Die Stadt hatte daher von SAGA und GWG für diese Grundstücke zusätzliche Ablösebeträge gefordert und

I. Anlass und Zweck

Die städtischen Wohnungsgesellschaften SAGA SiedlungsAktiengesellschaft Hamburg (SAGA) und GWG Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH (GWG) hatten ­ wie andere Wohnungsbaugesellschaften auch ­ im Rahmen des „Aktionsmodells" vergünstigt Erbbaurechtsgrundstücke erworben und Wiederkaufsrechte der Stadt an eigenen Grundstücken abgelöst (vgl. Drucksache 18/3227). Beide Unternehmen haben zusammen 103 Erbbaugrundstücke (EBR) erworben und 22

Wiederkaufsrechte (WKR) abgelöst im Gesamtvolumen von 114.086.028,74 Euro Mio. Die Bürgerschaft hatte dem Verkauf und der Ablösung mit Beschluss vom 18. Januar 2006 zugestimmt (Ausschussbericht 18/3503; Plenarprotokoll 18/47).

In diesem Gesamtpaket waren auch sechs Grundstücke mit Wiederkaufsrechten enthalten, bei denen die Verträge keine Entschädigungsregelungen für die auf den Grundstücken stehenden Gebäude bei Ausübung des Wiederkaufsrechts vorsahen (fünf Grundstücke der GWG und ein Grundstück der SAGA). Üblicherweise sehen die Verträge ­ analog zu den Erbbaurechtsverträgen der Stadt ­ Entschädigungszahlungen zwischen 50 % und 2/3 des jeweiligen Zeitwertes für die Gebäude vor.

Die Stadt hatte daher von SAGA und GWG für diese Grundstücke zusätzliche Ablösebeträge gefordert und erhalten.

Insgesamt beliefen sich diese zusätzlichen Ablöseentgelte auf 6.622.069,01 Euro (vgl. Abschnitt 2, Seite 2 „Bewertungsverfahren" der o. g. Drucksache). SAGA und GWG haben nunmehr unter Hinweis auf ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten die Rückzahlung dieser zusätzlichen Ablöseentgelte gefordert.

Nach Auffassung des Senats ist die Rückforderung nach gegenwärtiger Einschätzung der Rechtslage gerechtfertigt.

Mit dieser Drucksache wird die Bürgerschaft über die rechtlichen Hintergründe und die beabsichtigte Rückzahlung der zu viel gezahlten Ablöseentgelte unterrichtet.

II. Rechtsgutachten zur Sicherung der Hamburger Wiederkaufsrechte auf Wohngrundstücken Auslöser für das von SAGA und GWG zur Geltendmachung der Rückzahlungsansprüche angeführte und von der Stadt in Auftrag gegebene Rechtsgutachten ist eine im Juli 2006 bekanntgewordene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH). Mit der BGH-Entscheidung (Az.: V ZR 252/05) wird unter bestimmten Voraussetzungen die Unwirksamkeit von bedingten Wiederkaufsrechten nach Ablauf von 30 Jahren festgestellt. Nach diesem höchstrichterlichen Urteil haben zahlreiche Grundeigentümer bzw. die sie vertretenden Verbände erhebliche Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Hamburger Wiederkaufsrechte und damit an der Jahrzehnte alten Praxis der Stadt angemeldet, für diese Wiederkaufsrechte Ablöseentgelte zu verlangen.

So haben zwei Wohnungsbaugenossenschaften mit Unterstützung des Verbands der Norddeutschen WohnungsunterBÜRGERSCHAFT Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Rückzahlung von im Zuge des Aktionsmodells von SAGA und GWG gezahlten Ablösebeträgen (vgl. Drucksache 18/3227) nehmen (VNW) die FHH auf unentgeltliche Löschung des Wiederkaufsrechts bzw. Rückzahlung bereits gezahlter Ablösebeträge verklagt. Voraussichtlich wird es zu Verfahren bis vor den BGH kommen, da es um erhebliche Werte geht. Darüber hinaus sind fünf Klagen weiterer Grund- bzw. Wohnungseigentümer anhängig.

Weitere rechtliche Auseinandersetzungen bzw. Prozesse sind dadurch abgewendet worden, dass die Stadt hinsichtlich möglicher Ansprüche von Grundeigentümern auf Rückzahlung gezahlter Ablösebeträge bis zum 31. Dezember 2016 auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat.

Zu diesem Zeitpunkt werden die genannten Gerichtsverfahren aller Voraussicht nach abgeschlossen sein.

Die Stadt hatte zur Abwehr möglicher Ansprüche und zur Vorbereitung auf die absehbaren Prozesse einen ehemaligen BGH-Richter mit einem Gutachten zur Frage der Übertragbarkeit der genannten BGH-Entscheidung auf die Hamburger Verträge beauftragt.

Im Rahmen seiner Expertise hat der Gutachter ­ wie es auch Auffassung der Verwaltung war und ist ­ die Hamburger Wiederkaufsrechte, die insbesondere in den 1920er und 1930er Jahren statt Erbbaurechtsverträgen vereinbart worden sind, als Ersatzkonstruktion für Erbbaurechtsverträge rechtlich unterlegt und begründet und damit auf eine Gleichstellung von mit Wiederkaufsrechten belasteten Grundstücken und Erbbaurechtsgrundstücken abgestellt.

Damit würden aus Sicht des Gutachters diese Wiederkaufsrechte nicht von den rechtlichen Erwägungen und dem Ergebnis des BGH-Urteils erfasst werden. Das jeweilige Wiederkaufsrecht am Grundstück würde also nicht ­ unabhängig von der vertraglichen Regelung ­ zeitlich auf maximal 30 Jahre begrenzt sein und danach praktisch entfallen und somit für die Stadt auch wertlos werden.

III. Rückzahlungen zuviel gezahlter Ablöseentgelte an SAGA und GWG

Mit der im Gutachten herausgearbeiteten und dargelegten Gleichsetzung von Erbbaurechten und Wiederkaufsrechten, die maßgeblich ist für das rechtliche Ergebnis zur zeitlichen Dauer der Wiederkaufsrechte, ist jedoch verbunden, dass die wesentlichen Regelungen der Erbbaurechtsverordnung auch Anwendung finden müssen bei den Grundstücksverträgen mit Wiederkaufsrechten.

Nach der Erbbaurechtsverordnung ist eine sogenannte Mindestentschädigung von 2/3 des Zeitwertes für die Gebäude bei (Miet)Wohnerbbaurechten unabdingbar und zwingend.

Insofern gelten gemäß Gutachten Wiederkaufsrechte für Wohngrundstücke nur dann als echtes Erbbaurechtssurrogat, wenn auch eine der Erbbaurechtsverordnung vergleichbare Entschädigungsregelung von 2/3 vereinbart worden war.

Dies war bei den sechs Grundstücken, für die die städtischen Unternehmen die Rückzahlung der aus ihrer Sicht zuviel gezahlten Ablösebeträge fordern, nicht der Fall.

Um diese Grundstücke gemäß Gutachten quasi mit gültigen Wiederkaufsrechten zu versehen, muss an die Stelle der unwirksamen „Null"-Entschädigungsregelung die 2/3-Entschädigungsregelung der Erbbaurechtsverordnung treten.

Damit verliert die Stadt aber den Anspruch auf das bereits gezahlte zusätzliche Ablöseentgelt.

Vor diesem Hintergrund fordern SAGA und GWG das für die „fehlende" Gebäudeentschädigung gezahlte Ablöseentgelt im Volumen von 6.622.069,01 Euro zurück.

Aus Sicht des Senats ist diese Forderung nach gegenwärtiger Rechtsauslegung berechtigt und kann nicht ­ ohne dass die Stadt sich dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens aussetzen würde ­ zurückgewiesen werden.

Der Senat beabsichtigt daher, SAGA und GWG diese zuviel gezahlten Beträge zu erstatten. Da die Ablöseentgelte damals in den Grundstock für Grunderwerb geflossen sind, wird auch die Rückzahlung der rund 6, 6 Mio. Euro aus dem Grundstock für Grunderwerb erfolgen.

Wegen des finanziellen Volumens und der seinerzeitigen Beschlussfassung der Bürgerschaft zu dem Grundstücksgeschäft wird um Kenntnisnahme dieser Rückzahlung gebeten.

Eine Überprüfung von Ablöseverträgen mit anderen Unternehmen bzw. Privateigentümern hat keine Ansatzpunkte ergeben, die vergleichbar wären und ebenfalls eine Rückzahlung von Ablöseentgelten auslösen würden.

Über den Stand der Gerichtsverfahren zur Rechtsgültigkeit der städtischen Wiederkaufsrechte an Wohngrundstücken wurde und wird die Kommission für Bodenordnung in regelmäßigen Abständen unterrichtet.

IV.

Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle von den Ausführungen dieser Drucksache Kenntnis nehmen.