Einrichtungsträger

Als Einrichtungsträger eingesetzt wurde der LEB, auf eine Ausschreibung der Trägerschaft wurde verzichtet. Die Frage, ob die Trägerschaft einem freien Träger hätte angeboten werden müssen oder wegen des freiheitsentziehenden Charakters der Maßnahmen diese nur in öffentlicher Trägerschaft hätten durchgeführt werden dürfen, wurde nicht erörtert.

Zu den rechtlichen Bedingungen der Trägerschaft siehe Abschnitt Rechtliche Rahmenbedingungen, V. 1.3.

Erstellung, Fortentwicklung und Verbindlichkeit des Konzepts:

Allgemeines zu den Konzepten:

Auf der Grundlage der Senatsdrucksache 2002/1002 mit dem Betreff "Geschlossene Unterbringung für Minderjährige bei Kindeswohlgefährdung durch die Begehung von Straftaten in wiederholten oder gravierenden einzelnen Fällen und Maßnahmen der Jugendhilfe zur Stärkung der Erziehungsverantwortung der Eltern" hat der Senat am 3. September 2002 ein Konzept für behördliches Handeln bei der Begehung gravierender oder wiederholter Straftaten durch Minderjährige sowie die Schritte zur Umsetzung des Konzepts beschlossen.

Das Senatskonzept hat die Qualität eines Senatsbeschlusses i. S. v. Art. 42 Abs. 2 S. 2 HV. Insofern entfaltet sie für nachrangige Behörden eine Bindungswirkung, zumal es sich bei dem Senat um die oberste Landesbehörde handelt.

Demgegenüber sind die einzelnen Senatoren für die einzelnen ihnen zugewiesenen Verwaltungsbehörden verantwortlich (Art. 42 Abs. 2 S. 1 HV). Zur Leitung sind sie berufen (Art. 55 HV). Die Leitung bedarf der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit i. S. v § 3 Abs. 2 GOSenat.

Festzustellen ist zunächst, dass die Kollegialkompetenz des Senats die Ressortkompetenz der Fachbehördenleiterin in der Person der Senatorin begrenzt. Festzustellen ist aber auch, dass Verantwortlichkeit nur dort angenommen werden kann, wo der/dem Verantwortlichen ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt, worauf die Verantwortlichkeit gründen kann. Dieser Gestaltungsspielraum ­ möchte die Behörde sich im Korridor der Senatsvorgaben bewegen ­ muss sich aber auf Konkretisierungen beschränken. Denn Ressortkompetenz kann nicht zu senatskonträren Entscheidungen ermächtigen.

Die BSF erstellte daraufhin ihrerseits ein Konzept, mit dem sie das vom Senat beschlossene und in der Umsetzung befindliche Konzept darstellt. Die BSF darf daher das Konzept des Senats konkretisieren und umsetzen, ihm aber keinen völlig neuen Regelungsgehalt geben.

Basierend auf dem Senatskonzept und dem Konzept der BSF erstellte der LEB als Einrichtungsträger das LEB-Konzept.

Der LEB konnte und musste dabei als Einrichtungsträger in seinen Ausführungen noch konkreter werden als bereits die BSF selbst. Auch hier gilt jedoch, dass der LEB nicht völlig neue Regelungen schaffen konnte.

So dürfen die Senatoren in ihrer Ressortkompetenz auch nicht von aus der Richtlinienkompetenz des Ersten Bürgermeisters erwachsenen Vorgaben abweichen.

Teilweise auch als GUF-Konzept bezeichnet.

Senatskonzept zur Durchführung der geschlossenen Unterbringung:

Allgemeines zum Senatskonzept:

Das Senatskonzept geht davon aus, dass das "bisherige System der erzieherischen Hilfen der Jugendhilfe in Hamburg erhebliche Schwachstellen" habe; insbesondere dulde "die Kurskorrektur im Umgang mit Minderjährigen, bei denen eine Kindeswohlgefährdung insbesondere durch die Begehung von Straftaten in gravierenden und/oder wiederholten Fällen" vorliege, keinerlei Aufschub.

Als Grundlage für das Senatskonzept kann allenfalls der als "Abweichendes Votum" bezeichnete Teil des Berichtes der Enquete-Kommission vom 11. Mai 2000 herangezogen werden, da das Senatskonzept unter "1. Ausgangssituation" sich auf die Drucksache 17/664 bezieht, die ihrerseits auf diesen Bericht Bezug nimmt. Das abweichende Votum mit dem Unterpunkt "Exkurs: Verbindliche Unterbringung (sog. geschlossene Heime)" endet mit den Sätzen: "Dem radikalen, vor allem politisch motivierten Verzicht auf eine verbindliche Unterbringung kann nicht gefolgt werden. Die Einrichtung oder Nutzung einer begrenzten Anzahl von Plätzen mit verbindlicher Betreuung wird befürwortet".

Es blieb in der Enquete-Kommission aber strittig, ob eine dieser Unterstützungsformen die Schaffung einer verbindlichen Unterbringung sein sollte.

Zur geschlossenen Unterbringung führte die Kommission, außerhalb des abweichenden Votums, u. a. Folgendes aus: "Die gegenwärtig in der Öffentlichkeit von verschiedenen Seiten erhobene Forderung nach "geschlossener Unterbringung", die als besonders problematisch und mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Jugendhilfe nicht erreichbar angesehen werden, wurde in der Kommission ausführlich diskutiert.

[...]

Vor allem die Befürchtung, dass die verbindliche Unterbringung, wie sie in dem abweichenden Votum gefordert wird, zur Wiedereinführung geschlossener Heime führen würde, verhinderte ein einvernehmliches Votum".

Ein Großteil der Fachöffentlichkeit sprach sich eindeutig gegen eine geschlossene Unterbringung aus.

Die Sachverständigenkommission der Bundesregierung (11. KJBericht) machte folgende Ausführungen zu dem Thema "Geschlossene Unterbringung": "B.X.2.2 Geschlossene Unterbringung

Die Forderung nach einem verstärkten Ausbau der Einrichtungen mit geschlossenen Abteilungen für mehrfach auffällige, delinquente Kinder und Jugendliche geht üblicherweise davon aus, dass es Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe sei, die öffentlichen Erwartungen nach sicherer Verwahrung und Strafe für die betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erfüllen. Diese Erwartungen widersprechen dem gesetzlichen Auftrag der Heime, den gesetzlich zu erfüllenden Voraussetzungen für eine Einweisung in diese Heime und allen mittlerweile etablierten fachlichen Standards.

Nach KJHG ist eine geschlossene Unterbringung entweder als zeitlich eng befristete Maßnahme der Inobhutnahme auf der Basis einer Entscheidung durch das Jugendamt möglich (§ 42 Abs. 3 KJHG) oder sie wird als Hilfe zur Erziehung gewährt (§§ 27, 34 KJHG); dazu bedarf es einer Genehmigung des Familiengerichts, die nur erteilt wird, wenn das Wohl des Kindes die Freiheitsentziehung erfordert (§ 1631b BGB). Nach Auffassung der Kommission können in beiden Fällen allein akute Selbst- und Fremdgefährdung ausschlaggebende Gründe sein.

Voraussetzung ist also, dass Gefahr für Leib und Leben der betroffenen Kinder und Jugendlichen oder dritter Personenvorliegt. Die Gefährdung anderer Rechtsgüter (Eigentum, öffentliche Ordnung etc.) reicht nicht als Einweisungsgrund aus.

Jenseits dieser rechtlichen Voraussetzungen sind Einrichtungen mit Angeboten der geschlossenen Unterbringung aufgrund der Differenzierungen in der Ausrichtung auf eine Zielgruppe, der Indikation, dem Grad der Geschlossenheit, der Dauer der Maßnahme und der gesamten therapeutischen, sozialpädagogischen Konzeption nicht von anderen Leistungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung eindeutig abzugrenzen. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe haben sich fließende Übergänge zwischen "offenen", "halboffenen", "individuell-geschlossenen" und "geschlossenen" Formen der Betreuung herausgebildet.

Es sind keine Einrichtungen bekannt, die ausschließlich freiheitsentziehende Maßnahmen vorhalten. Grundsätzlich halten diese Einrichtungen ein breiteres Spektrum an Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor. Dabei werden lediglich einzelne Plätze oder Gruppen "geschlossen" angeboten. Über die quantitative Dimension der Plätze in geschlossener Unterbringung liegen für die Bundesrepublik unterschiedliche Angaben vor. Nach einer Umfrage bei den Landesjugendämtern aus dem Sommer 1996 ist insgesamt von 122 Plätzen in geschlossener Heimerziehung auszugehen (vgl. Schmitt 1997). Im Rahmen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik mit Stand zum 31. Dezember 1998 werden insgesamt 84 Plätze in geschlossenen Gruppen respektive Abteilungen von Einrichtungen gezählt. Hingegen geht die Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) von einer Gesamtzahl von 146 Plätzen in geschlossener Unterbringung aus. So unterschiedlich diese Zahlen auch sind, so zeigen sie dennoch, dass diese Unterbringungsform bei insgesamt über 105.000 Plätzen in Einrichtungen der (teil-)stationären Erziehungshilfen eine zumindest quantitativ randständige Bedeutung hat.

Es besteht mittlerweile Konsens darüber, dass die Kinder- und Jugendhilfe das Problem unangemessen vereinfachen würde, wenn sie geschlossene Unterbringung als eine Antwort auf strafbare Handlungen von Kindern und Jugendlichen begreifen oder diese als solche anbieten würde. Von viel größerer Bedeutung sind die sozialen Zusammenhänge, die biografische Bedeutung der Delikte, die psycho-sozialen Mängellagen und der sich daraus ergebende erzieherische Bedarf. Trotz der in einer Reihe von Studien empirisch gut belegten Negativfolgen geschlossener Unterbringungen (vgl. u. a. v. Wolffersdorff u. a. 1996), der dadurch erzeugten pädagogischen Widersprüche und der problematischen Sogeffekte geschlossener Einrichtungen kann deshalb in wenigen, sehr seltenen Konstellationen die zeitweilige pädagogische Betreuung in einer geschlossenen Gruppe eine dem jeweiligen Fall angemessene Form der Intervention sein. Vor diesem Hintergrund scheint die Diskussion um den vermeintlich wachsenden Bedarf an geschlossener Unterbringung aufgrund angeblich immer jünger werdender Mehrfach- und Intensivtäterinnen und -täter eine gefährliche Schimäre zu sein, weil sie ein Einfallstor für eine fachlich nicht vertretbare und juristisch unzulässige Verschiebepraxis von "problematischen" Kindern und Jugendlichen bietet.

Geschlossene Unterbringung ist keine tragfähige Antwort auf das Problem einer kleinen Zahl von mehrfach und intensiv auffälligen Kindern und straffälligen Jugendlichen.