Nachhaltigkeit

18. Wahlperiode 18. 01. 08

Bericht des Wissenschaftsausschusses zum Thema Errichtung der HafenCity Universität ­ Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung Sachstandsbericht des Senats (Selbstbefassung) Vorsitzender: Thilo Kleibauer i. V. Schriftführung: Prof. Dr. Barbara Brüning

I. Vorbemerkungen:

Der Wissenschaftsausschuss beschloss in seiner Sitzung am 20. März 2007 einstimmig, sich in Selbstbefassung gemäß § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft mit der Errichtung der HafenCity Universität ­ Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung zu beschäftigen und sich von dem Senat insbesondere über den Aspekt der Nachhaltigkeit berichten zu lassen. Der Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 10. Januar 2008 abschließend mit dem Thema.

II. Beratungsinhalt:

Die Senatsvertreter wiesen eingangs darauf hin, dass am Vormittag des 10. Januar 2008 die europaweite Ausschreibung des Public-Private-Partnership-Verfahrens für die HafenCity Universität gestartet worden sei, die auch die Nachhaltigkeit beinhalte.

Am 1. Januar 2006 sei mit der HafenCity Universität (HCU) zum ersten Mal seit 25 Jahren eine neue staatliche Hochschule in Hamburg gegründet worden. Diese vereine die Fachbereiche Geomatik, Architektur, Stadtplanung und Bauingenieurwesen und sei einzigartig in Europa, weil sie sich der gebauten Umwelt widme. Sie weise Charakteristika einer Hochschule neuen Typs auf, die sich in einer Flexibilität der Deputate, in interdisziplinären Strukturen, der sogenannten School-Struktur, und nicht zuletzt in einer sehr hohen Praxisorientierung äußerten.

Am 3. Dezember 2007 habe die HCU in einer Veranstaltung auf Kampnagel ihr inhaltliches Profil sowie ihre Forschungsschwerpunkte und Studiengänge vorgestellt. Ressourceneffizienz sei bereits zu diesem Zeitpunkt ein sehr wichtiger Schwerpunkt der theoretischen Arbeit gewesen, sie spiele jedoch auch unter praktischen Gesichtspunkten eine bedeutsame Rolle.

Im Februar des Jahres 2007 sei der Architektenwettbewerb mit einem einstimmigen Votum der Kommission für den Entwurf des Architekturbüros CODE UNIQUE aus Dresden abgeschlossen worden. Dieser solle im Zuge eines PPP-Projekts umgesetzt werden. Dies bedeute, dass nicht nur der Bau durch einen Partner realisiert werde, sondern auch die Bauunterhaltung und die spätere Bewirtschaftung über mehrere Jahrzehnte einem privaten Betreiber obliegen solle. Der Vorteil dieses Konstrukts bestehe darin, dass, wie internationale Erfahrungen bestätigten, private Betreiber besser für Reinigung und Bauunterhaltung sorgten als eine Hochschule, die hierin nicht ihre Kernaufgaben sehe. Durch den Einsatz privater Betreiber sei gewährleistet, dass ein Gebäude in kontinuierlich gutem Zustand erhalten bleibe. Eine Schwäche der Hochschulpolitik in der gesamten Bundesrepublik, aber auch in Hamburg, sei bislang gewesen, dass man sich zwar gelegentlich einen Neubau geleistet, anschließend aber wie im Falle des Geomatikums über dreißig Jahre nicht mehr investiert habe.

Die Ausschreibung berücksichtige nicht nur den Bau des Gebäudes, sondern beziehe Aspekte wie Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Sauberkeit et cetera mit ein. Alle diese Kriterien für den Betrieb müssten im Vorfeld festgelegt werden, weswegen im gesamten laufenden Jahr 2008 das Wettbewerbsverfahren und die Verhandlungen bis hin zur Vergabe des Baubetriebs vorangetrieben werden müssten. Es werde davon ausgegangen, dass zu Beginn des Jahres 2009 feststehe, wem das Projekt „Errichtung und Betrieb der HCU" anvertraut werden könne. Spätestens Mitte des Jahres 2009 werde eine entsprechende Vorlage die Bürgerschaft passiert haben, sodass noch im gleichen Jahr mit dem Bau begonnen werden könne.

Bezüglich der Nachhaltigkeit führten die Senatsvertreter aus, dass 2 Prozent der Weltfläche mit Metropolen und größeren Städten besiedelt seien. Diese verbrauchten weltweit drei Viertel der Ressourcen und produzierten drei Viertel des Abfalls. Insbesondere in den Metropolregionen müssten vorbildhafte Bauvorhaben realisiert werden, um signifikante Verbesserungen in Hinblick auf die Ökobilanz erzielen zu können. Daher sei bereits im Ausschreibungsverfahren festgelegt worden, dass der Nachhaltigkeit große Bedeutung beizumessen sei. Der Entwurf von CODE UNIQUE habe in punkto Nachhaltigkeit im Bewertungsverfahren die besten Noten erzielt. Das seit dieser Entscheidungsfindung vergangene Jahr sei dazu genutzt worden, für das gesamte Gebäude zu simulieren, mit welchen Fensterflächen, Fensteröffnungen, Betondecken et cetera optimale Nachhaltigkeit erzielt werden könne. Dies ermögliche die Realisierung eines Konzepts, das höchsten Standards genüge und für das bereits jetzt die Nachhaltigkeitsmedaille in Gold beantragt worden sei. Im Grundprinzip werde bei dem Gebäude der Ansatz verfolgt, möglichst wenig Technologie zu verbauen.

Dieser sogenannte Low-Tech-Ansatz beruhe auf der Überlegung, dass jede eingesetzte Technologie Energiekosten sowie Wartungs- und Betriebskosten verursache.

Je mehr natürliche, ökologische Ressourcen wie beispielsweise Wind- und Wasserkühlung, zum Einsatz kämen, desto weniger Folgekosten seien zu erwarten. Die aktuell gültige Energieeinsparverordnung werde durch die vorgesehene Konzeption um 30 Prozent unterschritten. Ein heutiges Bürogebäude in Hamburg benötige 280 Kilowattstunden pro Quadratmeter, ein neues, nach üblichem Standard errichtetes Gebäude 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Die HCU werde mit 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter, also einem Drittel eines üblichen Bestandsgebäudes oder der Hälfte eines üblichen Neubaus, auskommen.

Die Senatsvertreter erläuterten auf der Grundlage eines als Tischvorlage verteilten Dokuments (siehe Anlage), dass dieses Ziel unter anderem durch den Einsatz von Geothermie, also durch Erdwärme- und Erdkühle-Nutzung zur Reduzierung der normalen Energiezufuhr und zur Teilklimatisierung des Gebäudes, erreicht werde. Ein weiterer Aspekt sei die Nachtauskühlung. Nachts würden über eine Steuerung die Fenster geöffnet, um im Sommer Wärme aus dem Gebäude entweichen zu lassen.

Über Betonkernaktivierung sei es zudem möglich, die Decken dazu zu nutzen, das Gebäude zu kühlen. Unter dem Stichwort „Hybride Lüftung" werde durch natürliche Lüftung die Anzahl der notwendigen elektrischen Lüftungsanlagen reduziert. In den Chemielaboratorien seien elektrische Lüftungsanlagen unabdingbar, nicht jedoch in den Atrien und Hörsälen. Hier könnten Windlüfter zum Einsatz kommen, die bereits in Australien erfolgreich Anwendung fänden und bei denen Windkraft dazu genutzt werde, eine Belüftung des Gebäudes zu erreichen. Für die Fassaden sei eine Dreifachverglasung mit einer Kopplung der Heizung an die Fensteröffnung vorgesehen.

Dies bewirke, dass sich im Winter die Heizungen automatisch nach unten regulierten, sobald ein Fenster geöffnet werde. Bei der Fassadengestaltung seien FotovoltaikAnlagen bereits integriert, um architektonisch optimal eingebunden zu sein: Die gesamten Balkonbrüstungen des Gebäudes bestünden aus Fotovoltaik. Die nach Norden ausgerichtete Rückfassade des Gebäudes werde aus recyceltem Altglas hergestellt und Lehm sei als Baumaterial für die Leichtbauwände vorgesehen, was sich positiv auf das Raumklima auswirke. Zudem sei eine Kopplung der Energiesparleuchten an das Tageslicht geplant; sobald ein bestimmter Helligkeitsgrad erreicht sei, werde sich die Leuchtkraft entsprechend reduzieren, um möglichst wenig elektrischen Strom zu verbrauchen. Wesentlich sei darüber hinaus auch die Solarthermie, also solare Energie zur Wärme- und Kälteerzeugung.

Die Kosten für die ökologischen Komponenten beliefen sich voraussichtlich auf ungefähr 3,6 Millionen Euro. Diese Dimensionen seien nur deshalb möglich, weil die Firma Holcim eine Spende in Höhe von einer Million Euro für Nachhaltigkeit zur Verfügung gestellt habe. Durch die geplanten Maßnahmen werde eine Einsparung im Umfang von 740 Tonnen CO2 jährlich erreicht. Gehe man von einer sehr moderaten Energiepreiserhöhung von drei Prozent aus, amortisierten sich die Investitionen in einem Zeitraum von 6 bis 20 Jahren. Bei einer Energiepreisentwicklung wie in den vergangenen Jahren sei dies jedoch deutlich eher der Fall, was deutlich erkennen lasse, dass in der Abwägung der Kosten-Ressourcen-Effizienz ein sehr gutes Resultat erzielt worden sei.

Die SPD-Abgeordneten nahmen Bezug auf den Zustand des Geomatikums und den Hinweis der Senatsvertreter, dass für den Erhalt des Gebäudes nichts getan worden sei. Sie verwiesen darauf, dass der bestehende Senat über sechs Jahre Zeit gehabt habe, hier Abhilfe zu schaffen, und betonten, dass sie sich einen ähnlich engagierten Einsatz wie für die HCU auch für das Geomatikum gewünscht hätten. Über die HCU sei eine Drucksache angekündigt gewesen, die jedoch nicht verfasst worden sei. Dies lege den Schluss nahe, dass die Behörde für Wissenschaft und Forschung eine Senatsberatung zu diesem Thema habe vermeiden wollen. Die SPD-Abgeordneten unterstrichen, dass es bei einem derart großen Bauvorhaben durchaus üblich, wenn auch zum jetzigen Zeitpunkt haushaltsrechtlich nicht zwingend erforderlich, sei, Entwicklungen im Rahmen einer Drucksache darzustellen. Die SPD-Abgeordneten stellten die Frage, inwiefern sich das ausgewählte PPP-Modell von einem Generalunternehmer-Modell unterscheide, in welchem Umfang ein bei PPP-Projekten vorgesehenes Lebensphasenmodell verwirklicht werde und welche Bereiche von diesem Modell abgedeckt werden sollten. Darüber hinaus wollten sie aus haushälterischer Sicht wissen, ob PPP tatsächlich lohnender sei als eine klassische staatliche Maßnahme und wie die prozentualen und absoluten Unterschiede ausfielen. Zudem interessierten sie sich für die Gesamtkosten der Investition und fragten in diesem Zusammenhang nach den zu erwartenden Kosten für das Grundstück. In der HCU habe es Irritationen über das Flächenprogramm gegeben; daraus ergebe sich die Nachfrage, für welches Flächenprogramm die aktuelle Ausschreibung ausgelegt sei und wie viele Quadratmeter in welcher Weise bebaut werden sollten. Wichtig sei zudem zu erfahren, welche Bedarfe seitens der HCU angemeldet worden seien.

Die SPD-Abgeordneten warfen die Frage auf, wie der Senat mit weiteren Bauvorhaben im Magdeburger Hafen umzugehen gedenke, die zeitgleich mit der Errichtung der HCU stattfänden. Als Beispiele nannten sie den Bau der U4 und die Errichtung eines privaten Hochhauses in unmittelbarer Nähe der HCU und wollten wissen, wie sichergestellt werde, dass der Zeitrahmen für den Bau der HCU unter diesen Bedingungen nicht überschritten werde.

Die Senatsvertreter informierten darüber, dass auch in Hinblick auf das Geomatikum aktuell ein PPP-Ansatz geprüft werde und es in den vergangenen Jahren immerhin gelungen sei, den Brandschutzbestimmungen durch Renovierungen wieder zu genügen. Sie unterstrichen, dass „einiges dort geschehen sei", bestritten jedoch nicht, dass das Gebäude zu denjenigen zähle, bei denen weiterhin Handlungsbedarf bestehe.

Das ausgewählte PPP-Modell sei ein typisch dreigliedriges und beinhalte die Durchführung des Bauvorhabens, die Baubetreuung und das Facility Management, also die Verwaltung und Bewirtschaftung des Gebäudes. Dabei werde von einem einheitlichen Partner für den gesamten Auftrag ausgegangen. Somit gebe es einen Partner und alles liege in einer Hand. Was dann an untergeordneten Bereichen im Facility Management übertragen werde, unterliege zukünftigen Verhandlungen und werde von den unterbreiteten Angeboten abhängen. Der Bürgerschaft werde zu der Verfahrensfrage ebenso wie zu der Frage der Wirtschaftlichkeit im Rahmen einer Senatsvorlage berichtet werden, die dem Ziel diene, die entsprechenden Haushaltsmittel zu erbitten.

Diese Drucksache werde eine vergleichende Betrachtung der Wirtschaftlichkeit des PPP-Modells einerseits und einer Realisierung im konventionellen Verfahren andererseits enthalten.