Hintergründe des Überfalls in Hamburg-Niendorf

Die Polizei Hamburg hat am 10. Januar 2008 mitgeteilt, dass ein 55-jähriger Mann am U-Bahnhof Niendorf-Nord am Neujahrsmorgen von drei offenbar minderjährigen Tätern überfallen und durch Schläge und Tritte so erheblich verletzt worden ist, dass er mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden musste. Am 14. Januar 2008 hat die Polizei die Öffentlichkeit informiert, am Vortag drei Jugendliche vorläufig festgenommen zu haben. Die 15, 16 und 17 Jahre alten deutschen Jungen aus Stellingen und Niendorf sollen die Tat gestanden haben. Offenbar hatten sie den schwer verletzten Mann am Neujahrsmorgen in der Annahme zurück gelassen, er sei an den Verletzungen verstorben.

Es stellt sich die Frage, ob die Jugendlichen bereits in der Vergangenheit polizeilich auffällig geworden sind und inwieweit sie durch das Jugendamt betreut wurden.

Wir fragen den Senat:

1. Ist das Strafverfahren abgeschlossen? Wenn ja, seit wann, mit welchen wesentlichen Feststellungen und mit welchen Konsequenzen für den Täter?

Nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.

2. Wie stellt sich der Sachverhalt nach derzeitigem Kenntnisstand dar?

Was war insbesondere Hintergrund der Tat beziehungsweise Anlass für den Angriff? Kannten sich Opfer und Täter vor der Tat?

Inwieweit spielten Alkohol- oder Drogenkonsum im Einzelnen eine Rolle bei der Tat?

Welche Verletzungen hat der Angriff verursacht? Wie geht es dem Opfer jetzt?

Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand der Strafverfolgungsbehörden trafen die drei Beschuldigten (17 Jahre ­ Person 1, 16 Jahre ­ Person 2 und 15 Jahre ­ Person 3) am Neujahrsmorgen gegen 7 Uhr im Bereich des U-Bahnhofes Niendorf-Nord zufällig auf den 55-jährigen Geschädigten, der Pfandflaschen gesammelt hatte. Lediglich der beschuldigten Person 1 war der Geschädigte vom Sehen her bekannt. Der Geschädigte wurde von den Beschuldigten als vermeintlich Randständiger beschimpft, der in ihrem Revier nichts zu suchen habe. Nach Angaben der beschuldigten Personen 1 und 2 habe man erhebliche Mengen Alkohol konsumiert.

Die beschuldigte Person 2 versetzte dem Geschädigten sodann zunächst einen Kopfstoß, woraufhin sich der Geschädigte abwandte und einer Auseinandersetzung zu entgehen versuchte. Daraufhin sprang die beschuldigte Person 2 auf Aufforderung der beschuldigten Person 1 dem Geschädigten aus vollem Lauf in den Rücken. Anschließend schlugen alle drei Beschuldigten auf den Geschädigten ein und brachten ihn zu Boden, wo sie weiter auf ihn einschlugen und eintraten. Die beschuldigte Person 2 ergriff dann eine Glasflasche und schlug dem Geschädigten damit mehrfach ins Gesicht. Als sich die Beschuldigten vom Geschädigten abwandten, gab dieser kein Lebenszeichen mehr von sich. Die Beschuldigten kamen daher zu dem Schluss, dass der Geschädigte verstorben wäre. Nach kurzer Zeit kehrten die Beschuldigten zurück und versetzten dem Geschädigten jeweils einen Fußtritt an den Kopf, um zu überprüfen, ob er noch lebt.

Die drei Beschuldigten wurden am 13. Januar 2008 vorläufig festgenommen.

Der Geschädigte erlitt nach Angaben des behandelnden Arztes einen Jochbeinbruch rechts, umfangreiche Verletzungen des rechten Ohres, eine Kalottenfraktur rechts, Schnittverletzungen auf der rechten Wange und Stirnseite sowie eine massive Schwellung der rechten Gesichtshälfte. Der Bericht des Instituts für Rechtsmedizin liegt noch nicht vor. Der Geschädigte befindet sich seit dem 15. Januar 2008 wieder in seiner häuslichen Umgebung.

3. Wer sind die mutmaßlichen Täter? (Bitte Angaben für jeden der drei Festgenommenen und gegebenenfalls für weitere Tatverdächtige aufschlüsseln.)

Siehe Antworten zu 3.1.

Bei wem handelt es sich bei dem 16-jährigen Haupttatverdächtigen?

Wer wird beschuldigt (bitte Geschlecht, Alter, Wohnort und Staatsangehörigkeit sowie Herkunft angeben)? Bei wem liegt das Sorgerecht (bei der Familie oder bei der Stadt)?

Die beschuldigte männliche Person 2 unbekannter Herkunft ist 16 Jahre alt, wohnhaft in Stade und deutscher Staatsangehöriger. Das Sorgerecht liegt bei der Mutter.

War der Beschuldigte der Polizei bereits im Vorfeld bekannt?

Welche Meldungen hat es gegebenenfalls wann durch die Polizei an das Familieninterventionsteam (FIT) oder ein anderes Jugendamt gegeben?

a) Wann wurde der Beschuldigte wegen welcher Delikte auffällig?

b) Wegen welcher Taten wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet?

c) Wurde wegen der Taten Anklage erhoben? Wenn ja, wegen welcher Straftatbestände und mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?

d) Wie viel Zeit ist jeweils zwischen den ihm vorgeworfenen Taten und den Anklagen beziehungsweise den Verhandlungen vergangen?

Ja. Der Beschuldigte wurde durch die Polizei am 30. März 2007 dem ASD-Eimsbüttel gemeldet.

Im Übrigen sieht der Senat vor dem Hintergrund der einer Auskunft entgegenstehenden Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes und der Regelungen über die Auskunftserteilung gemäß §§ 474 fortfolgende der Strafprozessordnung (StPO) von einer Beantwortung ab.

e) Wann erfolgte gegebenenfalls eine erkennungsdienstliche Behandlung?

Eine erkennungsdienstliche Behandlung erfolgte am 22. April 2007 und am 13. Januar 2008.

f) Wird er bei der Polizei als Intensivtäter oder sonst als besonders auffällig geführt? Seit wann und mit welchen Konsequenzen?

Der Beschuldigte ist nicht als STOPP!- oder PROTÄKT-Täter bei der Staatsanwaltschaft Hamburg erfasst.

Welche Behörden waren in den vergangenen Jahren wann mit dem Beschuldigten befasst, inwiefern und was wurde wann veranlasst?

Siehe Antworten zu 2. bis 2.3., 3.1.2. bis 3.1.2.d), 3.1.4., 3.1.5 und 3.1.6. Von der Polizei wurden die im Rahmen der jeweiligen Strafverfahren erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Am 20. April 2007 wurde mit dem Beschuldigten durch die Polizei ein Norm und Hilfe verdeutlichendes Gespräch geführt. Im Übrigen kann seitens der Strafverfolgungsbehörden im Einzelnen nicht mehr rekonstruiert werden, ob und wann Kontakte mit anderen Behörden in Form behördenübergreifender Besprechungen erfolgten. Die Erziehungsberechtigten wurden über die jeweiligen Verfahrenseinleitungen und zumindest die jeweils abstrakten Tatvorwürfe in Kenntnis gesetzt.

Waren REBUS oder die Beratungsstelle für Gewaltprävention mit dem nun Beschuldigten befasst? Wenn ja, wann, inwiefern und mit welchem Ergebnis? Besucht der Beschuldigte die Schule oder hat er einen Abschluss, ist er in Ausbildung?

Der Beratungsdienst der allgemeinbildenden Schule und REBUS Berufliche Schulen sowie das Schulinformations-Zentrum ­ Team C waren beratend tätig. Es erfolgte eine Maßnahme gemäß § 49 Hamburgisches Schulgesetz und es wurden normenverdeutlichende Gespräche auch mit den Eltern geführt. Zum Schuljahr 2006/2007 wurde ein Platz in einer Berufsvorbereitungsklasse vermittelt. Der Beschuldigte hat keinen Schulabschluss. Er besuchte die Berufsvorbereitungsklasse seit Februar 2007 unregelmäßig, daher erfolgte bis Juni 2007 eine enge Betreuung durch einen Beratungslehrer. Die Beratungsstelle Gewaltprävention war nicht befasst.

War das Familieninterventionsteam (FIT) der Sozialbehörde oder ein anderes Jugendamt mit dem Fall des nun Beschuldigten befasst? Wenn ja, wer, wann und inwiefern? Wann genau ist der Beschuldigte dem FIT gemeldet worden? Zu welchen Beurteilungen ist das FIT gekommen? Wann bestand eine Zuständigkeit des FIT?

Gab es von irgendeiner Seite den Versuch, den nun Tatverdächtigen in die Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße (GUF) einweisen zu lassen? Wenn ja, wer hat entsprechende Überlegungen wann veranlasst? Wurde die Unterbringung in der GU Feuerbergstraße beantragt? Von wem, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

Der Minderjährige wird seit Juni 2004 vom Jugendamt Eimsbüttel betreut. Eine Polizeimeldung an das Jugendamt erfolgte im März 2007. Das Familieninterventionsteam (FIT) war mit dem Beschuldigten nicht befasst. Es wurde von keiner Seite ein Antrag auf Einweisung in der Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße (GUF) gestellt.

Darüber hinaus ist der Senat, soweit Jugend- oder Sozialhilfebehörden mit den Beschuldigten befasst waren, im Hinblick auf den Sozialdatenschutz nach dem Sozialgesetzbuch an einer weitergehenden Beantwortung gehindert.