Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft
Seit Oktober 2008 liegt sowohl der Musterentwurf für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft der Länder als auch der Referentenentwurf des BMJ zur Überarbeitung des Untersuchungshaftrechts vor. Eine gesetzliche Regelung der Untersuchungshaft ist seit Jahren überfällig. Konkrete Regelungen zum Vollzug der Untersuchungshaft finden sich bisher nur in § 119 StPO und der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO), einer gemeinsamen Verwaltungsanordnung der Länder.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Bedingungen in der U-Haft im Vergleich zur Strafhaft von den Inhaftierten als sehr belastend empfunden werden: U-Häftlinge werden meist überraschend aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen, die Dauer der U-Haft ist oft ungewiss, es gibt keine sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten, der Einschluss erfolgt über 23 Stunden, die Besuchsmöglichkeiten sind äußerst restriktiv geregelt, der Besuch findet meist unter akustischer Überwachung statt. Außerdem gibt es für U-Häftlinge weder Vollzugslockerungen noch Urlaub.
In der Studie „Suizide in Justizvollzugsanstalten der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2000 bis 2004" des Kriminologischen Dienstes im Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges wird ausgeführt, dass mehr als die Hälfte aller Suizide während der U-Haft begangen worden ist (57,8 Prozent), dies ist umso signifikanter, als diese Haftart im Rahmen der Stichtagserhebung nur 23 bis 26 Prozent der Haftarten ausmacht. Rund 18 Prozent aller Suizide ereignen sich in den ersten sieben Tagen, sechs Prozent sogar am ersten Tag.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1. Inwiefern hat der Senat an den Beratungen zum Musterentwurf für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft teilgenommen?
Ein Vertreter der zuständigen Behörde hat an den Sitzungen der Länder-Arbeitsgruppe „Untersuchungshaftvollzugsgesetz", die mit der Erarbeitung eines Musterentwurfs für ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz befasst war, regelmäßig teilgenommen.
2. Welche rechtspolitischen Positionen hat der Senat in den Beratungen vertreten?
Wesentlicher Gesichtspunkt bei der Erarbeitung des Musterentwurfs war die Fortentwicklung eines zeitgemäßen, humanen und an der Unschuldsvermutung ausgerichteten Untersuchungshaftvollzugs.
3. Seit wann liegt der Musterentwurf für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft dem Senat vor?
Der zuständigen Behörde liegt die Endfassung des Musterentwurfs seit dem 15. Oktober 2008 vor.
4. Gibt es einen Senatsbeschluss zum Musterentwurf für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft, damit das Gesetzgebungsverfahren beginnen kann?
Wenn ja, wann wird das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet?
Wenn nein, warum nicht?
Nein. In der zuständigen Behörde wird derzeit auf der Grundlage des Musterentwurfs zunächst ein Referentenentwurf für ein Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz erarbeitet.
5. Warum hat der Senat nicht zeitgleich zum Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Überarbeitung des Hamburgischen Strafvollzugsrechts und zum Erlass eines Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft vorgelegt?
Die Arbeiten an dem Referentenentwurf für ein Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz haben in der zuständigen Behörde nach der Fertigstellung des Musterentwurfs für ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz begonnen und waren bei der Vorweg-Unterrichtung des Senats über den Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Hamburgischen Strafvollzugsrechts und zum Erlass eines Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes noch nicht beendet.
6. Plant die Justizbehörde bis zum Inkrafttreten eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes den Erlass einer Rechtsverordnung, damit die Haftbedingungen in der U-Haft verbessert werden?
Der Erlass einer Rechtsverordnung zur Untersuchungshaft vor dem Inkrafttreten eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes ist nicht geplant.
7. Wo und wie sind die Einschlusszeiten in der U-Haft geregelt? Wie lange dauert der Einschluss von U-Häftlingen?
Die Einschlusszeiten in der Untersuchungshaftanstalt ergeben sich aus der Hausordnung. Während der Nacht sind alle männlichen Gefangenen grundsätzlich in der Zeit von 17.45 Uhr bis 6.45 Uhr und alle weiblichen Gefangenen in der Zeit von 18.15 Uhr bis 6.45 Uhr unter Verschluss. Während des Tages sind alle nicht arbeitenden männlichen Gefangenen grundsätzlich unter Verschluss. Sie erhalten allerdings die Gelegenheit, sich für eine Stunde im Freien aufzuhalten.
Die Einschlusszeiten der arbeitenden männlichen Gefangenen sind nicht einheitlich geregelt, sondern hängen von den unterschiedlichen Arbeitszeiten der Gefangenen und von dem Haftbereich ab, in dem sie untergebracht sind, da in räumlich abgetrennten Bereichen auch Aufschlusszeiten nach der Arbeit und zusätzlich zu den Zeiten des Aufenthaltes im Freien ermöglicht werden. Dies gilt im Wesentlichen für die Zeiträume zwischen 16.30 Uhr und 18 Uhr.
Die weiblichen Gefangenen sind an Werktagen mit Ausnahme des regelmäßigen Aufenthaltes im Freien für die Dauer einer Stunde grundsätzlich in der Zeit 6.45 Uhr bis circa 15.30 Uhr, an Wochenenden in der Zeit von 6.45 Uhr bis circa 14 Uhr unter Verschluss.
Alle Gefangenen halten sich außerdem regelmäßig aus Anlass von Besuchen, Anwalts- und Gerichtsterminen, Vorstellungen bei der Ambulanz, Terminen bei der Drogenberatung, Teilnahmen an Freizeitgruppen und anderen alltäglichen Verrichtungen, wie zum Beispiel Einkauf oder Duschen, für jeweils unterschiedliche Zeiträume außerhalb ihres Haftraumes auf.
8. Inwiefern ist die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft zu berücksichtigen?
Die Rechtsprechung wird im Zuge der Erarbeitung eines Referentenentwurfs für ein Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz berücksichtigt.
9. Inwiefern sind die Rügen des Committee for the Prevention of Torture (CPT) für ein Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft zu berücksichtigen?
Die Rügen werden im Zuge der Erarbeitung eines Referentenentwurfs für ein Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz berücksichtigt.