Baumfällungen während der Brutperiode

Im Rahmen der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Hamburg ­ Lübeck ­ Travemünde Strand werden auf der gesamten zu elektrifizierenden Strecke für die Freimachung des Lichtraumprofils und der Baustellen circa 23. Bäume gefällt (vergleiche Drs. 18/7091). Berichten von Anwohnern zufolge dauern die Baumfällungen an, obwohl es gemäß § 26 Absatz 1 Nummer 3

Buchstabe c Hamburgisches Naturschutzgesetz (HmbNatSchG) verboten ist, „in der Zeit vom 15. März bis zum 30. September Bäume, Hecken oder Gebüsche abzuschneiden, zu roden oder auf andere Weise zu zerstören" (Baumfällverbot).

In diesem Zusammenhang frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG (DB AG) wie folgt:

1. Im Planfeststellungsbeschluss für die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Hamburg ­ Lübeck ­ Travemünde Strand wurde festgelegt, welche Bäume für die Freimachung des Lichtraumprofils und der Baustellen gefällt werden und welche Bedingungen hierfür gelten (vergleiche Drs. 18/7091).

a) Wie viele Bäume, darunter wie viele Einzelbäume, müssen auf Hamburger Staatsgebiet gefällt werden?

Etwa 850 Einzelbäume. Hinzu kommen circa 2,8 ha Fläche mit Gehölzen, die nicht als einzelne Bäume gezählt worden sind. Würden diese Gehölze als Bäume zählen, wären es circa 7.000 dicht zusammen stehende beziehungsweise kleine Bäume.

b) Wie viele dieser Bäume waren bis zum 14. März 2008 bereits gefällt worden?

Nach Auskunft der DB AG circa 7.200 Bäume und Gehölze.

c) Welche Bedingungen gelten laut Planfeststellungsbeschluss für das Fällen von Bäumen?

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes legt fest: „Rodungs- und Baumfällarbeiten sind grundsätzlich außerhalb der Brutzeit von Vögeln (1. März bis 30. September) durchzuführen. Ausnahmen sind im Einvernehmen mit den Unteren Naturschutzbehörden zulässig". Es wird außerdem bestimmt, dass während der Bauzeit eine ökologische Bauüberwachung durchzuführen ist.

d) Beinhaltet der Planfeststellungsbeschluss die Erlaubnis, im Zeitraum 15. März bis 30. September (Brutperiode) Bäume fällen zu dürfen? Wenn nein, warum nicht?

Nein, aber der Planfeststellungsbeschluss sieht die Möglichkeit einer Ausnahme vor (siehe Antwort zu 1. c).

2. Wurde von dem Baumfällverbot eine Ausnahme gemäß § 26 Absatz 2 Satz 2 HmbNatSchG zugelassen?

Nein. Es wurde eine Befreiung nach § 48 Absatz 1 Hamburgisches Naturschutzgesetz (HmbNatSchG) erteilt. Die nachfolgenden Antworten beziehen sich ­ soweit möglich ­ sinngemäß auf die Befreiung.

Wenn ja:

a) Von wem und wann wurde der Antrag auf Zulassung der Ausnahme vom Baumfällverbot gestellt?

Der Antrag wurde von der Deutschen Bahn Projektbau GmbH am 10. Januar 2008 gestellt.

b) Wann wurde die Ausnahme vom Baumfällverbot zugelassen und durch welche zuständige Behörde?

Die Befreiung wurde am 17. Januar 2008 durch die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt erteilt.

c) Wie viele Bäume, darunter wie viele Einzelbäume, dürfen aufgrund der zugelassenen Ausnahme während der Brutperiode gefällt werden?

Aufgrund der Befreiung darf der im Planfeststellungsbeschluss festgelegt Bewuchs im Bereich des Bahnkörpers zurückgeschnitten oder entfernt werden.

d) Warum ist das Fällen von Bäumen während der Brutperiode im vorliegenden Fall nicht vermeidbar? Warum können die Bäume nicht nach dem 30. September 2008 gefällt werden?

Die DB Projektbau GmbH hat den Antrag damit begründet, dass aufgrund fehlender Genehmigungen privater Anwohner der Bahnstrecke ein Rückschnitt bis Februar 2008 nicht möglich war. Eine Verschiebung der Fällung auf die Zeit nach dem 30. September 2008 ist nicht möglich, weil auf der gesamten Strecke zwischen Hamburg und Lübeck der Rückschnitt bis Ende August abgeschlossen sein muss, da ab Anfang September die sehr aufwendigen Messfahrten und Inbetriebnahmen unter eingeschalteter Oberleitung durchgeführt werden müssen, um die Strecke zum Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2008 in Betrieb zu nehmen. Eine Verschiebung der Inbetriebnahme im Dezember ist nach Angaben der Bahn nicht möglich, da eine Vielzahl von organisatorischen und technischen Vorbereitungen auf diesen Termin abgestimmt ist.

e) Worin liegt der wesentliche wirtschaftliche Schaden, der Voraussetzung für die Zulassung der Ausnahme vom Baumfällverbot ist, begründet?

f) Auf welchen Betrag beziffert sich der wesentliche wirtschaftliche Schaden?

Wenn nein:

g) Warum nicht?

Entfällt, da keine Ausnahmegenehmigung nach § 26 Absatz 2 Satz 2 HmbNatSchG erteilt wurde, sondern auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses gehandelt wurde.

h) Mit welchen Mitteln wird die zuständige Behörde gegen die gegebenenfalls rechtswidrigen Baumfällungen vorgehen?

Die Baumfällungen sind gemäß Planfeststellungsbeschluss und Befreiung genehmigt.

3. Was ist der Maßstab zur Beurteilung eines „wesentlichen wirtschaftlichen Schadens" im Sinne von § 26 Absatz 2 Satz 2 HmbNatSchG? Entfällt, da keine Ausnahmegenehmigung nach § 26 Abs. 2 Satz 2 HmbNatSchG erteilt wurde, sondern auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses gehandelt wurde.

4. Inwieweit gibt es diesbezüglich eine einheitliche Handhabung in den sieben Bezirksämtern?

Die Bezirksämter sind nach der gegenwärtigen Zuständigkeitsanordnung für die Ausnahmevorschrift nicht zuständig.

5. Mit welchen Schäden für die Vogelfauna muss durch die Baumfällungen in der Brutzeit in diesem konkreten Fall gerechnet werden?

Durch die Baumfällungen kann es zu einem Verlust von Nestern und Gelegen in den betroffenen Gehölzbeständen kommen.

6. Welche besonders geschützten Vogelarten sind von den Baumfällungen betroffen?

Alle europäischen Vogelarten sind nach § 10 Absatz 2 Nummer 10 Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt.

7. Laut Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage „Bäume in Hamburg" (Drs. 19/94) können Fällungen in der Brutperiode durch Beratung der Bauherren weitgehend vermieden werden. Die nicht vermeidbaren Ausnahmen würden mit Auflagen zum Vogelschutz versehen. Für den Fall, dass von dem Baumfällverbot eine Ausnahme gemäß § 26 Absatz 2 Satz 2 HmbNatSchG zugelassen wurde:

a) Inwieweit hat eine Beratung des Bauherrn stattgefunden?

b) Welche Auflagen zum Vogelschutz wurden im vorliegenden Fall gemacht?

c) Welche anderen Nebenbestimmungen wurden mit der Zulassung der Ausnahme vom Baumfällverbot verbunden?

d) Wie wird die Einhaltung der Auflagen zum Vogelschutz und der übrigen Nebenbestimmungen überwacht?

e) Unter welchen Voraussetzungen kann die Zulassung der Ausnahme vom Baumfällverbot widerrufen werden?

Praktikable Auflagen zum Vogelschutz waren in diesem Fall nicht möglich. Eine Beeinträchtigung der Vogelbrut könnte nur durch die Verschiebung der Baumfällungen auf die Zeit nach Ende des Brutzeitraums vermieden werden, was aber wegen der Terminzwänge der DB AG (siehe Antwort zu 2. d) und 8.) nicht möglich war.

8. Was ist die Ursache für die offenbar zeitlichen Verzögerungen bei den Bauarbeiten zur Elektrifizierung der Strecke, deretwegen die Baumfällungen nicht bis zum 15. März durchgeführt werden konnten?

Siehe Antwort zu 2 d).