Abhör-Skandal im Klinikkonzern Asklepios

In der Hamburger Zentrale des Klinikbetreibers Asklepios in Barmbek sind Telefone der Unternehmensleitung, der Pressestelle und der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden abgehört worden. Die Abhöreinrichtungen sollen bereits vor mehreren Wochen entdeckt worden sein. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist über den Hamburgischen Versorgungsfonds mit 25,1 Prozent an der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH beteiligt.

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH (AKHH) wie folgt:

1. Durch welche Personen beziehungsweise Vertreter welcher Behörden ist die Freie und Hansestadt Hamburg derzeit im Aufsichtsrat der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH vertreten?

In den Aufsichtsrat der AKHH sind vom Gesellschafter Hamburgischer Versorgungsfonds AöR (HVF) der Staatsrat der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Dr. Michael Voges, Andreas Bolenz, Finanzbehörde Hamburg sowie Thorsten Hammer, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungssozietät Hammer und Partner aus Bremen entsandt. Des Weiteren gehören dem Aufsichtsrat folgende Personen an, die nicht vom Gesellschafter Hamburgischer Versorgungsfonds AöR entsandt wurden:

· Prof. Dr. Dieter Feddersen (Vorsitzender)

· Wolfgang Rose, Gewerkschaft Ver.di (Stellvertretender Vorsitzender)

· Prof. Dr. Dr. Stephan Ahrens, Asklepios Westklinikum Hamburg

· Wilfried Boysen, AKHH

· Dr. Tobias Kaltenbach, Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH (AKV)

· Stephan Leonhard, Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH

· Ralf Bröcker-Lindenau, AKHH

· Dr. Nicolai Jürs, Asklepios Westklinikum Hamburg

· Dr. Heinzpeter Moecke, AKHH

· Karl-Günther Mühlenpfordt, AKHH

· Katharina Ries-Heidtke, AKHH

· Hilke Stein, Gewerkschaft ver.di

· Dr. Ronald Wolf, AKHH

2. Wie stellt der Senat grundsätzlich sicher, dass er unverzüglich über schwerwiegende Ereignisse in Unternehmen, an denen die Stadt maßgeblich beteiligt ist, informiert wird?

Grundsätzlich gilt für die Geschäftsführungen einer GmbH entsprechend dem Muster der Geschäftsanweisung für Beteiligungen der Freie und Hansestadt Hamburg, dass die Geschäftsführung dem Aufsichtsratsvorsitzenden grundsätzliche und wichtige Angelegenheiten unverzüglich mitzuteilen hat.

Die Geschäftsführung der AKHH ist nach ihrer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung verpflichtet, Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat über die Vornahme von Handlungen, die für den Geschäftsbetrieb sowie für die Leitung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sein können, vorab zu informieren und zu konsultieren.

Die Geschäftsführung ist zudem nach der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der AKHH verpflichtet, den Aufsichtsratsvorsitzenden über wichtige Ereignisse, die für die Beurteilung der Lage und Entwicklung sowie für die Leitung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind, zu informieren. Der Aufsichtsratsvorsitzende unterrichtet sodann den Aufsichtsrat und beruft erforderlichenfalls eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung ein.

3. Wann (an welchem Tag) wurden die Abhöreinrichtungen in der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH entdeckt?

In den AKHH wurden keine Abhöreinrichtungen entdeckt, sondern lediglich eine Komponente (Sendebauteil) einer möglichen Abhöreinrichtung. Das Sendebauteil wurde am 22. März 2009 entdeckt. Des Weiteren wurden am 22. März und 29. März 2009 an einigen Telefonleitungen Werte gemessen, die in Kombination mit dem Sendebauteil die Möglichkeit eines Lauschangriffs nicht ausschließen.

a. Wann (an welchem Tag) wurde der Senat beziehungsweise welcher Vertreter Hamburger Behörden über den Abhör-Skandal informiert?

b. Durch wen und in welcher Form erfolgte die Information?

Am 17. April 2009 wurde der Leiter des Vermögens- und Beteiligungsmanagements der Finanzbehörde als einer der beiden Vertreter des HVF in der Gesellschafterversammlung der AKHH zunächst schriftlich per Mail und dann auf seine Nachfrage auch telefonisch über den Verdacht eines „Lauschangriffs", die Einschaltung der Staatsanwaltschaft sowie über die Beauftragung eines Compliance-Beraters unterrichtet.

Die Informationen erfolgten durch ein Mitglied der Geschäftsführung der AKHH und durch ein Mitglied der Konzerngeschäftsführung der AKV.

Zu einem späteren Zeitpunkt am gleichen Tag wurde der Staatsrat der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied mündlich und später auch schriftlich durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats der AKHH über die Installation technischer Vorrichtungen zur Abhörung in Büros von Mitgliedern der Geschäftsführung der AKHH und im gemeinsamen Büro der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden und ihrer Referentin informiert. Die Betroffenen hätten aufgrund dieses Sachverhalts Strafanzeige erstattet.

4. Trifft es zu, dass die Staatsanwaltschaft über den Abhör-Skandal informiert wurde?

Wenn ja,

a. Wann (an welchem Tag) wurde die Staatsanwaltschaft durch wen informiert?

Nach telefonischer Vorankündigung am 15. April 2009 fand am 16. April 2009 in den Räumen der Staatsanwaltschaft Hamburg ein Gespräch zwischen Vertretern des Asklepios-Konzerns und der Staatsanwaltschaft statt, in dem auf den Verdacht einer Straftat hingewiesen wurde und Unterlagen überreicht wurden. Nach Erörterung der in Betracht kommenden Strafvorschriften und der Erforderlichkeit von Strafanträgen wurden diese angekündigt. Eine Strafanzeige und Strafanträge der Gesamtbetriebs2 ratsvorsitzenden der AKHH und einer Mitarbeiterin gingen am 20. April 2009 bei der Staatsanwaltschaft ein.

b. Wann (an welchem Tag) wurde der Senat beziehungsweise welcher Vertreter Hamburger Behörden über die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen informiert?

c. Durch wen und in welcher Form erfolgte die Information?

Am 21. April 2009 wurde zudem der Präses der Justizbehörde durch den Leiter der Staatsanwaltschaft Hamburg telefonisch informiert. Ein schriftlicher Bericht an die Justizbehörde erfolgte am 22. April 2009. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. a) und 3. b).

5. Trifft es zu, dass eine externe Untersuchungsfirma mit der Aufklärung des Abhör-Skandals beauftragt wurde?

Ja.

Wenn ja,

a. Wann (an welchem Tag) und durch wen wurde welche Untersuchungsfirma beauftragt?

Am 16. April 2009 wurde durch die Geschäftsführung der AKHH und durch die Konzerngeschäftsführung der Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH die Firma Ernst & Young mit der Compliance-Beratung und am 19. April 2009 der vereidigte Sachverständige für Abhörsicherheit Manfred Fink, mit der technischen Aufklärung beauftragt.

b. Wie lautet der Untersuchungsauftrag?

Der Compliance-Auftrag an die Firma Ernst & Young lautet:

· Untersuchung der Telefonanlagen und der diesbezüglichen IT- Infrastruktur auf Manipulationshinweise

· Gebäudesicherheit und Zutrittsschutz

· Analyse der Inspektionsberichte.

Der Auftrag an den vereidigten Sachverständigen für Abhörsicherheit, Herrn Manfred Fink lautet:

· Prüfung aller relevanten technischen Systeme und Komponenten

· Software-Revision der Telekommunikationsanlagen.

c. Wann (an welchem Tag) wurde der Senat beziehungsweise welcher Vertreter Hamburger Behörden über die Beauftragung der Untersuchungsfirma informiert?

d. Durch wen und in welcher Form erfolgte die Information?

Am 23. April 2009 wurde der Staatsrat der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in der Sitzung des Präsidialausschusses der AKHH von der Geschäftsführung der AKHH über die Beauftragung informiert. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.a) und b).

6. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass in einem Hamburger Unternehmen mit rund 10.000 Beschäftigten, an dem die Stadt maßgeblich beteiligt ist, Telefone abgehört werden?

7. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die Konzernspitze von Asklepios den Abhör-Skandal wochenlang vor der Stadt als Mitgesellschafter geheim gehalten und die Information der Staatsanwaltschaft sowie die Einsetzung einer Untersuchungsfirma ohne Kenntnis der Finanzbehörde erfolgt ist?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

8. Ein Sprecher der Finanzbehörde wird mit den Worten zitiert: „Wir haben der Asklepios-Geschäftsführung unmissverständlich klargemacht, dass wir eine schnelle Aufklärung erwarten." Trifft dieses Zitat zu?

Wenn ja,

a. Wer ist mit „Wir" gemeint?

b. Erfolgte die Forderung einer „schnellen Aufklärung" gegenüber der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH oder der Asklepios-Konzernleitung?

Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, zu Presseberichten Stellung zu nehmen.

c. Gibt es anlässlich des aktuellen Abhör-Skandals weitere Forderungen der Stadt gegenüber dem privaten Anteilseigner oder Vereinbarungen mit diesem, wie im Falle schwerwiegender Ereignisse zu verfahren ist?

Wenn ja, welche?

Nein, im Übrigen siehe Antwort zu 2.

9. Gab es in der Vergangenheit weitere schwerwiegende Ereignisse in der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH oder einem anderen großen Unternehmen, an dem die Stadt maßgeblich beteiligt ist, die dem Senat nicht unverzüglich zur Kenntnis gegeben wurden?

Wenn ja, wann, welche und mit welcher Verzögerung hat der Senat jeweils Kenntnis erhalten?

Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst.