Frühförderung
Die Eltern behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder sehen sich verschiedenen Möglichkeiten gegenüber, für sich und ihr Kind angemessene Förderung und Unterstützung zu erhalten.
Die unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen (SGB V, SGB VIII + KibeG, SGB IX, SGB XII) bedeuten unterschiedliche Zugangswege, Antragsvoraussetzungen, Leistungsumfänge und Bewilligungskriterien. Für viele Eltern ist es schwer, einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten zu erhalten und schnell und möglichst unbürokratisch Zugang zu Hilfen zu erhalten.
Zudem bestimmen die Möglichkeiten der Frühförderung in Kindertageseinrichtungen ganz wesentlich, inwieweit Eltern behinderter Kinder Familie und Berufstätigkeit miteinander vereinbaren können.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1. Gibt es mittlerweile in Hamburg Leistungsvereinbarungen mit Freien Trägern zur Erbringung der Komplexleistung Frühförderung (§ 30 SGB IX)?
Wenn ja, mit welchen Trägern in welchem Umfang?
Wenn nein, weshalb nicht?
In Hamburg gibt es derzeit unterschriebene Vereinbarungen zur Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung gemäß § 30 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit folgenden Einrichtungen:
- Werner-Otto-Institut
- Stiftung. Das Rauhe Haus
- mittendrin!
- Therapiezentrum Wandsbek
- Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH
- Leben mit Behinderung.
Vereinbarungen mit folgenden Frühförderstellen befinden sich derzeit im Unterschriftenverfahren:
- Haus Mignon
- Freunde blinder und sehbehinderter Kinder Vereinbarung mit folgender Frühförderstelle ist ausgehandelt und wird in Kürze unterschrieben:
- Frühforderung Hamburg Nord-West
Alle Vereinbarungen beinhalten die Durchführung der Eingangsdiagnostik, das Aufstellen des Förder- und Behandlungsplanes sowie die Durchführung der Förderung des Kindes nebst einer Verlaufs- und Abschlussdiagnostik.
2. Weshalb wird Frühförderung in Kindertageseinrichtungen nur für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahrs erbracht und Krippenkinder von dieser Leistung in der Kita systematisch ausgeschlossen?
In Hamburg werden die Leistungen für die Eingliederungshilfe für Kinder im Alter bis unter drei Jahre durch interdisziplinäre Frühförderstellen oder in einem Sozialpädiatrischen Zentrum erbracht.
3. Wie wird der Umfang der Frühförderung für das einzelne Kind im Rahmen des KibeG festgelegt?
Im Rahmen eines standardisierten Begutachtungsverfahrens wird durch die zuständigen Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst geklärt, ob bei einem Kind eine Behinderung oder eine drohende Behinderung und damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfen in einer Tageseinrichtung nach § 26 Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) gegeben sind. Dabei wird ermittelt, in welchem individuellen Umfang ein Förder- und Betreuungsbedarf für das Kind besteht.
4. In welchen Zeitabständen wird der Förderbedarf überprüft und gegebenenfalls den veränderten Erfordernissen angepasst?
In interdisziplinären Frühförderstellen wird in der Regel einmal im Jahr eine Verlaufsdiagnostik durchgeführt und der Förder- und Behandlungsplan entsprechend angepasst.
Bei der Frühförderung in Tageseinrichtungen stellt der Träger innerhalb von sechs Wochen nach Aufnahme der Kinder einen vorläufigen Förderplan auf, in dem die geplanten Fördermaßnahmen und ihr Umfang bestimmt werden. Er entwickelt spätestens innerhalb eines halben Jahres einen differenzierten, schriftlichen Förderplan, insbesondere bezüglich der heilpädagogischen und gegebenenfalls erforderlichen therapeutischen Förderung in der Tageseinrichtung. Der Träger führt regelmäßig entwicklungsbegleitende Beobachtungen durch, um die Wirkung der Förderung zu überprüfen und den Förderplan und die Leistungen an die Bedarfe der Kinder anzupassen.
Jährlich einmal, drei Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraums, wird ein schriftlicher Bericht erstellt, in dem die durchgeführten Fördermaßnahmen, die Entwicklung des Kindes und die weitere Förderplanung dargelegt werden.
Darüber hinaus erfordert die Weiterbewilligung der Frühförderung in Tageseinrichtungen für die gemäß § 53 Absatz 1, Satz 1, 2. Alt. i.V.m. Absatz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als von einer wesentlichen Behinderung bedroht eingestuften Kinder ein neues Gutachten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Auf ein neues Gutachten kann verzichtet werden, wenn der ablaufende Bewilligungszeitraum in dem Jahr endet, in dem das Kind eingeschult wird.
Für die gemäß § 53 Absatz 1, Satz 1, 1. Alt. SGB XII als wesentlich behindert eingestufte Kinder hat eine erneute Begutachtung vor der Weiterbewilligung zu erfolgen, wenn dies als Voraussetzung für eine Weiterbewilligung bei dem zuletzt erstellten Gutachten festgelegt wurde.
5. Gibt es Minimal- und Maximalumfänge für die Frühförderung in diesem Bereich, individuelle Leistungszuschnitte oder Einstufungen nach bestimmten Kriterien?
Ja.
6. Ist im KibeG beziehungsweise den entsprechenden Leistungsvereinbarungen mit den Trägern oder in Dienstanweisungen für die Gutachter ein bestimmter Rahmen definiert, innerhalb dessen Frühförderung nach dem KibeG geleistet wird?
Ja, siehe § 7 Landesrahmenvertrag „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen".
7. Ist es zutreffend, dass Kinder, die nur in einem Bereich (heilpädagogisch, medizinisch therapeutisch, psychologisch) einen Förderbedarf haben, keine Frühförderung im Rahmen des KibeG erhalten?
Falls ja, aufgrund welcher Überlegungen ist dies so geregelt?
Nein, sofern für das Kind eine Behinderung oder drohende Behinderung von den zuständigen Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst festgestellt wurde.
8. Wie finden Eltern nach der Änderung des § 26 KibeG eine geeignete Einrichtung, die eine dem Gutschein entsprechende Frühförderung anbieten kann?
Die Jugendämter der Bezirksverwaltung sowie die für die Begutachtung des Kindes zuständigen Stellen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes beraten die Familien zu den Angeboten der Frühförderung in Tageseinrichtungen und unterstützen sie bei der Suche nach geeigneten Tageseinrichtungen.
Die Familien können darüber hinaus bei ihrer Suche nach geeigneten Tageseinrichtungen in ihrer Nähe das Kita-Informationssystem Hamburg im Internetangebot der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde nutzen (Adresse im Internet: http://www.hamburg.de/kita-finden).
9. Gibt es ihm Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den Trägern klare Regeln zur Erbringung der Frühförderung oder besteht seitens der Einrichtungen ein Gestaltungsspielraum?
Die Inhalte der Förderung werden bei interdisziplinären Frühförderstellen im Förderund Behandlungsplan im Rahmen der Eingangsdiagnostik festgelegt und der bewilligenden Dienststelle zur Genehmigung vorgelegt. Den Einrichtungen wird ein „Leitfaden Diagnostik und Begutachtung" und ein einheitliches Formular für den Förder- und Behandlungsplan vorgegeben.
Die Ausgestaltung der Frühförderung in Tageseinrichtungen richtet sich nach den Vorgaben von § 7 LRV und dabei insbesondere nach dem vom Träger für jedes Kind individuell zu entwickelnden Förderplan.
10. Falls ein Gestaltungsspielraum besteht, wie muss dessen Nutzung durch die Einrichtung gegenüber Eltern und bewilligender Stelle transparent gemacht werden?
Der Förder- und Behandlungsplan wird in gemeinsamer Verantwortung der medizinischen und heilpädagogischen Kompetenz in der interdisziplinären Frühförderstelle in Zusammenarbeit mit den Sorgeberechtigten erstellt. Die bewilligende Dienststelle kann jederzeit eine Überprüfung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst veranlassen.
Die Eltern werden bei der Aufstellung des Förderplans für die Durchführung der Frühförderung in Tageseinrichtungen beteiligt. Der jährlich vom Träger zu erstellende Bericht über die durchgeführten Fördermaßnahmen, die Entwicklung des Kindes und die weitere Förderplanung wird mit den Eltern besprochen und an diese ausgehändigt.
Für den Träger der Tageseinrichtung besteht gegenüber den bewilligenden Stellen in den Jugendämtern der Bezirksverwaltung keine Mitteilungspflicht hinsichtlich der individuellen Ausgestaltung der Frühförderung.
11. Wie viele Kinder erhielten in den Jahren 2006, 2007 und 2008 Kita-Gutscheine mit Frühförderung gemäß § 26 KibeG? Bitte die Zahlen nach Bezirken aufschlüsseln und soweit möglich, nach Förderart und Förderumfang und Förderdauer.