JVA

Pannen bei der Umstellung der Computerprogramme für Gefangenendaten

Einem Zeitungsbericht zufolge gab es vergangene Woche Probleme bei der Umstellung der Computerprogramme für die Gefangenendaten. Die Probleme hätten die Leiterin der Untersuchungshaftanstalt veranlasst, in einer internen E-Mail vor drohenden Konsequenzen zu warnen: Von nicht ordnungsgemäßer Vorbereitung von Gerichtsterminen, fehlerhafter Terminvorbereitung, Fehleinschätzungen bis hin zu nicht auszuschließenden irrtümlichen Entlassungen wegen unzureichender Datenlage soll die Rede gewesen sein. Demgegenüber bezeichnete der Pressesprecher der Justizbehörde die Situation laut Zeitungsbericht als unproblematisch, weil man die einschlägigen Daten auch immer in den Akten hätte nachschlagen können.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Welche Arten von Daten werden im Einzelnen von den „Computerprogrammen für die Gefangenendaten" erfasst und im Rahmen welcher (Verfahrens-)Abläufe werden sie wofür im Einzelnen verwendet? Werden über die Untersuchungshäftlinge hinaus auch die Daten der Gefangenen der hamburgischen Justizvollzugsanstalten von den fraglichen Computerprogrammen erfasst?

Die Hamburger Justizvollzugsanstalten (JVA) nutzen seit 1984 ein Computerprogramm für die Verarbeitung personenbezogener Daten von Gefangenen. Das Programm BASIS (Buchungs- und Abrechnungssystem im Strafvollzug) wurde länderübergreifend unter der Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelt und kontinuierlich fortgeschrieben. Es wird in insgesamt 13 Landesjustizverwaltungen und in Luxemburg eingesetzt. Seit 2001 wurde das Programm im Interesse einer Optimierung der Funktionalität von einer inzwischen veralteten Struktur auf eine moderne Technik umgestellt, was unter anderem in einer Web-Oberfläche zum Ausdruck kommt. Die durch BASIS erfassten Geschäftsprozesse in den Bereichen Arbeitsverwaltung, Zahlstelle und Vollzug wurden grundlegend überarbeitet und um weitere Bereiche wie den Besuch und den Ärztlichen Dienst ergänzt. Die Freigabe des überarbeiteten Programms BASIS-Web für den Echtbetrieb erteilte das federführende Land Nordrhein-Westfalen im Sommer 2006 nach ausführlichen Programmtests und nach einer vorgeschalteten Pilotierungsphase. Am 23. Mai 2005 wurde ein Projekt für die Umstellung auf BASIS-Web im Hamburger Strafvollzug eingesetzt. Die Projektgruppe führte die erforderlichen Einführungs- und Schulungsmaßnahmen durch.

BASIS-Web wird seit dem 1. Februar 2007 in der JVA Glasmoor, seit dem 1. Juni 2007 in der JVA Hahnöfersand, seit dem 1. November 2007 in der JVA Billwerder, seit dem 3. Juni 2008 in der JVA Fuhlsbüttel und seit dem 4. November 2008 in der Untersuchungshaftanstalt (UH) eingesetzt. Das Programm erfasst die Personendaten der Gefangenen, Besuche, Beschäftigungsdaten, Vollstreckungsdaten, Unterbringungsinformationen, Angaben über den persönlichen Besitz, Beurteilungen, Kontostände, Einkaufsdaten, Forderungen auf der Basis von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen, Anamnese- und Behandlungsdaten. In der Vorführungsabteilung der UH war zuvor das Programm „Microsoft Excel" im Einsatz.

2. Werden die in den „Computerprogrammen für die Gefangenendaten" erfassten Daten daneben immer auch in Akten festgehalten?

Die erfassten Daten werden, sofern ihnen Dokumente zugrunde liegen, den Gefangenenpersonalakten entweder urschriftlich oder, sofern die Erfassung ohne Papiervorlage in BASIS-Web direkt erfolgte, bei Bedarf als Ausdruck zugeführt.

3. Welche Datenquelle ­ Computerprogramm oder Akte ­ wird üblicherweise herangezogen, um Gefangene betreffende Gerichtstermine oder sonstige Maßnahmen vorzubereiten?

Als Datenquelle dienen BASIS-Web und die Vorführersuchen und -anordnungen, die der UH in Papierform vorliegen.

4. Wie viele und welche Computerprogramme wurden vor ihrer Umstellung zur Erfassung der Gefangenendaten verwendet?

5. Welche Umstände machten die Umstellung der Programme notwendig, auf welche Computerprogramme wurde beziehungsweise wird umgestellt und welcher Nutzen ergibt sich im Einzelnen aus der Umstellung?

Siehe Antwort zu 1.

6. Auf wessen Veranlassung wurden die Computerprogramme umgestellt und wer trug die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf der Umstellung?

Siehe Antwort zu 1., 4. und 5. Die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf der Umstellung lag bei der Projektgruppe beziehungsweise bei den für die fachliche und technische Umsetzung zuständigen Referaten des Strafvollzugsamtes.

7. Welche Vorkehrungen wurden vorab von der, dem beziehungsweise den Verantwortlichen getroffen, um im Falle von Problemen bei der Umstellung der fraglichen Computerprogramme sicherzustellen, dass währenddessen trotzdem auf alle verfügbaren Gefangenendaten zugegriffen wird?

Die beteiligten Anstalten sind im Zuge des Projektmanagements kontinuierlich dazu angehalten worden, während der Programmumstellung auf BASIS-Web und in der anschließenden Startphase der Anwendung besonders sorgfältig für eine vollständige und umfassende Führung der Gefangenenpersonalakten Sorge zu tragen. Darüber hinaus war sichergestellt, dass ein Mitarbeiter der programmierenden Firma die Umstellung vor Ort begleitet, um im Notfall in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Referat für Informationstechnik des Strafvollzugsamtes umgehend korrigierend eingreifen zu können.

8. In welchem Zeitraum wurde an der Umstellung der Computerprogramme für die Gefangenendaten gearbeitet (bitte genaue Daten angeben)? Ist die Umstellung der Computerprogramme inzwischen abgeschlossen?

Wenn nein: Wann wird die Umstellung voraussichtlich abgeschlossen sein?

Die Umstellung begann in der UH am 3. November 2008 ab 12 Uhr und war am 4. November 2008 um 9 Uhr abgeschlossen.

9. Welche Probleme sind im Einzelnen in welchem Zeitraum (bitte Daten und Uhrzeiten angeben) bei der Umstellung der Computerprogramme aufgetreten? Soweit der Zugriff auf die im Computer gespeicherten Gefangenendaten nicht oder nur eingeschränkt möglich war: Wie lange dauerte dieser Zustand an?

Probleme bei der Umstellung sind nicht aufgetreten. Jedoch konnte das Programm BASIS-Web am 5. November 2008 zum Dienstbeginn nicht aufgerufen werden. Um Uhr gingen die ersten Störungsmeldungen beim sogenannten User Help Desk der zuständigen Firma Dataport ein. Der Problemlösungsprozess dauerte circa zwei Stunden.

10. Sind die bei der Umstellung der Computerprogramme aufgetretenen Probleme inzwischen beseitigt?

Wenn ja: Wie wird sichergestellt, dass die Computerprogramme auch zukünftig reibungslos arbeiten?

Wenn nein: Welche Probleme bestehen weiterhin und wie sollen sie behoben werden?

Die Ursache für das temporär aufgetretene Problem konnte bisher nicht festgestellt werden. Die Fehlersituation in Form einer Massenstörung ist nicht wieder aufgetreten beziehungsweise kann nicht reproduziert werden. Insbesondere ist kein kausaler Zusammenhang zu der Softwareumstellung erkennbar, da bereits am Vortag die Anwendung funktional auf den Computern der UH getestet wurde, die erforderlichen Programme bereits auf die Computer geladen waren und die Server keine Fehler zeigten.

11. Wer hat wann wen in welchem Umfang über die Probleme bei der Umstellung unterrichtet?

Am 5. November 2008 um 8.30 Uhr wurden der IT-Leiter des Strafvollzugsamtes und der User Help Desk der Firma Dataport von den IT-Koordinatoren der UH und einer vor Ort anwesenden Mitarbeiterin des fachlich zuständigen Referats des Strafvollzugsamtes informiert.

12. Trifft es zu, dass die Leiterin der Untersuchungshaftanstalt in einer internen E-Mail vor Problemen im Zusammenhang mit der Umstellung der Computerprogramme für die Gefangenendaten gewarnt hat?

Wenn ja: Welchen Wortlaut hatte die fragliche E-Mail? Vor welchen Problemen wurde darin im Einzelnen gewarnt? Welche Vorschläge zur Lösung des Problems wurden darin unterbreitet?

Die Leiterin der UH hat in einer E-Mail vom 5. November 2008, 9.46 Uhr, auf Netzwerkprobleme im Zusammenhang mit der Anwendung des am 3./4. November 2008 installierten Programms BASIS-Web hingewiesen, die nach ihrer Ansicht dazu führen könnten, dass Gerichtstermine nicht ordnungsgemäß vorbereitet werden könnten, fehlerhafte Terminvorbereitungen nicht auszuschließen seien, Irrtümer zu Fehleinschätzungen führen könnten und irrtümliche Entlassungen bei Terminen nicht völlig auszuschließen seien. Vorschläge zur Lösung des Problems wurden nicht unterbreitet.

Im Übrigen sieht der Senat grundsätzlich davon ab, den Wortlaut von Schreiben, E-Mails oder internen Aktenvermerken zu veröffentlichen. Dies käme im Ergebnis einer Aktenvorlage gleich. Diese ist nach Artikel 30 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg an Voraussetzungen gebunden, die hier nicht vorliegen.

13. Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Einschätzung der Leiterin der Untersuchungshaftanstalt, dass die von ihr benannten Probleme während der Umstellung der Computerprogramme für die Gefangenendaten hätten auftreten können?

Wenn nein: Warum nicht?

Nein. Der Zugriff auf die Gefangenendaten war über die Gefangenenpersonalakten und über die Vorführersuchen der Gerichte jederzeit möglich.

14. Hat die Leiterin der Untersuchungshaftanstalt durch die Benennung der potenziell bestehenden Gefahren im Zusammenhang mit der Umstellung der Computerprogramme aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde dazu beigetragen, die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der benannten Gefahren zu minimieren?

Wenn nein: Warum nicht?

Nein. Die am 5. November 2008 aufgetretenen und seit 8.30 Uhr dieses Tages bekannten Anwendungsprobleme wurden unabhängig von der E-Mail der Leiterin der UH umgehend behoben.