Steuer

Schiffe von 50 oder 60 Hertz. Als einheitlichen Standard überlegt man hier seitens der IMO, eine vierpolige Standardmittelspannungssteckverbindung einzuführen mit 350 Ampere und 6,6 beziehungsweise 11 Kilovolt und wahlweise 50 oder 60 Hertz.

Die Umstellung auf Landstrom und zurück an den Schiffen auf Schiffsdiesel oder umgekehrt wird nach Aussagen von Experten jeweils nur wenige Minuten dauern. Die Kommunikation wird automatisch laufen zwischen Hafen und Schiff, sodass weiteres Personal nicht notwendig ist. Wer anderes behauptet, ist nicht richtig informiert.

Wirkliche Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung bereitet bislang die Struktur der liegeplatzbenutzenden Schifffahrt. Tide und flexible Liegeplätze setzen eine örtlich flexible Stromversorgung voraus.

Schiffe müssen beidseitig ausgerüstet werden, um beidseitig anlegen zu können, Schiffsneubauten müssen auf eine Landstromversorgung vorbereitet sein.

Die Investitionen amortisieren sich laut amerikanischen Berechnungen allerdings schon nach wenigen Jahren.

In Deutschland gilt für den auf Schiffen verbrauchten Strom im Gegensatz zum verbrauchten Kraftstoff keine Steuerbefreiung. Anders sieht die Rechtslage in Schweden aus, wo die Landstromversorgung von der Steuer befreit ist. Hier muss noch eine einheitliche Regelung innerhalb Europas erreicht werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, unsere Häfen in Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven gehören zu den größten Häfen in Europa. Damit ist gerade das Land Bremen in der Verantwortung, eine nachhaltige Hafenpolitik voranzutreiben. Doch statt beim Thema Landstrom auf zukunftsweisende Gespräche zu setzen und Umsetzungsmöglichkeiten ernsthaft zu prüfen, die unseren Häfen eine Vorreiterrolle sichern können, legen die Verantwortlichen bedauerlicherweise die Hände in den Schoß und verweisen nur auf die EU und die IMO. So äußert sich der Senat in seiner Mitteilung vom 30. Oktober 2007 mehr als zurückhaltend. Es wird deutlich, dass man vom Nutzen nicht überzeugt ist und ohne gesetzlichen Handlungsdruck keinen Handlungsbedarf sieht.

Doch nachhaltige Politik muss ökonomische und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigen, schließlich ist eine florierende maritime Wirtschaft auf einintaktesÖkosystemangewiesen.Dazukommt,dass die ersten Häfen mit Landstrom einen klaren Wettbewerbsvorteil haben werden. Wir sollten deshalb alles daran setzen, jetzt den Normenstandard mitzuprägen. Ansonsten ist zu befürchten, dass allein die USA den zukünftigen Standard bestimmen werden und wir in das Hintertreffen geraten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Der Los-Angeles-Standard wird da diskutiert.

Wir sollten uns diesen Vorteil verschaffen und nicht nur bei Hafenneubauten wie den zukunftsweisend auf moderne Technologien und damit auf eine Akzeptanz von Landstrom setzen. Die Hafenindustrie rechnet fest damit, dass die Landstromversorgung weltweit kommt. Sie ist vorbereitet, sie wartet nur noch auf den Startschuss.

(Glocke)

Bevor Sie noch fragen, meine Damen und Herren, wer das bezahlen soll: Solange das Land Bremen meint, staatliche Häfen betreiben zu müssen, ist es auch in der Pflicht, die Finanzierung zu übernehmen.

Letztendlich rechnet sich der um 60 Prozent günstigere Landstrom aber für Hafenbetreiber und für Reeder. Die derzeitige Untätigkeit des Senats schadet allerdings den bremischen Häfen und damit dem gesamten Land. ­ Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP) Vizepräsident Ravens: Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Willmann.

Abg. Willmann (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ella, eigentlich hatte ich Sie ja erst als Zweiten auf meiner Rednerliste, zu dem ich etwas sagen wollte, aber das, was ichebengeradegehörthabe,lässtmichdocheinerseits erschaudern, andererseits immer noch Hoffnung hegen, dass Sie auch noch lernfähig sind!

Zum einen: Sie waren auf der Veranstaltung der Aktionskonferenz Nordsee zur Vorstellung des Gutachtens über Landstrom, im Gegensatz zu Herrn Bödeker, der die Anfrage eingebracht hat und auf dieser so wichtigen Veranstaltung nicht anwesend war.

Das halte ich Ihnen zugute, aber Sie waren eben leider nur bis kurz vor der Vorstellung des Gutachtens anwesend, und deshalb fehlen Ihnen hier auch etliche Inhalte, die Sie hier leider auch nicht richtig wiedergeben.

(Abg. Ella [FDP]: Das liegt mir durchaus vor!)

Das kann Ihnen nicht vorliegen, Herr Ella, weil dieses Gutachten vom Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa bisher nicht in Druck gegeben worden ist, sondern ausschließlich als Powerpoint-Präsentation von Frau Ziebart auf dieser Veranstaltung vorgelegt worden ist.

Zum anderen, Herr Ella: Wenn Sie schon die Staatsrätin zitieren, lege ich auch darauf Wert, dass Sie sie richtig zitieren, und Frau Dr. Ziehm hat gesagt: Der Landstrom ist eine Möglichkeit zur Verringerung der Schadstoffe. Zum derzeitigen Entwicklungsstand lehnen wir aber eine Verpflichtung aufgrund der ungeklärten Bedingungen ab.

(Zuruf des Abg. Ella [FDP]) Dies, Herr Ella, entspricht auch der Aussage des Gutachtens, und die AKN, die Aktionskonferenz Nordsee, steht nun wirklich außerhalb der Diskussion, dass sie irgendwie parteiisch dastehen sollte.

Noch etwas, und das regt mich am meisten auf: Ich finde es bemerkenswert, und es freut mich sehr, wenn Sie die Pressemitteilungen, wenn Sie die Anträge, die Antragsbegründungen unserer grünen Kollegen aus dem Bundestag lesen. Es ehrt uns, dass Sie dies tun.

Wenn Sie diese aber in Teilen zitieren, finde ich das schon schwach, weil ich doch gern eine eigene Meinung der FDP gehört hätte.

(Abg. Ella [FDP]: Wo habe ich die zitiert?)

Die Anfrage der CDU, die hier eingebracht worden ist, endet im Vorspann mit den Worten, ich zitiere: Die EU-Kommission sieht daher in ihrer Empfehlung vom 8. Mai 2007 vor, dass die prüfen. Das, Herr Bödeker, ist genau passiert, indem nämlich der Senator für Bau, Umwelt, Verkehr und Europa dieses Gutachten bereits im Jahr 2006, nämlich im Mai 2006, an die Aktionskonferenz Nordsee abgegeben hat, und genau damit kommt der Senator auch dieser EU-Verpflichtung, die im Meeresbuch angesprochen worden ist, nach.

Meine Damen und Herren von der CDU, ich möchte das noch einmal betonen: Wenn Sie diese Anfrage stellen und dies, wie auch eben in Ihrem Beitrag, Herr Bödeker, für so wichtig erachten, verstehe ich nicht, warum Sie nicht auf dieser so wichtigen Veranstaltung anwesend waren. Aber auch ohne das entscheidende Ende der Veranstaltung, das Herr Ella und Herr Bödeker nicht miterlebt haben, muss doch allen aufgefallen sein, dass das Problem beim Landstrom nicht ist, ein Kabel über die Kaje zu tragen und in ein Schiff zu stecken, sondern dass es darum geht, hier eine präzise Prüfung der gesamten technischen Schwierigkeiten vorzunehmen.

(Abg. Ella [FDP]: Wenn Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie das!)

Es geht darum, dieses hoch komplexe Thema langfristig und nachhaltig für die norddeutschen Häfen, auch für die Häfen in der EU und auch weltweit zu lösen.

Wir haben auf der einen Seite Schiffe, die Schweröle verbrennen ­ sogenannte Bunkeröle mit miesesten Inhalten und umweltschädlichsten Stoffen in hohem Maße, in kaltem Zustand übrigens so etwas Ähnliches wie Asphalt ­ und Abgase in die Luft blasen, die unsere Hafenstädte nachhaltig belasten. Darauf hat zumindest ­ und das hat Herr Ella erwähnt ­ die EU in einer ersten Richtlinie reagiert, indem ab 2010 nur noch Schiffe, wenn sie den Hafen anlaufen, mit einem Schwefelgehalt von weniger als 0,1 dort ihre Motoren betreiben dürfen.

Auf der anderen Seite haben die Schiffe unterschiedlichste Strombedarfe, die weder standardisiert noch umfänglich definiert sind. In der Diskussion um Landstrom wird immer gern sehr platt und öffentlich diskutiert, sodass der Eindruck entsteht, hier eine Kabeltrommel zu nehmen, und das war es. Es wird suggeriert, es gehe um ein bisschen Licht in den Kabinen und den Freigängen, wofür nun nicht gerade die Maschinen laufen müssten, aber es ist leider schon etwas komplexer.

Meine Damen und Herren, ich empfehle, sich bei auch damit zu beschäftigen, wie Schiffstechnik funktioniert. Schiffe haben unterschiedliche Stromqualitäten, das haben wir hier heute auch schon gehört.

Das reicht von unter einem Megawatt und endet bei 9 bis 10 Megawatt wie bei der Emma Maersk noch lange nicht. Auf den Schiffen gibt es unterschiedliche Taktungen, und wir finden Spannungen zwischen 12 000 und 11 000 Volt. Das autarke Gefüge Schiff ­ und darum geht es nämlich, meine Damen und Herren, und das macht es auch so schwierig ­ kann nicht einmal eben umgeschaltet werden. Es dürfen keine Spannungsunterbrechungen entstehen, sonst läuft nämlich gar nichts mehr.

Nebenbei sind, und das hat die Veranstaltung der Aktionskonferenz Nordsee und des Senators für Bau, Umwelt, Verkehr und Europa aufgezeigt, haftungsrechtliche Gründe zu klären, die Fragen, wer zahlt, wenn der Strom ausgeht und ein Passagier im Aufzug stecken bleibt oder ein Kühlcontainer nicht geöffnet werden kann, weil er 5 Minuten ohne Strom geblieben ist und die Temperatur unter der vorgeschriebenen Marke bleibt.

Es ist aber auch noch die Frage der Vorhaltung der Technik zu klären. Fahren die Schiffe ihre eigenen Umspannanlagen durch die Gegend? Stehen diese landseitig irgendwo zentral auf dem Terminal? All das, meine Damen und Herren, muss erst geklärt werden.

Immerhin, und das ist auch noch einmal entscheidend, meine Damen und Herren, rechnet man hier mit einer Investition von 1 Million Euro pro Megawattleistung und Anschlussplatz, und in Bremerhaven haben wir allein an dem Containerterminal 5 Kilometer Liegeplätze. Wir haben in der Regel 3 bis 4 Kreuzfahrtschiffe dort, und wer sich das hochrechnet, kommt schnell auf eine Summe.

(Abg. Ella [FDP]: Sie wissen, dass es in Bremerhaven günstiger zu lösen ist, wegen der Wellenkammer!)

Meine Damen und Herren, ich meine, dass dieses hoch komplexe Thema weiter im Fachausschuss begleitet werden sollte, da ich Sie an dieser Stelle sonst weiter mit technischen Details konfrontieren müsste.

Zum Schluss will ich aber auch sagen, dass wir als grüne Fraktion im Hafenausschuss dieses Thema erstens noch nicht behandelt und zweitens auch nicht dagegen gestimmt haben und dass wir weiterhin in der Weiterentwicklung der Hafenstrukturen auch hier kritisch vorantreiben werden. ­ Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Vizepräsident Ravens: Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Abg. Müller (Die Linke): Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ella, zu Ihrem Hinweis bezüglich des Artikels! Die Linke ist nicht gegen, sondern sie ist für den Landstromanschluss. Der Artikel, den sie zitierten, ging lediglich auf die Probleme des Landanschlusses ein.

(Abg. Ella [FDP]: Das ist nicht negativ besetzt!) Nein, es ist nicht negativ besetzt! Dann würden Sie auch sagen, dass es negativ besetzt ist, was die Aktionskonferenz Nordsee zum Landstromanschluss sagt. Es ist eine kontroverse Diskussion gewesen und mehr nicht.

Eines ist sicher, meine Damen und Herren, die Emission der Seeschiffe ist das große Problem der Küstenländer, denn selbst 90 Kilometer im Landesinnern sind die Emissionen noch messbar. Das liegt daran, dass die Reeder, um Betriebskosten einsparen zu können, statt des Marinediesels Schweröl benutzen, um ihre Maschinen am Laufen zu halten. Das Schweröl ist ein Rückstandsprodukt der Mineralölindustrie, also ein Abfallprodukt. Es hat einen sehr starken Anteil von Schwefel, Schwermetallen, von Aschen und Sedimenten. Man könnte sogar behaupten, dass aufgrund der Tatsache, dass allein der Schwefelanteil das Mehrfache, Tausendfache eines normal üblichen Dieselkraftstoffs enthält, die Schiffe eine Art Verbrennungsanlage der Mineralölindustrien sind, die mit niedrigen Temperaturen und ohne Filteranlagen diese Rückstände verbrennen.

Dies alles hat zur Folge, dass ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung besteht. Auswirkungen wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen als auch Krebs sind die Folge.

Eine Studie von US-Forschern der Universitäten Delaware und Rochester hat herausgefunden, dass in den EU-Küstenregionen an die 26 700 Tote aufgrund dieser Tatsachen zu verzeichnen sind. Daraus folgend waren zwei der Forderungen der Aktionskonferenz Nordsee eine schrittweise Abschaffung des sogenannten Schweröls bis 2015 und eine Verpflichtung der Betreiber, Reeder dieser Schiffe, Filteranlagen einzubauen!

Zusätzlich müssen wir aber auch den Landstromanschluss für die Schiffe fordern. Der Landstromanschluss hat zum Ziel, die Schiffsemissionen in den Häfen als auch in den Hafenstädten zu senken, denn derzeit ist es so, dass die Schiffe an der Pier liegen und gleichzeitig die Schiffsdieselmotoren weiter munter laufen, um den Betriebsstrom des jeweiligen Schiffes gewährleisten zu können. Eine EU-Richtlinie, die uns allen seit 2005 vorliegt, fordert genau diesen Landstromanschluss. In welcher Form wir dies realisieren können, müssen wir noch sehen, es muss aber daran gearbeitet werden.

Ein Landstromanschluss wird wohl erst 2015 bis 2020 möglich sein, da noch viele Punkte ungeklärt sind. Uns fehlt noch eine international verbindliche Iso-Norm wie zum Beispiel eine Festlegung der Steckverbindungen für die Kabelverbindung, die Volt- und Hertz-Zahl, wie Sie ja schon erklärten, Herr Ella. Auch ist der Haftungsübergang nicht geklärt. Was passiert, wenn über eine Spannungsspitze, ob sie jetzt von Land- oder von Schiffsseite kommt, das gesamte Netz ausfällt? Wer ist dafür haftbar zu machen? Wer den Strom anbietet und zu welchem Preis, ist auch noch ungeklärt. Soll dies jetzt im Hafen geschehen, über den Hafenbetreiber, zum Beispiel liegen unsere Städte ja an der Küste, und wir könnten für die Stromgewinnung einen Windpark aufbauen, oder wollen wir das über die üblichen Netzbetreiber ermöglichen und vieles mehr? Unter anderem streiten sich noch Reeder und Hafenbetreiber darüber, wo der Transformator stehen soll. Soll er jetzt an Land oder auf dem Schiff stehen?

Das Land Bremen wird jährlich von einer Vielzahl von Kreuzfahrtschifften, Roll-on-Roll-off-Schiffen oder Containerschiffen angelaufen. Wie wir alle wissen, ist die Tendenz stetig steigend. Um Ihnen einmal darzustellen, mit welchen Megawatt-Leistungen wir bei nur einem dieser Schiffe rechnen müssen, hier ein Beispiel: Ein Kreuzfahrtschiff hat einen ungefähren Stundenverbrauch von 30 Megawatt, also ungefähr in einer Stunde das 7,5-fache eines Jahresverbrauchs eines normalen Haushaltes. Ein Ro-Ro-Schiff liegt bei 10 Megawatt und ein Containerschiff mit 1000 bis 1500

Kühlcontainern bei bis zu 15 Megawatt. Da kommen wir insgesamt auf 55 Megawatt pro Stunde.

Wenn wir jetzt den angesprochenen Windpark im Auge haben und wir davon ausgehen, dass eine Windkraftanlage bei 5 Megawatt Leistung liegt, benötigen wir lediglich 11 Windkraftwerke, um dies realisieren zu können. Wir müssen aber davon ausgehen, dass nicht nur diese 3 Schiffe im Hafen liegen. In Bremerhaven liegen allein 60 bis 70 Kreuzfahrtschiffe im Jahr an der Columbus-Pier.

(Abg. Frau Busch [SPD]: Die werden alle an die Windkraftanlage angestöpselt!) Ja, genau! Das war aber nur ein Beispiel.