Flächen in Hamburg

Betreff: „Ich seh Rot in Hamburg-Mitte!": Ist die gebotene politische Ausgewogenheit bei der Benennung von öffentlichen Flächen in Hamburg noch gewährleistet ­ oder vielleicht im City-Bezirk der Stadt überhaupt nicht gewollt?

Die Benennung öffentlicher Straßen, Wege, Plätze und sonstiger Flächen erfolgt in Hamburg nach dem System, dass der jeweilige Bezirk unter Einbeziehung der bezirklichen Gremien ­ und damit auch den jeweils dort herrschenden bezirklichen parteipolitischen Mehrheiten ­ einen Vorschlag unterbreitet, der vom Staatsarchiv auf bestimmte Kriterien geprüft wird. Danach entscheidet eine Senatskommission unter dem Vorsitz des Präses der Kulturbehörde über den endgültigen Namen. Das Hamburgische Wegegesetz (HWG) vom 22. Januar 1974 (zuletzt geändert am 21. November 2006) gibt im sechsten Teil ­ Abschnitt „Wegeordnung" (§ 20) ­ leider nur wenige Hinweise auf das konkrete Verfahren zur Benennung von Flächen im öffentlichen Raum.

Zudem gibt es m. E. ein Gebot, bei der Benennung von öffentlichen Flächen doppelte oder sehr ähnliche Bezeichnungen möglichst zu vermeiden. Dem steht jedoch beispielsweise gegenüber, dass auffälligerweise nach dem SPD-Mitglied und Gewerkschaftsführer Carl Legien (1861 ­ 1920) ­ der weder Hamburger war, noch wenigstens irgend einen sonstigen besonderen Bezug zur Freien und Hansestadt hatte ­, in Hamburg die „Legienstraße" (Stadtteile Horn und Billstedt), der „Carl-Legien-Platz" (Stadtteil St. Georg), die „Legienbrücke" (Stadtteil Horn) und nicht zuletzt die U-Bahn-Haltestelle „Legienstraße" (Stadtteil Horn) ­ die kurioserweise selbst gar keinen Ausgang zur Legienstraße, sondern nur an der Straße Vierbergen am südlichen Rand der Riedsiedlung hat ­ benannt worden sind (vergleiche Amtliches Straßen- und Gebietsverzeichnis der Freien und Hansestadt Hamburg). Anlässlich der im Frühjahr 2007 erfolgten Widmung des „Hermann-HeberleinRinges" (ebenfalls im Stadtteil Hamburg-Horn gelegen), benannt nach dem SPD-Bürgerschaftsabgeordneten (1966 ­ 1982) Hermann Heberlein, formulierte seinerzeit die lokale Presse: „Die Benennung nach Hermann Heberlein reiht sich in die Tradition ein, in der auf der Horner Geest verdiente Sozialdemokratische Funktionäre ­ wie Otto Stolten oder Franz Spliedt ­ mit Straßennamen geehrt werden." [sic!] (vergleiche Hamburger Wochenblatt vom 19. Juli 2007, Seite 1).

Tatsächlich finden sich ­ vor allem im Bezirk Hamburg-Mitte ­ m. E. unverhältnismäßig viele nach SPD-Politikerinnen und -Politikerinnen benannte öffentliche Straßen, Wege und sonstige Flächen. Dies wirft die legitime grundsätzliche Frage nach der gebotenen Ausgewogenheit bei der Benennung öffentlicher Flächen in Hamburg insgesamt auf.

Dies vorausgeschickt frage ich den Senat:

1. Wie erfolgt allgemein in der Freien und Hansestadt Hamburg die Benennung öffentlicher Flächen (bitte detailliert angeben, welche Gremien mit welchen Aufgaben an dem jeweiligen Verfahren innerhalb welcher Fristen beteiligt werden, ob einzelne Vorschläge Außenstehender berücksichtigt werden können, welche genauen Kriterien das Staatsarchiv prüft, welche Besonderheiten es in Bezug auf Benennungen mit Personennamen zu beachten gilt und so weiter)?

Die Benennung von Verkehrsflächen richtet sich nach § 20 des Hamburgischen Wegegesetzes (HWG) sowie den Bestimmungen über die Benennung von Verkehrsflächen vom 18. Mai 1979 in der Fassung vom 28. Februar 2005 (MittVerw. 3/2005). Fristen sind im Verfahren nicht vorgesehen.

Im Übrigen siehe Drs. 18/3473.

2. Gibt es ein Gebot zur Vermeidung von Doppelbenennungen oder ähnlichen Bezeichnungen beziehungsweise Namen? Wenn ja, wo ist dieses kodifiziert (gegebenenfalls bitte Wortlaut beifügen), und wie erklären sich dann offenkundige Mehrfachwürdigungen, wie sie beispielsweise in der Präambel ausgeführt werden?

Die Bestimmungen über die Benennung von Verkehrsflächen schließen eine Mehrfachverwendung von Bestimmungswörtern nicht aus.

3. Gibt es eine Tradition, auf der Horner Geest verdiente sozialdemokratische Funktionärinnen und Funktionäre zu ehren? Wenn ja, wann wurde durch wen warum diese Tradition begründet, und wo ist diese niedergelegt (gegebenenfalls Wortlaut beifügen bitte)? Wenn nein, wie kommt es dann zu der auffälligen Häufung der Benennung öffentlicher Flächen nach SPD-Politikerinnen und -Politikern beispielsweise im Stadtteil Hamburg-Horn beziehungsweise im gesamten Bezirk Hamburg-Mitte?

Auf der Horner Geest besteht seit den 1960er Jahren eine Motivgruppe „Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung". Dabei wurden Vertreter aller demokratischen Parteien berücksichtigt.

4. Wie kam es zur Benennung der U-Bahn-Haltestelle „Legienstraße" (in Betrieb genommen am 24. September 1967), obwohl diese nur einen Ausgang an der Straße Vierbergen hat, zudem sowohl die Washingtonallee wie auch die großflächige Riedsiedlung viel näher am U-Bahnhof liegen als die Legienstraße, und damit beide ­ objektiv betrachtet ­ viel eher für eine Namensgebung der U-Bahn-Haltestelle geeignet gewesen wären? Welche konkreten Maßnahmen wären jetzt erforderlich, um die U-Bahn-Haltestelle „Legienstraße" beispielsweise in „Riedsiedlung" umzubenennen?

Die Benennung von U-Bahnhaltestellen liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft und wird daher auch vom parlamentarischen Fragerecht nicht erfasst.

5. Welche öffentlichen Flächen in der Freien und Hansestadt Hamburg wurden zwischen 1949 und 2008 nach SPD-Politikerinnen und -Politikern benannt (bitte mit dem jeweils amtlichen Namen und dem Jahr der Benennung nach Stadtteilen und Bezirken sortiert auflisten)?

6. Welche öffentlichen Flächen in der Freien und Hansestadt Hamburg wurden zwischen 1949 und 2008 nach Politikerinnen und Politikern anderer Parteien benannt (bitte mit dem jeweils amtlichen Namen und dem Jahr der Benennung nach Stadtteilen und Bezirken sortiert auflisten)?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst.

Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

Die zuständige Behörde verweist auf das instruktive Werk von Horst Beckershaus: Die Hamburger Straßennamen. Woher sie kommen und was sie bedeuten ­ Komplett von A - Z, 5. Auflage, Hamburg 2002.