Im Juni dieses Jahres haben die Gewerkschaft Ver

HHLA-Klage gegen den Tarifvertrag für die Seehafenbetriebe ­ Welche Rolle spielt der Senat?

Im Juni dieses Jahres haben die Gewerkschaft Ver.di und der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) einen Tarifvertrag abgeschlossen. Bestandteil des Vertrages ist eine sogenannte gewerkschaftliche Vorteilsregelung, nach der ausschließlich die Mitglieder der Gewerkschaft Ver.di eine jährliche steuerbegünstigte Erholungsbeihilfe in Höhe von 260 Euro erhalten.

Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gehört über den Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. dem ZDS an, hat den Tarifvertrag also mit beschlossen. Der Vorstand der HHLA hat den Tarifvertrag dann für das Unternehmen übernommen. Der Aufsichtsrat der HHLA hat diesen Beschluss bestätigt. Im Nachhinein jedoch hat der Vorstand der HHLA eine Klage gegen die oben genannte Vorteilsregelung eingereicht. Die Verhandlung darüber beginnt am 29. September.

Die HHLA befindet sich zu 70 Prozent im Besitz der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH). Der Rest wurde als Streubesitz an der Börse emittiert.

Somit hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg die bestimmende Rolle bei der Formulierung der Unternehmenspolitik der HHLA.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Tarifverträge sind Angelegenheiten der Tarifparteien. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft führt die Geschäfte in eigener Verantwortung für das operative Geschäft des Unternehmens, zu dem auch Tarifverhandlungen zählen. Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, Vorgänge in diesem Bereich zu kommentieren.

Die Befassung des Aufsichtsrates der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) mit dem Tarifvertrag resultiert daraus, dass dieser für einen Teil der Beschäftigten der HHLA erst durch die Übernahme als Haustarifvertrag gültig wurde. Diese Übernahme bedurfte der Zustimmung des Aufsichtsrates.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Fiel die Zustimmung der im ZDS zusammengeschlossenen Arbeitgeber zu dem besagten Tarifvertrag einstimmig aus?

- Wenn nein: Wie hat der Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. gestimmt?

Der Senat äußert sich nicht zu Entscheidungen anderer Gremien.

2. Fiel die Entscheidung des HHLA-Vorstandes zur Übernahme des Tarifvertrages einstimmig oder einmütig aus?

3. Nach üblicher Praxis ist in einer Aktiengesellschaft der Vorstand für das operative Geschäft zuständig, wozu auch Tarifabschlüsse zählen.

Warum kam es in diesem Fall dazu, dass auch im Aufsichtsrat der HHLA über den Tarifvertrag verhandelt und beschlossen wurde, nachdem der Vorstand ihm bereits zugestimmt hatte? Ging die Initiative hierzu von den Vertretern der Freien und Hansestadt Hamburg als Mehrheitseigner aus?

4. Die Freie und Hansestadt Hamburg als Mehrheits- und einziger Großanteilseigner der HHLA bestimmt im Aufsichtsrat die Arbeitgeberseite. Aufgrund der Doppelstimme des Vorsitzenden kann bei Einigkeit der Arbeitgeberseite dort kein Beschluss gegen sie, also gegen die Freie und Hansestadt Hamburg gefasst werden. Trifft es zu, dass der Aufsichtsrat der HHLA dem besagten Tarifvertrag mehrheitlich zugestimmt hat?

Der Senat gibt über geschützte betriebliche Interna selbstständiger juristischer Personen grundsätzlich keine Auskunft.

5. Hat der Senat einen Grundsatzbeschluss zu solchen tariflichen Regelungen wie sie hier in Rede stehen, gefasst? Wenn ja: Wie lautet er?

Der Senat hat im Nachgang zu den Beschlüssen der HHLA beschlossen, gegenüber den hamburgischen öffentlichen Unternehmen darauf hinzuwirken, dass Differenzierungsklauseln in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, die einseitig Gewerkschaftsmitglieder bevorzugen, nicht vereinbart werden. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

6. Hat der Senat als Mehrheitseigentümer den Vorstand der HHLA veranlasst oder über Dritte veranlassen lassen, im Nachhinein gegen die besagte Tarifregelung zu klagen?

- Wenn ja: Aus welchen Gründen?

- Wenn nein: Wie bewertet der Senat dieses Vorgehen des Vorstandes?

Nein. Tarifangelegenheiten sind zwischen den Tarifparteien zu klären (siehe Vorbemerkung).

7. Die Klage der HHLA gegen die besagte Tarifregelung wird damit begründet, dass die diesbezügliche Rechtsprechung nicht eindeutig sei, die Regelung also vermeintlich rechtlich problematisch. Dieser Umstand war allerdings schon vor dem Abschluss des Tarifvertrages allen Beteiligten bekannt. Warum hat der Vorstand eines Unternehmens, für dessen Unternehmenspolitik der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg als Mehrheitseigner die politische Verantwortung trägt, dann aber erst im Wissen dieser uneindeutigen Rechtslage den Tarifvertrag mit vereinbart und ihm zugestimmt, um ihn dann im Nachhinein wieder in Frage zu stellen und gerichtlich anzufechten ­ zumal zwischenzeitlich sogar der Aufsichtsrat die Zustimmung zum Tarifvertrag bestätigt hat?

Der Senat gibt über geschützte betriebliche Interna selbstständiger juristischer Personen grundsätzlich keine Auskunft.

8. Wie bewertet der Senat in diesem Zusammenhang seine Rolle als politisch verantwortlicher Mehrheitseigner und die Glaubwürdigkeit seines eigenen Handelns?

9. Die Arbeit der Mitarbeiter/-innen der HHLA zeichnet sich ­ wie die Arbeit der allermeisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ­ durch hohe Einsatzbereitschaft und (auch zeitliche) Flexibilität aus. Ist dem Senat als Mehrheitseigner der HHLA bewusst, dass ein solcher fahrlässiger Umgang mit tariflichen Einigungen, wie er hier zutage tritt, geeignet ist, bei den betroffenen Mitarbeiter/-innen eine hohe Verunsicherung und Enttäuschung hervorzurufen, die sich auch kurzfristig negativ auf die Motivation und Flexibilität der Mitarbeiter/-innen auswirken kann?

Siehe Antwort zu 6.

10. Wie bewertet der Senat grundsätzlich solche tariflichen Regelungen, wie sie hier in Rede stehen?

a) Ist dem Senat das Problem bewusst, dass die Mitglieder der Gewerkschaften in Tarifauseinandersetzungen durch ihren finanziellen Beitrag, ihren persönlichen Einsatz und die damit oftmals verbundenen persönlichen Risiken Verantwortung übernehmen und eine einseitige Vorleistung erbringen, von der dann auch diejenigen Arbeitnehmer/-innen profitieren, die sich durch Nichtmitgliedschaft in den Gewerkschaften der solidarischen Verantwortung entziehen?

Teilt der Senat die Einschätzung, dass es daher vonseiten der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer/-innen nur recht und billig ist, einen Ausgleich und eine besondere Anerkennung für ihr besonderes Engagement, ihre Verantwortungs- und Risikobereitschaft anzustreben? Wenn nein: Warum nicht?

Siehe Antwort zu 5.