Winterdienst in Hamburg

Der unabhängige Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung e.V. (VKS) ist nach jahrelangen Erfahrungen und Erkenntnissen hinsichtlich des Einsatzes von abstumpfendem Streugut (Splitt) und Salz auf Straßen unter Sicherheits-, Kosten- und Umwelteffekten zu der Erkenntnis gelangt, dass hinsichtlich der Splittstreuung insbesondere eine „Ernüchterung" unter ökologischen und Kostengesichtspunkten festzuhalten ist sowie die „Auswirkungen der Salzstreuung auf die Umwelt... durch neuere Untersuchungen relativiert worden (sind)". Teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stadtreinigung Hamburg und der Hamburger Stadtentwässerung beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wieviel abstumpfendes Streugut (Splitt) und wieviel Auftausalz wurde in den vergangenen fünf Jahren jeweils jährlich auf Hamburgs Straßen gebracht?

1996/1997 1470 5 890

2. Wie hoch waren die Kosten für Splitt sowie für dessen Entsorgung auf öffentlichem Grund und aus der Kanalisation, und wohin wurde der Splitt entsorgt?

Der Preis für Splitt lag im Mittel der letzten Jahre bei ca. 23 DM/t. Genauere Angaben sind nicht möglich, da die Stadtreinigung Hamburg Streumittel aufgrund öffentlicher Ausschreibungen beschafft, über deren Ergebnisse sie aus Wettbewerbsgründen keine Auskünfte erteilt.

Die gestreuten Splittmengen werden im Rahmen der maschinellen Fahrbahnreinigung mit aufgenommen. Der sogenannte Maschinenkehricht wird einschließlich des in den Wintermonaten anfallenden Splitts von der Stadtreinigung an beauftragte Unternehmen zur Verwertung übergeben. Die Kosten für die Aufnahme und Entsorgung des Splitts auf Fahrbahnen und aus der Kanalisation werden nicht gesondert erfaßt. Die Aufbereitungs- und Verwertungskosten für den Maschinenkehricht sind von rund 327 DM/t im Jahre 1993 auf rund 216 DM/t im Jahre 1994 und rund 193 DM/t im Jahre 1995 gesunken; aus Wettbewerbsgründen ist eine Preisangabe für die Jahre 1996 und 1997 nicht möglich. Für das Trummengut aus der Kanalisation, das ebenfalls gestreuten Splitt enthält und verwertet wird, betragen die Reinigungs- und Entsorgungskosten insgesamt rund 780 DM/t.

3. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Auswirkungen sowohl von abstumpfendem Streugut als auch von Salz im Hinblick auf Sicherheits-, Kosten- und Umwelteffekte?

Negative Auswirkungen von Splitt auf Straßenbäume und andere Pflanzen sind nicht bekannt. Über die Schadwirkungen des Streusalzes ist die Bürgerschaft ausführlich mit den Drucksachen 9/1403, 9/3729, 13/3717 und 14/4586 informiert worden.

Unter alleiniger Berücksichtigung von Verkehrssicherheitsaspekten stellt der Einsatz von Tausalzen zur Zeit das wirksamste Mittel dar. Streumaßnahmen mit abstumpfenden Streustoffen sind ­ abhängig vom Witterungsverlauf ­ in der Regel mehrfach zu wiederholen, da sie im Gegensatz zu Tausalz Straßenglätte nicht endgültig beseitigen können. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass der Einsatz von abstumpfenden Streustoffen zu ca. drei- bis fünfmal höheren unmittelbaren Kosten des Winterdienstes führt.

4. Welche Erfahrungen hat der Senat in den letzten Jahren hinsichtlich der Verwendung von Feuchtsalz sowie Strategien zum zielgerichteten und sparsamen Einsatz von Streusalz in ökologischer und verkehrlicher Hinsicht gemacht?

Aufgrund der offensichtlichen Schäden an den Straßenbäumen wurde der Trockensalzeinsatz in den achtziger Jahren deutlich reduziert und der Splitteinsatz erhöht. Hierdurch wurde zusammen mit den unter einem Kostenaufwand von über 20 Millionen DM durchgeführten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen für Straßenbäume bis 1987 eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bäume erreicht. Bei der letzten Untersuchung im Jahre 1995 war eine Stabilisierung auf dem erreichten Niveau zu verzeichnen.

Zwischenzeitlich wurde die Umstellung von Trockensalz- auf Feuchtsalzverwendung abgeschlossen, die eine effektivere und stärker auf den eigentlichen Fahrbereich beschränkte Salzausbringung ermöglicht und dadurch zu einer optimierten Berücksichtigung von Sicherheitsbelangen, Kostenaspekten und Umweltgesichtspunkten beiträgt. Trotz eines verstärkten Salzeinsatzes an verkehrsreichen Straßen haben Meßergebnisse an innerstädtischen Meßstellen im oberflächennahen Grundwasser seit Beginn der neunziger Jahre einen Rückgang der Chloridkonzentrationen gezeigt, bei dem davon auszugehen ist, dass er auf den reduzierten Einsatz von Trockensalz bzw. auf die Umstellung auf Feuchtsalzaufbringung zurückzuführen ist. Die Natriumbelastungen der Böden im Baumscheibenbereich der Straßenbäume sind geringer geworden, konnten jedoch im Innenstadtgebiet und an verkehrsreichen Straßen noch nachgewiesen werden.

5. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die zehnfache Menge Splitt verwendet werden muß, um dieselbe Wirkung wie mit Auftausalz zu erzielen?

Bei Glatteis sind für eine vergleichbare Wirkung pro Einsatz an Stelle von 10 g Feuchtsalz 100 g Splitt pro Quadratmeter Fahrbahnfläche erforderlich. Bei Schneefall, insbesondere bei festgefahrener Schneedecke, kann der Einsatz von Splitt effektiver sein. Das differenzierte Vorgehen der Stadtreinigung berücksichtigt die in Hamburg vorliegenden Erkenntnisse zu Kosten, Umweltauswirkungen und Verkehrssicherheit; siehe auch Antworten zu 3. und 4.

6. Ist dem Senat bekannt, dass die Auswirkungen der Salzstreuung auf die Umwelt, resultierend aus den heute üblichen sehr geringen Streumengen und Ausbringungsverfahren, durch wissenschaftliche Untersuchungen (TH Darmstadt, DURTH etal.) mittlerweile stark relativiert sind? Wenn ja, welche Konsequenzen gedenkt der Senat hieraus zu ziehen?

7. Gedenkt der Senat, die Relation zwischen Salz- und Splittverwendung im Winterdienst zu verändern? Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht?

Aktuelle Untersuchungen über die Auswirkungen des Einsatzes von Streusalz auf die Umwelt sind bekannt. Das bisherige Winterdienstkonzept der Stadtreinigung berücksichtigt in differenzierter Weise gleichermaßen die Belange der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes und bedarf daher gegenwärtig keiner Änderung. Abhängig von den Witterungsbedingungen werden neben der mechanischen Schneeräumung abstumpfende Streustoffe und auf Bundesstraßen, Straßen mit Buslinienverkehr sowie an örtlichen Gefahrenpunkten im übrigen Straßennetz auftauende Streustoffe eingesetzt. Aus betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gründen werden von der Stadtreinigung Hamburg dabei die verfügbaren technischen und konzeptionellen Möglichkeiten für einen möglichst sparsamen und zielgenauen Einsatz von Streumitteln genutzt.

8. Gedenkt der Senat, den Einsatz von Auftausalz auf Hamburgs Gehwegen zukünftig in definierten Fällen (z.B. wenn Pflanzen und Grundwasser nicht gefährdet werden) zu erlauben, um eine höhere Sicherheit für Fußgänger zu erzielen und Anliegern eine nachhaltigere Sicherheitsgewährleistung auf den von ihnen zu betreuenden Gehwegabschnitten zu ermöglichen?

Nein, nach den Vorschriften des Hamburgischen Wegegesetzes ist der Einsatz von Tausalz und tausalzhaltigen Mitteln auf Gehwegen nicht zulässig.