Gedenkveranstaltungen

Sind neofaschistische beziehungsweise rechtsradikale Aufmärsche beziehungsweise Gedenkveranstaltungen in den letzten zehn Jahren auf Hamburger Friedhöfen verboten worden?

Wenn ja, welche, und wie sind die Verbote juristisch begründet und polizeilich durchgesetzt worden?

Nein.

7. Welche Rechtsgrundlagen werden für die Genehmigung oder das Verbot von neofaschistischen beziehungsweise rechtsradikalen Aufmärschen und/oder Gedenkveranstaltungen herangezogen?

Grundlagen der Genehmigung von Veranstaltungen auf Hamburger Friedhöfen sind das Bestattungsgesetz und die BestVO. Danach sind Veranstaltungen ­ insbesondere Gedenkfeiern ­ auf den Friedhöfen grundsätzlich erlaubt. Zu beachten sind insbesondere der Friedhofszweck (Totengedenkstätten), das Rücksichtnahmegebot und gemäß § 7 Absatz 2 BestVO die Verbote, Druckschriften (Handzettel, Flugblätter) zu verteilen sowie Lärm zu machen. Eine Ablehnung kommt dann nicht in Betracht, wenn nicht zu erwarten ist, dass gegen diese Vorschriften verstoßen wird. Auflagen dürfen nur dazu dienen, diese gesetzlichen Vorgaben zu sichern.

8. Haben in den letzten zehn Jahren auch an anderen „Krieger-Ehrenmälern", Gedenkstätten oder ähnlichen Orten neofaschistische beziehungsweise rechtsradikale Aufmärsche beziehungsweise Gedenkveranstaltungen stattgefunden?

Wenn ja, wo und wann?

Sind in den letzten zehn Jahren solche Veranstaltungen verboten worden?

Wenn ja, welche und wie sind die Verbote juristisch begründet und polizeilich durchgesetzt worden?

Nach Erkenntnissen der Polizei haben an folgenden Örtlichkeiten in den letzten fünf Jahren Gedenkveranstaltungen stattgefunden, an denen auch Personen der rechten Szene teilnahmen:

1. 14. November 2004, Ehrenmal, Straße Am Ehrenmal, Hamburg Bramfeld

2. 13. November 2005, Ehrenmal, Straße Am Ehrenmal, Hamburg Bramfeld

3. 18. November 2006, Ehrenmal, Kuhteichweg o. Nr., Hamburg Wellingsbüttel

4. 19. November 2006, Ehrenmal, Straße Am Ehrenmal, Hamburg Bramfeld

5. 18. November 2007, Ehrenmal, Straße Am Ehrenmal, Hamburg Bramfeld

6. 16. November 2008, Ehrenmal, Straße Am Ehrenmal, Hamburg Bramfeld Verbote gab es nicht. Über diesen Zeitraum hinaus liegen keine Daten mehr vor.

Darüber hinaus verfügt das LfV über folgende weitere Informationen über Aktivitäten von Rechtsextremisten an Gedenktagen: 19. November 2000 Aufzug von „Freien Nationalisten" anlässlich des von Rechtsextremisten als „Heldengedenken" bezeichneten Volkstrauertages zum „76er-Ehrenmal" am Dammtor-Bahnhof.

14. Februar 2001 Zum Gedenken an die alliierten Luftangriffe auf Dresden legten circa 100 „Freie Nationalisten" einen Kranz am „76erEhrenmal" am Dammtor-Bahnhof nieder.

18. November 2001 Anlässlich des „Heldengedenken" legten circa 100 „Freie Nationalisten" einen Kranz am „76er-Ehrenmal" am Hamburger Dammtor-Bahnhof nieder.

Der Kreisverband Wandsbek der NPD legte einen Kranz am Ehrenmal beim Wellingsbütteler Torhaus nieder. Diese Aktion findet jährlich im kleinen Kreis (circa zehn bis 20 Teilnehmer) statt.

8. Mai 2002 Erstmals dezentrale Grabpflegeaktionen und Kranzniederlegungen der neonazistischen Kameradschaften und der NPD anlässlich des sogenannten „Tages der Ehre". Die Neonaziund Skinheadszene in Bramfeld begeht diesen Tag seit 2002 jährlich an einem Denkmal am Bramfelder See. Die Teilnehmerzahl liegt zwischen zehn und 35 Personen. Weitere Kranzniederlegungen hat es an einem Ehrenmal „Am Licentiatenberg" in Groß-Borstel und am Basselweg in Stellingen gegeben.

17. Juli 2002 Anlässlich des 70. Jahrestages des sogenannten „Altonaer Blutsonntags" brachten Hamburger Neonazis kurzfristig eine sogenannte „Gedenktafel für ermordete Nationalsozialisten" in Hamburg-Altona an.

17. November 2002 Kranzniederlegung am Ehrenmal Basselweg in HamburgStellingen anlässlich des sogenannten „Heldengedenkens" durch circa 70 „Freie Nationalisten". 16. Juli 2003 Eine Gruppe „Freier Nationalisten" führte anlässlich des sogenannten „Altonaer Blutsonntags" erneut eine Gedenkveranstaltung in Altona für die „in Hamburg während der Kampfzeit ermordeten Nationalsozialisten" durch.

19. Juli 2003 Anlässlich des 60. Jahrestages der „Operation Gomorrha" führte die NPD einen sogenannten „Trauermarsch" in Hamburg mit 130 Teilnehmern, darunter dem Bundesvorsitzenden Udo Voigt, durch.

Zum selben Thema hielt Christian Worch am 28. Juli 2003 eine Mahnwache mit circa 50 Teilnehmern an der Mundsburg ab.

16. November 2003 Neben selbst organisierten dezentralen Kranzniederlegungen anlässlich des sogenannten „Heldengedenkens" versuchten einzelne Rechtsextremisten, sich an bürgerlichen Gedenkveranstaltungen zu beteiligen.

14. November 2004 Örtliche Kranzniederlegungen in kleineren Gruppen und Versuche von Rechtsextremisten, an bürgerlichen Gedenkveranstaltungen teilzunehmen.

8. Mai 2005 2005 gab es im Vorfeld des sogenannten „Tages der Ehre" Reinigungsaktionen an mehreren Hamburger Denkmälern.

Am 8. Mai selbst beteiligten sich zahlreiche Hamburger Rechtsextremisten an der zentralen Veranstaltung der „Jungen Nationaldemokraten" in Berlin (Motto: „60 Jahre Befreiungslüge ­ Schluss mit dem Schuldkult", circa 3.300 Teilnehmer). 30. Juli 2005 sogenannter Gedenkmarsch von 150 Rechtsextremisten unter Leitung von Thomas Wulff unter dem Motto „62. Jahrestag/Bombardierung von Hamburgs Zivilbevölkerung. Kein Vergeben, kein Vergessen" in Hamburg-Eilbek.

21. August 2005 Norddeutsche Neonazis legten in Hamburg einen Kranz an einem Ehrenmal nieder. Ursprünglich sollte der Kranz im Rahmen der zentralen Heß-Gedenkveranstaltung in Wunsiedel auf das Grab von Heß gelegt werden. Die Veranstaltung wurde verboten.

13. November 2005 Örtliche Kranzniederlegungen in kleineren Gruppen anlässlich des sogenannten „Heldengedenkens".

9. Ist es richtig, dass die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt die Fach- und Rechtsaufsicht gegenüber dem Friedhof Ohlsdorf hat?

Wenn ja, welche rechtlichen und politischen Möglichkeiten hat die Behörde, neofaschistische beziehungsweise rechtsradikale Aufmärsche zu verbieten? Hat die Behörde in der obigen Angelegenheit Gespräche mit dem Friedhof Ohlsdorf geführt?

Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

Gemäß Zuständigkeitsanordnung über das Friedhofs- und Bestattungswesen obliegt der HF die Zuständigkeit für die Genehmigung von Veranstaltungen, insbesondere von Gedenkfeiern auf Friedhöfen.

Zwischen HF und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sind im Jahr 2008

Gespräche über die nach dem Bestattungsgesetz zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel geführt worden. Dabei ist die weitere Behandlung von Anträgen zwischen HF und der zuständigen Behörde abgestimmt worden. Im Übrigen siehe Antworten zu

5. und 7.

10. Plant der Hamburger Senat für die Hamburger Friedhöfe und ihre unmittelbare Umgebung sowie gegebenenfalls für Gedenkstätten, Denkmäler und deren Umgebung ein dem brandenburgischen Gesetz entsprechendes Verbot neofaschistischer beziehungsweise rechtsradikaler Aufmärsche?

Wenn ja, wann wird der Gesetzgebungsprozess eingeleitet?

Wenn nein, warum nicht?

Hamburg hat mit dem Gesetz zum Schutz der KZ-Gedenkstätte Neuengamme vom 21. September 2005 von der in § 15 Absatz 2 Satz 4 des Versammlungsgesetzes eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine landesrechtliche Regelung zu schaffen, die die historisch besonders herausragende Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus vor rechtsextremistischen Versammlungen schützt. Für etwaige darüber hinausgehende Regelungen beobachten die zuständigen Behörden die weitere Entwicklung.

11. Ist es richtig, dass neofaschistische beziehungsweise rechtsradikale Gedenkveranstaltungen, auf denen politische Reden gehalten werden, Kundgebungen nach dem Versammlungsrecht sind und 48 Stunden vor Beginn bei der Versammlungsbehörde angemeldet werden müssen? Ist es richtig, dass die Nichtanmeldung einer solchen Kundgebung einen Straftatbestand erfüllt? Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Nichtanmeldung einer Versammlung sind gegen neofaschistische beziehungsweise rechtsradikale Aufmärsche beziehungsweise „Gedenkveranstaltungen" in den letzten zehn Jahren eingeleitet worden? Welchen Verfahrensausgang haben diese Strafverfahren genommen?

Ob es sich bei einer Veranstaltung im Sinne der Fragestellung um eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz handeln könnte, die dann eine Anmeldung erforderlich machte, bedarf einer Prüfung im konkreten Einzelfall. Zur strafrechtlichen Beurteilung siehe § 26 Versammlungsgesetz sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung.

Anlass für entsprechende Ermittlungsverfahren gab es bisher nicht.