Das BNI hat von Beginn an Forschung Lehre und Patientenversorgung unter einem Dach

1. Ausgangslage:

Seit seiner Gründung am 1. Oktober 1900 als Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten ist das Bernhard-NochtInstitut für Tropenmedizin (BNI) Deutschlands größtes Institut für Forschung auf dem Gebiet der Tropenmedizin.

Das BNI hat von Beginn an Forschung, Lehre und Patientenversorgung unter einem Dach vereint.

Das BNI ist als Forschungsinstitut Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (kurz: Leibniz-Gemeinschaft bzw. WGL), in der Institute mit überregionaler wissenschaftlicher Bedeutung vereint sind (vormals „Blaue-Liste Einrichtungen" genannt).

Das BNI wird auf Basis der „Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Artikel 91 b Grundgesetz" (Rahmenvereinbarung Forschungsförderung, kurz „RV-Fo") institutionell gemeinschaftlich gefördert. Die Rahmenbedingungen für diese Förderung werden durch Bund und Ländern durch die RV-Fo und die zugehörige „Ausführungsvereinbarung zur Rahmenvereinbarung Forschungsförderung über die gemeinsame Förderung von Einrichtungen der wissenschaftlichen Forschung" (Ausführungsvereinbarung Forschungseinrichtungen, kurz AV-FE) festgelegt.

Das BNI ist eine rechtlich unselbständige Einrichtung der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG). Der Betriebsführung des BNI liegt ein Wirtschaftsplan gemäß § 15 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung (LHO) zugrunde.

Hauptaufgabe des BNI ist die Erforschung der tropischen Infektionskrankheiten, um Wege zu finden, sie wirkungsvoll zu bekämpfen. Das Institut gliedert sich in die Sektionen Parasitologie, Medizinische Mikrobiologie und Tropenmedizinische Grundlagenforschung.

Zusätzliche Aufgaben des BNI liegen in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Studierenden. Das BNI veranstaltet jährlich diverse Kurse, u. a. einen dreimonatigen Diplomkurs zur Erlangung der Zusatzbezeichnung „Tropenmedizin". Es bestehen enge Verknüpfungen mit der universitären Lehre, z. B. haben drei Mitglieder des Instituts C4-Professuren inne. Ein Kooperationsvertrag zwischen dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und dem BNI regelt insbesondere die gemeinsamen Berufungen. Das BNI führt Diagnostik durch, die überregional in Anspruch genommen wird. Das BNI ist Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger und Nationales Referenzlabor für SARS sowie Kooperationszentrum der WHO im Bereich der Virologie.

Der Wirtschaftsplan und das Programmbudget für das Jahr 2007 enthalten eine institutionelle Förderung durch Bund und Länder nach Artikel 91b GG von insgesamt 11,3 Mio. Euro (davon 1,1 Mio. Euro für Investitionen und 10,2 Mio. Euro für den Betrieb). Die Grundfinanzierung erfolgt als Fehlbedarfsfinanzierung. In Höhe von 1 Mio. Euro berücksichtigt der Plan 2007 eigene Einnahmen. Neben dieser Basisfinanzierung aus institutioneller Förderung und eigenen Einnahmen akquiriert das BNI Drittmittelprojekte.

Das BNI kooperiert in der Forschung im Rahmen von nationalen und internationalen Verbünden. Es werden Aufgaben in der Beratung nationaler und internationaler Einrichtungen wahrgenommen, dazu zählt die Mitwirkung in Arbeitsgruppen zur Erstellung von Reaktionskonzepten für bioterroristische Bedrohungsszenarien.

Das BNI führt zahlreiche Forschungsprojekte in den Tropen durch. Durch einen Staatsvertrag zwischen der Freien BÜRGERSCHAFT Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Rechtliche Verselbständigung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) und Hansestadt Hamburg und der Republik Ghana wurde 1997 das Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR) etabliert. Mit dieser gemeinsamen Station am Standort der Universität Kumasi in Ghana unterhält das BNI eine Plattform für klinisch und epidemiologisch orientierte Untersuchungen.

Gemäß § 1 Absatz 4 der AV-FE überprüft der Ausschuss Forschungsförderung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) turnusmäßig alle sieben Jahre, in der Regel auf Grundlage unabhängiger wissenschaftlicher Evaluation und einer Stellungnahme der zuständigen Fachressorts des Bundes und jeweiligen Sitzlandes, ob die Einrichtungen und Organisationen noch die Voraussetzungen für die Förderung erfüllen. Die wissenschaftliche Evaluation obliegt dem Senat der WGL, der sich zur Vorbereitung seiner Entscheidungen einer unabhängigen Gutachtergruppe bedient. Auf Grund der letzten positiven Evaluation des Senats der WGL hat der Forschungsförderungsausschuss der BLK beschlossen, das BNI für weitere sieben Jahre zu fördern. Eine erneute Evaluierung des BNI durch die WGL steht 2009 an.

Die Begutachtungskommission des Senats der LeibnizGemeinschaft schloss die letzte Evaluierung mit einer Stellungnahme am 1. April 2003 ab und gab darin insbesondere folgende Bewertungen ab:

­ „Die Forschung des BNI in wesentlichen Arbeitseinheiten als sehr gut, zum Teil hervorragend eingeschätzt wird"

­ „Die Nachwuchsförderung ist beispielgebend"

­ „Die Arbeitsergebnisse des BNI treffen national und international auf hohe fachliche Resonanz"

­ „Nachdrücklich unterstreicht der Senat die Empfehlung, das BNI zügig in eine rechtlich selbständige Einrichtung (...) zu überführen."

Bis zum Jahr 2005 gehörte die klinische Abteilung als integraler Bestandteil zum BNI. Die klinische Abteilung des BNI, die als eigenständige Klinik im Bereich der Krankenversorgung tätig war, musste sich aus eigenen Erlösen aus der Gesundheitsversorgung finanzieren. Sie wurde mit einem getrennten Wirtschaftsplan geführt und gehörte nicht zu dem Teil des BNI, der als wissenschaftliche Einrichtung im Rahmen der RV-Fo gemeinsam von Bund und Ländern gefördert wird.

Mit der Drucksache 18/3051 „Zukunftssicherung der Klinischen Abteilung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin; Übertragung an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf" vom 25. Oktober 2005 hat der Senat der Bürgerschaft die Entwicklung der klinischen Abteilung und die veränderten Bedingungen im Gesundheitswesen dargestellt. Zur Zukunftssicherung der klinischen Abteilung des BNI wurde mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ein Kauf- und Kooperationsvertrag geschlossen. Die stationäre und ambulante tropenmedizinische Patientenversorgung ist durch diesen Vertrag in die Trägerschaft des UKE überführt worden. Zur Aufrechterhaltung der engen Verknüpfung von Forschung und Krankenbehandlung wurden mit diesem Vertrag umfangreiche Kooperationsabsprachen fixiert, so dass das BNI weiterhin mit der tropenmedizinischen Patientenversorgung verbunden ist. Durch diese Strukturänderung besteht das BNI nur noch aus dem Betriebsteil Forschung.

Das gesamte Institut ist auf die wissenschaftliche Perspektive als Forschungseinrichtung von überregionaler Bedeutung ausgerichtet. Äußerlich wird dies durch die Errichtung des Erweiterungsbaus am Standort Bernhard-NochtStraße mit dem Ausbau der Laborkapazitäten bis hin zur höchsten Sicherheitsstufe 4 unterstützt.

Im internen Bereich muss dies mit einer kaufmännischen und strukturellen Weiterentwicklung verknüpft werden.

Durch die Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen in Bildung und Forschung durch die Föderalismusreform und die Änderung des Artikels 91 b des Grundgesetzes (GG) werden die übergeordneten Rahmenbedingungen der Gemeinschaftsfinanzierung des BNI verändert. Die für das BNI relevanten Aufgaben der BLK werden zum 1. Januar 2008 auf eine Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) überführt. Der bisherige Aufgabenbereich nach der RV-Fo geht damit auf die GWK über, ohne dass sich daraus für die Finanzierung des BNI materielle Änderungen ergeben.

2. Notwendigkeit einer rechtlichen Verselbständigung

Die Fortführung der Gemeinschaftsfinanzierung des BNI ist davon abhängig, dass das BNI weiterhin positiv evaluiert und seine Förderfähigkeit bestätigt wird. Dies setzt voraus, dass die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit des BNI erhalten bleibt. Im Rahmen der alle sieben Jahre stattfindenden Evaluierung nach § 1 Absatz 4 AV-FE werden Beurteilungen und Empfehlungen ausgesprochen. Die vom Wissenschaftsrat 1996 formulierte Forderung nach einer rechtlichen Verselbständigung wurde im Rahmen der zuletzt durchgeführten Evaluierung des BNI durch die unabhängig besetzte Bewertungsgruppe unterstützt. Der Senat der WGL hat sich dieser Empfehlung angeschlossen und seine Stellungnahme am 1. April 2003 beschlossen. Im Bewertungsbericht heißt es u. a. ­ „Um die wissenschaftliche Unabhängigkeit dauerhaft zu sichern, sollte die geplante Änderung der Rechtsform zügig umgesetzt werden."

­ „Das BNI sollte in Zukunft als eine wissenschaftlich unabhängige und rechtlich selbständige Forschungseinrichtung geführt werden. Die geplante rechtliche Verselbständigung (...) sollte (...) sobald wie möglich durchgeführt werden."

Eine erfolgreiche Umsetzung der in den vorangegangenen Evaluierungen ausgesprochenen Empfehlungen bildet die Basis, um auch künftig positiv evaluiert zu werden. Ohne eine rechtliche Verselbständigung des BNI besteht somit das Risiko, negativ bewertet und damit aus der gemeinsamen Förderung ausgeschlossen zu werden. Von den 83

Mitgliedern der WGL sind nur noch fünf nicht als rechtlich selbständige Einrichtungen organisiert. Das BNI ist das einzige WGL-Mitglied, das als unselbständiger Teil einer Behörde geführt wird.

Die BLK stellt zunehmend spezifischere Anforderungen an die kaufmännischen Steuerungsinstrumente der geförderten Wissenschaftseinrichtungen. Exemplarisch sei hierzu auf die Programmbudgets verwiesen. Dieses Planungs- und Steuerungsinstrument erfordert ein eigenständiges auf diese Anforderungen ausgerichtetes kaufmännisches Rechnungswesen. Die Kompatibilität der vorhandenen kameralen und doppischen Instrumente mit diesen Anforderungen könnte nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand hergestellt werden.

Das BNI muss sich den veränderten Rahmenbedingungen im Bereich Forschung stellen. Die Grundfinanzierung aus institutioneller Förderung wird zwar weiterhin die wichtigste Säule bleiben, aber die Akquisition von Drittmitteln und eigenen Einnahmen im Wettbewerb werden an Bedeutung gewinnen. Auch die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen wird für Forschungseinrichtungen wie das BNI ein höheres Gewicht erhalten. Dies bedingt eigenständige, wirtschaftliche Handlungsfähigkeit für das Institut bis hin zur Option, Teilbereiche ausgründen zu können (spin-offs).

Die rechtliche Selbständigkeit eröffnet die Möglichkeit zur vollständigen wissenschaftlichen und betrieblichen Entfaltung in einem strukturellen und rechtlichen Rahmen, der den spezifischen Anforderungen eines Forschungsinstituts entspricht. Mit der Verselbständigung werden die Verantwortung für die Wahrnehmung der Aufgaben und die Entscheidungskompetenz über den Einsatz von Ressourcen (Finanzen und Personal) bei der Institutsleitung zusammengeführt.

3. Ziel der Neustrukturierung Ziel der Rechtsformänderung ist es, aus der fachlichen Notwendigkeit heraus auch die wirtschaftliche Steuerung des BNI so zu optimieren, dass langfristig die tropenmedizinische Forschung auf dem derzeit hohen Niveau betrieben und weiter entwickelt werden kann. Dafür sind rechtliche und betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die folgende Bedingungen erfüllen:

­ Unabhängigkeit der Einrichtung nach außen

­ Erhöhung der Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit

­ Eigenverantwortung der Institutsleitung

­ eigene Personalhoheit

­ Wirksamkeit und Flexibilität der internen Steuerung und Wirtschaftsführung

­ Steigerung der Wirtschaftlichkeit

­ Rechnungslegung nach Grundsätzen kaufmännischen Rechnungswesens

­ externe Steuerungs- und Aufsichtsmöglichkeiten, die der wissenschaftlichen Aufgabenstellung und der finanziellen Trägerverantwortung angemessen sind

­ Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Vergleich

­ Erhöhung der Attraktivität für potenzielle Sponsoren, Mäzene und sonstige Mittelgeber.

Neben diesen inhaltlichen Anforderungen muss die neue Rechtsform eine gute und verlässliche Grundlage für die Überleitung des Personals bieten.

4. Zukünftige Organisationsform des BNI

Öffentlich-rechtliche Rechtsform

Die Überführung des bereits als Dienststelle existierenden Instituts soll in öffentlich-rechtlicher Rechtsform erfolgen. Auf diese Weise kann den unter 3 genannten Kriterien am besten entsprochen werden. Die Gestaltung der Strukturen kann durch ein spezifisches Errichtungsgesetz auf die besonderen Bedürfnisse des Instituts abgestimmt werden. Nur eine öffentlich-rechtliche Rechtsform bietet die Möglichkeit, einen vollständigen Personalübergang zu gewährleisten. Aus diesen Gründen ist eine öffentlichrechtliche Rechtsform für die Verselbständigung des BNI besser geeignet als privatrechtliche Rechtsformen.

Die wirtschaftliche Betätigung einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung wird steuerlich über die Bildung von „Betrieben gewerblicher Art" (BgA) abgebildet und unterscheidet sich insoweit von privatrechtlichen Rechtsformen.

Zweckmäßigkeit der Stiftung öffentlichen Rechts als zukünftige Organisationsform

Die Rechtsform der Stiftung weist gegenüber alternativen öffentlich-rechtlichen Rechtsformen entscheidende Vorteile auf.

­ Landesbetrieb nach § 26 LHO

Ein Landesbetrieb ist ein rechtlich unselbständiger Bestandteil der Freien und Hansestadt Hamburg. Mit dieser Rechtsform würde keine erfolgreiche Umsetzung der dargestellten Evaluierungsempfehlungen erreicht werden. Der Kompetenzrahmen der Institutsleitung wäre sowohl in der Vertretung nach innen wie nach außen beschränkt. Das Institut bliebe weiterhin im Gefüge der Behörde und an die übergeordneten einheitlichen Regelungen für Behörden gebunden. Insbesondere die fehlende eigene Personal- und Finanzhoheit machen einen Landesbetrieb als Rechtsform für ein spezialisiertes Forschungsinstitut ungeeignet.

­ Anstalt öffentlichen Rechts

Eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist ein Bestand an Mitteln zur Erfüllung einer gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgabe. Anstalten sind dadurch charakterisiert, dass sie Nutzer haben (wie z. B. Rundfunkanstalten, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Stadtreinigungen, Stadtentwässerungen, Häfen). Ein Forschungsinstitut ist hingegen stärker körperschaftlich geprägt (Gemeinschaft kreativer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) und nicht durch die Erbringung einer Leistung für externe Nutzer. Eine Anstalt ist als Rechtsform auch deutlich weniger geeignet, potenziellen Sponsoren eine attraktive Plattform zu bieten. Für eine Einrichtung im Bereich der Wissenschaft ist eine Anstalt daher unüblich und ungeeignet.

­ Körperschaft öffentlichen Rechts

Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine mitgliedschaftlich verfasste, unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehende, durch staatlichen Hoheitsakt geschaffene rechtsfähige Organisation des öffentlichen Rechts, die öffentliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnimmt (wie z. B. Industrie- und Handelskammer, Landesversicherungsanstalt). Bei der Grundlagenforschung, die das BNI betreibt, handelt es sich jedoch nicht um eine öffentliche Aufgabe in diesem Sinne, die mit hoheitlichen Mitteln wahrgenommen werden müsste, so dass die Errichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit ihren hoheitlichen Befugnissen nicht erforderlich ist. Die sehr weitgehende rechtliche Bindung einer Körperschaft öffentlichen Rechts im Rahmen des Verwaltungsund Verfassungsrechts könnte die Aufgabenerfüllung im Bereich der Forschung vielmehr eher behindern.

­ Stiftung öffentlichen Rechts

Eine Stiftung öffentlichen Rechts stellt eine auf Dauer angelegte und auf einen ideellen Zweck ausgerichtete rechtlich und wirtschaftlich selbständige Rechtsform dar. Die Rechtsform ist geeignet, die für ein außeruniversitäres Wissenschaftsinstitut erforderlichen Leitungs- und Aufsichtsstrukturen zu etablieren.