Entgeltvereinbarung

Nach der "Entgeltvereinbarung 2003" ist ein Entgelt in Höhe von 239,97 Euro bei zwölf vorgehaltenen Plätzen vorgesehen.

Damit wurden insgesamt 4380 Belegungstage vorgehalten. Dies ergibt sich aus dem Produkt von zwölf Plätzen und 365

Jahrestagen. Die tatsächlich abgerufenen Belegungstage betrugen 1669. Die Anzahl der tatsächlichen Belegungstage ergibt sich aus der Summe der Anzahl der Tage, an denen die Jugendlichen in der GUF untergebracht waren.

Unterdeckung bzw. Nachfinanzierung für das Jahr 2003

Das für 2003 eingeplante Budget war nicht ausreichend. Bereits oben ist dargelegt worden, dass aufgrund dieser Tatsache nachkalkuliert werden musste. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, wie die Deckungslücke für das Jahr 2003 geschlossen wurde.

Am 5. Mai 2003 wurde in einem Gespräch zwischen Vertretern des LEB (Dr. Dirk Bange, Holger Pielenz, Henner Petersen und Bernd Möller-Beimbrink) und der BSF (Barbara Eltner, Günter Finke, Dirk Ploen und Pöhls) die Finanzierung der GUF problematisiert. Zunächst wurde darin festgehalten, dass dem LEB durch das Vorhalten von Plätzen entstandenen Kosten in voller Höhe finanziert werden müssten.

Nachdem eine verbindliche Lösung nicht einvernehmlich getroffen werden konnte, wurde der LEB beauftragt, eine neue Entgeltkalkulation vorzunehmen.

Dr. Dirk Bange ­ kommissarischer Geschäftsführer des LEB vom 28. April 2003 bis 20. Juli 2003 ­ vermag sich an eine Unterdeckung in der Finanzierung nicht zu erinnern. Er glaube vielmehr, dass im Jahre 2003 insgesamt weniger Geld ausgegeben worden sei als veranschlagt. Die eingestellten Mittel in Höhe von 1.031.000 Euro seien nicht verbraucht worden.

Klaus-Dieter Müller ­ der auf Dr. Dirk Bange folgende Geschäftsführer des LEB ­ schreibt am 6. Januar 2003 auf eine hier nicht exakt bekannte Frage von Holger Pielenz, die rechtliche Prüfung habe ergeben, dass die GUF ihr Angebot nur über die Belegung abrechnen könne, nachträgliche Kosten seien nicht zulässig: "Die BSF kann also keine belegungsunabhängige Finanzierung über alle entstehenden Kosten ermöglichen". Mögliche Defizite könne die BSF allenfalls in ihrer Rolle als Eigner abdecken. Haushaltsrechtlich käme dafür der Haushaltstitel 4460.682.01 in Betracht.

In seiner Vernehmung äußert sich Klaus-Dieter Müller dahingehend, dass es für ihn Anzeichen dafür gegeben habe, dass die Annahmen, die der Entgeltvereinbarung 2003 zu Grunde lagen, nicht haltbar waren.

Die Hintergründe dieser Unterdeckung sieht Klaus-Dieter Müller in folgenden Umständen:

­ Bei der Entgeltvereinbarung habe die Behörde auf die Gleichmäßigkeit der Verhältnisse für alle, auch für die anderen Träger, geachtet.

Hiervon seien die Entgeltvereinbarungen stark beeinflusst worden, sodass die realen Verhältnisse immer schwer durchsetzbar gewesen seien, ­ das Entgelt 2003 sei nach Standardpersonalkostensätzen berechnet worden, die nichts mit den realen Personalkostensätzen des Landesbetriebes zu tun gehabt hätten. Es habe sich um ein standardisiertes Kalkulationsmodell gehandelt, was nicht ausreichend Rücksicht auf die realen Verhältnisse im Landesbetrieb genommen habe.

Die "Entgeltvereinbarung 2004 sieht ein Entgelt in Höhe von 251,22 Euro pro Tag und Jugendlichen vor.

Das Entgelt wurde auf eine angenommene Auslastung von 97,5 Prozent bei zwölf Plätzen berechnet. Die Abrechnungen erfolgten nach wie vor belegungsabhängig. Darauf wies Bernd Möller-Beimbrink (LEB 11) ­ mit einem Vermerk an Klaus-Dieter Müller (LEB-GF) am 25. Februar 2004 hin.

Aus den Akten ist nicht ersichtlich, wie das Problem gelöst wurde.

Die tatsächlichen Kosten für das Jahr 2004 sind in dreifacher Hinsicht relevant.

Zunächst ist zu klären, ob die "Entgeltvereinbarung 2004" mit dem Makel der Rechtswidrigkeit behaftet ist, sodann sind die tatsächlichen Kosten unter Erörterung der Gründe für den Kostenanstieg aufzuführen und schließlich ist die kostenrelevante Erweiterung der Einrichtung von zwölf auf 18 Plätze zu betrachten.

Rückwirkungsproblematik:

Die Entgeltvereinbarung für 2004 wurde ausweislich der datierten Unterschriften erst am 25. Februar 2004 geschlossen, als Wirksamkeitsbeginn wurde indes der 1. Januar 2004 vereinbart. Die Rückwirkung sei nach Aussage von Klaus-Dieter Müller deshalb vereinbart worden, weil die Entgeltvereinbarung die Abrechnungsgrundlage für das betreffende Jahr regelte.

Hinsichtlich der Rückwirkung ist zunächst anzumerken, dass diese rechtlich unzulässig ist. Nach § 78d Abs. 2 Satz 1 SGB VIII tritt eine Entgeltvereinbarung zu dem darin bestimmten Tag in Kraft. Der frühestmögliche Termin des Inkrafttretens ist der Tag des Abschlusses der Vereinbarung. Eine Rückwirkung auf einen früheren Termin untersagt das Gesetz ausdrücklich (§ 78d Abs. 2 Satz 3 SGB VIII). Zwar führt ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht zur Nichtigkeit einer solchen Vereinbarung i. S. d. § 58 SGB X i. V. m. § 134 BGB; er begründet aber ihre Rechtswidrigkeit und führt dazu, dass die Einrichtung keinen durchsetzbaren Anspruch auf Leistungen für den fraglichen Zeitraum hat.

Folglich verstößt die Entgeltvereinbarung für 2004, welche erst am 25. Februar 2004 mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2004 abgeschlossen wurde, gegen das Rückwirkungsverbot aus § 78d Abs. 2 Satz 3 SGB VIII. Konsequenz dieses Verstoßes ist, dass die Entgeltvereinbarung 2004, die ein gegenüber dem Vorjahr erhöhtes Entgelt vorsah, erst am 25. Februar 2004 wirksam wurde.

Die im Jahre 2003 geschlossene Vereinbarung ist für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 24. Februar 2004 daher nicht durch die neue Vereinbarung ersetzt worden, sodass sich die Ansprüche des LEB für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 24. Februar 2004 nach wie vor nach der Entgeltvereinbarung von 2003 richten. Mithin hatte der LEB für diesen Zeitraum lediglich einen Anspruch auf 239,97 Euro und nicht auf 251,22 Euro pro Belegungstag.

Bei seiner Vernehmung war Klaus-Dieter Müller nicht erinnerlich, ob die rechtliche Zulässigkeit einer Rückwirkung dieser Entgeltvereinbarung zum damaligen Zeitpunkt Thema war.

Im Zusammenhang mit der Rückdatierungsproblematik stellt sich ferner die Frage, wie die Finanzierung in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2004 bis zum Zeitpunkt der Entgeltvereinbarung am 25. Februar 2004 erfolgte. In seiner Vernehmung führte hierzu Klaus-Dieter Müller aus, dass erstens im Falle einer verspätet abgeschlossenen Entgeltvereinbarung auf Basis der alten, also derjenigen für das Vorjahr, abgerechnet würde.

Die Differenz würde dann nach der Vereinbarung gezahlt.

Ist-Kosten:

Die Gesamtbetriebskosten der GUF im Jahre 2004 lassen sich einer Mitteilung von Klaus-Dieter Müller (LEB-GF) an den Leitenden Regierungsdirektor Joachim Mose (BSF) vom 31. März 2005 entnehmen. Danach betrugen die Gesamtkosten 1.641.725 Euro. Außerhalb von Entgelten wurden Einnahmen (insbesondere Kostenerstattung der BSF für Lehrpersonal) in Höhe von 117.499 Euro realisiert, sodass die Nettokosten mit 1.524.226 Euro beziffert wurden.

Im Einzelnen ergab sich Folgendes:

Insgesamt waren 5094 Belegungstage abzurechnen. Die Anzahl der Belegungstage ergibt sich aus dem Produkt von vorgehaltener Anzahl an Plätzen und Tagen. Im Einzelnen setzt sich dieser Wert wie folgt zusammen:

­ Zwischen dem 1. Januar 2004 bis 31. August 2004 wurden zwölf Plätze vorgehalten. Dies ergibt 2.916 Belegungstage,

­ in der Zeit vom 1. September 2004 bis 31. Dezember 2004 wurden 18 Plätze vorgehalten. Dies ergibt 2.178 Belegungstage.

Dies ergibt ein Ist-Entgelt in Höhe von 306,89 Euro bei einer 100 % bzw. 299,22 Euro bei einer Belegungsannahme von 97,5 Prozent. Es ist darauf hinzuweisen, dass dieser Prozentsatz kein tatsächlicher, sondern lediglich ein angenommener ist. Insofern gab es eine Unterdeckung von 55,67 Euro pro Tag und Platz. Allein hinsichtlich der Betriebskosten war damit eine Unterdeckung in Höhe von (55,67 mal 5094) 283.582,98 Euro gegeben. Die Abweichung der Ist-Kosten von den Soll-Kosten ist aber noch höher. Denn die Abrechnung berücksichtigt ab September 2004 sechs Plätze in der Einrichtung, die zum einen nicht in der Budgetplanung 2004 berücksichtigt waren, zum anderen diese weiteren sechs Plätze auch nur "prinzipiell" zur Verfügung standen und die 3. Gruppe 2004 tatsächlich nicht eingerichtet wurde. Nach Bereinigung der Abrechnung von diesem Gesichtspunkt ergibt sich, dass die Unterdeckung bei über 600.000 Euro gelegen hat.

Erweiterung der Einrichtung von zwölf auf 18 Plätze

Da die Einrichtung auch bei dem Angebot von zwölf Plätzen zu keinem Zeitpunkt voll ausgelastet war, ist näher auf diese kostenrelevante Ausweitung des Platzangebots einzugehen.

Die Einrichtung wurde 2004 von zwölf auf 18 Plätze erweitert.

Als Abrechnungsstichtag wählte Klaus-Dieter Müller den 1. September 2004, da zu diesem Zeitpunkt die Baulichkeiten fertig waren und prinzipiell eine 3. Gruppe hätte betrieben werden können. Hierzu ist anzumerken, dass Klaus-Dieter Müller in seiner Vernehmung abweichend von dieser prinzipiellen Möglichkeit kundtat, dass die Eröffnung einer dritten Gruppe an der Personalstärke gescheitert sei.

Trotzdem wurden seitens des LEB ab dem 1. September 2004 18 Plätze abgerechnet.