Auswirkungen der Privatisierung der Deutsche Bahn AG auf Hamburg

Die Bundesregierung hat eine Teilprivatisierung der Bahn beschlossen. 24,9 Prozent des Güter- und Personenverkehrs der Bahn sollen privatisiert werden. Die Infrastruktur bleibt in Bundesbesitz. Der Börsengang ist für den Herbst 2008 vorgesehen.

Hessens Verkehrsminister Alois Riehl (CDU) kündigte Widerstand gegen die Pläne an, weil er befürchtet, dass die Deutsche Bahn AG die regionale Infrastruktur und die Netze weiter vernachlässigen werde. Als Besteller des Nahverkehrs müssten die Länder in die Entscheidung einbezogen werden. Gleiches gilt für Hamburg.

Der S-Bahnverkehr in Hamburg wird zurzeit von der DB AG mit eigenen Fahrzeugen durchgeführt. Dabei erhielt die DB AG den Auftrag für diese Leistung ohne Ausschreibung. Wesentliche Begründung für die (dann im Ergebnis wohl berechtigte) Annahme, dass in diesem Falle auf eine Ausschreibung verzichtet werden kann, war, dass konkurrierende Anbieter hier wegen der erheblichen Beschaffungskosten für Fahrzeuge im Hamburger S-BahnVerkehr kein konkurrenzfähiges Angebot vorlegen können. Welche Auswirkungen hat der Verkauf von Anteilen des Regionalverkehrs der DB an private Investoren?

Wir fragen den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG (DB AG) und der AKN Eisenbahn AG (AKN) wie folgt:

1. Sind von diesem Verkauf auch die Hamburger S-Bahn-Züge betroffen?

Die Hamburger S-Bahn-Züge befinden sich im Besitz der DB-Tochterfirma S-Bahn Hamburg GmbH; sie sind insoweit von dem beabsichtigten Verkauf von Anteilen betroffen.

2. Welche weiteren Züge im Regionalverkehr von und nach Hamburg sind von diesem Verkauf nach Kenntnis des Senats betroffen?

Nach Kenntnis der zuständigen Behörde sind indirekt betroffen auch alle Züge von DB-Tochterfirmen, die Strecken von und nach Hamburg bedienen. Im Regionalverkehr auf den Strecken von und nach Hamburg betreibt die DB Regio AG (Regionalbahn Schleswig-Holstein) folgende Züge:

· R 10 Regionalexpress und Regionalbahn (Hamburg ­ Lübeck),

· R 20 Regionalexpress und Regionalbahn (Hamburg ­ Büchen ­ Schwerin ­ Rostock),

· R 60 Regionalbahn (Hamburg ­ Itzehoe),

· R 70 Regionalexpress und Regionalbahn (Hamburg ­ Neumünster).

3. Wer ist Eigentümer der Züge im Regionalverkehr von und nach Hamburg, die nicht von diesem Verkauf betroffen sind?

Nicht betroffene Eigentümer von Zügen im Regionalverkehr sind:

· Die metronom Eisenbahngesellschaft mbH,

· Die NOB Nord-Ostsee-Bahn GmbH.

4. Wurden beim Erwerb von Zügen für die Hamburger S-Bahn Mittel des Landes Hamburg oder Mittel des Bundes, die durch das Land Hamburg ausgereicht wurden, verwendet? Wenn ja, in welchen Jahren wurden Mittel in welcher Höhe an die DB für die Beschaffung von wie vielen Fahrzeugen ausgereicht?

Hamburg hat der S-Bahn Hamburg GmbH im Jahr 1996 insgesamt 35 Millionen DM für die anteilige Finanzierung der Beschaffung von 45 Fahrzeugen aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes zugewendet.

5. Wie alt sind die ältesten im regulären Betrieb eingesetzten Fahrzeuge der Hamburger S-Bahn?

Die ältesten Wagenkästen haben ein Alter von 34 Jahren, die ältesten Inneneinrichtungen ein Alter von zwölf Jahren.

6. Wann wird eine erneute Vergabe der Leistungen im Hamburger S-BahnNetz erfolgen?

7. Sieht der Senat die Gefahr, dass bei einer erneuten Leistungsvergabe die dann auch ihren privaten Anteilseignern verpflichtete DB ihren Marktvorteil durch den Besitz von Fahrzeugen für den Hamburger S-Bahnverkehr nutzt, um hierdurch unverhältnismäßig hohe Gewinne zu erzielen, die zu einer entsprechenden Kostenbelastung für die Freie und Hansestadt Hamburg führen? Wenn nein, warum sieht der Senat diese Gefahr nicht? Wenn ja, wie will der Hamburger Senat dieser Gefahr begegnen?

Siehe Drs. 18/6272; abschließende Entscheidungen sind noch nicht getroffen.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht abgeschätzt werden, ob die S-Bahn Hamburg GmbH einen Vorteil durch den Besitz der Fahrzeuge hat, da noch nicht absehbar ist welche Anforderungen bei einer Vergabe an die Fahrzeuge gestellt werden, und ob beziehungsweise gegebenenfalls mit welchen Einschränkungen oder Umbauten die aktuell genutzten Fahrzeuge nach der Vergabe weiter eingesetzt werden können.

8. Ist dem Hamburger Senat bekannt, welche Bundesländer wegen der geschilderten Probleme S-Bahn-Züge selbst beschaffen und im Landesbesitz halten, um dann nur die Betriebsleistung zu vergeben?

Nach Kenntnis der zuständigen Behörde wird dieses Modell von der Fahrzeugmanagement Region Frankfurt RheinMain GmbH (hundertprozentige Tochtergesellschaft der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH) sowie der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH praktiziert.

9. Soweit im Regionalverkehr in Hamburg Züge, die sich im Landesbesitz (beispielsweise Niedersachsens) befinden, eingesetzt werden: Wie hat sich diese Regelung aus Sicht des Hamburger Senats bewährt?

Bei den bisherigen Ausschreibungen konnten sowohl mit als auch ohne Fahrzeuge im Landesbesitz positive Ergebnisse erzielt werden. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

10. Hat der Senat Möglichkeiten geprüft, die von der Freien und Hansestadt Hamburg in der Beschaffung geförderten S-Bahn-Züge bei einer Teilprivatisierung in sein Eigentum zu bringen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

11. Haben der Senat oder der HVV die kartellrechtliche Situation bei einer Teilprivatisierung der Hamburger S-Bahn-Züge bewertet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Für den HVV und die zuständige Behörde sind kartellrechtliche Probleme nicht erkennbar. Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

12. Gab es bei der letzten Vergabe der Leistungen der Hamburger S-Bahn auch andere als die eingangs erwähnten Gründe für den Verzicht auf eine Ausschreibung?

Nein, siehe Drs. 18/6272.

13. Gab es im Vorfeld der Vergabe Gespräche mit anderen Verkehrsunternehmen, die die Abgabe eines Angebots für Leistungen im Hamburger S-Bahn-Netz erwogen?

Ja.

14. Wie hoch sind die durchschnittlichen über das Jahr aufsummierten Stationsgebühren für einen Hamburger unbesetzten zweigleisigen Bahnhof der DB (also solche Bahnhöfe, wie sie im S-Bahn-Verkehr vorherrschen)?

Zum Vergleich: Wie hoch sind die über das Jahr aufsummierten Stationsgebühren für einen unbesetzten zweigleisigen Bahnhof der AKN in Hamburg? Wie hoch sind die durchschnittlichen über das Jahr aufsummierten Stationsgebühren für einen unbesetzten zweigleisigen Bahnhof der DB bundesweit?

15. Wie hoch sind die durchschnittlichen über das Jahr aufsummierten Trassenpreise für einen 1 km langen Abschnitt der Hamburger S-Bahn? Zum Vergleich: Wie hoch sind die durchschnittlichen über das Jahr aufsummierten Trassenpreise für einen 1 km langen elektrifizierten Streckenabschnitt der DB bundesweit?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst.

Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

Die Stationsgebühren der DB Station&Service AG sind veröffentlicht unter http://www.db.de/site/bahn/de/geschaefte/infrastruktur__schiene/personenbahnhoefe/stationspreise/stationspreise.html.

Die Höhe der von den Verkehrsunternehmen zu zahlenden Gebühren ist abhängig von der Anzahl der Halte und der Länge der Züge.

Bei der AKN betragen die Gebühren pro Halt an der Haltestelle Eidelstedt Zentrum 8,36 Euro, an allen anderen Stationen 2,53 Euro.

Die von der DB Netz AG erhobenen Trassenpreise hängen von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ab und sind veröffentlicht unter http://www.db.de/site/bahn/de/geschaefte/infrastruktur__schiene/netz/trassen/trassen preise/trassenpreise__einleitung.html.