Mützenstreit bei unserer Hamburger Polizei ­ Uniform wichtiger als Gesundheit?

Offenbar ist Vollzugsbeamten der Schutzpolizei derzeit das Tragen von Wollmützen durch die Polizeiführung mit der Begründung untersagt, ein einheitliches Erscheinungsbild verlange ­ auch bei klirrender Kälte ­ das Tragen der üblichen Uniformmütze.

Ich frage den Senat:

Mit Einführung der blauen Uniform haben die Beschäftigten der Hamburger Polizei eine in hohem Maße moderne, repräsentative und akzeptierte Dienstkleidung erhalten. Im Zusammenhang mit der Einführung dieser neuen Uniform ist im Jahr 2005 auf Anweisung des Polizeipräsidenten eine neue Bekleidungsvorschrift für Polizeibeschäftigte (Trageanweisung) in einem mehrstufigen Verfahren unter Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Polizei sowie der Berufsvertretungen erarbeitet worden. Änderungswünsche wurden dabei berücksichtigt.

Die Anschaffung einer Wintermütze wurde dabei weder von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch durch die Berufsvertretungen und ebenfalls nicht im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens durch den Personalrat der Polizei gefordert.

Dem im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens vorgelegten Ergebnis hat der Personalrat der Polizei am 4. Oktober 2005 zugestimmt.

Die neue Bekleidungsvorschrift wurde am 7. Oktober 2005 durch den Polizeipräsidenten verfügt und gilt seitdem inhaltlich unverändert für alle Beschäftigten der Hamburger Polizei.

Das Tragen der Kopfbedeckung ist wie folgt geregelt: „Zum Dienstanzug ist außerhalb von Dienstfahrzeugen und -gebäuden die Dienstmütze zu tragen (gilt nicht im Bereich der polizeilichen Liegenschaften). Von dieser Regelung können Vorgesetzte aus dienstlichen Gründen im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Bei repräsentativen Anlässen kann durch Vorgesetzte eine Tragepflicht auch in geschlossenen Räumen angeordnet werden.

Bei niedrigen Temperaturen können Angestellte im Objektschutzdienst zum Dienstanzug die Fleece-/Strickmütze tragen. Bei der Schutz- und Wasserschutzpolizei ist das Tragen der Fleece-/Strickmütze nur in Kombination mit dem Einsatzanzug zulässig."

Mit dieser verbindlichen Regelung werden alle Beschäftigten der Polizei zur Beachtung verpflichtet. Verstöße gegen die Vorschrift können im Einzelfall ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen darstellen. Die jeweiligen Vorgesetzten haben im Rahmen ihrer Fach- und Dienstaufsicht für die Einhaltung der Vorschrift in ihrem Bereich Sorge zu tragen.

Im Übrigen hat der Polizeipräsident die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei am 15. Januar 2009 darüber informiert, dass er überprüfen lassen wird, ob es Möglichkeiten gibt, den Kopf bei extremen Witterungsverhältnissen besser gegen Kälte zu schützen und trotzdem das gewünschte Ergebnis der blauen Uniform zu erhalten.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Was ist Inhalt der Trageanweisung im Hinblick auf die Kopfbedeckung für Polizeivollzugsbeamte?

2. Wer hat diese Regelung wann getroffen? Wer wurde daran wann und auf welche Weise mit welchem Ergebnis beteiligt (insbesondere Personalrat/Behördenleitung)?

Siehe Vorbemerkung.

3. Sind zur Uniform passende Wollmützen beim Ausstatter Logistik Zentrum Niedersachsen (LZN) für die Polizei beschaffbar? Gibt es auch mit Hoheitsemblem versehene Mützen?

Wollmützen befinden sich nicht im Artikelsortiment des Logistik Zentrum Niedersachsen (LZN). Für die Bediensteten der Polizei Hamburg sind beim LZN schwarze Strickmützen aus 100 Prozent Acryl sowohl in neutraler Ausführung als auch mit gesticktem Polizeistern und Schriftzug „POLIZEI" beschaffbar.

4. Was kostet eine dieser Wollmützen und was kostet eine Komplettausstattung für alle Polizeivollzugsbeamten?

Der Abgabepreis der Strickmütze in neutraler Ausführung beträgt 1,69 Euro pro Stück, mit Hoheitsemblem 5,77 Euro pro Stück.

Eine Komplettausstattung für alle Polizeivollzugsbeamten (Schutzpolizei, Wasserschutzpolizei, Kriminalpolizei, einschließlich Auszubildende, gesamt 8.228 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Stand Dezember 2008) mit der Strickmütze in neutraler Ausführung würde 13.905 Euro kosten, mit Hoheitsemblem 47.476 Euro.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schutzpolizei (gesamt 6.171, einschließlich Auszubildende, Stand Dezember 2008) betrügen die Anschaffungskosten jeweils 10.429 Euro beziehungsweise 35.607 Euro.

5. Wer hat wann, wie und warum entschieden, dass diese Wollmützen/Wintermützen für die Polizei Hamburg generell nicht angeschafft werden?

Wer wurde daran wann und wie mit welchem Ergebnis beteiligt (insbesondere Personalrat/Behördenleitung)?

6. Inwieweit gibt es für wen und warum Ausnahmen hiervon? Wer hat diese wann und wie verfügt? Wer wurde daran wann und wie mit welchem Ergebnis beteiligt (insbesondere Personalrat / Behördenleitung)?

7. Wann wurde zuletzt entschieden, welche Gruppen von Polizeibeamten im Winter wärmende Mützen statt der herkömmlichen Uniformmütze tragen dürfen und welche nicht?

8. Inwieweit besteht ein Trageverbot für (Polizei-)Wollmützen durch Polizeivollzugsbeamte? Wer hat dieses wann und wie verfügt? Wer wurde daran wann und wie mit welchem Ergebnis beteiligt (insbesondere Personalrat/Behördenleitung)?

9. Inwieweit hat wer, wann und warum Ausnahmen vom Trageverbot ausgesprochen?

10. Aus welchem Grund ist es einem Großteil der Schutzpolizistinnen und Schutzpolizisten versagt, Kopf und Ohren bei klirrender Kälte durch eine wärmende Mütze zu schützen?

Siehe Vorbemerkung.

11. Gibt es vergleichbare Regelungen für weitere Berufsgruppen im hamburgischen öffentlichen Dienst, die einen nicht unmaßgeblichen Teil ihrer Arbeitszeit im Freien verbringen? Welche?

Im Bezirksamt Eimsbüttel sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirklichen Ordnungsdienstes (BOD) Strickmützen beschafft worden. Im Bezirksamt Harburg wird entsprechend der dortigen Dienstanweisung in den Wintermonaten die Wintermütze einheitlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BOD Harburg getragen. Im Bezirksamt Altona ist die Beschaffung von geeigneten Mützen für die uniformierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BOD eingeleitet worden.

12. Welche Kenntnisse hat die zuständige Behörde, wie andere Bundesländer mit dem Tragen von Polizeiwollmützen verfahren? Inwieweit wurden dort Polizeiwollmützen angeschafft?

Keine.

13. Trifft es zu, dass Beamte ausdrücklich an das Trageverbot erinnert beziehungsweise Ermahnungen im Hinblick auf die Trageanweisung ausgesprochen wurden? Wann, warum konkret und wie viele Beamte waren davon betroffen?

14. Hat die Polizeiführung veranlasst, dass Beamte ermahnt beziehungsweise daran erinnert werden, dass das Tragen von Mützen untersagt ist? Wann gab es entsprechende Hinweise/Anweisungen?

15. Handelt es sich bei dem Tragen einer Wollmütze um ein Dienstvergehen? Haben Vollzugsbeamte, die bei Minusgraden trotz Ermahnung eine wärmende Mütze statt der üblichen Uniformmütze tragen, mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu rechnen?

Siehe Vorbemerkung.

16. Trifft es zu, dass Medienberichte ausgewertet wurden, um festzustellen, ob Polizeibeamte sich kopfbedeckungstechnisch nicht regelungskonform verhalten? Wann, warum und wie häufig? Hat die Polizeiführung Hinweise oder Anweisungen gegeben, wie zu verfahren sei?

Nein.

17. Inwieweit ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde das einheitliche, vollständig uniformkonforme Erscheinungsbild wichtiger als der Gesundheitsschutz unserer Polizeibeamten? (Bitte begründen.)

Siehe Vorbemerkung.

18. Ist die Leitung der Behörde für Inneres mit der Problematik befasst gewesen? Hat die Polizei Präses und/oder Staatsrat einbezogen, inwieweit, wann und mit welchem Ergebnis? Haben sich Präses und/oder Staatsrat in die Problematik eingeschaltet, inwieweit, wann, wie und mit welchem Ergebnis?

Die Behördenleitung ist im Rahmen ihrer regelmäßig stattfindenden Gespräche mit der Polizeiführung in der dritten Kalenderwoche 2009 über den Sachverhalt informiert worden.