Finanzamt

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008 und exklusiv für die Datenerfassung zuständig sein soll. Über die endgültige Organisation der Datenerfassung könne erst nach praktischen Erfahrungen mit der vollmaschinellen Bearbeitung von Arbeitnehmerfällen entschieden werden.

Der Rechnungshof hat bemängelt, dass das Problem der manuellen Datenerfassung für die vollmaschinelle Bearbeitung von Arbeitnehmerfällen im Rahmen der Projektarbeit nur fragmentarisch behandelt worden ist. Er hat darauf hingewiesen, dass ein schlüssiges Gesamtkonzept erforderlich ist, bevor weitreichende organisatorische Entscheidungen getroffen werden.

Voranmeldung von Umsatzsteuer und Lohnsteuerabzug

Nach dem neuen Organisationsmodell ist vorgesehen, für das gesamte Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren in den Finanzämtern jeweils gesonderte Stellen einzurichten und dort auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung unterzubringen. Die UmsatzsteuerVoranmeldungsstellen sollen in der Betriebsprüfung angesiedelt werden. Der Rechnungshof hat die organisatorische Verknüpfung von Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren, Umsatzsteuer-Sonderprüfung und Betriebsprüfung wegen konzeptioneller Mängel kritisiert12 und empfohlen, klar zwischen Betriebsprüfungssachgebieten mit reinen Außendienstaufgaben einerseits und umsatzsteuerlich ausgerichteten Sachgebieten mit integriertem Innen- und Außendienst andererseits zu unterscheiden.

Der Rechnungshof hat im Übrigen festgestellt, dass das die Arbeitgeber betreffende Verfahren zur Anmeldung der einbehaltenen Lohnsteuer nicht im Organisationskonzept berücksichtigt worden ist. Er hat ­ wie im nachfolgenden Schaubild dargestellt ­ angeregt, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen in einer einheitlichen Anmeldesteuerstelle bearbeiten zu lassen.

Im Bereich der Umsatzsteuer sollen Innendienst und Außendienst integriert werden, im Bereich der Betriebsprüfung dagegen nicht. Die Finanzbehörde lehnt Vorgaben, die über die Zusammenführung von Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren und Umsatzsteuer-Sonderprüfung hinausgehen, ab. Erklärtes Ziel der Organisationsreform sei, den Vorstehern bei der Gestaltung der Aufbauorganisation in ihren Ämtern mehr Freiheit zu geben und sie damit stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen.

Angesichts des hohen Stellenwerts, den die Modernisierung der Verwaltung in Hamburg seit geraumer Zeit habe, beabsichtige die Finanzbehörde, die Ergebnisverantwortung auf der Grundlage von Zielvereinbarungen und flankiert durch ein Controlling mehr als bisher auf die Finanzämter zu verlagern. Die Bündelung von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung (AKV-Prinzip) sei prägend für eine moderne Verwaltung. Die Gesamtverantwortung der Finanzbehörde bleibe davon unberührt. Ihre Steuerungsaufgabe werde lediglich in anderer Form wahrgenommen.

Die Finanzbehörde hat im Übrigen betont, dass die Bedingungen, unter denen die Regionalfinanzämter arbeiten müssten, sowohl hinsichtlich der Art der Steuerfälle als auch hinsichtlich des eingesetzten Personals sehr unterschiedlich seien. Entscheidungen, die innerhalb eines vereinbarten Rahmens vor Ort getroffen würden, gewährleisteten deshalb am ehesten ein wirtschaftliches Verwaltungshandeln.

Der Rechnungshof kann organisationsspezifische Gründe für die Notwendigkeit amtsindividueller Aufbauorganisationen nicht erkennen. Eine einheitliche Organisation steht im Übrigen nicht im Widerspruch zu einer modernen Verwaltung. Sie ist vielmehr Ausdruck der Suche nach einer optimalen Organisationsform zur zweckmäßigen Erledigung finanzamtsübergreifend einheitlicher Aufgaben. Der Rechnungshof hält den Weg, die Ergebnisverantwortung der Finanzämter zu stärken, für richtig. Es besteht deswegen jedoch kein Grund, Teile der Aufbauorganisation zur Disposition zu stellen. Auch wenn sich die Art der Steuerfälle in den Finanzämtern unterscheidet, berührt dies nicht die abstrakte Ausgestaltung der einzelnen Arbeitseinheiten, sondern nur die Frage, wieviele Arbeitseinheiten welchen Typs eingerichtet werden müssen. Angesichts dessen, dass die Finanzbehörde den Personaleinsatz zentral steuert, ist weiterhin nicht einsichtig, warum unterschiedliche Personalkonstellationen durch finanzamtsspezifische Organisationsgestaltungen bewältigt werden müssen, anstatt etwaige Probleme finanzamtsübergreifend durch Umsetzungen zu lösen.

Sonderdienststellen

Das Projektteam sollte prüfen, „ob und inwieweit Sonderdienststellen sowie zentralisierte Aufgabenwahrnehmung den Arbeitsergebnissen der Veranlagungsdienststellen förderlich sein (könnten)."

Trotz positiver Einschätzung konnte sich das Team und in der Folge die Finanzbehörde wegen der „strukturellen Unterschiede der ein13

Vgl. Projektauftrag, S. 5.

Keine zentralen Vorgaben zur Einrichtung von Sonderdienststellen Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008 zelnen Finanzämter" nicht dazu entschließen, generelle Vorgaben vorzusehen. Den Finanzämtern ist es deshalb künftig selbst überlassen zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Zahl sie sogenannte Sonderdienststellen einrichten und wie diese Sonderdienststellen näher ausgestaltet werden. Der Rechnungshof sieht diese Delegation der Organisationskompetenz hinsichtlich konkret zur Diskussion stehender Sonderdienststellen (Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern, Stundungs- und Erlassangelegenheiten, Bearbeitung von Insolvenzfällen) kritisch und hat gefordert, die Einheitlichkeit der Entscheidung über die Bildung sogenannter Sonderdienststellen zu gewährleisten, soweit es um Verfahren ohne spezifischen Bezug zur Sozial- und Wirtschaftsstruktur des Finanzamtsbezirks geht.

Die Finanzbehörde will zumindest eine Sonderzuständigkeit für Haftung und Insolvenz empfehlen und bei Abweichungen von der Empfehlung eine Begründung fordern.

Binnenorganisation der Arbeitseinheiten

Nach dem neuen Organisationsmodell soll Teamarbeit in allen Bereichen der Veranlagung obligatorisch werden, um die „bisherigen hierarchischen Arbeitsstrukturen mit ihren vorgeschriebenen Zuständigkeiten und starren Abläufen" zu beseitigen und dadurch eine „flexible und zukunftsorientierte Organisationsstruktur" zu ermöglichen.

Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass der laufbahnübergreifenden Teamarbeit bei allen anzuerkennenden Vorteilen Grenzen aufgrund unterschiedlicher Qualifikation und unterschiedlicher Primäraufgaben gesetzt sind. Er befürchtet, dass insbesondere die zeitintensive Erarbeitung und Aktualisierung von Teamvereinbarungen, die geplanten Schulungen sowie das vorgesehene Verfahren zur Bewältigung von Konflikten einen Aufwand erzeugen könnten, der außer Verhältnis zu dem begrenzten Abstimmungsbedarf zwischen mittlerem und gehobenem Dienst innerhalb der einzelnen Arbeitsgebiete steht.

Der Rechnungshof hat kritisiert, dass auf eine Analyse des konkreten Handlungsbedarfs und eine Abschätzung der gegebenenfalls zu erwartenden Kosten als Grundlage für eine fundierte Entscheidung über wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in den Arbeitsgebieten verzichtet worden ist, und hält es für geboten, dies im Rahmen der Planungen zur Umsetzung des neuen Organisationsmodells nachzuholen.

Die Finanzbehörde hält Teamarbeit für den einzigen Weg, um die Probleme der bisherigen Arbeitsorganisation zu lösen. Die Kosten der Teamarbeit seien ebenso wenig bezifferbar wie die Kostenersparnis im Verhältnis zum Status quo. Eine Analyse des konkreten Handlungsbedarfs erübrige sich aufgrund überdurchschnittlicher ErledigungsständeindenPRONOVA-Finanzämtern,diedieFinanzbehörde auf Teamarbeit zurückführe.

Vgl. Abschlussbericht über das 1. Teilprojekt „Modellentwicklung", S. 12.