Welche Bedeutung kommen einerseits dem 76er Block und andererseits dem Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka nach Ansicht des Senats

Der strahlende Kriegsklotz in der Boomtown City West

Die Hamburger Neustadt verändert zusehends ihr Gesicht: Eine große Anzahl an Neubauten sind in den letzten Jahren entstanden oder befinden sich derzeit in Planung oder im Bau. Beispielhaft seien der Opernhof oder das Brahmsquartier genannt. Angesichts der regen Bautätigkeit wird gelegentlich von der Boomtown City West gesprochen. Auch der Bausenator beteiligt sich hier gern an Grundsteinlegungen. In krassem Gegensatz dazu steht die öffentliche Wahrnehmung eines der berühmtesten Denkmäler der Hansestadt: dem „Gegendenkmal ­ Mahnmal gegen Krieg und Faschismus" von Alfred Hrdlicka. In unmittelbarer Nachbarschaft von Casino und Cinemaxx Kino, direkt am Verbindungsweg zwischen Bahnhof Dammtor und Staatsoper ­ mithin einem der repräsentativsten Orte der Hamburger Neustadt ­ befindet sich das unvollendet gebliebene Gegendenkmal zum sogenannten Kriegsklotz, dem in der NS-Zeit entstandenen 76er Block. Das kriegsverherrlichende Monument mit der Aufschrift „Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen" prägt die Gesamtanlage ­ zumal in der Nacht, wenn das Nazi-Denkmal vergleichsweise stark illuminiert wird, auf das Gegendenkmal dagegen lediglich eine Lampe gerichtet ist. Auch tagsüber hat es das mittlerweile verschmutzte Kunstwerk von Hrdlicka schwer, gegen die Wirkung des monumentalen Blocks anzukommen. Der Text einer blauen Erklärungstafel, die zwischen den beiden Werken aufgestellt wurde, ist tagsüber schlecht, in der Dunkelheit überhaupt nicht lesbar.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Welche Bedeutung kommen einerseits dem 76er Block und andererseits dem Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka nach Ansicht des Senats zu?

2. Ziel eines von der Stadt ausgeschriebenen Künstlerwettbewerbs in den Achtzigerjahren war es, bei Verbleib des Kriegerdenkmals durch eine neue Platzgestaltung und ein kommentierendes Kunstwerk ein Gesamtwerk zu schaffen, das als Mahnmal gegen Krieg und Faschismus fungiert. Wird nach Ansicht des Senats dieses Ziel derzeit erreicht?

Das 76er Denkmal von Heinrich Kuöhl geht auf die Initiative des Hamburger Traditionsregiments Nr. 76 zurück und ist in den Jahren 1934 ­ 36 errichtet worden. Seit 1983 stellt das sogenannte Gegendenkmal des Künstlers Alfred Hrdlicka gegenüber den Landserkolonnen des 76er Blocks den „Schrecken der individuellen Person, das, was die Leute wirklich erfahren haben" dar.

3. Bekanntermaßen sind 1985/86 lediglich die Teile „Hamburger Feuersturm" und „Untergang von KZ-Häftlingen" des insgesamt vierteiligen Entwurfs von der Stadt aufgestellt worden. Nicht verwirklicht wurden die Teile „Soldatentod" und „Frauenschicksal". Welchen Einfluss hat das Fragmentarische nach Ansicht des Senats auf die Wahrnehmung von „Ehrenmal" und Gegendenkmal?

Das ursprünglich vierteilig angelegte Werk konnte nicht komplettiert werden, weil der Künstler bereits nach der Erstellung der ersten beiden Teile den vertraglich vereinbarten Kostenrahmen für das Gesamtwerk ausgeschöpft hatte. Dem in der Antwort zu 1. und 2. beschriebenem Zweck des Denkmals tut dies keinen Abbruch.

4. Das Kunstwerk von Hrdlicka ist teilweise stark verschmutzt ­ vor allem die „Fluchtgruppe" aus weißem Marmor. Ist die aktuelle Umgebungssituation des Gegendenkmals (vor allem Platzgestaltung, Beleuchtung, Beschriftung, Sauberkeit) der Bedeutung des Denkmals nach Ansicht des Senats angemessen?

Das Gegendenkmal wurde zuletzt im März/April 2007 im Auftrag der Kulturbehörde unter Hinzuziehung eines Bronzegussexperten von einem Restaurator fachgemäß gereinigt und teilweise restauriert. Diese Maßnahme kann aufgrund ihres Kostenaufwandes nicht mehrfach jährlich wiederholt werden.

5. Welche Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um dem Gesamtdenkmal die ihm angemessene Wahrnehmung als einem der wichtigen Gedenkorte Hamburgs gegen den Krieg zu verschaffen?

Die Bedeutung des Gesamtdenkmals wird regelmäßig auf verschiedene Art und Weise vermittelt. So enthalten die Website „Kunst im öffentlichen Raum" der Kulturbehörde und die Publikation „Kunst in der Stadt Hamburg. 40 Werke im öffentlichen Raum" jeweils ein Kapitel über das Hrdlicka-Denkmal unter Einbeziehung des 76er Blocks. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

Für die Beleuchtung der Gesamtanlage sorgt der Verein zur Erhaltung des 76er Denkmals. Nachdem im Jahr 2005 die Bezirksversammlung Mitte gedroht hatte, den Strom abstellen zu lassen, sollte neben dem Kriegklotz nicht auch das Gegendenkmal beleuchtet werden, wurde offenkundig ein Strahler installiert, der Teile des Gegendenkmals anstrahlt. Die unterschiedliche Gewichtung bei der Beleuchtung führt dazu, dass der 76er Block mit seiner vergleichsweise starken Illumination gut sichtbar ist für Besucherinnen und Besucher von Cinemaxx Kino und Casino, Passanten der Fußgängerbrücke und Nutzer der Straße. Das Gegendenkmal bleibt von diesen Seiten aus betrachtet im Dunkeln. Lediglich die Fußgänger, die den Weg durch die Grünanlage in Richtung Dammtor wählen, profitieren von der Beleuchtung des Gegendenkmals. Bizarrerweise führt die derzeitige Illumination dazu, dass insbesondere die Verschmutzung des weißen Marmors bei künstlicher Beleuchtung noch deutlicher wahrnehmbar ist als bei Tageslicht.

6. Wie beurteilt der Senat die derzeitige Beleuchtung der beiden Denkmäler?

7. Zeichnet die Stadt verantwortlich für die Art der Beleuchtung oder hat der Verein über diese entschieden? Falls Letzteres zutrifft: auf welcher Grundlage wurde dem Verein die Entscheidung über Art und Umfang der Beleuchtung beider Denkmäler übertragen?

Die Beleuchtung beider Denkmäler erfolgt aufgrund einer Absprache mit dem zuständigen Bezirksamt durch den Verein. Die Beleuchtung des Gegendenkmals wird durch dessen Lage unter einem großen Ahornbaum erschwert.

8. Bereits im Jahr 2005 hatte der damalige Bausenator und heutige Finanzsenator Michael Freytag unter dem Titel „Hamburg leuchtet noch schöner" das Beleuchtungskonzept für die Hamburger Innenstadt vorgestellt. Ziel sei, mithilfe von Beleuchtungstechnik unter anderem herausragende Bauwerke optisch hervorzuheben. Demnach sei eine wesentliche Anforderung die „Harmonisierung der Lichtstrukturen im öffentlichen Raum". Da das Gegendenkmal größtenteils im Dunkeln bleibt: Was bedeutet für den Senat im Falle von Kriegsklotz und Gegendenkmal die Harmonisierung von Lichtstrukturen im öffentlichen Raum?

9. Wird der Senat 76er Block und Gegendenkmal in das Beleuchtungskonzept der Hamburger Innenstadt aufnehmen? Wenn ja: wann und wie?

Falls nein: Warum nicht?

Die Bedeutung des Gesamtdenkmals wird regelmäßig auf verschiedene Art und Weise vermittelt. So enthalten die Website „Kunst im öffentlichen Raum" der Kulturbehörde und die Publikation „Kunst in der Stadt Hamburg. 40 Werke im öffentlichen Raum" jeweils ein Kapitel über das Hrdlicka-Denkmal unter Einbeziehung des 76er Blocks. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.