Zur Situation der Europa-Bildung an außerschulischen Bildungseinrichtungen in staatlicher und in freier Trägerschaft in Hamburg

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, erklärte im Dezember 2006: „Die Summe der individuellen Lebenschancen der Bürgerinnen und Bürger in Europa entscheidet über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft und nicht zuletzt über das Zusammenwachsen der Mitgliedstaaten auf Basis eines gemeinsamen Verständnisses von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Werten" anlässlich der BMBF-Programm-Vorstellung für die bevorstehende Deutsche EU-Ratspräsidentschaft (Januar bis Juni 2007) in Berlin.

Um die gebotenen Chancen in ihrer Vielfalt begreifen, wahrnehmen und nutzen zu können, bedarf es jedoch verschiedener Vermittlungsinstanzen, die die Themen „Europa" und „Europäische Union" in das Lernen, Lehren und Leben aller Bürgerinnen und Bürger integrieren und derart aufbereiten, dass die oft beanstandete „Theorielastigkeit" und „Unübersichtlichkeit" der Themenschwerpunkte überwunden werden können. Zielgruppenspezifische Maßnahmen der europapolitischen Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung sind der Schlüssel, um möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger jeden Alters überhaupt in die Lage zu versetzen, beim Thema „Europa" mitreden und sich eine eigene Meinung bilden zu können.

Die Vermittlung von Wissen mit Bezug auf grundlegende europäische Inhalte, landeskundliche Kenntnisse, Sprachkompetenzen und interkulturelle Handlungsfähigkeit führt zum Erwerb von persönlichem Wissen, das die Voraussetzung ist, um im europäischen und globalen Wettbewerb bestehen zu können. Deswegen kommt auch der umfassenden außerschulischen EuropaBildung sowohl von staatlicher als auch von privater Seite ein besonderer Stellenwert zu.

Dies vorausgeschickt frage ich den Senat:

1. Welche staatlichen beziehungsweise öffentlichen Informations-, Unterhaltungs- und Bildungsangebote (zum Beispiel der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen, der Landeszentrale für politische Bildung, Hamburger Lehrerbibliothek/Filmarchiv und so weiter) werden von welchen Stellen zur Europa-Bildung bereitgehalten?

Die Landeszentrale für politische Bildung stellt gemeinsam mit dem Jugendinformationszentrum (JIZ) Publikationen, Broschüren und Karten zum Thema Europa, Leben und Gesellschaft in Europa, politische Geschichte und Verfassung Europas et cetera bereit und verweist auf ihrer Homepage auf die vielfältigen und einschlägigen Angebote im Internet. Darüber hinaus sind die Landeszentrale und das JIZ jährlich mit einem Infostand mit Europainformationen auf dem Europamarkt vertreten.

Die Landeszentrale für politische Bildung fördert die Europa-Bildung durch die Anerkennung entsprechender politischer Bildungsveranstaltungen als Bildungsurlaub.

Darüber hinaus führt die Volkshochschule (VHS) eine Vielzahl von Veranstaltungen durch, unter anderem:

· „Türkei in Hamburg" Themenschwerpunkt der VHS September 2006 ­ Juni 2007

· „Türkei in Hamburg" EU-Projekt (Lingua I) „Learning by Moving" Oktober 2005 ­ September 2008

· „Bildungshanse" ­ seit November 2001

· „Bildungshanse" Kooperation mit Nord-West Akademie für öffentliche Verwaltung, St. Petersburg (NWA) ­ seit Dezember 2002

· EU-Projekt HaLE (Health and Languages for Europe)

· Sprachkurse in 18 europäischen Sprachen

· Regelmäßige Veranstaltungen zu Einzelthemen im Rahmen der Europawoche im Bereich der Politischen Bildung

Die Hamburger Lehrerbibliothek hält derzeit insgesamt 381 Titel zum Thema Europa und Europäische Union vor. Außerdem gibt es zahlreiche landeskundliche Materialien zu einzelnen Staaten der EU, Sprachlehrbücher sowie Materialien zu dem Themenkomplex interkulturelle Erziehung. Zu den Themen Europa und Europäische Union werden Monographien, Handbücher und Lexika, Schulbücher für den Unterricht in den Fächern Politik, Erdkunde, Geschichte, Gemeinschaftskunde, Sozialkunde, Artikel in Zeitschriften sowie Examensarbeiten angeboten.

Der überwiegend von Hamburger Lehrerinnen und Lehrern genutzte Medienverleih und Medienservice am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung bietet insgesamt 211 Titel zu den Themen Europa und Europäische Union mit den inhaltlichen Schwerpunkten Politische Bildung (25 Filme), Umwelterziehung (3 Filme), Geografie (135 Filme) und Geschichte (21 Filme), Interkulturelle Erziehung und Migration (15 Titel) an.

2. Welche außerschulischen staatlich geförderten Vereine, Projekte, Initiativen, staatlich anerkannten freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe beziehungsweise Bildungseinrichtungen mit europäischer Ausrichtung gibt es in Hamburg?

Im Rahmen der Förderung der politischen Bildung fördert die Landeszentrale für politische Bildung 13 anerkannte Träger der politischen Bildung, die auch europapolitische Angebote bereithalten. Diese Träger sind:

· Abc Bildungs- und Tagungszentrum

· Arbeit und Leben

· Verein für politische Bildung

· Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt

· Julius Leber-Forum der Friedrich Ebert-Stiftung

· Friedrich Naumann-Stiftung

· Die Neue Gesellschaft

· Staatspolitische Gesellschaft

· Hermann Ehlers-Bildungswerk der Konrad Adenauer-Stiftung

· VHS Ost e. V.

· Haus Rissen

· Umdenken ­ Politisches Bildungswerk

· Ver.di-Bildungswerk

Daneben werden im Rahmen der Förderrichtlinie für die politische Bildung auch nicht anerkannte Träger über Projektanträge gefördert. In den Jahren 2006 und 2007 wurden folgende nicht anerkannte Institutionen mit europapolitischen Anliegen gefördert:

· Förderverein des Abendgymnasiums Vor dem Holstentor

· Dr. Emilie Kiep-Altenloh-Stiftung

· Landesfrauenrat

· Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer

Die Europa-Union Hamburg führt regelmäßig Veranstaltungen und Studienreisen durch.

Überwiegende oder ausschließlich europäische Ausrichtung ihrer Arbeit weisen folgende nach § 75 Achtes Buch Sozialgesetzbuch ­ Kinder- und Jugendhilfe ­ anerkannte Träger der freien Jugendhilfe auf:

· Deutsche Jugend in Europa, Landesverband Hamburg;

· european playwork association (e.p.a.) e. V.; der Verein ist Träger des Europa JUGEND Büros;

· Jugendarbeitskreis im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Landesverband Hamburg;

· Junge Europäische Föderalisten (JEF), Landesverband Hamburg e. V.;

· Spanische Jugend-Initiative e. V.

3. Im Rahmen der „Europawoche" jeweils im Mai findet seit vielen Jahren das „Fest der Europäer" beziehungsweise der „Europa-Markt" statt, bei dem das Europareferat der Senatskanzlei mit diversen privaten Einrichtungen kooperiert. Wie bewertet der Senat diese Kooperation in den Jahren 2004 bis 2007?

Die Kooperation mit privaten Einrichtungen, die sich für das Thema „Jugend in Europa" einsetzen, konnte mit der Neukonzeption des Europamarktes 2006 deutlich ausgebaut werden. Seit zwei Jahren steht der Europamarkt unter dem Motto „von Jugendlichen für Jugendliche". Schülerinnen und Schüler, Jugend- und Studierendenorganisationen organisieren das Programm ehrenamtlich unter der Leitung der Senatskanzlei. Der Europamarkt bietet damit ein Forum, bei dem sich Jugendliche aktiv für die Vermittlung europäischer Themen einsetzen und so außerhalb des Schulunterrichts Europakompetenz erwerben. Dieses erfolgreiche Konzept wird 2008 fortgeführt und weiterentwickelt.

Der Erfolg der Kooperation wird auch daraus deutlich, dass 2007 26 Einrichtungen aktiv am Europamarkt teilgenommen haben, unter anderem:

· e.p.a./Europa JUGEND Büro

· dock europe

· Grone-Bildungszentrum für Gastronomie und Ernährung gGmbh

· Internationaler Diakonischer Jugendeinsatz

· Kulturbrücke Hamburg

· Association des Etats Generaux des Etudiants de LEurope (AEGEE) Hamburg

· The European Law Students Association (EL§A)

· JEF Hamburg

· Europa-Kolleg Hamburg

· Europäisches Jugendparlament

· Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

4. Teilt der Senat meine Auffassung, dass auch der außerschulischen Europa-Bildung ein hoher Stellenwert zukommt? Wenn ja, ist geplant, das Thema „Europa" allen Hamburgerinnen und Hamburgern künftig noch stärker näher zu bringen beziehungsweise auf welche Weise soll dies geschehen?

Die zuständige Behörde misst der außerschulischen Europabildung einen hohen Stellenwert bei. Daher werden die unter den Antworten zu 1. und zu 2. benannten Förderund Informationsangebote fortgeführt und weiterentwickelt.

Mit dem Europamarkt und der Europawoche wird auch weiterhin jedes Jahr in Kooperation mit privaten Einrichtungen ein umfangreiches Informationsangebot zu aktuellen europäischen Themen zur Verfügung gestellt. Im kommenden Jahr wird am 26. April 2008 wieder ein Europamarkt und vom 5. bis 10. Mai 2008 die Europawoche stattfinden. In der Reihe „Vaterland Europa?!" sind 2008 zwei öffentliche Diskussionsveranstaltungen geplant. Daneben unterstützt der Senat die Europa-Union Hamburg und den Info-Point Europa, die ebenfalls ein umfangreiches Informationsprogramm initiieren.