menschen, die keine familiäre Beziehung zu dem Verstorbenen hätten, zu erweitern

Darüber hinaus erachteten sie es für wichtig, Menschen gemäß ihrem Glaubenshintergrund zu bestatten. Hier sei von Interesse, wie weit nachgeforscht werde, um die Religionszugehörigkeit eines Verstorbenen zu ermitteln.

Bezüglich der Darlehensgewährung erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) zunächst, dass die Mittel für eine Bestattung gemäß Paragraf 74 SGB XII übernommen werden könnten, wenn die Kostentragung für den Verpflichteten unzumutbar sei.

Zum einen erfolge eine Überprüfung der Vermögenslage und zum anderen eine Bewertung der Zumutbarkeit, wobei immer wieder ein subjektives Element eine Rolle spiele. Grundsätzlich müsse jeder Streitfall einzeln betrachtet werden. Gleichwohl sei es in den Bezirken bekannt, dass bei langwierigen Streitfällen eine Darlehensgewährung erfolgen könne. Interessant bei der Rechtssprechung sei das Fehlen einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die Darlehensgewährung. Diese Handhabung erfolge in den Bezirken nur in ganz besonders engen Einzelfällen, damit der Sozialhilfeträger nicht als Ausfallbürge fungiere, was einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand mit sich ziehe. Sie erwähnten eine im Mai 2007 durchgeführte Umfrage in den Bezirken, die ergeben habe, dass es nur sehr wenige langwierige Fälle ­ einer habe vier Monate angedauert ­ gebe. Demzufolge sei das geschilderte Problem in den Bezirken zurzeit nicht präsent.

Der Staatsrat fügte dem hinzu, dass die Möglichkeit einer Darlehensgewährung aus seiner Sicht zum einen nicht „an die große Glocke gehängt" und zum anderen sehr respektiv behandelt werden sollte.

Bezüglich der Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten, gab er zu bedenken, dass ein Antragsberechtigter somit möglicherweise auch zum Bestattungsverpflichteten werde. Eine genaue Definition dieses Kreises sei demnach schwierig, weil es am Ende sowohl um Rechte als auch um Pflichten gehe.

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSG unterstrichen die Problematik, dass zum Beispiel Freunde, wenn sie über Geld verfügten, auch verpflichtet seien, für die Kosten der Bestattung aufzukommen.

In diesem Zusammenhang zitierte die Vorsitzende aus einer Protokollerklärung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) aus dem Dezember 2005, in der erklärt worden sei, dass aufgrund bundesgesetzlicher Regelungen für Nichtverpflichtete keine Möglichkeit bestehe, die Bestattungskosten im Rahmen einer Sozialbestattung ersetzt zu bekommen.

Hierzu führten die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSU aus, dass die Frage der Verpflichteten durch das Hamburger Bestattungsgesetz geregelt werde. Als federführende Behörde schließe man sich den Aussagen des Staatsrates und der Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSG an. Eine Änderung des Hamburgischen Bestattungsgesetzes in der Form, die Verpflichteten in Paragraf 22 um Personen ohne familiäre Beziehungen zu den Verstorbene ­ Freunde, Nachbarn, Pflegepersonen et cetera ­ zu ergänzen, sollte ihrer Meinung nach dazu führen, dass diese im Normalfall auch zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet würden. Dies ergebe sich aus der jetzigen Konstruktion des Gesetzes. Demzufolge sehe man keine Möglichkeit, das dargelegte Problem auf diesem Wege zu lösen.

Die GAL-Abgeordneten warfen ein, ihrer Kenntnis nach sei es in diesem Fall nicht zwingend notwendig, das Recht auch mit einer Pflicht zu verbinden.

Die SPD-Abgeordneten brachten zum Ausdruck, die Möglichkeit einer Erweiterung des Personenkreises für gewinnend zu erachten. Gleichwohl stimmten sie zu, dass nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten übertragen werden müssten. Sie fragten, ob für jeden Einzelnen theoretisch die Möglichkeit bestehe, zu Lebzeiten eine vertraute Person, zum Beispiel testamentarisch für die Bestattung zu verpflichten, auch im Hinblick auf eine Kostenbeteiligung.

Gemäß Paragraf 11 Hamburger Bestattungsgesetz richte sich die Art der Bestattung nach dem Willen des Verstorbenen, erläuterten die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSU. Demnach könne man in einer letzten Verfügung regeln, ob eine Erdbestattung oder Feuerbestattung mit Trauerfeier und so weiter gewünscht sei.

Liege dieser letzte Wille zu einem bestimmten Zeitpunkt vor, werde ihm auch entsprochen. Die eigentliche Frage beziehe sich jedoch auf die Kostentragung. Wenn finanzielle Rücklagen vorhanden seien, um beispielsweise eine Erdbestattung im Familiengrab vorzunehmen, sei davon auszugehen, dass dieser Wunsch auch in dem Fall umgesetzt werde, wo normalerweise eine Zwangsbestattung angeschoben werden müsste, weil keine Hinterbliebenen da seien, die die gewünschte Bestattung beantragten. Demzufolge sei das Problem praktisch nicht mehr existent, sobald der Wille des Verstorbenen vorliege und die finanzielle Seite geregelt sei. Dazu bedarf es keiner Ergänzung des Gesetzes.

Eine behördlich veranlasste Bestattung gemäß Paragraf 10 Hamburger Bestattungsgesetz werde dann durchgeführt, wenn ein Verstorbener entweder keine Angehörigen hinterlasse, diese nicht bekannt seien oder die bekannten Angehörigen eine Auseinandersetzung mit dem Begräbnis verweigerten. Diese sogenannte Zwangsbestattung werde auf dem Öjendorfer Friedhof vorgenommen. Aus diesem Grunde kann es bedauerlicherweise dazu kommen, dass eine Person, die im Grunde über ein Familiengrab verfüge, im Wege der Zwangsbestattung in Öjendorf beerdigt werde, weil sie keine Angehörigen mehr habe, und keine Mittel hinterlasse, die eine Beerdigung im Familiengrab ermöglichten. Sie betonten ausdrücklich, dass diese behördlich veranlasste Bestattung sehr wohl ein würdevolles Begräbnis darstelle. Auch hier finde eine Aussegnung statt, und in Fällen, wo Bekannte oder Freunde den Wunsch nach einer Trauerfeier äußerten, stelle der Friedhof Öjendorf eine entsprechende Halle zur Verfügung. Ungelöst bleibe derzeit in der Tat das geschilderte Problem des Familiengrabes, das nicht benutzt werde.

Bezüglich der Berücksichtigung einer Religionszugehörigkeit merkten sie an, dass die sogenannten Zwangsbestattungen in der Regel als Feuerbestattung durchgeführt würden. Zu erwähnen sei, dass auch der gesellschaftliche Trend in diese Richtung gehe, demzufolge zwei Drittel der Hamburgerinnen und Hamburger derzeit eine Feuerbestattung erhielten. Natürlich spiele bei den Zwangsbestattungen auch der Kostenfaktor eine Rolle, da eine Feuerbestattung günstiger sei. Gebe es einen bekannten Willen des Verstorbenen, dass eine Feuerbestattung nicht gewünscht werde, sähen die Hamburger Friedhöfe davon ab. Auch für Menschen muslimischen Glaubens käme eine Feuerbestattung nicht in Frage. Insofern werde hier auf die Religionszugehörigkeit Rücksicht genommen. Hinsichtlich der im Antrag genannten gläubigen Katholiken erklärten sie, dass diese seit 1963 frei wählen könnten, ob sie eine Feuerbestattung oder eine Erdbestattung wünschten. Somit habe das dargestellte Problem und Punkt 3 des Petitums aus ihrer Sicht keinen Bestand mehr.

Auf Nachfrage der GAL-Abgeordneten ergänzten die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSU, dass Verstorbene jüdischen Glaubens ­ sofern dies bekannt sei ­ nicht in Öjendorf, sondern auf einem jüdischen Friedhof beigesetzt würden.

Die SPD-Abgeordneten brachten zum Ausdruck, dass der Begriff „Zwangsbestattung" unglücklich gewählt sei. Ihrer Meinung nach ermögliche der Staat auf diesem Wege erst eine würdevolle Beerdigung. Des Weiteren sei festzuhalten, dass jeder im Voraus die Art der eigenen Bestattung in Form einer Willenserklärung regeln könne. In diesem Zusammenhang erkundigten sie sich, ob theoretisch die Möglichkeit bestehe, dass sich zum Beispiel Freunde mittels einer Vollmacht, die an entsprechender Stelle mit den notwendigen Daten hinterlegt werde, dazu erklärten und auch verpflichteten, finanziell für die Bestattung aufzukommen.

Es sei davon auszugehen, so der Staatsrat, dass man zu Lebzeiten ­ wenn man keine Angehörigen mehr habe oder möglicherweise vorhandenen Angehörigen nicht traue ­ einen Bevollmächtigen benennen und juristisch festlegen könne.

Vor dem Hintergrund, dass viele Menschen gar kein Testament machten, interessierte die SPD-Abgeordneten, ob beispielsweise Nachbarn eines verstorbenen SGB XIILeistungsempfängers, die gerne die Beerdigung in Auftrag geben und auch bezahlen würden, dies beim Sozialamt erklären könnten, auch wenn dafür keine schriftliche Willenserklärung vorliege.

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSU erklärten, im Zweifel würde diesem Wunsch nur im Wege stehen, dass sich die Hamburger Friedhöfe aus nicht nachvollziehbaren Gründen weigerten, eine derartig nahe liegende Lösung umzusetzen. Dies sei aber, wie man im Vorwege erfahren habe, nicht der Fall. Bei dem genannten Beispiel handele es sich um eine Spende, die auch zweckgemäß umgesetzt und in Anspruch genommen werde. Gleichwohl bestätigten sie, dass ein Nichtangehöriger keineswegs die Rechte eines laut Bestattungsgesetz Verpflichteten habe.

Die GAL-Abgeordneten berichteten, dass es für Pflegekräfte sehr schwierig sei, bei den Hamburger Friedhöfen überhaupt zu erfahren, wann die von ihnen über Jahre gepflegte Person beigesetzt werde. Demnach gestalte es sich für Nichtangehörige erst recht schwierig, von der Möglichkeit einer Feierstunde Gebrauch zu machen. Vor diesem Hintergrund gelte es zu überlegen, inwieweit eine bessere Informationsvermittlung erreicht werden können, zum Beispiel dadurch, dass im Internet Beerdigungsdaten aufgeführt würden.

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSG hoben das hohe Engagement für die Thematik hervor, welches vieles verbessert und sicherlich zur Sensibilisierung beige3 tragen habe. Bezug nehmend auf die Frage wiesen sie auf den postmortalen Datenschutz hin, der es nicht ermögliche, Beerdigungsdaten in der gewünschten Form ins Internet zu stellen. Aus diesem Grunde sei es auch nicht möglich, auf den Reihengrabstätten Holzkreuze mit den Namen der Verstorbenen aufzustellen. Die steten Bemühungen, in schwierigen Einzelfällen Regelungen zu finden, dürften nicht zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Die Nachfrage der SPD-Abgeordneten, ob im Fall von Pflegebedürftigen das gesetzliche Betreuungsverhältnis in der Tat mit dem Tod ende, bestätigten die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSG dahingehend, dass eine Nachlasspflege greife, wenn es keine Erben mehr gebe. Eine behördlich veranlasste Bestattung komme dann in Betracht, wenn keine Angehörigen mehr da seien und niemand eine Bestattung beauftrage.

Erneut die Darlehensgewährung aufgreifend, wollten die SPD-Abgeordneten wissen, wie freiwillig die BSG ein Darlehen gewähre, wenn abzusehen sei, dass ein Fall länger andauern werde.

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter der BSG verwiesen hierzu auf ihre vorangegangenen Ausführungen.

Die GAL-Abgeordneten warfen ein, dass es erwiesenermaßen mehrere Fälle gegeben habe, wo es zu Verzögerungen gekommen sei und ihrer Kenntnis nach seitens der zuständigen Stellen im Hinblick auf eine Darlehensgewährung nicht gerne beraten werde. Sie brachten ihren Wunsch zum Ausdruck, zuerst dafür zu sorgen, dass ein Verstorbener zeitnah begraben werde und danach die finanzielle Frage zu klären.

Die SPD-Abgeordneten erachteten es für wichtig, eine würdevolle Bestattung zu ermöglichen. Gleichwohl vertraten sie die Meinung, dass die vorhandenen Mittel insbesondere für die Lebenden eingesetzt werden sollten. Im Einzelfall Darlehen zu gewähren und diese Möglichkeit nicht völlig auszuschließen, sei sinnvoll. Vor dem Hintergrund der steigenden Kostenentwicklung in diesem Bereich rieten sie jedoch davon ab, dass der Staat in großem Umfang Darlehen verteile, um sie später wieder mühevoll einzutreiben.

III. Ausschussempfehlung:

Der Sozialausschuss empfiehlt der Bürgerschaft, mehrheitlich mit den Stimmen der CDU-Abgeordneten gegen die Stimmen der GAL-Abgeordneten bei Enthaltung der SPD-Abgeordneten das Petitum aus der Drucksache 18/6404 abzulehnen.