Im Übrigen berühren die Fragestellungen die Einsatztaktik der Polizei über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft

Drucksache 19/813

Wie wird die Entscheidung, am 1. Mai 2008 auf die Einrichtung des Einsatzabschnitts „Raumschutz" zu verzichten, im Nachhinein beurteilt?

Die Bildung von Einsatzabschnitten und deren personelle Ausstattung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Angaben im Sinne der Fragestellung sind daher nicht möglich.

Im Übrigen berühren die Fragestellungen die Einsatztaktik der Polizei, über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt.

Wann genau wurde der Großeinsatz (in Barmbek) offiziell für beendet erklärt und aus welchen Gründen? Wie wird diese Entscheidung im Nachhinein beurteilt, nicht zuletzt mit Blick auf die Auseinandersetzungen im Schanzenviertel in der Nacht zum 2. Mai 2008 und die Notwendigkeit, zuvor in die Hausbereitschaft entlassene Beamte zurückzuholen?

Der Einsatz wurde am 1. Mai 2008 um 21.25 Uhr beendet, nachdem die Aufzüge und alle demonstrativen Aktionen im Raum Barmbek bereits gegen 18.00 Uhr beendet waren.

Nach Prognose der Polizei war für den weiteren Abend und die Nacht mit keinen weiteren Aktionen in Barmbek oder in einem anderen Stadtteil zu rechnen. Dass es am späten Abend entgegen dieser Prognose im Schanzenviertel zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Störern und der Polizei kam, die eine Alarmierung von Polizeikräften notwendig machten, war im Nachhinein Gegenstand einer polizeiinternen Nachbereitung. Diese berührt die Einsatztaktik der Polizei, über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt.

7. Einsatzgeschehen: Anreise der Rechtsextremisten

Der Senat hat eingeräumt, dass die Anreise der Rechtsextremisten

­ anders als bei vergleichbaren Demonstrationen in der Vergangenheit ­ in weiten Teilen unkontrolliert erfolgte (Drs. 19/246). Obwohl Anreise und Sammelpunkte in der Lageeinschätzung des LKA ausdrücklich als „Gefahrenmomente" skizziert wurden, hat die Einsatzleitung die Gefahren offenbar unterschätzt. So wurden 50 Rechtsextremisten zwar von der Bundespolizei zum U-Bahnhof Habichtstraße gebracht, eine Folgebegleitung durch die Hamburger Polizei unterblieb jedoch, weil nicht ausreichend Kräfte verfügbar waren. Von Wellingsbüttel aus hat sich eine Gruppe von 300 Rechten zu Fuß auf den Weg zu ihrer Versammlung nach Barmbek gemacht, die zeitweise nur von zwei Streifenwagen begleitet werden konnte.

Gegenüber dem Innenausschuss haben die Senatsvertreter ausgeführt, die Polizei habe nicht gewusst, „aus welcher Richtung die Teilnehmer der rechtsextremen Demonstration kommen" würden.

a) Trifft diese Darstellung zu?

b) Hat es in der Vergangenheit vergleichbare Situationen gegeben, in denen Sicherheitsbehörden die Informationen fehlten, die nötig sind, die Anreise von Versammlungsteilnehmern angemessen vorzubereiten, zu kontrollieren und zu steuern?

c) Aus welchen Quellen bezieht die Polizei in der Regel ihre Informationen über Zahl und Anreisewege von Demonstrationsteilnehmern (Verfassungsschutz aus Hamburg und anderen Ländern, andere Polizeien, verdeckte Maßnahmen?)?

d) Welche Defizite hat es im Vorfeld der Demonstrationen am 1. Mai 2008 im Hinblick auf die polizeilichen Erkenntnisse zu Zahl und Anreisewegen insbesondere der Rechtsextremisten gegeben?

e) Weshalb hat es diese Wissenslücken gegeben? Hat es Probleme beim Informationsaustausch zwischen Behörden gegeben?

Die Polizei hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten alle Erkenntnisquellen ausgeschöpft, um möglichst genaue, sicherheitsrelevante Informationen zum Beispiel über die Anreise problematischer Versammlungsteilnehmer zu erlangen. Hierbei hat die Polizei auch Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) genutzt. Das LfV richtete seinerseits Anfragen zur voraussichtlichen Anzahl der Teilnehmer und zu den Anreisemodalitäten an die anderen Verfassungsschutzbehörden. Aus den übermittelten Erkenntnissen und dem eigenen Berichtsaufkommen wurden Lageeinschätzungen erstellt, die der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts (LKA) fortlaufend übermittelt wurden.

Die dem LfV am Morgen des 1. Mai bekannt gewordenen Treffpunkte der Rechtsextremisten wurden dem Führungs- und Lagedienst der Polizei unverzüglich mitgeteilt. Die dann zu erlebende ungeordnete Anreise der Rechtsextremisten war unter anderem Folge der vorübergehenden Einstellung des S-Bahn-Verkehrs nach Störaktionen linksextremistischer Gegendemonstranten. Auch aus diesem Grunde lagen der Polizei nicht zu allen Treff- und Sammelpunkten der anreisenden rechtsgerichteten Teilnehmer nähere beziehungsweise aktuelle Erkenntnisse vor.

Darüber hinaus berühren die Fragestellungen die Einsatztaktik der Polizei, über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt.

f) Werden Vorkehrungen getroffen, um künftig bei vergleichbaren Lagen möglichst alle Erkenntnisse vorzuhalten, die nötig sind, um neben der Versammlung als solcher auch An- und Abreise angemessen kontrollieren zu können? Welche?

Auch zukünftig werden seitens der Polizei alle erforderlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um bei vergleichbaren Lagen möglichst genaue Informationen zu erhalten.

Allerdings ist es dem LfV nur begrenzt möglich, während der laufenden Demonstrationslage aktuelle Informationen über die geplante Abreise problematischer Teilnehmer zu erheben.

Im Übrigen hat sich der Informationsaustausch zwischen dem LfV und dem LKA in den Bereichen Links- und Rechtsextremismus grundsätzlich bewährt.

Die Anreise der Teilnehmer der rechtsextremistischen Demonstration wurde nicht zuletzt dadurch erschwert, dass der S-Bahn-Betrieb im Bereich Barmbek zeitweise gestört war (als Folge von Ausschreitungen linker Störer). In diesem Zusammenhang hat es offenbar unterschiedliche Darstellungen gegeben, wie lange die S-Bahn tatsächlich nicht betriebsbereit war.

a) Von wann bis wann hat die technische Störung gedauert, die durch ein Kleinfeuer ausgelöst wurde und zur Sperrung des S-Bahn-Verkehrs zwischen den Bahnhöfen Ohlsdorf und Barmbek geführt hat?

b) Wie lange war der S-Bahn-Verkehr insgesamt gesperrt?

c) War der S-Bahn-Verkehr noch gesperrt, nachdem die technische Störung bereits behoben war? Wenn ja, weshalb, wer hat das veranlasst und/oder angeordnet?

d) Welchen Einfluss haben Landes- und Bundespolizei darauf, ob der Verkehr einer S-Bahn am Rande eines Demonstrationsgeschehens unterbunden wird?

e) Welche Kommunikation hat es während der Sperrung der S-Bahn von dem Bahnunternehmen und der Bundespolizei mit der Hamburger Polizei gegeben, wann genau und mit welchen Ergebnissen?

Hinsichtlich der auf die Bundespolizei bezogenen Fragestellungen siehe Antwort zu

a) bis 1.3. d).

Die Bundespolizei und die Landespolizei haben die Befugnis, bei Gefahr im Verzug den S-Bahn-Betrieb einstellen zu lassen. Die Kommunikation der S-Bahn Hamburg GmbH mit der Polizei Hamburg erfolgte über die Bundespolizei und den Notfallmanager der Deutschen Bahn AG (DB AG).

Die Meldung der Feuerwehreinsatzzentrale und der Bundespolizei über Feuer auf den Gleisen in Friedrichsberg und Rübenkamp erfolgte um 11.03 Uhr. Von betriebsfremden Personen wurden brennende Autoreifen auf die Gleise geworfen.

Von 11.03 bis 13.43 Uhr war die Strecke Hasselbrook ­ Barmbek gesperrt, von 11. bis 14.40 Uhr die Strecke Ohlsdorf ­ Barmbek.

Um 15.01 Uhr erfolgte erneut eine Meldung der Bundespolizei über betriebsfremde Personen im Gleisbereich Alte Wöhr ­ Barmbek. Bundespolizei und Feuerwehr Hamburg meldeten, dass Barrikaden im Bereich der Hellbrookstraße auf den Gleisen gebaut wurden. Daraufhin wurden die Gleise von 15.03 bis 21.03 Uhr erneut gesperrt und der Fahrstrom ausgeschaltet.

Die S-Bahn-Linie S1 fuhr in diesem Zeitfenster nur zwischen Poppenbüttel und Ohlsdorf sowie zwischen Hasselbrook und Blankenese/Wedel. Dabei wurden von 17. bis 18.05 Uhr auch die Züge von Ohlsdorf nach Poppenbüttel auf Anordnung der Bundespolizei für den öffentlichen Verkehr gesperrt.

Um 19.19 Uhr meldete die Bundespolizei unter Beteiligung des Notfallmanagers der DB AG die gesperrte Strecke zur Erkundung frei. Daraufhin wurden mehrere Erkundungsfahrten mit Leerzügen durchgeführt, bei denen eine Einschränkung des Betriebs erfordernde Umstände nicht mehr festgestellt werden konnten. Daraufhin wurde der Planbetrieb um 21.03 Uhr wieder aufgenommen.

Im Übrigen standen Landes- und Bundespolizei während des Einsatzes in ständiger Kommunikation, wie sich aus der nachfolgenden Dokumentation der Hamburger Polizei von untereinander ausgetauschten Meldungen ergibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). 11.32 Uhr S-Bahn-Strecke nördlich Alte Wöhr aufgrund von Bränden gesperrt.

12.05 Uhr S-Bahn-Sperrung zwischen Ohlsdorf und Barmbek dauert an, technische Probleme in der Stromversorgung, Notfallmanager S-Bahn im Einsatz.

12.50 Uhr Infolge der Brände ragen Teile der Stromschienenhalterung in den Gleisbereich. Technischer Arbeitstrupp angefordert, Dauer mindestens eine Stunde.

13.52 Uhr Personen „Rechts" im Gleisbereich bei Alte Wöhr und Ohlsdorf, S-Bahn und Güterumgehungsbahn gesperrt.

14.07 Uhr S-Bahn-Strecke zwischen Ohlsdorf und Poppenbüttel freigegeben, Strecke zwischen Ohlsdorf und Barmbek weiterhin gesperrt.

14.30 Uhr Reparaturarbeiten S-Bahn-Strecke Bereich Rübenkamp dauern an, Strecke bis auf Weiteres gesperrt.

14.57 Uhr S 1 im Bereich Ohlsdorf wieder befahrbar.

15.02 Uhr Personen im S-Bahn-Gleisbereich Alte Wöhr, Strecke gesperrt.

15.08 Uhr S-Bahn-Gleise, circa 300 m vor Bahnhof Alte Wöhr werden Barrikaden gebaut.