Multiplex-Kinos in Hamburg

In Hamburg existieren derzeit vier Multiplex-Kinos: Cinemaxx, Grindel, Mundsburg und UfaPalast. Im September 1997 berechnete die Stadtentwicklungsbehörde, dass der Großraum Hamburg insgesamt zehn Großkinos eine wirtschaftliche Grundlage bieten könnte bzw. daß eine Erhöhung der Sitzplatzkapazität um knapp 9000 zusätzliche Sitzplätze rechnerisch denkbar wäre (potentielle Besucher/innen aus dem Umland eingerechnet sowie unter der Annahme einer Ausweitung der Besuchshäufigkeit um die Hälfte). Inzwischen wurde das Mundsburg-Multiplex mit 2000 Sitzen eröffnet. Zum heutigen Stand würde dies bedeuten, daß im Höchstfall fünf bis sechs weitere Multiplexe als stadtverträglich gelten könnten ­ dann allerdings bereits mit Kapazitätseinschränkungen. Der von der STEB herausgegebenen Kinostudie vom September 1998 ist zu entnehmen, dass es mindestens weitere 13 MultiplexVorhaben (ohne Mundsburg) für Hamburg gibt. Die Multiplex-Vorhaben sind dort lediglich unterteilt in „sichere bzw. sehr wahrscheinliche Neubauten", „weitere mögliche Standorte" und „unwahrscheinliche Standorte". Zur ersten Kategorie gehören bereits acht Vorhaben (ohne Mundsburg). Nicht einmal erwähnt wurde dabei das Multiplex an der Behringstraße in Altona mit 2500 Sitzplätzen, das sich sogar schon im Bau befindet.

Der Senat ist sich der stadtentwicklungs- und kulturpolitischen Bedeutung der Multiplex-Kino-Entwicklungen in Hamburg bewußt. Die damit verbundene Modernisierung des Kino-Parks wird begrüßt.

Für die Innenstadt und die Stadtteilzentren liegen darin Chancen, die auch einer Stärkung der Zentrenfunktion insgesamt dienen können. Andererseits birgt der Kinoboom Gefahren, die bei schrankenloser Entwicklung erhebliche stadtstrukturelle Auswirkungen haben können. Der Wettbewerb um die besten Plätze am neuen Multiplexmarkt kann zu Überkapazitäten und zu Investitionsruinen führen.

Die durch Besucherströme zusätzlich ausgelösten Autoverkehre fördern zentrenschädigende Standorte ebenso wie Lärm- und Abgasemissionen. Schließlich steigern Multiplexe den Anteil am sogenannten Mainstream und mindern so die kulturelle Angebotsvielfalt.

Um die Entwicklung in Hamburg stadtverträglich zu gestalten, wurde von der zuständigen Behörde ein „Arbeitskreis Freizeitgroßeinrichtungen" geschaffen, der die einzelnen Investitionsvorhaben berät und mit Empfehlungen ­ auch in Richtung der Bezirke ­ versieht.

Darüber hinaus wurde im September 1998 eine unter anderem von der FilmFörderung Hamburg GmbH und von der Stadtentwicklungsbehörde in Auftrag gegebene sogenannte Kinostudie vorgelegt, die den Strukturwandel und die Perspektiven der Filmtheaterbranche anhand empirisch gestützter Erkenntnisse über die Einzugsgebiete von Multiplexkinos und modernen Kinocenter untersucht.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. An welchen Standorten werden zur Zeit Multiplex-Vorhaben geplant bzw. sind im Bau?

2. Wie weit fortgeschritten sind die einzelnen Vorhaben (bitte Aufschlüsselung nach: Planungsabsichten, Vorbescheidsanträge, erteilte Vorbescheide, Bauanträge, Baugenehmigungen usw.)?

Nach vorliegenden Informationen planen verschiedene Investoren zur Zeit Multiplexkinos an folgenden Standorten: Zirkusweg (Planungsabsicht), Nobistor (positiver Vorbescheid erteilt), Wandsbeker Zollstraße (positiver Vorbescheid erteilt), Wandsbeker Quarree (Baugenehmigung erteilt), Bergedorf (Planungsabsichten). Weiter besteht Investitionsinteresse für einen Standort im Zentrum von Langenhorn. Bereits im Bau befinden sich Multiplexkinos derzeit an den Standorten Behringstraße (UCI-Othmarschen-Park), Friedrich-Ebert-Damm und Harburger Carree.

3. Wie viele Multiplex-Kinos sollen in Hamburg noch eröffnet werden?

4. Hat der Senat begonnen bzw. beabsichtigt er, die hamburgweite Kino-Entwicklung zu steuern? Wenn nein, weshalb nicht?

5. Über welche Möglichkeiten und Instrumente verfügt der Senat, um die hamburgweite Kinoentwicklung zu lenken oder zu beeinflussen?

6. Gibt es ein Kinokonzept für ganz Hamburg, oder ist es in Arbeit? Wenn ja, was beinhaltet es bzw. wann wird es vorliegen? Wenn nein, weshalb nicht?

Siehe Vorbemerkung.

7. Der Deutsche Städtetag hat im Juni 1998 das Positionspapier „Multiplexe in der Stadt" verabschiedet.

Ist dem Senat das Papier bekannt, und hält er die dort fomulierten Handlungshilfen für geeignet?

Ist es Grundlage für ein bezirksübergreifendes Handeln seitens des Senats?

Inwieweit hat der Senat die Handlungshilfen umgesetzt?

Werden die Handlungshilfen in den Bezirken und Fachbehörden berücksichtigt?

Wenn ja, in welcher Form und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, weshalb nicht?

Die Entschließung „Multiplexkinos in der Stadt" des Deutschen Städtetages ist bekannt; sie enthält allerdings keine „Handlungshilfen". Soweit hiermit die unter 3. Perspektiven genannten „Gesichtspunkte" gemeint sind, werden die Auffassungen des Städtetages grundsätzlich geteilt.

8. Dem Bericht der STEB von 1997 ist zu entnehmen, dass das Thema Großkinos im Rahmen eines Arbeitskreises „Freizeit ­ Großeinrichtungen" behandelt werden soll, um Kriterien für die Beurteilung von Bauanträgen zu entwickeln.

Hat dieser Arbeitskreis sich mit dem Thema Großkinos befaßt? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, weshalb nicht?

Ja. Zu verschiedenen Projekten wurden Empfehlungen formuliert. Siehe im übrigen die Vorbemerkung.

Wurden dabei die Handlungshilfen des Positionspapiers des Deutschen Städtetags berücksichtigt?

Siehe Antwort zu 7.1. bis 7.4.

9. Gemäß dem Positionspapier des Deutschen Städtetags ist es Aufgabe der Kommunen, Programmkinos, Cinematheken usw. „angemessene Lebensbedingungen zu erhalten" und zu ermöglichen, um öffentlich erkennbar zu machen, was Filmkultur insgesamt bedeutet, und um die Interessen einer Vielzahl von Publikumsgruppen zu befriedigen. Teilt der Senat diese Auffassung? Wenn ja, was tut er, um dieses Ziel zu erreichen? Wenn nein, weshalb nicht?

In Hamburg werden filmkulturelle Aktivitäten und Einrichtungen vom Senat seit Jahren kontinuierlich unterstützt. Es werden beispielsweise gefördert

­ Hamburger Filmfestivals (Filmfest Hamburg, Internationales Hamburger Kurzfilmfestival, Lesbischschwule Filmtage und Fantasy Filmfest),

­ das kommunale Kino METROPOLIS und sein Archiv,

­ die KurzFilmAgentur Hamburg e.V.,

­ CineGraph, das Hamburgische Centrum für Filmforschung e.V.,

­ die Programmkinos über die jährliche Vergabe der Hamburger Kinoprämien (zusammen mit der FilmFörderung Hamburg GmbH).

Bei der FilmFörderung Hamburg GmbH ressortieren außerdem weitere Kinoförderungsmaßnahmen: die Programmzuschüsse für Kinos („Förderung des Abspiels und der Filmpräsentation") sowie Darlehen für die Modernisierung und Neueinrichtung von Hamburger Filmtheatern und Abspielstätten. Darüber hinaus fördert die GmbH unter anderem auch die Vertriebsmaßnahmen, die auch Kinos zugute kommen können.

10. Das Filmreferat der Kulturbehörde hat im März 1997 eine Stellungnahme zur Ansiedlung von Großkinos/Multiplexen erarbeitet. Darin bewertet die Kulturbehörde den Bau weiterer Multiplexe aufgrund des Verdrängungswettbewerbs zu Lasten der traditionellen Filmtheater und Programmkinos und der damit verbundenen Kulturverarmung in Hamburg als problematisch. Welche Aktivitäten hat die Kulturbehörde unternommen, um diese Probleme einzudämmen?

Seit 1987 existieren in Hamburg Maßnahmen zur kulturpolitischen Förderung von Hamburger (Programm-)Kinos, die 1993 ausgebaut wurden. Die Maßnahmen wurden 1997 von der Kulturbehörde auf die FilmFörderung Hamburg GmbH übertragen.

Zu den gegenwärtig bei der FilmFörderung Hamburg GmbH bestehenden Kinoförderungsmaßnahmen siehe Antwort zu 15.1. und zu 15.2.

11. Die Eröffnung von Multiplexen in Hamburg hat unserer Kenntnis nach insgesamt zu einem Kino-Mehrbesuch, bei den Umfeldkinos jedoch zu Verlusten geführt. Welche Entwicklungen lassen sich nach Kenntnis des Senats bei den Hamburger Kinos seit Eröffnung von Multiplexen in Hamburg konkret feststellen (Besuchsrückgang, Schließungen usw. bitte für jedes Kino gesondert angeben)?

Die unter anderem von der Stadtentwicklungsbehörde in Auftrag gegebene „Kinostudie" vom September 1998 kommt zum Ergebnis, dass es sich bei der Multiplexentwicklung in Hamburg um eine „überfällige Modernisierung des Kinoparks" handelt. Weiter wird festgestellt, dass diese Modernisierung weit überwiegend „im Betreiberbestand" stattfindet, d.h., die bisher dominierenden Betreiberfirmen selbst betreiben den Wandel innerhalb des eigenen Bestands. Schließlich wird in der Studie ausgeführt: „Seit Marktauftritt von CinemaxX und UFA-Palast am Gänsemarkt ist das Besucheraufkommen in Hamburger Filmtheatern um 16 Prozent gewachsen. Allerdings haben die traditionellen Umfeldkinos knapp 50 Prozent verloren, die komplementären Angebote (Programm- und Filmkunstsowie Kinos am Stadtrand) 13 Prozent." Geschlossen wurden die Umfeldkinos Savoy und Aladin.

12. Für das Filmreferat der Kulturbehörde ist es eine „Tatsache, dass zukünftig Investitionsruinen nicht auszuschließen sind" (Stellungnahme März 1997, Seite 5). 12.1. Welche Konzepte des Senats gibt es, um mögliche Investitionsruinen zu verhindern?

Siehe Vorbemerkung.

Wird schon jetzt beim Bau von Multiplexen eine spätere Umnutzungsmöglichkeit eingeplant? Wenn nein, soll dies künftig geschehen?

Nein. Siehe im übrigen Vorbemerkung.

13. Das Positionspapier des Deutschen Städtetags weist darauf hin, dass durch die Stadt und die Betreiber bei der Errichtung von Multiplexen geprüft werden soll, ob der Umbau eines ungenutzten Gebäudes (z.B. alte Fabrikgebäude oder alte Gebäude von Kultureinrichtungen) nicht empfehlenswerter sei als ein Neubau. Finden solche Prüfungen in Hamburg statt? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, weshalb nicht?

Solche Prüfungen finden im Einzelfall statt, haben aber bisher nicht zu entsprechenden Neunutzungen geführt.

14. Im Theaterbereich existieren einerseits die in großen Teilen öffentlich finanzierten Theater und andererseits „Cats", „Das Phantom der Oper" oder „Buddy Holly". 14.1. Ist der Senat der Auffassung, dass die Programmkinos und kommunalen Kinos einen ähnlich schützenswerten Raum darstellen wie die öffentlichen Theater?

Wenn nein, weshalb nicht?

Wenn ja, sieht der Senat in der öffentlichen Subvention von Programmkinos, kommunalen Kinos und eventuell eingeschränkt auch von traditionellen Filmtheatern eine Lösungsmöglichkeit? Wenn ja, wie sollte diese Subvention aussehen?

Die Würdigung der Arbeit der Programmkinos erfolgt durch die jährlich zu vergebenden Kinoprämien, siehe dazu auch Antwort zu 15.1. und zu 15.2.

Das kommunale Kino METROPOLIS wird kontinuierlich institutionell gefördert. 1998 betrug die Förderung insgesamt 888 000 DM, davon: 758 000 DM institutionelle Förderung, 060 000 DM Förderung des Archivs des METROPOLIS, 050 000 DM Förderung Freiluft Kino auf dem Rathausmarkt, 020 000 DM Projektförderung durch FilmFörderung Hamburg GmbH sowie Einnahmen durch Vermietung an Träger von Filmfestivals.

Eine qualitativ und quantitativ vergleichbare Förderung kann es für privatwirtschaftlich geführte Unternehmen, wie es die Programmkinos sind, nicht geben.