Fortbildung

Im Bereich der baulichen Maßnahmen gab es erhebliche Sicherheitsmängel:

Die magnetgesicherten Türen, welche eine automatische Entriegelung im Brandfall entsprechend den Brandschutzbestimmungen gewährleisten sollten, erwiesen sich als ungeeignet, einen Ausbruch zu verhindern. Jürgen Menges aus der Bauabteilung des LEB (LEB 141) notierte in einer Aktennotiz ohne Datum zu diesen Türen, dass ihm Ute Ixmeyer von der Bauleitung des Bezirksamtes Nord am 29. Januar 2003 mitgeteilt habe, dass diese vier Türen für 9.000 Euro nachgesichert werden müssten. Wolfgang Weylandt habe ihm dazu erklärt, dass die Magnetsicherung durch einen kurzen kräftigen Ruck an den Türen überwunden werden könne. Jürgen Menges bat um die Suche nach einer Interimslösung bis zur Rückkehr von Henner Petersen am 11. Februar 2003 aus dem Urlaub. Ute Ixmeyer soll Jürgen Menges zuvor nach seiner Notiz mitgeteilt haben, dass es aus ihrer Sicht keine Interimslösung gäbe.

Am 12. Februar 2003 hebelte ein Jugendlicher nachts die magnetgesicherten Türen auf und entwich durch ein Fenster im ungesichertem Treppenhaus des JPPD, mit welchem sich die GUF zum damaligen Zeitpunkt noch ein Gebäude teilte. Dr. Dirk Bange teilte Staatsrat Klaus Meister in einem Vermerk vom 13. Februar 2003 mit, dass nach Rücksprache mit der für den Einbau der Türen beauftragten Firma diese Art von Magnetverriegelungen auch andernorts im Strafvollzug sowie in geschlossenen Stationen von Krankenhäusern und Psychiatrien verwendet würden. Bereits am 14. Februar 2003 wurden die magnetgesicherten Flurtüren mit Riegelschlössern nachgerüstet.

Am 13. Februar 2003 erging eine schriftliche Dienstanweisung von Holger Pielenz, LEB 1, an Henner Petersen, eine umfassende Sicherheitsüberprüfung der GUF zu veranlassen, wobei auf ausreichende Sicherheitsvorkehrungen für die Türen, Fenster und das Dach besonders zu achten sei. Über das Ergebnis der Prüfung und der eingeleiteten Maßnahmen sei der Geschäftsleitung bis zum 25. Februar 2003 zu berichten.

Ein Jugendlicher trat am 11. März 2003 einen Bedienungskasten der nachgerüsteten Magnettüren ab, worauf sich die Tür öffnen ließ. Nach Auftreten zweier weiterer Holztüren konnte er mit einem anderen Betreuten entkommen. Wolfgang Lerche teilte hierzu mit, dass die Bedienungskästen nach Auskunft der Installationsfirma als vandalismussicher galten. Die Bedienungskästen wurden danach unter Putz verlegt.

Die Umzäunung des Geländes war ein immer wieder besprochenes Sicherheitsproblem. Anfangs war sie ohne Belang, weil das Gelände der GUF auf einen Atrium-Bau ohne Außengelände beschränkt war und damit die Außenmauern die äußere Begrenzung bildeten. Geplant wurde bei der Angliederung der Außenbereiche zunächst ein 2,5 Meter, später ein 3 Meter hoher Zaun um das schrittweise erweiterte gesamte Außengelände.

Marianne Gschwendtner schilderte als deutliches Beispiel für die ungenügende Fluchthemmung durch den Zaun, dass das Überklettern des Zaunes von außen bei der Begehung am 2. Mai 2003 ihre sportlichen Fähigkeiten nicht überforderte. Sie sah, dass an der Innenseite des Zaunes Holz zu einer Treppe oder Ähnlichem aufgestapelt war. Bei der Begehung wiesen die Beteiligten auf die Stellen hin, an denen ihnen der Zaun als zu niedrig erschien.

Bei zu hoch gestapeltem Holz könne der Zaun erreicht und das Dach erklommen werden, wobei leere Säcke als Wurfanker dienen könnten.

Später wurde hinsichtlich des Zaunes geprüft, ob dieser mit einer Kipp-Vorrichtung im oberen Bereich versehen werden und ob man ein Alarm-Kabel oder eine kameragestützte Außensicherung am Zaun installieren solle.

Um ein Entweichen unterhalb des Zauns zu verhindern, sollten Platten unter diesem einzementiert werden und um die Umzäunung nicht gefängnisartig erscheinen zu lassen, sollte der Zaun mit Weißdorn bepflanzt werden.

Zur Verhinderung des Überkletterns wurde ein Lochblechschutz installiert.

Sicherheitsempfehlungen der Securitas-Mitarbeiter erfolgten schriftlich des Weiteren am 22. März 2, als neun "Tipps" gegeben wurden, die bauliche Verbesserungen (z. B. einen Übersteigschutz für die Dachrinnen und einen Übersteigschutz für den Zaun zum KJND) sowie Empfehlungen zur Vermeidung des Zugänglichmachens von als Waffen verwendbaren Gegenständen (z. B. Plastiktüten wegschließen, Zahnpastaspender statt Zahnpastatuben) enthielten.

Am 25. April 2003 gingen zwei Sozialpädagogen zur Deeskalation mit zwei aggressiv gestimmten Betreuten in den noch nicht hoch umzäunten Außenbereich. Die Minderjährigen nahmen nach längerem Aufenthalt dort herumliegende Holzscheite und Besenstiele, bedrohen damit die Sozialpädagogen und entwichen über den Zaun.

Die geplante besondere Sicherung des Atriums wurde umgesetzt, indem ein Baum darin gefällt, der Billardtisch abgebaut und besondere glatte Dachplatten verlegt wurden.

Am 13. März 2004 gelang einem Betreuten dennoch die Flucht über das Dach des Atriums, nachdem er dort drei Kommoden und einen Stuhl übereinander gestapelt hatte.

Eine Rauchmelde- und Flurüberwachungsanlage wurde spätestens im Februar 2003 in Betrieb genommen.

Planungsunsicherheit im Hinblick auf Neubau oder Umbau

Obwohl das Senatskonzept einen Neubau nicht explizit vorsah, gab es insbesondere in der Führungsspitze des LEB Überlegungen für einen Neubau. Zwar hat Dr. Dirk Bange dem LEB nach dem oben zitierten Schreiben schon am 13. März 2003 erklärt, dass ein Neubau für eine größere Einrichtung nicht mehr zur Debatte stünde. Aber dennoch erörterte Klaus-Dieter Müller in Vermerken an Dr. Dirk Bange vom 7. Mai 2003 und 12. Mai 2003 wieder, dass eine Kosten-Nutzen-Analyse einen Neubau als eine bessere, langfristigere Variante erscheinen lasse. In dem Vermerk vom 12. Mai 2003 führte er wörtlich aus: "So lange hinsichtlich der GU noch nicht abschließend zwischen Ausbau und Neubau entschieden ist, sollte [...]." Im Vermerk vom 7. Mai 2003 stellte er dies besonders ausführlich mit dem Ergebnis dar, dass ein Neubau nur 300.000 Euro mehr, nämlich 3.100.000 Euro statt 2.800.000 Euro, kosten, aber 609 Akte A-12.

610 Bericht von Wolfhard Ploog für Staatsrat Walter Wellinghausen v. 3. Juni 2003, Akte BFI, Anlage 3b Einzelvorgänge.

Mängelliste von Dr. Dirk Bange zur Begehung v. 2. Mai 2003, Akte BFI, Anlage 3b Einzelvorgänge; tatsächlich wurden Brombeeren gepflanzt.

Diese Maßnahmen waren auch schon in dem Plan für die Erweiterung der GUF v.

16. Januar 2004 von Klaus-Dieter Müller, Akte A-1, vorgesehen.

E-Mails von Dr. Dirk Bange an Staatsrat Klaus Meister v. 17. Februar 2003 und von Wolfgang Lerche an Dr. Dirk Bange v. 14. März 2003, Akte B-14.

615 Beide Akten A-5. modernste Standards hinsichtlich Sicherheit und pädagogischen Rahmenbedingungen herstellen würde. Trotzdem würde ein Anstaltscharakter vermieden und Gebäudeteile könnten auch für eine nicht geschlossene Einrichtung genutzt werden. Hierdurch sei die Einrichtung für ein sehr viel breiteres Zielgruppenspektrum kurz- und langfristig nutzbar. Michael Schrader, LEB 21, schrieb zu dem "Projektauftrag Erweiterungsplanung Geschlossene Unterbringung, Bauliche Sofortmaßnahmen, Erweiterungsplanung auf 25 Plätze" ohne Datum, dass ein Umbau ohne Berücksichtigung der Kosten für den Umzug des gesamten KJND lediglich 200.000 Euro weniger (2.800.000 Euro statt 3.000.000 Euro) als ein Neubau kosten würde und die Flächen in der Feuerbergstraße auch nach einem Umbau keine optimalen

Bedingungen für nten Geländes zum damaligen Zeitpunkt angesichts der Kostenlast atskonzept ging man noch von i einer Erweiterung auf 18 Plätze als kostspielig den Betrieb einer geschlossenen Einrichtung herstellen würden.

In einem weiteren Schreiben vom 14. Mai 2003 von Klaus-Dieter Müller (LEB) an FS 12 heißt es, diese Situation sollte bis zur Entscheidung über einen Ausbau oder Neubau aufrechterhalten werden (vier Monate).

Dann wurde bei der Begehung am 2. Juni 2003 gegenüber Wolfhard Ploog detailliert von einer namentlich nicht bekannten Person geschildert, dass der LEB die Absicht habe, einen Neubau für die geschlossene Unterbringung auf dem angrenzenden eigenen Gelände an der Feuerbergstraße zu errichten; bei einer Bauzeit von rund 20 Monaten und einer angestrebten Fertigstellung des Neubaus noch im Laufe des Jahres 2005 erscheine die Ausweitung des umzäu verzichtbar.

Der von mehreren Beteiligten immer wieder als notwendig erachtete Neubau wurde jedoch aufgrund der niedrigen Belegungszahlen nicht errichtet. Dieser war für eine wesentlich höhere Zahl von Betreuten geplant (im Sen 50 zu schaffenden Plätzen allein für Jugendliche aus). Wolfgang Lerche wies in seiner E-Mail vom 27. März 2003 darauf hin, das auf den Fortbildungsmaßnahmen zur Vermeidung und Deeskalation von Gewaltsituationen deutlich geworden sei, dass ein wesentlicher Aspekt die Vermeidung von körperlicher Nähe bzw. das Herstellen von Distanz sei. Dieses Ziel lasse sich in den Räumen der Feuerbergstraße nur unzureichend umsetzen. Die Kosten für einen Umbau und eine Erweiterung entsprechend den sicherheitstechnischen und pädagogischen Notwendigkeiten sei nach ersten Schätzungen vergleichbar mit den Kosten für einen Neubau.

Hinzu kämen die Folgekosten für den Umzug anderer Dienststellen und einen Ersatz für den KJND, weshalb erneut dringend ein Neubau empfohlen wurde. In einer von Uwe Riez genehmigten E-Mail vom 28. März 2003 wurde darauf geantwortet, dass sich eine Neubaulösung anböte, wenn erkennbar sei, dass eine Belegung von zwölf Plätzen in absehbarer Zeit erreicht werde. FS 2 solle zudem Alternativen oder Kooperationsprojekte entwickeln, die geeignet seien, das Konzept der Geschlossenen Unterbringung in anderer Form und an einem anderen Ort durchzuführen.

KlausDieter Müller stellte im Dezember 2003 die Weiternutzung und den Ausbau der Gebäude in der Feuerbergstraße be und nicht als die Ideallösung dar.

Wolfgang Lerche berichtete Staatsrat Klaus Meister in der E-Mail vom 27. März 2, dass die Arbeit in der GUF erschwert werde durch Versuche von anderen Jugendlichen, mit den Betreuten der GUF Kontakt aufzunehmen. Es handele sich hierbei um Jugendliche aus dem KJND, von REBUS und aus Berufsbildungseinrichtungen, die sich auf dem gleichen Gelände befänden. Die Trennung von KJND- und GUF-Gebäuden erfolgte im Juli 2003 mit dem Auszug der KJND-Gruppe 3 in den 616 Akte A-5.