Gefangeneneinkauf und Konsumentenrechte

Die Gefangenen haben den gesetzlichen Anspruch, in regelmäßigen Abständen Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege einkaufen zu können. Ein Vergleich zwischen den auf der „Einkaufsliste JVAGlasmoor" aufgeführten Preisen mit „marktüblichen" Preisen (Edeka, ReweGruppe) im August 2008 ergab für den Einkauf in der JVA Glasmoor zum Teil erhebliche Preisabweichungen nach oben. Da die Gefangenen, die einkaufen wollen, auf das Angebot in den Anstalten angewiesen sind und ihnen die Möglichkeit preisbewussten Ausweichens verbaut ist, greifen überhöhte Preise direkt in das Recht der Gefangenen ein ­ um so mehr, als die finanziellen Mittel der Gefangenen beschränkt sind, weil sie nur einen Bruchteil des üblichen Lohns erhalten.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wie oft und in welchen Zeiten haben Gefangene derzeit die Möglichkeit zum Einkauf? Bitte nach Anstalten aufschlüsseln.

Justizvollzugsanstalt Zweimal monatlich, jeweils freitags außerhalb der Arbeitszeit (JVA) Billwerder: und samstags in der Zeit von 9 Uhr bis 18 Uhr.

JVA Fuhlsbüttel: Haus I: Dreimal monatlich, jeweils mittwochs, außerhalb der Arbeitszeit Haus II: Wöchentlich freitags, außerhalb der Arbeitszeit (bei Bedarf wird der Einkauf sonnabends fortgesetzt) Haus IV: Wöchentlich freitags, außerhalb der Arbeitszeit.

JVA Glasmoor: Zweimal monatlich. Die konkreten Einkaufstage werden für das Kalenderjahr im Voraus terminiert und finden jeweils zur Monatsmitte und zum Monatsende statt.

JVA Hahnöfersand: Zweimal monatlich, in der Teilanstalt für Frauen jeweils donnerstags, im Jugendvollzug jeweils freitags in der Zeit von 10 Uhr bis 18 Uhr.

Untersuchungshaft- Wöchentlich, jeweils montags, dienstags und mittwochs für anstalt (UH): jeweils unterschiedliche Bereiche der UH in der Zeit von 8 Uhr bis 16 Uhr.

2. Wie hoch ist der monatliche Betrag, zu dem Gefangene maximal einkaufen können?

Für erwachsene Strafgefangene ist ein Höchstbetrag nicht festgesetzt. Nach § 47

Hamburgisches Strafvollzugsgesetz (HmbStVollzG) dürfen sie das sogenannte Haus geld und nach § 50 HmbStVollzG unter bestimmten Voraussetzungen auch das sogenannte Eigengeld für den Einkauf verwenden. Der konkrete Betrag variiert im Einzelfall. Im Jugendvollzug und in der Untersuchungshaft dürfen Gefangene für höchstens 154 Euro monatlich einkaufen.

3. Bei den Ausschreibungen für die einzelnen Anstalten wird der ungefähre Jahresumsatz des Gefangeneneinkaufs beziffert. Wie hoch ist der Jahresumsatz des Gefangeneneinkaufs in den verschiedenen Anstalten?

Bitte für 2007 angeben. Falls das nicht möglich ist, bitte die jeweiligen Angaben aus den jeweils letzten Ausschreibungen aufführen.

Nach den Vorgaben der Finanzbehörde ist der Abschluss der Verträge mit den Anstaltskaufleuten im Wege der freihändigen Vergabe zulässig. Der Jahresumsatz ist hierfür ohne Bedeutung und wird in den für die Vergabe unmittelbar zuständigen JVAs regelmäßig nicht erfasst.

4. Zu welchen Bedingungen stellen die Justizvollzugsanstalten Verkaufsund Lagerräume zur Verfügung?

Falls die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der privaten Vertragsnehmer den Senat an der Antwort hindern sollten, frage ich alternativ, ob die monatlichen Pauschalen, die die JVAs zur Abdeckung der Betriebskosten erheben, signifikant über oder unter den ortsüblichen Warmmieten für Einzelhandelsgeschäfte liegen.

Die Anstaltskaufleute erhalten auf vertraglicher Grundlage Verkaufsräume zur Verfügung gestellt, für deren Nutzung ausschließlich eine monatliche Betriebskostenpauschale zu entrichten ist. Die Höhe dieser Pauschale orientiert sich an den durchschnittlichen Miet-Nebenabgaben und liegt damit deutlich unter den ortsüblichen Warmmieten des Einzelhandels.

5. In welchem Verfahren wird der Einkauf der Gefangenen abgewickelt?

Wenn unterschiedlich, bitte nach Anstalten aufschlüsseln.

JVA Billwerder: Grundsätzlich im Wege des Präsenzeinkaufs. Auf der Arrestund Sicherungsstation untergebrachte Gefangene kaufen über einen Bestellschein ein. Auch der sogenannte Zusatzeinkauf wird über einen Bestellschein abgewickelt.

JVA Fuhlsbüttel: Häuser I und II: Grundsätzlich im Wege des Präsenzeinkaufs.

Haus IV: Vierzehntäglich als Präsenzeinkauf, im Übrigen als Bestelleinkauf.

JVA Glasmoor: Grundsätzlich im Wege des Präsenzeinkaufs.

JVA Hahnöfersand: Grundsätzlich im Wege des Präsenzeinkaufs.

UH: Grundsätzlich im Wege des Präsenzeinkaufs. Im Zentralkrankenhaus untergebrachte Gefangene kaufen über einen Bestellschein ein.

6. Wie viel Verkaufspersonal ist in den Verkaufsräumen beschäftigt? Wie viele Gefangene werden beschäftigt? Bitte nach Anstalten aufschlüsseln.

Das Verkaufspersonal wird von den Anstaltskaufleuten wie folgt gestellt: JVA Billwerder. Im Regelfall drei Mitarbeiter.

JVA Fuhlsbüttel drei bis fünf Mitarbeiter.

JVA Glasmoor drei bis vier Mitarbeiter.

JVA Hahnöfersand ein bis drei Mitarbeiter.

UH zwei bis drei Mitarbeiter.

Anstaltsbedienstete oder Gefangene werden nicht beschäftigt.

7. Welche zehn Produkte wurden im Jahr 2008 (alternativ: 2007) am meisten verkauft? Wenn möglich, bitte nach Anstalten aufschlüsseln.

Falls die Angaben in der zur Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zusammengetragen werden können, bitte exemplarisch für Haus II der JVA Fuhlsbüttel aufführen.

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst.

Nach Auskunft des Anstaltskaufmanns der JVA Fuhlsbüttel wurden folgende zehn Produkte am häufigsten gekauft: Tabak, Tabakhülsen und Blättchen, H-Milch, Lollis, Zucker, Tomatenmark, Eier, Mehl, Coca-Cola, H-Sahne.

Nach Auskunft des Anstaltskaufmanns der Untersuchungshaftanstalt wurden dort außerdem Thunfisch in Dosen, Kaffee, Kekse, Süßwaren, Zeitschriften und Körperpflegeartikel am häufigsten gekauft.

8. Werden die Preise beziehungsweise ihre Abweichung von den marktüblichen Preisen kontrolliert?

Wenn ja, von wem, wie oft und nach welchen Kriterien beziehungsweise unter welchen Gesichtspunkten?

In der JVA Fuhlsbüttel werden die Preise des Anstaltskaufmanns in einem Beirat geprüft, der sich aus Insassen der Häuser I, II und IV zusammensetzt und unter der Leitung des Kaufmännischen Leiters der JVA und mit Beteiligung des Wirtschaftsinspektors sowie eines Vertreters des Anstaltskaufmannes in Abständen von acht Wochen zusammentrifft. In diesem Rahmen werden das Angebotssortiment des Kaufmanns, die Einkaufsabwicklung sowie die Preise von zwölf Produkten erörtert, die von den Insassen zwei Wochen vor der Sitzung ausgewählt und von der Kaufmännischen Abteilung mit den Preisen der im Umfeld der JVA ansässigen Einzelhandelsgeschäfte verglichen wurden.

In den übrigen Anstalten werden die Preise quartalsweise, in Abständen von drei Monaten oder in unregelmäßigen Stichproben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kaufmännischen Abteilungen auf ihre Marktüblichkeit hin geprüft. Zu diesem Zweck werden die Preise mit den ortsüblichen Kleinhandelspreisen verglichen. In der JVA Billwerder geschieht dies auf der Grundlage einer von der Gefangenenmitverantwortung zusammengestellten Liste mit 15 für die Gefangenen besonders wichtigen Produkten, in der JVA Glasmoor auf der Grundlage der in der JVA Fuhlsbüttel angestellten Preisvergleiche.

9. Bei wie vielen angebotenen Produkten liegen im Monat Dezember die Preise über den „marktüblichen" Preisen? Um bis zu wie viel? Bei wie vielen Produkten liegen sie darunter? Um bis zu wie viel? Gegebenenfalls exemplarisch für Haus II der JVA Fuhlsbüttel beantworten.

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst. Eine von der kaufmännischen Abteilung der JVA Fuhlsbüttel erhobene Stichprobe ergab, dass die dortigen Preise bei vier Produkten zwischen 0,8 Prozent und 30 Prozent über den marktüblichen Preisen, bei sieben Produkten zwischen 5,7 Prozent und 52,9 Prozent darunter lagen.

10. Inwieweit nimmt die Justizbehörde beziehungsweise nehmen die Anstaltsleitungen auf die Preisgestaltung Einfluss?

In der JVA Fuhlsbüttel wird der Anstaltskaufmann im Rahmen der regelmäßigen Beiratsbesprechungen aufgefordert, auffällige Preisabweichungen nachvollziehbar zu begründen. Ist dies nicht möglich, wird der Produktpreis dem Marktpreis angeglichen.

Im Übrigen siehe Antwort zu 8.

In den übrigen Anstalten werden die Anstaltskaufleute auf der Grundlage der geschlossenen Verträge in regelmäßigen Gesprächen, in Einzelfällen auch unter Beteiligung der Gefangenenmitverantwortung, dazu angehalten, die Preise den marktüblichen Preisen anzugleichen.

11. Enthält das Angebot Frischfleisch, frisches Obst und Gemüse? Zu welchem Preisniveau jeweils im Verhältnis zu „marktüblichen" Preisen?

In allen Anstalten wird Obst und Frischgemüse angeboten. Frischfleisch wird in der JVA Fuhlsbüttel und in der Teilanstalt für Frauen der JVA Hahnöfersand auf Bestellung geliefert. Die Preise sind in der Regel marktüblich, liegen teilweise jedoch darüber.

12. Bestehen Unterschiede bei Angebot und Preisen zwischen den einzelnen Justizvollzugsanstalten?

Ja.

13. 1995 hat die Verbraucherzentrale eine „Studie zum Preisvergleich der angebotenen Waren in den Haftanstalten Hamburgs" erstellt. Wurden nach 1995 weitere Studien angefertigt?

Der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. und den zuständigen Behörden ist nicht bekannt, ob nach 1995 weitere Studien angefertigt wurden.

a. Wenn ja, wann und von wem? Wie lautet das gezogene Resümee?

b. Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.

14. Haben die Haftanstalten in Hamburg in den letzten Jahren jemals erwogen, den Verkauf in Eigenregie durchzuführen?

Wenn ja, woran scheitert das bisher?

Wenn nein, warum nicht?

Grundsätzlich ja. Die mit der Einkaufsabwicklung zusammenhängende Einkaufs- und Lagerlogistik ist für die Anstalten jedoch personell und organisatorisch nicht leistbar.

15. Inwiefern hat sich der Senat mit dem Vorschlag von Gefangenen auseinandergesetzt, den Einkauf selbstverantwortlich zu organisieren?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.