Güter- und Gefahrgutverkehr auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck

Am 16. Januar 2008 hat die Deutsche Bahn AG in der Hansestadt Lübeck die Grundzüge des Masterplans „Schiene Seehafen-Hinterland-Verkehr" vorgestellt. Nach Auffassung der Deutschen Bahn AG erfordert „die Globalisierung den zügigen Ausbau der Hafen- und Bahninfrastruktur. Dabei kommt insbesondere dem Ausbau des Lübecker Hafens eine wichtige Rolle zu.

Dessen Umschlagaufkommen wird bis 2015 um über 40 Prozent auf 44 Millionen Tonnen pro Jahr steigen. Um sich für diesen Anstieg zu rüsten, wird die Strecke Hamburg ­ Lübeck bis zum Jahresende elektrifiziert". Dabei sorgen sich die Anwohner der an die Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck angrenzenden Stadtteile Hamm, Hasselbrook, Marienthal, Wandsbek, Tonndorf und Rahlstedt um ihre Sicherheit bei Gefahrgutunfällen auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG (DB AG) und des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) wie folgt:

1. Wie viele Güterzüge und wie viele Tonnen Fracht verkehrten im Jahr 2007 täglich und im gesamten Jahr 2007 auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck ­ Travemünde?

2. Wie viele Tonnen

a. Gefahrgüter und

b. Güter insgesamt sind nach den vorliegenden Informationen in den Jahren 2000 bis 2007 auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck jeweils befördert worden?

Nach Auskunft der DB AG verkehrten auf der Bahnstrecke Hamburg ­ Lübeck im Jahr 2007 werktags durchschnittlich 33 Güterzüge verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die zur Beantwortung benötigten Daten zum Frachtgewicht und zur Art der auf dieser Strecke transportierten Güter werden von der DB AG nicht statistisch erfasst.

3. Wie viele Güterzüge und wie viele Tonnen Fracht werden nach den Prognosen der Deutschen Bahn AG beziehungsweise nach den Informationen, die dem Senat dazu vorliegen, auf dieser Bahnlinie jährlich bis zum Jahr 2015 verkehren?

Die DB AG erwartet für 2015 ein Verkehrsaufkommen von 80 Güterzügen pro Tag.

4. Wie viele Tonnen Gefahrgut werden nach den Prognosen der Deutschen Bahn und nach den Informationen, die dem Senat vorliegen, bis zum Jahre 2015 jährlich auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck transportiert werden?

Der DB AG und dem Senat liegen hierüber keine Prognosen vor.

5. Wo liegen die im Falle eines Gefahrgutunfalls erforderlichen ERI Cards (Emergency-Response-Intervention Cards) aus?

Nach Auskunft des EBA sind die entsprechenden Informationen auf den Triebfahrzeugen sowie in der Betriebszentrale der DB Netz vorhanden.

6. In welchem Umfang werden im Rahmen der Prävention in Hamburg oder in Lübeck die Gefahrgüter zumindest stichprobenartig untersucht?

Die zuständige Außenstelle des EBA führt täglich stichprobenartige Kontrollen im gesamten norddeutschen Raum durch.

7. Welche gesetzlichen Regelungen bestehen für die Kennzeichnung von Gefahrguttransporten beziehungsweise auf welche Weise erlangen die für Gefahrenabwehr zuständigen Stellen Kenntnisse über die Art der betroffenen Transportgüter im Unglücksfall?

Für die Kennzeichnung von Gefahrguttransporten sind das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter und die Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße und mit Eisenbahnen (Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn) in Verbindung mit den Regeln für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (règlement concernant le transport international ferroviaire de merchandise dangereuse) einschlägig.

Der Beförderer beziehungsweise das jeweilige Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben Dokumente mitzuführen, die Auskunft über die transportierten gefährlichen Güter sowie über Verhaltens- und Notfallmaßnahmen im Schadensfall geben. Im Schadensfall haben sie unverzüglich die dem Ort des Gefahreneintritts nächstgelegenen zuständigen Behörden zu benachrichtigen und mit den notwendigen Informationen zu versorgen, wenn die beförderten gefährlichen Güter eine besondere Gefahr für andere darstellen. Unabhängig davon gibt auch die Kennzeichnung der Transporteinheiten mit Warntafeln wesentliche Auskünfte über das Gefahrgut und dessen Eigenschaften.

8. In welcher Form sind die für die technische Gefahrenabwehr zuständigen Feuerwehrwachen grundsätzlich ausgestattet und vorbereitet auf Gefahrgutunfälle? Gibt es speziell für derartige Unfälle ausgestattete Wachen? In welcher Form unterscheidet sich diese Ausstattung von der regulären Grundausstattung?

Die Feuerwehr Hamburg ist konzeptionell auf die Technische Gefahrenabwehr vorbereitet. Die Bewältigung von Gefahrgutunfällen gehört zur täglichen Praxis an allen Feuer- und Rettungswachen. Für spezielle Unfälle und Einsatzfälle größeren Umfangs hält die Feuerwehr Hamburg eine Technik- und Umweltwache mit umfassender Ausstattung, Spezialgerät, fachlich besonders ausgebildetem Personal und einem Umweltdienst zur fachlichen Beratung der Einsatzleitungen vor.

9. Was sehen die Notfallpläne der Deutschen Bahn AG, der Bundespolizei, des THW, der Innenbehörde sowie der Bezirksämter Mitte und Wandsbek im Falle eines nicht nur unwesentlichen Gefahrgutunfalls vor?

10. In welchem Unfang sehen diese Notfallpläne auch Evakuierungen in den einzelnen Stadtteilen und in den einzelnen Quartieren beziehungsweise Straßenzügen vor?

Basierend auf dem hamburgischen Katastrophenschutzgesetz und der hamburgischen Katastrophenschutzordnung wurden sowohl die Allgemeine Richtlinie für den Katastrophenschutz sowie weitere Besondere Richtlinien erlassen, die bei einem Großschadensereignis angewandt werden. Unterhalb dieser Schwelle erfolgt die Einsatzbewältigung auf der Grundlage des Gesetzes zum Schutz der Öffentlichen

Sicherheit und Ordnung, des hamburgischen Feuerwehrgesetz sowie des hamburgischen Rettungsdienstgesetzes.

Für die Bewältigung eines Großschadensereignisses oder einer Katastrophe im Zusammenhang mit dem Bahnverkehr und der Freisetzung gefährlicher Schadstoffkonzentrationen in die Atmosphäre kommen die „Besondere Richtlinie für die Bewältigung von Bahnunfällen" sowie die sogenannte Giftgas-Richtlinie zur Anwendung. Sie regeln die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden und Ämter, legen die Führungsverhältnisse fest und beschreiben die Zusammenarbeit mit den Eisenbahnbetreibern.

Darin ist ebenfalls die Warnung und Information der Bevölkerung bei der Freisetzung giftiger Stoffe in die Atmosphäre festgelegt.

Auf der Grundlage der genannten Richtlinien haben die Hamburger Behörden und Ämter für den operativen Bereich generelle Vorplanungen in Alarmkalendern oder Einsatzrollen erstellt und abgestimmt. Die Notfallpläne der DB AG und der Bundespolizei wurden bei der Erarbeitung der Hamburger Vorplanungen berücksichtigt. Die möglichen Maßnahmen umfassen auch Evakuierungen. Der Umfang solcher bevölkerungsbezogenen Maßnahmen würde jeweils im Einzelfall durch die örtliche Einsatzleitung festgelegt. Spezielle Evakuierungsplanungen entlang von Bahnlinien gibt es nicht.

11. An welchen Orten sind die Einsatz- beziehungsweise Leitzentralen für den Unglücksfall vorgesehen?

Erforderliche Befehlsstellen werden entsprechend der Schadenslage vor Ort eingerichtet. Darüber hinaus verfügen alle Katastrophenschutzbehörden sowie die Feuerwehr und die Polizei über fest eingerichtete Einsatzstäbe in ihren Liegenschaften.

12. Wann sollen nach den bestehenden Notfallplänen die Hilfskräfte und die zur Gefahrenabwehr zuständigen Stellen am Ort des Gefahrgutunfalls sein?

Die Eintreffzeiten der Gefahrenabwehreinheiten der Feuerwehr Hamburg orientieren sich planerisch an den jeweiligen Risiken der einzelnen Stadtteile. Für den Bereich der Bahnstrecke Hamburg ­ Lübeck gelten je nach Abschnitt planerische Eintreffzeiten der ersten Einheiten von fünf bis zehn Minuten.

13. Wie viele Unfälle mit Güterzügen gab es aus welchen Gründen in den Jahren 2000 bis 2007 jährlich auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck und wie viele dieser Unfälle betrafen auch Gefahrguttransporte?

Soweit in der Kürze der Zeit ermittelbar: Keine.

14. Was haben der Bund, die Deutsche Bahn und die Freie und Hansestadt Hamburg bereits im Rahmen der Prävention unternommen, damit Unfälle im Güter- und insbesondere im Gefahrgutverkehr jeglicher Art auf der Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck verhindert werden?

Wie im gesamten Eisenbahnverkehr gelten auch auf der Bahnstrecke Hamburg ­ Lübeck strenge Sicherheitsvorschriften. Dies gilt insbesondere bei Gefahrguttransporten. Die Auflistung aller Maßnahmen zur Unfallvermeidung im Güterverkehr sowie bei Gefahrguttransporten ist in der Kürze der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Die Gefahrguttransportüberwachung im Schienenverkehr obliegt dem EBA.

Welche Bedeutung hat die Bahnlinie Hamburg ­ Lübeck für das Wirtschaftswachstum und die Hafenwirtschaft? Gibt es zu dieser Linie Alternativen auf Schiene, Straße oder Wasser?

Auf dieser Strecke wird die Verbindung zwischen den Seehäfen Hamburg und Lübeck hergestellt und der Ostseeraum als Hafenhinterland erschlossen. Mit Schaffung der festen Fehmarnbeltquerung wird die Bedeutung der Bahnverbindung noch zunehmen.

Die Verlagerung von Güterverkehren von der Schiene auf die Straße stellt aus grundsätzlichen umwelt-, klima- und verkehrspolitischen Erwägungen keine Alternative dar.

Für Gefahrguttransporte gilt dies in besonderem Maße, da die Schiene mit Abstand der sicherste Verkehrsträger ist.

Andere Schienen- oder Wasserwege stellen auf der Relation Hamburg ­ Lübeck keine leistungsfähige Alternative dar.