Videoüberwachung in Wohnanlagen

Die HADAG plant die Einführung von Videoüberwachung auf allen Fährschiffen, da diese im Einmannbetrieb eingesetzt werden. Überwacht werden soll neben der Technik im Maschinenraum zur Sicherheit der Fahrgäste die Rampe bei der Schiffsabfertigung sowie der Fahrgastraum der Schiffe, da es immer wieder zu Sachbeschädigungen sowie Belästigungen von und Angriffen auf Fahrgäste kommt. Einzelheiten des Verfahrens werden noch mit uns erörtert.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte steht der zunehmenden Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen sehr kritisch gegenüber. Die ständige Präsenz von Kameras kann einen Überwachungsdruck erzeugen, der die Betroffenen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und ein angepasstes Verhalten erzwingt. Trotz dieser kritischen Haltung ist die Ablehnung einer Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften dann nicht möglich, wenn die Voraussetzungen des §6 b BDSG durch den Betreiber der Videoüberwachungsanlage erfüllt werden, d.h. insbesondere muss die Videoüberwachung erforderlich sein und die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Fahrgäste müssen durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen ausreichend geschützt werden.

Nach §6 b BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Als Inhaber des Hausrechts sind die Betreiber von Verkehrsmitteln grundsätzlich befugt, die zum Schutz ihrer Einrichtungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Erhöhung der Sicherheit sowie die Verhinderung von gegen Personen und Sachen gerichteten Straftaten sind als berechtigte Interessen anerkannt.

Zur Wahrnehmung der konkret zu benennenden Interessen muss die Videoüberwachung erforderlich sein. Dies setzt voraus, dass die Videotechnik zu einem verbesserten Schutz dieser Interessen führt, der auf andere Weise nicht ebenso gut erreicht werden könnte. Nach den mehrjährigen Erfahrungen mit Videoüberwachung in den U-Bahnen kann anhand der von der HHA vorgelegten Zahlen nicht bezweifelt werden, dass der Umfang der Vandalismusschäden und der anderen Straftaten durch die Videoüberwachung reduziert worden ist. Eine Verhinderung von Straftaten und deren nachträgliche Aufklärung sowie die Stärkung des Sicherheitsempfindens der Fahrgäste könnten wahrscheinlich auch durch mehr Sicherheitspersonal in den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Dazu würde es jedoch nicht ausreichen, wenn nur ab und zu Sicherheitskräfte in Bussen und Bahnen mitfahren würden. Eine ständige Präsenz von Sicherheitspersonal wäre erforderlich, um die genannten Interessen effektiv zu schützen. Die Betreiber der öffentlichen Verkehrsmittel haben mitgeteilt, dass wegen der Größe des Verkehrsnetzes, der vielen Haltestellen und der Anzahl der Verkehrsmittel eine ständige Verfügbarkeit von Sicherheitskräften „vor Ort" trotz Aufstockung des Personals nicht möglich sei.

Diese Argumentation ist nachvollziehbar, so dass der erstrebte Zweck der Videoüberwachung auf diese Weise nicht ebenso gut erreicht werden kann.

Schließlich führt auch die Abwägung der wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Betreiber der Verkehrsmittel mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Fahrgäste nicht zur Unzulässigkeit der Video-Aufzeichnungen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Datenaufzeichnungen auf digitalen Ringspeichern, sogenannten „Black Box" erfolgen, die ständig überschrieben werden, falls die Aufnahmen nicht wegen eines besonderen Vorkommnisses sichergestellt werden müssen. Diese nur punktuelle und gelegentliche Überwachung der Fahrgäste durch Auswertung der Aufzeichnungen greift weniger stark in die Betroffenenrechte ein als eine ständige Beobachtung mittels Videogeräten. Maßnahmen zur Verhinderung eines Missbrauchs der Videoaufzeichnungen sind von den Betreibern der Verkehrsmittel mit dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten abgesprochen und getroffen worden. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte hält daher Video-Aufzeichnungen in öffentlichen Verkehrsmitteln in Hamburg für vertretbar.

Videoüberwachung in Wohnanlagen:

Mit der immer preiswerter werdenden Videotechnik nimmt der Einsatz von Videoüberwachung auch im Bereich von Wohnanlagen zu. Dabei wird in den seltensten Fällen vorab überprüft, ob dies nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften zulässig sein kann.

In der Praxis der Datenschutzaufsichtsbehörden häufen sich die Beschwerden über Eigentümer, die Eigentums- und zunehmend auch Mietwohnungsanlagen mit Videoüberwachungsanlagen ausstatten. Dabei werden die Zulässigkeitsgrenzen häufig weit überschritten. Nach §6b des Bundesdatenschutzgesetzes ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (vgl. 19. TB, 23.1).

Insbesondere ist zu prüfen, ob die Maßnahme zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

In einem von der Datenschutzaufsichtsbehörde kontrollierten Fall waren diese Voraussetzungen hinsichtlich verschiedener Kameras nicht gegeben. Es handelte sich um eine große Wohnanlage mit Waschmaschinen-Raum für die Bewohner und einem kleinen integrierten Einkaufszentrum. Neben den Kameras, die von einigen Unternehmen im Einkaufszentrum angebracht waren, hatte auch die Betreiberin der Wohnanlage insgesamt 20 Kameras an verschiedenen Standorten installiert. Dabei wurden nicht nur der öffentlich zugängliche Raum im Einkaufszentrum, sondern auch öffentliche Wege sowie das Waschhaus und Parkplätze auf der Straße komplett überwacht. Zur Begründung wurde angeführt, dass es wiederholt zu Vandalismus, Unfällen mit Beschädigungen, Fahrerflucht sowie Falschparken gekommen sei. Darüber hinaus gab es auch Hinweise darauf, dass in den für Interessenten frei zugänglichen Geschäftsräumen eine Kamera angebracht war, die zusätzlich Tonaufnahmen erstellte. Letzteres ist absolut unzulässig und strafbar. In keinem Fall war eine Abwägung mit den berechtigten Interessen der Bewohner, die zu ihren Eingängen an den Kameras vorbei gehen mussten, und der sonstigen Besucher der Anlage, die für jeden frei zugänglich ist, vorgenommen worden.

Gemeinsam mit der Betreiberin der Anlage wurde die Abwägung hinsichtlich der Zulässigkeit jeder einzelnen Kamera nachgeholt. Dabei zeigte sich, dass für die Überwachung durch einzelne Kameras schon das berechtigte Interesse fehlte, weil keine vorangegangenen Vorfälle zu verzeichnen waren. In anderen Fällen ­ wie z. B. bei der Waschküche ­ konnte die Überwachungszeit auf die Nachtstunden reduziert werden, so dass einerseits Einbrüche aufgeklärt werden können, die Nutzer jedoch in ihren Persönlichkeitsrechten nicht beeinträchtigt werden. Zum Schutz der Mitarbeiter der Betreiberin waren die Kameras in deren Geschäftsräumen so zu verändern, dass durch Einschaltung der Kamera im Bedarfsfall „renitente" Besucher erfasst werden können, aber keine permanente Überwachung (auch der Mitarbeiter selbst) stattfindet. Alle Kameras, die öffentlichen Grund erfassten, waren abzuschalten.

Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind nach §6b Abs. 2 BDSG durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Die Erkennbarkeit der Videoüberwachung war hier schon dadurch stark eingeschränkt, dass die Hinweisschilder nur wenige Zentimeter groß waren. Auch die Schilder waren also auszuwechseln.

Das Beispiel zeigt, dass Videokameras nicht ohne sorgfältige Prüfung eingesetzt werden dürfen. Immer wieder erreichen uns Hinweise auf neue Anlagen. Nicht in jedem Einzelfall ist es jedoch möglich, seitens der Datenschutzaufsichtsbehörde tätig zu werden. Vielfach beschränken Eigentümer den Einsatz der Anlagen auf Räumlichkeiten, die nicht öffentlich zugänglich sind, wie dies beispielsweise bei verschlossenen Tiefgaragen oder Hausfluren von reinen Wohnanlagen der Fall ist. Dann unterliegt die Anlage nicht der Kontrolle der Aufsichtsbehörde.