IT-Systeme

Für die Rechnungslegung der Stadt nimmt das SAP ERP-System eine zentrale Rolle ein. Für den Kernbilanzierungskreis kommen die SAP-Module FI, FI-AA, PSM und CO einschließlich EC-PCA und CATS zum Einsatz.

Das die kamerale Buchführung und Rechnungslegung prägende Kassenverfahren besteht aus drei wesentlichen Komponenten,

­ der in das SAP ERP-System integrierten Kasse aus FI- und PSM- Funktionalitäten,

­ einer abgesetzten Kassenlösung mit PSCD3 sowie

­ der Kasse Classic (Eigenentwicklung).

Neben dem SAP ERP-System werden für Geschäftsprozesse des Rechnungswesens eine Vielzahl von Fachverfahren eingesetzt, die Zahlungsinformationen teilweise automatisiert, teilweise manuell an das SAP ERP-System übergeben.

Der Rechnungshof hat einzelne Elemente und Prozesse geprüft, die für die IT-gestützte Rechnungslegung von wesentlicher Bedeutung sind.

5. Nach den GoB gilt die Buchführung als ordnungsmäßig, wenn sie einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens vermittelt. Sie muss deshalb allgemein anerkannten und sachgerechten Normen entsprechen.

6. Die GoB schreiben kein bestimmtes Buchführungsverfahren vor, sondern lassen jedes Verfahren zu, das die handelsrechtlichen Anforderungen an die Buchführung erfüllt und insbesondere vollständige, richtige, zeitgerechte, geordnete, nachvollziehbare und unveränderliche Aufzeichnungen bei der Erfassung, Verarbeitung, Ausgabe und Aufbewahrung der rechnungslegungsrelevanten Daten über die Geschäftsvorfälle sicherstellt.

7. Da es sich bei den GoB um teilweise ungeschriebene Regeln handelt, verweist das Betriebswirtschaftliche Fachkonzept zu ihrer Auslegung u.a. auf Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zur Rechnungslegung.

In seiner Stellungnahme „IDW RS FAIT 1 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Informationstechnologie" stellt das IDW die beim Einsatz von IT möglichen Risiken für die ERP = Enterprise Ressource Planning (Planung des Einsatzes / der Verwendung der Unternehmensressourcen).

FI = Finanzwesen; FI-AA = Anlagenbuchhaltung; PSM = Public Sector Management / Haushaltsmanagement; CO = Controlling; EC-PCA = Profit-Center-Rechnung; CATS = Cross Application Time Sheet / Zeitmanagement und Kostenrechnung).

PSCD = Public Sector Collection and Disbursement / Kassenmodul.

Insbesondere §§ 238, 239, 257 HGB.

Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dar und konkretisiert die aus den §§ 238, 239 und 257 HGB resultierenden Anforderungen an die Führung der Handelsbücher mittels IT-gestützter Systeme.

Diese Anforderungen erfüllt das in der Freien und Hansestadt Hamburg eingesetzte IT-System der Rechnungslegung zurzeit nicht vollständig:

­ Das eingesetzte SAP ERP-System, insbesondere die für Hamburg vorgenommenen Parametrisierungen im System und Schnittstellen zu Fachverfahren, sind zurzeit hinsichtlich Ordnungsmäßigkeits- und Sicherheitsanforderungen in der Rechnungslegung nicht begutachtet und testiert.

­ Das IT-System und die Geschäftsprozesse des Rechnungswesens der Stadt sind ­ nach Feststellungen der im Auftrag des Rechnungshofs gemäß § 100 LHO tätigen Vorprüfungsstelle bei der Finanzbehörde ­ unvollständig dokumentiert.

Dokumentationen sind ­ soweit sie vorliegen ­ nicht immer auf dem neuesten Stand. Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit des Buchführungsverfahrens ist eine ordnungsmäßige Verfahrensdokumentation, die eine Beschreibung aller zum Verständnis der Rechnungslegung erforderlichen Verfahrensbestandteile enthalten muss.

­ Es fehlt ein vollständig wirksames internes Kontrollsystem, das verhindert, dass inhärente Risiken des IT-Systems zu wesentlichen Fehlern in der kaufmännischen Rechnungslegung führen können.

­ Das System ist nicht ausreichend vor Manipulation und ungewollten oder fehlerhaften Änderungen geschützt, weil Aufgaben und Verantwortlichkeiten innerhalb der IT-GesamtorganisationnichtfürjedenGeschäftsprozessausreichendklar geregelt sind. Die erforderliche funktionale Trennung zwischen Fachlicher Leitstelle SAP, Kasse.Hamburg, der Anstalt öffentlichen Rechts Dataport und Fachbehörden ist nicht vollständig gewährleistet. So hat Dataport z. B. · durch Korrekturbuchungen nicht beabsichtigte Buchungen in abgeschlossenen Haushaltsjahren ausgelöst und

· Testbuchungen im Produktivsystem vorgenommen. Beispielsweise sind nach Feststellungen der Vorprüfungsstelle im Januar 2006 ungerechtfertigte Auszahlungen in Höhe von 3,7 Mio. Euro durch von Dataport veranlasste Testläufe mit Echtdaten erfolgt, die jedoch einen Tag nach Auszahlung von der Bundesbank vollständig zurückgerufen werden konnten. Der Rechnungshof hat daneben weitere Testbuchungen im Echtsystem festgestellt.

Vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen an die obersten Finanzbehörden der Länder vom 7. November 1995 ­ IV A 8 ­ S 0316 ­ 52/95 BStBl 1995 I S. 738 zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS). Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2008

Die Finanzbehörde hat darauf verwiesen, grundsätzlich handele Dataport nur nach explizitem Auftrag und führe Buchungen nicht selbstständig durch.

8. Das eingesetzte Verfahren erfüllt damit die Anforderungen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung an eine ordnungsmäßige IT-gestützte Rechnungslegung nur eingeschränkt. Die in der Buchführung enthaltenen Informationen sind deshalb nicht immer hinreichend verlässlich.

9. Nach Auffassung der Finanzbehörde ist demgegenüber bei der Anwendung der GoB insbesondere zu berücksichtigen, dass zurzeit noch eine kameral führende Buchungsorganisation vorhanden sei, die in einem aufwendigen Verfahren in eine doppische Struktur überführt werden müsse. Sie hat jedoch Verbesserungspotenzial eingeräumt und will mit dem neu einzuführenden SAP ERP-System (Projekt Neues Ressourcenverfahren) sicherstellen, dass alle inhaltlichen und technisch notwendigen Dokumentationen lückenlos und jeweils aktuell vorliegen. Die vom Rechnungshof für notwendig erachtete eindeutige Aufgabenzuordnung zwischen Fachlicher Leitstelle, Kasse.Hamburg, Dataport und Fachbehörden sei auch aus Sicht der Finanzbehörde zu optimieren.

10. Der Rechnungshof fordert die Finanzbehörde auf, mit dem im Rahmen des Projekts Neues Ressourcenverfahren (NRV) neu zu entwickelnden künftigen Rechnungslegungssystem die allgemeinen Ordnungsmäßigkeitskriterien bei der Erfassung, Verarbeitung, Ausgabe und Aufbewahrung der rechnungslegungsrelevanten Daten über alle Geschäftsvorfälle sicherzustellen. Er fordert, sich dabei an den Anforderungen des IDW Standards „IDW RS FAIT 1

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Informationstechnologie" auszurichten.

Buchführungsprozesse Belegnummernlücken:

Gemäß § 239 Absatz 2 HGB gilt für die Eintragung in die Bücher u.a. der Grundsatz der Vollständigkeit. Danach müssen für eine ordnungsmäßige Buchführung alle rechnungsrelevanten Geschäftsvorfälle lückenlos erfasst sein. Im SAP ERP-Produktivsystem gibt es in verschiedenen Buchungskreisen Lücken in der automatisierten Belegnummernvergabe, die nicht restlos aufgeklärt werden konnten. Durch diese Belegnummernlücken kann die Buchführung vom Urbeleg zum Abschluss und umgekehrt nicht vollständig nachvollzogen werden. Es ist nicht hinreichend sichergestellt, dass jede Buchung und ihre Berechtigung im SAP ERPSystem durch einen Beleg nachgewiesen wird.

Die Finanzbehörde hat hierzu erklärt, die Lücken in der Belegnummernvergabe hätten technische Ursachen. Eine lückenlose Belegnummernkette innerhalb des SAP ERP-Systems sei nicht zu erreichen. In der überwiegenden Anzahl der Fälle handle es sich um Verbuchungsabbrüche. Diese würden über einen Zeitraum von