Erziehung

Zeitpunkt noch nicht ausgereiften baulichen Sicherheitseinrichtungen und der noch fehlende Erfahrung hinsichtlich der erforderlichen organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen erklärt werden kann.

Konsequenzen der Entweichungen

Die Entweichungen veranlassten den früheren Staatsrat Klaus Meister, die GUF einbis zweimal aufzusuchen und dabei die Sicherungsanlagen anzusehen. Aufgrund seines Eindruckes, dass die notwendige Sorgfalt bezüglich eines notwendigen Sicherheitskonzeptes nicht eingehalten worden sei, ersuchte er Uwe Riez und Wolfgang Lerche, auch unter Einschaltung von Dr. Dirk Bange, insbesondere in einem Gespräch am 17. März 2003 die bestehenden Sicherheitsmängel abzustellen.

Nach Angaben von Uwe Riez brachte Staatsrat Klaus Meister darin zum Ausdruck, dass die, die die operative Verantwortung trügen, diese auch wahrnehmen müssten und die Sache so handeln müssten, dass die Behördenleitung sich nicht immer mit Defiziten und Fehlleistungen auseinandersetzen müsste.

Uwe Riez hatte weiter den Eindruck, dass in dem Gespräch dem LEB die "gelbe Karte" gezeigt werden sollte und dass Wolfgang Lerche nach diesem Gespräch nicht mehr wie zuvor die Chance hatte, sich direkt an den Staatsrat zu wenden, insbesondere seien keine weiteren Briefe von Wolfgang Lerche an den Staatsrat gewünscht gewesen.

Staatsrat Klaus Meister soll auch zum Ausdruck gebracht haben, dass er nicht mehr wie zuvor mit Einzelheiten des operativen Geschäftes der GUF befasst werden wollte.

Staatsrat Klaus Meister verneinte in diesem Zusammenhang, dass gemäß der Notiz im Übergabebuch vom 16. März 2003, bei weiteren Entweichungen würden Köpfe rollen, Michael Schrader oder Wolfgang Weylandt bei weiteren Entweichungen Konsequenzen gedroht hätten, weil er diese nicht als Führungsverantwortliche betrachtete.

Als eine Konsequenz der Entweichungen wurde Wolfgang Lerche auf Veranlassung von Staatsrat Klaus Meister abgelöst.

In der Presseerklärung vom 28. April 2003 wurde bekannt gegeben, dass Wolfgang Lerche gebeten habe, ihn von seinen Verpflichtungen zu entbinden, nachdem dieselben beiden Jugendlichen am 24. und 25. April 2003 entwichen.

Entweichungen waren auch der Grund dafür, dass mit Organisationsverfügung vom 5. Mai 2003

Wolfgang Weylandt die Leitung der GUF mir einer ganzen Stelle übertragen wurde.

Ursachen der Besonderen Vorkommnisse

Eine Häufung Besonderer Vorkommnisse in bestimmten Zeiträumen ist feststellbar, und zwar März/April 2003, Juni/Juli 2004 und November/Dezember 2004. Den vorgelegten Akten sind jedoch die Gründe für diese Häufungen nicht eindeutig zu entnehmen.

Es ist allgemein festzustellen, dass der Grund (tiefer sitzende, evtl. länger währende Ursachen) eines Besonderen Vorkommnisses gar nicht und der Anlass (kurzfristiger Umstand, durch den dieses BV hervorgerufen wird) nur sehr selten unmittelbar den Akten entnommen werden kann. Jedoch ergaben sich einige Erklärungszusammenhänge, die unter den einzelnen Fallgruppen besprochen wurden.

Konsequenzen Besonderer Vorkommnisse

Ob und falls ja, welche Konsequenzen die Besonderen Vorkommnisse hatten, ergibt sich häufig nicht unmittelbar aus den Akten. Häufig lassen lediglich zeitliche Abfolgen von Geschehnissen darauf schließen, dass bestimmte Besondere Vorkommnisse kausal für spätere Dienstanweisungen, Anordnungen oder Veränderungen in der GUF waren.

Überwiegend fand nach dem Besonderen Vorkommnis eine Reflexion mit dem beziehungsweise den Minderjährigen statt, bei schwereren Verfehlungen erfolgten zum Teil Rückstufungen in eine andere Phase.

Vorgesehen ist nach den Allgemeinen Anweisungen in der Sicherheitsmappe ebenfalls, dass, sofern mit dem Ereignis eine Straftat verbunden ist, immer sofort ein Strafantrag zu stellen beziehungsweise eine Strafanzeige zu erstatten ist.

Auch Reaktionen auf die BV sind oft nicht eindeutig festzustellen. Kurzfristige Reaktionen innerhalb der Einrichtung (wie z. B. Beobachtung des Minderjährigen) sind nur zum Teil dokumentiert.

Weitere eventuelle Reaktionen, insbesondere des Trägers oder der Behörde, sind in den wenigsten Fällen eindeutig auf ein konkretes BV zurückzuführen. Hierzu ein Beispiel: Am 3., 4. und 11. März 2003 kam es zu Entweichungen, wobei allerdings nur die Entweichung am 3. März 2007 bei Außenaktivitäten geschah. Am 12. März 2003 gab es eine Pressekonferenz in der GUF. Am 13. März 2003 forderte Wolfgang Weylandt laut Übergabebuch einen Bericht für die Bürgerschaft zum Thema Entlaufungen, Besondere Vorkommnisse und Vorgehensweise der GUF von seinen Mitarbeitern ab.

Danach wurde an diesem Tag angeordnet (möglicherweise von Wolfgang Weylandt oder Christa Reupke; Anordnender könnte aber auch eine dritte Person sein), keine Gelegenheit zur Flucht zu geben, die Minderjährigen jederzeit unter Sichtkontrolle zu haben und keine Außenaktivitäten durchzuführen. Am selben Nachmittag fanden bereits wieder Außenaktivitäten im Wald statt und am 24. April 2003 flohen erneut zwei Minderjährige, als mit ihnen im Wald gearbeitet werden sollte.

Die Dienstanweisungen der Einrichtungsleitung betreffen zum Teil Themen, die mit einem BV in Zusammenhang stehen können, der direkte Bezug kann jedoch aufgrund der Aktenlage nicht dargestellt werden. Inhaltlich lässt sich jedoch vermuten, dass die jeweilige Dienstanweisung einen anlassbezogenen Hintergrund hat, der vielfach auf einem BV beruht.

In der Dienstbesprechung vom 5. Oktober 2004 wurde zum Beispiel festgelegt, dass der Nachtdienst sich aus Sicherheitsgründen grundsätzlich einschließen soll, um nächtliche Übergriffe zu erschweren. Unklar ist, ob diesem ein BV zugrunde liegt.

Im Einzelnen handelt es sich um die unter VI. 3.3.7 aufgeführten Dienstanweisungen.

Fazit zu BV

Die Klientel in der GUF zeichnet sich durch eine mangelnde Fähigkeit zur Selbststeuerung aus. Die Betreuten verfügen häufig über eine eingeschränkte soziale Kompetenz. Bereits vor ihrer Einweisung gehörten gewalttätige Auseinandersetzungen zum Alltagsleben. Hinzu kommt, dass es sich bei den in der GUF untergebrachten Jugendlichen überwiegend um Intensivstraftäter handelt. Den 25 Minderjährigen, die in der GUF untergebracht waren, wurden vor ihrer Unterbringung von den Ermittlungsbehör894 Übergabebuch C-7. den insgesamt 571 Straftaten zur Last gelegt.

Die Strafvorwürfe reichten dabei von einfachen Vergehen bis hin zu Schwerststraftaten. Bei sämtlichen dieser Minderjährigen kam es zu seelischen Misshandlungen wie z. B. Bedrohung, Ablehnung und Verweigerung emotionaler Zuwendungen. Elf Minderjährige sind von ihren Eltern bzw. Stiefeltern körperlich durch Schläge und Prügel misshandelt worden. Fünf Minderjährige wurden vernachlässigt, indem sie nicht ausreichend versorgt, unzulänglich bekleidet sowie in den ersten Lebensjahren zeitweise unbeaufsichtigt waren.

Es verwundert aus diesem Grunde nicht, dass während des pädagogischen Prozesses das Ausmaß und die Alltäglichkeit von Gewalt von Jugendlichen gegen sich selbst, gegen andere Jugendliche und gegen ihre Betreuer hoch war. Weit über 100 solcher Vorkommnisse wurden in zwei Betriebsjahren in der Feuerbergstraße gemeldet. Solche Vorkommnisse reichten unter anderem von Suizidversuchen bis hin zu strafbaren Handlungen gegen oder von Kindern und Jugendlichen. In dem Zeitraum vom 20. März 2003 bis 21. Februar 2005 sind in der GUF über 160 solcher Vorfälle bekannt. Im gleichen Zeitraum wurden in den übrigen Jugendhilfeeinrichtungen in Hamburg 288 Fälle gemeldet.

Verdeutlicht man sich allerdings, dass die Kapazität der GUF nach der Konzeption auf die intensivpädagogische Betreuung von einem Dutzend Jugendlicher ausgerichtet war, und die tatsächliche Belegung stets unter der Kapazität lag 898, führt dies unweigerlich vor Augen, welches Ausmaß an Gewaltbereitschaft in der GUF herrschte und dieses zur einer stetigen Situation in der Einrichtung führte, die als prekär und besorgniserregend zu bezeichnen ist. Nicht zuletzt die hohe Mitarbeiterfluktuation kann als Indiz für eine problematische Gesamtsituation herangezogen werden. In einer Einrichtung wie der Feuerbergstraße kommt einer qualitativ guten und konstanten Personalsituation allerdings eine maßgebliche Bedeutung zu.

Ob eine ausreichende Erziehung bei hohem Personalwechsel überhaupt gewährleistet werden kann, darf im Falle der Feuerbergstraße mindestens bezweifelt werden.

Folgende Schreiben des in der Einrichtung beschäftigten Personals mögen diese Annahme rechtfertigen: "Die Tätigkeit in der GUF ist als äußerst anspruchsvoll und bisweilen auch belastend zu beschreiben, weil zum einen komplexe Arbeitsprozesse auf verschiedenen Ebenen stattfinden und zum anderen ein hohes Maß an Aggression und Gewalt den Arbeitsalltag bestimmen kann. Diese Einrichtung beklagt beispielsweise eine außergewöhnlich hohe Fluktuation von Mitarbeitern. Viele dieser Abgänge sind durch eine allgemeine Arbeitsunzufriedenheit zu erklären. Dies hängt mit der vorherrschenden hohen Stressbelastung zusammen. Die chronische Unterbesetzung des pädagogischen Kernteams, sowie der stete Wechsel der Lehr- und Hauswirtschaftskräfte ließen geregelte Arbeitsabläufe anfangs schwer realisierbar werden."

"Wie sehr Jugendliche unter der hier praktizierten Form der Konfrontation leiden, zeigt die erhöhte Aggressivität, Gewaltbereitschaft und die Häufung von Selbstverletzungen. Ich sehe meine pädagogische Arbeit gefährdet und kann diese nicht fortführen, wenn es kein pädagogisches Konzept gibt, das meinen Anforderungen entspricht. Ich vermisse hier Klarheit, ich vermisse Strukturen und ich vermisse Unterstützung."

"In den letzten Monaten beobachte ich aus einer Überforderung und Überlastung der Mitarbeiter heraus einen pädagogischen Prozess, der von immer mehr restriktiven Maßnahmen geprägt wird [...] bei den Jugendlichen erlebe ich im Rahmen meiner psychologischen Betreuung dadurch Leidensdruck, der sich in aggressivem Verhal895 Drs. 18/1925 v. 5. April 2005.