Litfaßsäulen in Hamburg

Nach äußerem Anschein sind in den vergangenen Jahren in Hamburg viele Litfaßsäulen abgebrochen worden, obwohl ihre Rolle als (historische) Werbeträger ebenso unumstritten ist wie (aktuelle) Bedeutung als Markierungspunkt in einer bestimmten Umgebung. An vielen Orten wurden die Litfaßsäulen durch moderne Glaskästen ersetzt, die durch Funktionalität bestechen mögen, keinesfalls aber durch Tradition und Charme.

Ich frage den Senat:

Der Oberbegriff der Litfaßsäule umfasst verschiedene, unterschiedliche Plakatsäulen: Ganzsäulen, Allgemeinstellen und sogenannte Kultursäulen. Während eine Ganzsäule nur von einem Werbetreibenden genutzt werden kann, sind bei Allgemeinstellen mehrere Werbetreibende gleichzeitig auf einer Säule vertreten. Kultursäulen dienen allein der Aufnahme von Kulturwerbung. Die Säulen sind zum Teil mit Beleuchtung versehen.

Alle Säulen auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) stehen im Eigentum der Hamburger Außenwerbung GmbH (HAW), die zur Ströer Deutsche Städtemedien GmbH gehört. Die Säulen werden von der HAW bewirtschaftet und unterhalten.

Der Neuordnung der Werberechte auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2023 hat die Hamburger Bürgerschaft zugestimmt (siehe Drs. 18/7234).

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HAW wie folgt:

1. Wie viele Litfaßsäulen existieren heute noch in Hamburg? Wie viele von ihnen werden heute noch für Werbezwecke genutzt? Wie viele davon sind begehbar?

Derzeit bestehen auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg 879 Allgemeinstellen, 718 Ganzsäulen sowie 223 Kultursäulen. Alle werden zu Werbezwecken genutzt. Die Säulen stehen im Eigentum der Hamburger Außenwerbung GmbH. Laut Angaben der HAW sind fünf Säulen begehbar.

2. Wie viele Litfaßsäulen in Hamburg sind in den vergangenen fünf beziehungsweise zehn Jahren abgebrochen worden?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden durch die HAW nicht gesondert statistisch erfasst. Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

3. Für wie viele Litfaßsäulen besteht ein Bestandsschutz? Wie viele von ihnen und welche stehen bereits unter Denkmalschutz?

Im Sinne des Denkmalschutzrechts gibt es keinen Bestandsschutz. Es stehen keine Litfaßsäulen unter Denkmalschutz.

Die fünf folgenden Litfaßsäulen sind allerdings sogenannte „erkannte Denkmäler":

1. Reeperbahn ohne Nummer/Spielbudenplatz ohne Nummer, nordöstlich von Spielbudenplatz 1

2. Neuer Pferdemarkt ohne Nummer, vor Nummer 33

3. Rothenbaumchaussee ohne Nummer, nördlich von Nummer 115

4. Rothenbaumchaussee ohne Nummer, auf der Höhe von Nummer 44

5. Bei der Apostelkirche ohne Nummer, auf dem Platz vor der Apostelkirche.

Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

4. Die Litfaßsäulen werden von der Hamburger Außenwerbung bewirtschaftet. In welchem vertraglichen Verhältnis steht dieses Unternehmen zur Stadt beziehungsweise zu den verschiedenen Behörden? Wie groß sind die Einnahmen, die die Stadt aus der Vergabe von Grundstücken für das Betreiben von Litfaßsäulen im Jahre 2006 und 2007 erzielte?

Im Jahr 1989 hat die Freie und Hansestadt Hamburg mit der Deutschen Städtereklame GmbH (heute Ströer Deutsche Städtemedien GmbH) und der Hamburger Außenwerbung GmbH einen Vertrag über ein alleiniges Werberecht der Hamburger Außenwerbung auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg geschlossen. Dieser Vertrag endet am 31. Dezember 2008.

Einnahmen aus der Vergabe von Grundstücken für den Betrieb von Litfaßsäulen werden nicht erzielt.

5. Wie hoch sind die Kosten, die für die Unterhaltung einer Litfaßsäule im Durchschnitt und pro Jahr aufgebracht werden müssen? Konkret in den Jahren 2006 und 2007?

Die Höhe der Kosten ist der zuständigen Behörde nicht bekannt.

6. Auf welcher Basis und nach welchen Kriterien erfolgt die Entscheidung, einzelne Litfaßsäulen abzureißen? Gibt es eine Planung, wie viele der verbliebenen Litfaßsäulen in den kommenden Jahren abgerissen werden sollen? Wenn ja, wie viele Litfaßsäulen sollen bis 2013 beziehungsweise 2018 abgerissen werden?

Ein Abriss von Säulen ohne Ersatz durch eine andere Säule erfolgt derzeit nicht.

Allerdings werden Säulen im Rahmen der Umgestaltung von Verkehrsflächen umgesetzt.

Darüber hinaus ist beabsichtigt, im Rahmen der Neuordnung der Werberechte Plakatsäulen durch hinterleuchtete Säulen zu ersetzen (circa 900 im Rahmen der Vertragslaufzeit vom 01. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2023). An insgesamt circa 90

Standorten werden vorhandene Säulen voraussichtlich beseitigt werden. Die übrigen Säulen werden für allgemeine Plakatanschläge oder als Kultursäulen weitergenutzt.

Weitergehende Planungen gibt es zurzeit nicht.

7. Erkennt der Senat die Bedeutung einzelner Litfaßsäulen als Markenzeichen für bestimmte Plätze oder Quartiere an? Wenn ja, was hat er zu ihrem Schutz in den letzten Jahren unternommen? Wenn nein, was könnte nach Auffassung des Senats die Funktion der Litfaßsäulen ersetzen?

Siehe Antwort zu 3.

8. Gibt es in Hamburg Litfaßsäulen, die nicht von der Hamburger Außenwerbung bewirtschaftet werden? Gibt es Modelle in der Stadt, einzelne Litfaßsäulen in kommunale Trägerschaft ­ also zum Beispiel an ein Konsortium von Stadtteilgruppen oder einen einzelnen, federführenden Verein ­ zu übergeben? Wenn ja, um welche Träger beziehungsweise Stadtteile handelt es sich dabei?

Nein. Aufgrund des alleinigen Werberechts werden alle Säulen auf Staatsgrund der Freien und Hansestadt Hamburg von der HAW betrieben.

In den Bezirken bestehen jedoch circa 120 sogenannte Stadtteiltafeln, die von den Bezirksämtern selbst oder durch Träger bewirtschaftet werden.

9. Es ist bekannt geworden, dass die Litfaßsäule auf dem Carl-vonOssietzky-Platz an der Langen Reihe in St. Georg abgerissen werden soll. Wer ist für diese Entscheidung verantwortlich? Welche Kriterien wurden der Entscheidung zugrunde gelegt? Zu welchem Zeitpunkt soll der Abriss der Litfaßsäule erfolgen und was würde er kosten? Welche Alternative für Werbezwecke soll hier geschaffen werden und was würde diese kosten?

Die HAW wird die Litfaßsäule auf dem Carl-von-Ossietzky-Platz im August 2008 durch eine hinterleuchtete Säule ersetzen. Die Kosten trägt die HAW. Weitergehende Informationen liegen der zuständigen Behörde nicht vor.

10. Aus welchem Jahr stammt die Litfaßsäule auf dem Carl-von-OssietzkyPlatz? Seit wann stand überhaupt eine Litfaßsäule an dieser Stelle?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst.

Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

11. Ist dem Senat bekannt, dass sich verschiedene Stadtteilgruppen wie der örtliche Bürgerverein, der Einwohnerverein und die Geschichtswerkstatt für den Erhalt und Verbleib der Litfaßsäule einsetzen? Sieht sich der Senat dadurch veranlasst, den Abrissplan zunächst und unmittelbar zu stoppen?

12. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Litfaßsäule an der Langen Reihe zu erhalten? Welche Möglichkeiten sieht er, die Litfaßsäule an einen gemeinnützigen Träger aus dem Stadtteil zu übertragen, um hier eine Art „kommunale", also stadtteilorientierte Litfaßsäule zu informativen Zwecken einzurichten und zu unterhalten?

13. Sieht der Senat Möglichkeiten, eine solche „kommunale Litfaßsäule" wegen der überragenden Bedeutung des Carl-von-Ossietzky-Platzes als (Öko-) Marktplatz und allgemeiner Treffpunkt für die St. Georger Bevölkerung aus Mitteln der Stadtteilentwicklung zu unterstützen?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.