Gravierende Probleme im UKE

Am 1. Februar 2009 lobte der ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) Prof. Dr. Jörg F. Debatin: „Die Operation „Umzug" ist erfolgreich gelaufen." Doch zunächst gab es Kinderkrankheiten im Klinikneubau, so titulierte die „Welt" die auf einer Liste aufgeführten 2.000 Mängel am 25. Februar 2009. Am 27. April haben die ärztlichen Leiter/-innen von 15 medizinischen Zentren des UKE in einem alarmierenden Brief an ihren Vorstand eine erschütternde Bilanz gezogen. Durch organisatorische und technische Defizite sowie einem Fehlen von qualifizierten Personal in vielen Bereichen kommt es zu einer Unterversorgung der Patient/-innen und viele Mitarbeiter/-innen resignieren.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) nimmt seit seiner Verselbständigung als rechtlich eigenständiges Wirtschaftsunternehmen am Wettbewerb teil.

Gegenstand der Schriftlichen Kleinen Anfrage sind in Teilen Vorgänge, die zu den schützenswerten internen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen dieses Wirtschaftsunternehmens gehören. Aus Gründen des Schutzes des im Wettbewerb stehenden Unternehmens sieht der Senat von Detailangaben zu betrieblichen Interna des UKE ab.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen ­ teilweise auf der Grundlage von Auskünften des UKE ­ wie folgt:

1) Welche Maßnahmen werden aufgrund der Kritik der ärztlichen Leiterinnen nun ergriffen?

Bereits frühzeitig vor der Inbetriebnahme haben vielfältige und umfangreiche Vorbereitungen und Fortbildungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vom Umzug in das

Neue Klinikum berührten Kliniken und Zentralen Dienste stattgefunden (zum Beispiel Erarbeitung eines umfangreichen, detaillierten Prozessleitfadens für die Inbetriebnahme). In die Vorbereitungen der Inbetriebnahme waren auch die ärztlichen Leiterinnen und Leiter der fachlich betroffenen Kliniken und Institute eingebunden.

Als Reaktion auf das zitierte Schreiben von Klinikdirektoren des UKE ist zusätzlich zu den ohnehin laufenden Maßnahmen eine „Taskforce Prozessoptimierung" gebildet worden. Sie besteht aus einem Lenkungsausschuss und verschiedenen Projektteams, an denen die betroffenen Klinikdirektoren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie in einigen Fällen auch externe Fachleute beteiligt sind. Ziel ist es, notwendige Verbesserungsmaßnahmen noch zügiger zu identifizieren und unter Beteiligung der Leitungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geeignete Lösungen umzusetzen.

2) Laufen UKE-Patient/-innen Gefahr, nicht richtig diagnostiziert oder behandelt zu werden?

Nein.

3) Gab es bereits einschlägige Vorfälle, die auf die genannten Defizite zurückzuführen sind?

Im Neuen Klinikum wurden nach der Inbetriebnahme drei Vorfälle registriert, die nach den Regelungen des UKE-Qualitätsmanagements als sogenannte „schwerwiegende unerwünschte Ereignisse" erfasst wurden. Zu einer Gefährdung der Patienten ist es hierbei in keinem Fall gekommen.

4) Finden nun ausreichend Ausschreibungen statt, um den Personalmangel zu beseitigen?

Intensive Bemühungen zur Personalgewinnung (zum Beispiel durch Ausschreibungen) haben vor und nach dem Umzug stattgefunden und werden fortgesetzt. Im Hinblick auf die Betriebsabläufe im Neuen Klinikum wurden zudem jeweils eine Stelle für „Belegungsmanagement" sowie für „Prozessmanagement" (Schwerpunkt Ambulanzprozesse) ausgeschrieben.

5) Wie wird gegebenenfalls in der Zwischenzeit verfahren?

Falls notwendig, würden Einschränkungen der Leistungszahlen oder des Leistungsspektrums vorgenommen werden.

6) Warum sind die genannten Defizite nicht rechtzeitig vom Management erkannt und abgestellt worden?

Um Defizite im Vorfeld zu vermeiden, haben vor Inbetriebnahme des Neuen Klinikums umfangreiche Maßnahmen (Schulungen, Einweisungen und so weiter) stattgefunden.

Naturgemäß sind jedoch bei der Inbetriebnahme eines neuen Klinikgebäudes mit hochkomplizierter Technik, komplexen Arbeitsabläufen und vielfacher Schnittstellenproblematik nicht alle möglichen Probleme vorhersehbar.

Um jedoch auftretende Defizite so früh wie möglich zu erkennen und diesen entgegensteuern zu können, war bereits im Vorwege ein Meldesystem für Mängel und Optimierungsvorschläge eingerichtet worden. Zudem fanden regelhafte Begehungen vor Ort statt. Vom ersten Tag nach dem Umzug an sind festgestellte Probleme in täglich stattfindenden Clearingsitzungen besprochen, priorisiert, Lösungen formuliert und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Führungskräften bekannt gegeben worden.

In dem Meldesystem sind bis 30. April 2009 insgesamt 1.034 Hinweise unterschiedlichster Art eingegangen, von denen bereits circa 868 im Verbesserungsprozess umgesetzt werden konnten.

Zudem wurden und werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Qualitätsmanagements auch im Neuen Klinikum Audits mit Beteiligung der Klinik- und Bereichsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter durchgeführt. Bei diesem Verfahren werden Prozesse, die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen und Sicherheitsaspekte geprüft und dokumentiert. Alle Berichte wurden sowohl der ärztlichen Leitung der betreffenden Klinik wie auch der zuständigen Pflegeleitung und der Kaufmännischen Leitung zugeleitet.

7) Welche politischen und personellen Konsequenzen folgen gegebenenfalls daraus?

Zu weiteren politischen und/oder personellen Konsequenzen besteht angesichts der ergriffenen Maßnahmen keine Veranlassung.

8) Welche Informationstechnologiesysteme welcher Hersteller kommen im Neubau des UKE zum Einsatz?

Auch im Neuen Klinikum ist das führende Informationstechnologiesystem für die Verwaltung der administrativen Patientendaten das System IS-H (SAP). Als Zentrales klinisches System wird das System Soarian (Siemens) eingesetzt. Daneben kommen im Neuen Klinikum weitere spezialisierte IT-Systeme zum Einsatz, die über Schnittstellen in die führenden Systeme eingebunden sind.

9) Auf welcher Grundlage (Ausschreibung?) wurden sie jeweils ausgewählt?

Die Auswahl der Informationstechnologiesysteme erfolgte unter begleitender Begutachtung der Rechnerkommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach vergaberechtlichen Vorschriften.

10) Was hat deren Anschaffung jeweils gekostet?

Der Senat sieht zum Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des UKE von einer Antwort ab. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

11) Wurden Erfahrungen anderer Kliniken mit diesen Informationstechnologiesystemen eingeholt?

a) Wenn ja, wie sahen diese konkret aus und welche Probleme gab es?

Ja. Im Fall von Soarian fanden mehrere Besuche von Einrichtungen statt, bei denen das System im Einsatz ist und zwar in Malvern/USA, in Erlangen-Nürnberg und in Lissabon. Es wurden Erfahrungen mit dem System bei Einführung und Betrieb ausgetauscht. Dabei wurde festgestellt, dass das UKE teilweise höhere Anforderungen an die Funktionalität des Systems hatte. Als Folge hieraus wurden unterschiedliche Maßnahmen vereinbart, zum Beispiel die Weiterentwicklung bestimmter Funktionen vor der Einführung im UKE, die Integration bereits im UKE etablierter Systeme sowie die gemeinsame Weiterentwicklung von Soarian nach Einführung.

b) Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.

12) Wurde die Kompatibilität zwischen diesen Informationstechnologiesystemen untereinander sowie die mit der bereits bestehenden Technologie erprobt?

a) Wenn ja, was waren die Ergebnisse?

Ja. Alle für den Betrieb von Soarian erforderlichen Schnittstellen konnten vor Aufnahme des Produktivstarts (September 2008) erfolgreich implementiert werden.

b) Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.

13) Wie haben sich die Fallzahlen im UKE seit 1. Januar 2008 entwickelt?

Bitte abteilungs- und monatsweise angeben.

Im Monat März 2008 gab es 3.777 Fälle mit 30.497 Belegungstagen und einer durchschnittlichen Verweildauer von 8,07 Tagen.

Im Vergleich hierzu lag die Fallzahl des UKE im Monat März 2009 bei 4.233 Fällen mit 34.216 Belegungstagen und einer durchschnittlichen Verweildauer von 8,08 Tagen.

Von einer weitergehenden Angabe im nachgefragten Detaillierungsgrad sieht der Senat zum Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des UKE ab.

14) Wie haben sich die Personalzahlen (Vollzeitäquivalente) im UKE seit 1. Januar 2008 entwickelt? Bitte abteilungs- und monatsweise angeben für Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Sozialdienst, medizinische Fachangestellte.

Veränderung der Zahl der Vollzeitkräfte im UKE vom 01.01.2008 bis zum 30.04.2009 in den Dienstarten Funktionsdienst 36,6