Gewalttätige Auseinandersetzungen

Im Zuge demonstrativer Aktivitäten ist es am 1. Mai 2008 und in der Nacht zum 2. Mai 2008 zu erheblichen Ausschreitungen gekommen.

Im Anschluss haben die Polizei und die Leitung der Innenbehörde mitgeteilt, die Lage habe nicht zuletzt deshalb schwer kontrolliert werden können, weil man erst am Vorabend von einer gerichtlichen Entscheidung erfahren habe, nach der eine Demonstration von Rechtsextremisten ­ wenn auch zeitversetzt ­ teilweise auf derselben Route verlaufen sollte wie eine Gegendemonstration. Mit dieser Entscheidung seien die polizeilichen Planungen vom Gericht überraschend unterlaufen und der Polizeieinsatz erschwert worden.

Vertreter der Justiz haben demgegenüber darauf hingewiesen, die gewalttätigen Ausschreitungen hätten abseits sowohl der zunächst von der Polizei zugelassenen als auch der später vom Gericht gestatteten Demonstrationsroute stattgefunden; der Gerichtsbeschluss sei nicht für das Geschehen verantwortlich zu machen.

Ich frage den Senat:

1. Zahl der eingesetzten Polizeikräfte und Verfügbarkeit weiterer Beamtinnen und Beamter

Im Zuge der Versammlungen und der Ausschreitungen am Rande der Demonstrationszüge standen offenbar 2.500 Polizeibeamtinnen und -beamte rund 10.000 friedlichen Demonstrationsteilnehmern und Gewalttätern gegenüber. Der Aufzug der Rechtsextremisten war bereits im vergangenen Jahr angemeldet worden, die Gegendemonstration Mitte März 2008.

Wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte waren nach Einschätzung der Polizei nötig, um einen weitgehend friedlichen Verlauf der Demonstrationen gewährleisten zu können, und wie hat sich diese Beurteilung nach der Entscheidung des OVG vom 30. April 2008 verändert?

Das Unterstützungsersuchen der Hamburger Polizei für den 1. Mai 2008 wurde am 27. März 2008 an den Bund und an die anderen Bundesländer gerichtet.

In der Folgezeit wurden bis zum 18. April 2008 Polizeikräfte aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und von der Bundespolizei angeboten. Es verblieb jedoch ein Fehlbedarf.

Da weitere anfordernde Bundesländer, insbesondere Berlin und Bayern, ebenfalls eine erhebliche Kräfteunterdeckung zu verzeichnen hatten, fand am 15. April 2008 eine Sondersitzung des Unterausschusses „Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung" (UA FEK) des Arbeitskreises II der Innenministerkonferenz statt, in der deutlich wurde, dass alle Bundesländer und der Bund nur noch äußerst geringe Möglichkeiten zur Kräftegestellung unter Vernachlässigung eigener Einsatzlagen hatten.

Gleichwohl hat die Polizei Hamburg am 21. April 2008 erneut Polizeikräfte angefordert. Dies führte zu einer abschließenden zusätzlichen Unterstützungszusage aus Niedersachsen.

Eine aus der fortschreitenden Lagebeurteilung erforderlich werdende Erhöhung des Kräftebedarfes hat die Polizei aufgrund mangelnder tatsächlicher Realisierungsmöglichkeit nicht mehr formuliert. Im Übrigen berührt die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt.

Aus welchen Bundesländern wurden jeweils wie viele Beamte eingesetzt, wie viele kamen von der Bundespolizei? Wann genau wurden im Einzelnen jeweils welche Polizeien um Unterstützung mit wie vielen Beamten gebeten und wie wurden die Anfragen jeweils beantwortet,

a) in den Wochen nach der Anmeldung der Gegendemonstration Mitte März 2008?

b) in der Woche vom 28. April 2008?

c) nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 30. April 2008?

d) am 1. Mai 2008?

Siehe Antwort zu 1.1.

Hat Hamburg in den Tagen um den 1. Mai 2008 Polizeikräfte an andere Länder ausgeliehen? Wenn ja, wie viele Beamte wurden wo eingesetzt und aus welchem Anlass?

Ist zu irgendeinem Zeitpunkt erwogen worden, sich mit Blick auf das zu erwartende Versammlungsgeschehen und die Zahl der zur Verfügung stehenden Polizeikräfte auf das rechtliche Institut des polizeilichen Notstands zu berufen? Wenn ja, wann und warum wurde die Überlegung verworfen?

Nein.

Waren stets Polizeikräfte in ausreichender Zahl vor Ort? In welchen Situationen gab es gegebenenfalls Defizite?

Aufgrund der Gesamtlage und der begrenzten Zahl vorhandener Polizeikräfte konnten im Rahmen einer auf Prioritätensetzung basierenden Kräfteverteilung nicht an allen Orten durchgängig Polizeibeamte in ausreichender Zahl eingesetzt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.1, 1.3 bis 1.3 d) und 3.5.

a) Konnte insbesondere eine ausreichende Begleitung der Teilnehmer des rechtsextremistischen Aufzugs gewährleistet werden, auch bei deren Anreise?

Die Begleitung während des Aufzuges war gewährleistet, während der Anreise war dieses nicht durchgehend der Fall.

b) Trifft es zu, dass eine Gruppe von Rechtsextremisten (etwa 75?) durch Beamte der Bundespolizei bis zur U-Bahnhaltestelle Habichtstraße begleitet wurde, dort aber nicht von anderen Polizeikräften in Empfang genommen wurde? Wie stellt sich der Sachverhalt dar?

Die Bundespolizei hat etwa 50 Personen, die an dem unter dem Tenor „Arbeit und soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen" angemeldeten Aufzug teilnehmen wollten, bis zum Bahnhof Habichtstraße begleitet. Eine direkte Übergabe an die Polizei Hamburg war ­ wie eine weitere Begleitung durch die Bundespolizei zum Antreteplatz Alte Wöhr ­ wegen der Störungssituation im Einsatzraum und der damit verbundenen Kräftebindung nicht möglich.

c) Trifft es zu, dass eine weitere Gruppe von NPD-Anhängern auf dem Fußweg zu deren Demonstrationszug aus Richtung Wellingsbüttel über Ohlsdorf nach Barmbek jedenfalls zeitweise nur von wenigen (zwei?) Pkw der Polizei begleitet wurde? Wie stellt sich der Sachverhalt dar?

Am Bahnhof Wellingsbüttel sammelten sich etwa 300 Personen, um mit der Bahn zum Bahnhof Alte Wöhr zu fahren. Eine Aufnahme und Begleitung durch geschlossene Polizeieinheiten erfolgte aufgrund der Störersituation im Einsatzraum und der damit verbundenen Kräftebindung zunächst nicht. Als sich die offensichtlich rechtsgerichteten Personen erkennbar geschlossen zu Fuß formierten, wurden priorisiert Landespolizeieinheiten zur Begleitung entsandt. Bis zum Eintreffen dieser Kräfte begleiteten zwei Einsatzfahrzeuge diese Gruppe.

2. Klärungen von Auflagen für die Demonstrationszüge unter künftigen Koalitionspartnern

Dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ist zu entnehmen, dass die Polizei als Versammlungsbehörde eine ursprünglich für die Gegendemonstration erlassene Auflage zurückgenommen hat, mit der „das Mitführen von Glasflaschen oder anderen Glasbehältnissen sowie Dosen untersagt" worden war. Über dieses Verbot soll es zuvor Gespräche von Behördenvertretern mit der Grün Alternativen Liste (GAL) gegeben haben, welche künftig die Regierung in Hamburg mittragen wird.

Welche Gespräche hat es zwischen Senatsvertretern und solchen der GAL im Vorfeld der für den 1. Mai 2008 geplanten Demonstrationen gegeben?

a) Wann genau hat es diese Gespräche gegeben, zu welchen Fragen und wer hat sie veranlasst?

b) Mit wem auf Seiten der GAL haben welche Behördenvertreter insbesondere darüber gesprochen, welche Auflagen für die Gegendemonstration verfügt beziehungsweise aufrechterhalten werden sollen?

Ist der vom OVG erwähnten Aufhebung des Verbotes, bei der Gegendemonstration Glasflaschen und Dosen mitzuführen, ein Gespräch der Behördenseite mit Vertretern/Vertreterinnen der GAL vorangegangen?