Schulpflichtverletzung und Jugendkriminalität

Informationen zufolge gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass sich in Hamburg etwa 2000

Schülerinnen und Schüler unter 16 Jahren regelmäßig über Wochen oder Monate nicht in der Schule aufhalten.

Untersuchungen haben in jüngster Zeit erneut ergeben, dass bei fast allen befragten jugendlichen Mehrfach- und Intensivstraftätern die Schulpflichtverletzung den schweren Straftaten vorausging.

Gemäß § 28 Absatz 2 des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG) sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an den dazu gehörenden Schulveranstaltungen teilzunehmen. Bei Verletzung dieser Pflichten obliegt die erste pädagogische Intervention und die Einleitung von Ordnungsmaßnahmen den Schulen. Die zuständige Behörde entscheidet in den ihr gesetzlich zugewiesenen Fällen der §§ 49 Absatz 4 Nummer 5, 113 und 114 HmbSG. Der Dienststelle Schülerhilfe der zuständigen Behörde wurden im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 18. November 1998 insgesamt 888 Verstöße gegen die Schulpflicht gemeldet.

In der Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage „Wahrnehmung der staatlichen Schulpflicht der Schülerinnen und Schüler" (Drucksache 16/1681) wird mitgeteilt, dass die zuständige Behörde außer in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen nur dann Statistiken erhebt, wenn sie als Planungs- und Steuerungsinstrument erforderlich sind. Dabei wird die Angemessenheit des Verwaltungsaufwandes zur möglichen Erkenntnisgewinnung berücksichtigt. Eine Statistik über förmliche Interventionen bei Schulpflichtverletzungen oder über „Schulbesuchsquoten in nicht schulbesuchspflichtigen Bereichen" wird deshalb nicht geführt.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Welche konkreten Voraussetzungen müssen aus der Sicht des Senats vorliegen, damit er außerhalb seiner gesetzlichen Pflicht genaue Zahlen über alle Fälle der Schulpflichtverletzung erhebt?

Eine vollständige Erfassung aller Schulpflichtverletzungen mit auswertungsrelevanten Angaben zu den Einzelfällen wäre mit einem unvertretbaren Verwaltungsaufwand verbunden. Für die Weiterentwicklung von Interventionsmaßnahmen sind exemplarische Studien als ausreichend anzusehen.Vgl.hierzu auch die Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 16/1681 vom 24. November 1998.

2. a) Wie viele neue Verstöße wurden der Dienststelle für Schülerhilfe seit dem 18. November 1998 gemeldet?

411.

2. b) Wie viele Fälle sind hiervon Wiederholungsfälle?

119.

3. In welcher Form ist die Dienststelle für Schülerhilfe den gemeldeten Pflichtverletzungen nachgegangen?

4. a) Welche Maßnahmen werden von der zuständigen Behörde ergriffen oder angeboten, um Verstöße zu verhindern und nicht nur zu sanktionieren?

b) Welche Kosten entstehen dadurch?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienststelle Schülerhilfe werden überwiegend im Rahmen der sogenannten aufsuchenden Schulsozialarbeit tätig. Durch Beratungsgespräche mit der Schülerin bzw. dem Schüler, den Erziehungsberechtigten sowie der Schulleitung und den Lehrkräften wird versucht, einen regelmäßigen Schulbesuch zu erreichen. Maßnahmen werden in der Regel einvernehmlich entwickelt und umgesetzt, z.B.Kooperationsvereinbarungen zwischen Schule und Elternhaus,Versetzung in eine andere Klasse, Schulwechsel, Suche nach einem alternativen Bildungsangebot bei nicht mehr Vollzeitschulpflichtigen, Einleiten von Erziehungsberatung oder Hinzuziehen der Sozialen Dienste.

Kommen keine Gespräche zustande oder tragen die Erziehungsberechtigten vorsätzlich und trotz Beratung nicht für die Einhaltung der Schulpflicht Sorge, wird die Verhängung eines Bußgeldes (§113 HmbSG) oder die Stellung eines Strafantrags (§114 HmbSG) veranlasst.

Präventive Maßnahmen gegen unentschuldigte Schulversäumnisse gehören zu den Regelaufgaben der Schulen. In der Regel erfolgt eine sofortige und konsequente Intervention bei beginnenden Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Schulbesuch in Zusammenarbeit mit den Eltern. Kosten einzelner Regelaufgaben der Schulen sind im Haushalt nicht gesondert ausgewiesen.

5. Gibt es eine Kooperation der zuständigen Behörde mit den einzelnen Schulen bei Schulpflichtverletzungen außer im Fall einer Interventionsmaßnahme? Wenn ja: Welche? Wenn nein: Warum nicht?

Ja. Schulen wenden sich nach eigenem Ermessen an die für sie zuständige Schulaufsicht und Schulberatung, um das weitere Vorgehen zu klären. Sie erhalten Unterstützung bei der Kooperation mit anderen Institutionen (vgl. die Antwort zu 3. und 4.) sowie ggf. bei einer Umschulung.

6. Ist der Senat der Meinung, dass in Hamburg eine Erhebung einer Statistik aller Fälle von Schulpflichtverletzung nicht erforderlich ist? Wenn ja:Warum? Wenn nein:Wann wird diese erstellt?

Ja, vgl. die Antwort zu 1.