Kitas

18. Wahlperiode 08. 01. 08

Gemeinsamer Bericht des Wissenschaftsausschusses und des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses über die Drucksache 18/5972: Reform der Ausbildung im Bereich der Frühpädagogik (Antrag der GAL-Fraktion) Vorsitzende: Wolfgang Beuß Schriftführung: Prof. Dr. Mai 2007 an, der federführende Wissenschaftsausschuss möge gemäß § 53 Absatz 4 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft gemeinsame Beratungen mit dem mitberatenden Familien-, Kinder- und Jugendausschuss anberaumen. Der Wissenschaftsausschuss folgte dieser Anregung und fasste am 29. Mai 2007 den Beschluss, eine gemeinsame Anhörung gemäß § 58 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft durchzuführen. In der Sitzung am 19. Juni 2007 wurde die Anhörung auf den 20. September 2007 terminiert. Folgende Auskunftspersonen waren zur Anhörung geladen: Frau Dr. Ulrike Graf (Universität Bremen), Herr Prof. Dr. Wolfgang Hantel-Quitmann (HAW Hamburg), Herr Martin Peters (Paritätischer Wohlfahrtsverband e. V. Hamburg), Herr Prof. Dr. Helmut Richter (Universität Hamburg), Herr Dr. Martin Schaedel (Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH), Frau Birgit Schaefer (Behörde für Bildung und Sport), Frau Dr. Petra Strehmel (HAW Hamburg). Von dieser Sitzung wurde ein Wortprotokoll (Protokoll des Wissenschaftsausschusses Nr. 18/50, Protokoll des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses Nr. 18/45) erstellt, das entsprechend den seit 1. März 2006 geltenden Richtlinien des Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft über die Einsichtnahme von Ausschussprotokollen über die Parlamentsdatenbank der Hamburgischen Bürgerschaft unter der Internetadresse http://www.hamburgische-buergerschaft.de/parlamentsdatenbank aufgerufen oder wie bisher in der Parlamentsdokumentation der Hamburgischen Bürgerschaft eingesehen werden kann.

Die Auswertung der Anhörung und die Senatsbefragung mit abschließender Beschlussfassung führten die Ausschüsse in ihrer Sitzung am 6. Dezember 2007 durch.

II. Beratungsinhalt:

6. Dezember 2007

Die SPD-Abgeordneten erbaten eingangs eine Einschätzung seitens der Senatsvertreter zu den in der Anhörung getroffenen Aussagen.

Die Senatsvertreter formulierten, dass ein wesentlicher Teil der Anhörung auf die Fragestellung ausgerichtet gewesen sei, wie es gelingen könne, akademische Kräfte stärker in die frühkindliche Erziehung einzubinden. Diese Diskussion werde augenblicklich bundesweit geführt, wobei in Hamburg die ersten Wege in diese Richtung bereits beschritten seien. In der Anhörung sei geschildert worden, welche Schwierigkeiten damit verbunden seien, das Akademisierungsniveau insgesamt anzuheben.

Die SPD-Abgeordneten griffen die in der Anhörung getroffene Aussage auf, dass die Budgetknappheit an der Universität die Schaffung eines neuen Studiengangs „Frühpädagogik" im Augenblick nicht zulasse, und äußerten ihren Eindruck, dass seitens der Universität durchaus der Wunsch bestehe, Änderungen herbeizuführen. Hier schließe sich die Frage nach den Kooperationsmöglichkeiten der verschiedenen Ausbildungsträger, also nicht nur der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Universität, sondern auch der Fachschulen und des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung an. Eine gelungene Kooperation setze voraus, dass hierfür Unterstützung der zuständigen Behörden signalisiert werde.

Die GAL-Abgeordnete bat den Senat um eine Einschätzung darüber, wie eine akademische Ausbildung im Bereich der Frühpädagogik bewertet werde. Die in der Anhörung anwesenden Experten hätten sich hierzu durchweg positiv geäußert und das Interesse der Abgeordneten habe erkennen lassen, dass sie diese Haltung teilten.

Die Senatsvertreter teilten mit, dass im Bereich der Kindererziehung und -betreuung zukünftig eine stärkere Spreizung der Kompetenzen und Berufe mit entsprechendem akademisch ausgebildetem Personal in Leitungsfunktionen unerlässlich sein werde.

Sie hielten es jedoch für wenig sinnvoll, den gesamten Bereich der Kindererziehung zu akademisieren; es sei zum einen unmöglich, ein derart große Anzahl an Akademikern auszubilden, zum anderen sei zu bedenken, dass es weiterhin auch Berufsperspektiven für Nicht-Akademiker in diesem Sektor geben müsse. Es müssten verstärkt gegliederte Ausbildungsgänge eingesetzt werden, die Zusatzqualifikationen vorsähen und es auch Personen mit Hauptschulabschluss ermöglichten, in einem solchen Beruf zu arbeiten.

Die SPD-Abgeordneten wollten wissen, ob der Senat bereits Überlegungen hinsichtlich der Kosten, die durch eine Akademisierung des Berufsbildes entstünden, angestellt habe.

Die Senatsvertreter wiesen darauf hin, dass nicht zwangsläufig von einer Kostensteigerung auszugehen sei. Diese sei im Wesentlichen von der Zusammensetzung des Personals in Hinblick auf eine Fachkraftquote mit bestimmten Qualifikationen und deren tariflicher Einstufung abhängig. Die in der Anhörung anwesenden Sachverständigen seien von sehr unterschiedlichen Vorstellungen ausgegangen, wie hoch die Quote von akademisch ausgebildeten Personen ausfallen solle. Somit sei in jeder einzelnen Einrichtung zu klären, welche Kosten verursacht würden. Im Kita-Bereich existiere ein heterogenes System, was es erforderlich mache, Stellenanteile akademischen Personals mit denen anderer Beschäftigter in Einklang zu bringen. Es seien Ideen für eine sinnvolle Einbindung akademischen Personals zu entwickeln und zudem sei festzulegen, welche Aufgaben von diesem Personenkreis wahrgenommen werden sollten.

Die CDU-Abgeordneten zeigten sich interessiert daran zu erfahren, wie der Senat gedenke, mit Blick auf die benötigte stärkere Professionalisierung die Akademisierung weiter voranzutreiben.

Die Senatsvertreter erläuterten, dass es bezüglich des Personaleinsatzes noch keine Festlegung gebe. Besser ausgebildetes Personal in Verbindung mit dem Wunsch nach einer Verlängerung der Betreuungsangebote erfordere den Einsatz umfangreicher finanzieller Mittel. An dieser Stelle sei ein politischer Kompromiss erforderlich. Mit den Trägern müsse darüber nachgedacht werden, wie ein solcher Kompromiss ausgestaltet werden könne. Das Kita-Gutschein-System setze voraus, dass die Leistungen gleich bezahlt würden. Daher könne größeren Kitas nicht auferlegt werden, eine Akademisierung zu betreiben und daraus eine Finanzierung abzuleiten, die sich von der kleiner Kitas unterscheide. Um hierfür Lösungen zu erarbeiten, fänden Gespräche zwischen der Behörde und den Kita-Verbänden statt.

Die Senatsvertreter erwähnten, dass bundesweit für den Bereich der Frühpädagogik 1.000 Bachelor-Studienplätze zur Verfügung stünden. Ob diese Absolventen-Zahl dem Bedarf angemessen sei, werde die Zukunft zeigen.

Die GAL-Abgeordnete wies darauf hin, dass Frau Prof. Dr. Strehmel von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) während der Anhörung auf Untersuchungen hingewiesen habe, die bestätigten, dass ein höheres Ausbildungsniveau der Erzieher und Erzieherinnen zu einer besseren Entwicklung bei den betreuten Kindern führe. Die Nachfrage nach ausgebildetem Personal steige aufgrund des weiteren Ausbaus von Krippenplätzen. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt schwierig, exakte Bedarfszahlen zu nennen, aber dass ein steigender Bedarf an geschultem Personal bestehe, sei spätestens seit der Anhörung offensichtlich. Zudem sei zu befürchten, dass durch das Ansteigen der Zahl der Krippenplätze qualifiziertes Personal nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehe. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob akademisch ausgebildete Kräfte mit einem ihrer Qualifikation entsprechenden Gehalt rechnen könnten.

Die Senatsvertreter unterstrichen die Notwendigkeit des Einsatzes akademisch ausgebildeten Personals. Die Bedarfszahlen in Relation zu den Absolventen der entsprechenden Studiengänge würden auf der Grundlage von Vergleichszahlen aus dem Jahr 2006 für Hamburg und für den Bund analysiert. Laut dieser Zahlen seien bereits jetzt in Hamburg überdurchschnittlich viele akademisch Ausgebildete im Bereich der Frühpädagogik beschäftigt. Die Zahlen belegten, dass in Hamburg eine Teilakademisierung im Bereich der Leitung bereits stattgefunden habe. Im Jahr 2006 arbeiteten knapp 600 Personen mit sozialpädagogischem Hochschulabschluss, also 7,3 Prozent, sowie 4.800 Erzieherinnen und Erzieher, knapp 60 Prozent der Beschäftigten, im Bereich der Kindertagesbetreuung. Es sei davon auszugehen, dass die Erzieherinnen und Erzieher weiterhin das Kernpersonal im Bereich der Kindertagesbetreuung stellten. Die Statistiken des Jahres 2006 hätten ergeben, dass zu diesem Personal noch 1.700 sozialpädagogische Assistentinnen und Kinderpflegerinnen, circa 20 Prozent der Beschäftigten, hinzuzurechnen seien. 1.200 Personen, also 14,4 Prozent, hätten sich im Jahr 2006 in einer Ausbildung und anderen Arbeitsverhältnissen befunden.

8250 pädagogische Fachkräfte seien derzeit im Einsatz. Im Bundesdurchschnitt verfügten lediglich 3,2 Prozent über einen pädagogischen Hochschulabschluss; der Vergleich der aufgelisteten Zahlen lasse erkennen, dass Hamburg bezüglich der Akademisierung im Bereich der Frühpädagogik bereits über dem bundesweiten Durchschnitt liege.

Bezüglich der Ausbildungszahlen sei anzumerken, dass in den kommenden Jahren die Zahl der Absolventen im Bereich der Erzieherausbildung voraussichtlich zunehmen, aber sich in den Jahren 2010 bis 2012 wieder auf das heutige Niveau einpendeln werde. Augenblicklich befänden sich 500 Personen in der Erzieherausbildung, Ende des Jahres 2009 sei mit 600 ausgebildeten Kräften zu rechnen. Bei den sozialpädagogischen Assistenten schlössen jährlich etwa 250 Personen ihre Ausbildung ab.

Die HAW starte mit 35 Studienplätzen und auch in den anderen Bundesländern sei die Anzahl der für die Frühpädagogik eingerichteten Studienplätze nicht viel höher, weshalb zu vermuten sei, dass sich eine entsprechende Ausweitung der Akademisierung über Jahrzehnte hinziehen werde.