Darlehen

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008

Der Rechnungshof hat die Finanzbehörde auf notwendige Korrekturen des kaufmännischen Jahresabschlusses hingewiesen, um dessen Verlässlichkeit und Aussagekraft zu verbessern. Schwachstellen und Ungenauigkeiten lassen sich auf drei Hauptursachen zurückführen:

­ Berichtigungen fehlerhafter Ansätze oder Bewertungen der Eröffnungsbilanz sind teilweise bisher unterblieben;

­ Mängel des der kaufmännischen Buchführung zugrunde liegenden kameralen Buchungsstoffs und des eingesetzten kaufmännischen Buchführungssystems wirken sich im Jahresabschluss aus;

­ Ansatz, Ausweis oder Bewertung einzelner Posten des Jahresabschlusses sind nicht immer zutreffend.

Unterbliebene Korrekturen der Eröffnungsbilanz

Der Rechnungshof hatte die Eröffnungsbilanz der Stadt geprüft und Korrekturbedarfe festgestellt. Bis auf wenige Ausnahmen hat die Finanzbehörde die notwendigen Berichtigungen in der Eröffnungsbilanz vorgenommen. Nicht oder nicht vollständig korrigiert hat sie

­ die nach Berichtigung noch um rund 64,5 Mio. Euro überhöhten Ansätze bei den immateriellen Vermögensgegenständen (vgl. Anlage, Tzn. 33 bis 38),

­ die Doppelbilanzierung der Flächen im Hafen, die bei der Stadt zu einem um rund 1,1 Mrd. Euro zu hohen Bilanzansatz geführt hat (vgl. Anlage, Tzn. 70 bis 75), und

­ den nach wie vor nicht ausreichend fundierten Bilanzansatz für die Sammlungen des Völkerkundemuseums (vgl. Anlage, Tzn. 100 bis 107). Übergeleiteter kameraler Buchungsstoff 25. Anders als die Eröffnungsbilanz, die das Ergebnis einer hamburgweiten Inventur widerspiegelt, leitet sich der vorgelegte Jahresabschluss in wesentlichen Teilen aus der Buchführung ab, die zurzeit noch kameralen Grundsätzen folgt. Bei der Einführung der kaufmännischen Buchführung in Hamburg hat sich die Finanzbehörde für den konzeptionellen Ansatz entschieden, die kamerale Haushaltsplanung und -bewirtschaftung als führende Elemente des Rechnungswesens zunächst bestehen zu lassen und in ihren Grundstrukturen nicht zu verändern („minimalinvasiver" Ansatz). Sie hat diesen Ansatz gewählt, um schnell und mit begrenztem Aufwand kaufmännische Jahresabschlüsse erstellen zu können.

Dies führt jedoch aufgrund systembedingt unterschiedlicher Buchungspraxis in Kameralistik und Doppik zu teils unvermeidbaren Problemen bei der Ableitung des doppischen Buchungsstoffes aus der Kameralistik: Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008

­ In dem der Kameralistik hinterlegten doppischen Kontenplan existiert eine Vielzahl von Sachkonten, die weder der Bilanz noch der Ergebnisrechnung zugeordnet sind. Damit liegt kein geschlossenes doppeltes Buchführungssystem vor. Infolgedessen besteht zwischen dem aus der Bilanz abgeleiteten Jahresergebnis und dem Jahresergebnis der Ergebnisrechnung keine vollständige Übereinstimmung. Der Anhang zum Jahresabschluss weist eine Differenz von rund 135 Mio. Euro aus2 (vgl. Anlage, Tzn. 25 bis 31).

­ Werden Betriebsausgaben wie z. B. Zuschüsse oder Bauunterhaltungen im kameralen Haushalt fälschlich als Investitionen veranschlagt und bewirtschaftet, besteht aufgrund der Ableitung des doppischen Buchungsstoffes aus der Kameralistik die Gefahr, dass die Ausgaben aktiviert, d.h. das Vermögen im Jahresabschluss zu hoch und der Aufwand zu gering dargestellt werden (vgl. Anlage, Tzn. 39 bis 44 und Tzn. 115 bis 120). Probleme des Buchführungssystems

Das IT-gestützte Rechnungslegungssystem Hamburgs entspricht derzeit nur eingeschränkt den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. In Teilbereichen muss es weiter entwickelt werden.

So

­ ist das eingesetzte SAP ERP-System hinsichtlich Ordnungsmäßigkeits- und Sicherheitsanforderungen in der Rechnungslegung noch zu begutachten und zu testieren. Dabei ist es aktuell zu dokumentieren und mit einem vollständig wirksamen internen Kontrollsystem sowie einem hinreichenden Änderungsschutz auszustatten (vgl. Anlage, Tz. 7),

­ sollte der komplette kaufmännische Buchungsstoff direkt aus dem SAP ERP-System abgeleitet und nicht mehr gesondert ermittelt und manuell gebucht werden (vgl. Anlage, Tzn. 19 bis 20),

­ sollten sich Geschäftsvorfälle vollständig aus der Buchführung nachvollziehen lassen (vgl. Anlage, Tzn. 14 bis 16). Bilanzierungsfehler 27. Einzelne Posten des Jahresabschlusses sind unrichtig angesetzt, ausgewiesen oder bewertet. Beispielhaft sind zu nennen:

­ Der Bilanzposten „Geleistete Investitionszuschüsse" enthält zum Teil nicht aktivierungsfähige Zuschüsse wie Hilfen für Werften. Aktivierbare Zuschüsse hingegen fehlen in der Bilanz. Im Saldo ist der Bilanzansatz um rund 1,7 Mio. Euro zu hoch (vgl. Anlage, Tzn. 39 bis 44).

Vgl. Geschäftsbericht der Freien und Hansestadt Hamburg 2006, S. 37.

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008

­ Der Posten „Geleistete Anzahlungen auf immaterielle Vermögensgegenstände" ist um rund 45,9 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen. Die dort ausgewiesenen Zuschüsse erfüllen teilweise nicht die Voraussetzungen für die Aktivierung von Investitionszuschüssen, teilweise sind sie an anderer Stelle zu bilanzieren (vgl. Anlage, Tzn. 50 bis 55).

­ Im Vermögen der Stadt werden Grundstücke und Bauten noch bilanziert, deren Nutzen und Lasten bereits auf den Käufer übergegangen sind. Erlöse sind nicht periodengerecht ausgewiesen. Umgekehrt fehlen nach Ankäufen Grundstücke im Anlagevermögen, obwohl Nutzen und Lasten bereits bei der Stadt liegen (vgl. Anlage, Tzn. 58 bis 64 und Tzn. 133 bis 136).

­ Der Bilanzposten „Anlagen im Bau" enthält

· vor dem Stichtag der Eröffnungsbilanz fertiggestellte Baumaßnahmen für Anlagen, die bereits unter anderen Posten aktiviert sind. Der Posten ist um bis zu 184 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen (vgl. Anlage, Tzn. 87 bis 99 und Tzn. 109 bis 114),

· nicht aktivierbare Bauunterhaltungsmaßnahmen in noch zu ermittelnder Höhe (vgl. Anlage, Tzn. 115 bis 120) und

· im Laufe des Jahres 2006 fertiggestellte Baumaßnahmen, für die die Abschreibungen im Jahr 2006 unterblieben sind (vgl. Anlage, Tzn. 87 bis 99 und Tzn. 121 bis 124).

­ Die Anteile am und ein Darlehen an den Hamburgischen Versorgungsfonds sind um insgesamt rund 30,5 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen (vgl. Anlage, Tzn. 130 bis 132).

­ Teilweise sind die ausgewiesenen Forderungsbestände wegen eines fehlenden systematischen Nachweises nicht überprüfbar. Forderungen und Verbindlichkeiten aus Steuern und ähnlichen Abgaben sind in unzutreffender Höhe bilanziert.

Dadurch sind die Erträge aus Steuern in der Ergebnisrechnung zu niedrig ausgewiesen (vgl. Anlage, Tzn. 137 bis 168).

­ Die Behörden haben Sonderposten nicht immer zeitnah gebildet. Teilweise sind als Sonderposten zu passivierende Investitionszuschüsse unzutreffend als Erträge ausgewiesen (vgl. Anlage, Tzn. 170 bis 177).

­ Die Rückstellungen sind zu niedrig bilanziert. Der Bilanzposten enthält für rund 2 v.H. der Anspruchsberechtigten keine Pensionsrückstellungen. Rückstellungen für Beihilfeleistungen an Versorgungsempfänger sind um rund 29 Mio. Euro zu niedrig, Rückstellungen für die Spitzabrechnungen der Aufwendungen zur Kindertagesbetreuung dagegen um rund 7 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen (vgl. Anlage, Tzn. 183 bis 190).

­ Im Dezember 2006 geleistete Zahlungen in Höhe von rund 76,7 Mio. Euro, die erst im Folgejahr zu Aufwendungen führen, sind unzutreffend als Verbindlichkeiten bilanziert (vgl. Anlage, Tzn. 192 bis 193).