Geothermische Energie auch als Erdwärme bezeichnet nimmt unter den erneuerbaren Energieträgern eine besondere Rolle ein

Geothermische Energie

Im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes hat das Thema Energie und speziell die Förderung von erneuerbaren Energien einen hohen Stellenwert erhalten.

Geothermische Energie ­ auch als Erdwärme bezeichnet ­ nimmt unter den erneuerbaren Energieträgern eine besondere Rolle ein. Diese Energie ist die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde. Der geothermische Wärmefluss wird durch die lokalen geologischen Untergrundverhältnisse bestimmt und ist zeitlich konstant, das heißt unabhängig von Tageszeiten und Jahreszeiten. Die Nutzung der Geothermie kann grob in oberflächennahe Geothermie und Tiefengeothermie unterteilt werden. Während die oberflächennahe Geothermienutzung durch Installation von Erdkollektoren sowie Erdwärmesonden (Tiefe circa 100 m ­ 150 m) zur Versorgung von einzelnen Gebäuden (oder Gebäudekomplexen) genutzt wird, bietet die Tiefengeothermie die Möglichkeit von größer dimensionierten Energieversorgungsprojekten inklusive der Produktion von elektrischer Energie.

Unsere Aufgabe besteht darin, Technologien zu entwickeln, mit denen diese natürliche Erdwärme zur Energiegewinnung noch besser nutzbar gemacht werden kann und zur Deckung von Grundlastbedarfen hin entwickelt werden kann. Denn aufgrund steigender Energiepreise gibt es auch in Hamburg eine erhöhte Nachfrage nach kostengünstigeren erneuerbaren Energieformen.

Neben der Unabhängigkeit von Jahreszeiten, Klima und Wetterverhältnissen, liegt ein weiterer Vorteil der geothermischen Energieerzeugung in der Bereitstellung von günstiger, preisstabiler Wärme.

Daher fragen wir den Senat:

1) Sind hydrothermale Energievorkommen oder Gesteinswärme unterhalb Hamburgs vorhanden?

a) Wenn ja, welche und wie bewertet der Senat dieses geothermische Potenzial des Hamburger Untergrunds?

Grundsätzlich kann im Hamburger Raum sowohl oberflächennah als auch in größerer Tiefe geothermische Energie gewonnen werden. Die Nutzung von Erdwärme als innovative, klimafreundliche Heizstrategie bis hin zu einer im besten Falle grundlastfähigen Energieerzeugung kann einen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen und damit zum Klimaschutz leisten. Die zuständige Behörde plant daher, die Nutzung geothermischer Energie weiter auszubauen.

Oberflächennahe Geothermie:

Im oberflächennahen Bereich kann Erdwärme über erdgekoppelte Systeme wie Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren und erdgebundene Beton-Bauteile oder über hydraulische Systeme (Wärmepumpenanlagen mit Grundwassernutzung) gewonnen werden. Die geologisch-naturräumlichen Gegebenheiten für den Einsatz von oberflächennaher Geothermie sind in weiten Teilen Hamburgs gegeben. Beschränkungen ergeben sich gegebenenfalls aufgrund anderer Regularien. So ist aus Gründen des vorbeugenden Grundwasserschutzes die Nutzung oberflächennaher Geothermie in bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel in Wasserschutzgebieten nicht oder nur mit Einschränkungen erlaubt. Zum Schutz und Erhalt der öffentlichen Trinkwasserversorgung dürfen Erdwärmesonden außerdem nicht in die tiefen Grundwasserleiter (tertiäre Obere und Untere Braunkohlesande beziehungsweise niveaugleiche Grundwasserkörper in den eiszeitlichen Rinnen) eingebaut werden. Die oberflächennahe Geothermie wird häufig in Kombination mit solarer Warmwasserbereitung und Flächenheizsystemen bisher noch überwiegend bei Neubauvorhaben realisiert.

Tiefe Geothermie:

Für eine direkte Wärmenutzung oder eine wirtschaftliche Stromerzeugung sind tiefe Bohrungen notwendig. In der tiefen Geothermie erfolgt die Wärmeentnahme über hydrothermale oder petrothermale Systeme (zum Beispiel HDR-Systeme = Hot-DryRock) oder über tiefe Erdwärmesonden.

Im Temperaturbereich bis circa 125 Grad Celsius sind in für hydrothermale Systeme wirtschaftlich erreichbaren Tiefen bis circa 3.500 m in Hamburg drei geothermische Nutzhorizonte vorhanden, wobei Verbreitung, Tiefenlage, Mächtigkeit und Speichereigenschaften sehr unterschiedlich sind. Es handelt sich um die Neuengammer Gassande (Temperaturbereich um circa 45 Grad Celsius), die Dogger-Sandsteine des Jura (Temperaturbereich um circa 70 bis 80 Grad Celsius) und die Rhät-Sandsteine des Keuper (Temperaturbereich um circa 120 bis 130 Grad Celsius).

Das Potenzial einer geothermischen Nutzung im Hochtemperaturbereich (> 130 Grad Celsius) mit dem Ziel einer Verstromung wurde bisher im Hamburger Raum nicht detailliert untersucht. Um entsprechende Temperaturen zu erreichen, sind in Hamburg Bohrtiefen von deutlich mehr als 4.000 m erforderlich. Potenzielle Nutzhorizonte wären Sandsteine der triassischen Buntsandstein-Formation oder Ablagerungen des Rotliegenden (Sandsteine beziehungsweise Vulkanite) aus dem Perm, die im Hamburger Raum bisher kaum oder gar nicht durch Bohrungen aufgeschlossen sind.

Tiefe Erdwärmesonden, die nach ähnlichen Prinzipien arbeiten wie die Erdwärmesonden im oberflächennahen Bereich, nutzen die umgebende Gesteinstemperatur. Ein Einsatz wäre prinzipiell in weiten Teilen Hamburgs möglich. Aufgrund ihrer im Vergleich zu hydrothermalen oder petrothermalen Systemen geringen Entzugsleistungen ist der kostenintensive Einbau tiefer Erdwärmesonden jedoch in vielen Fällen nicht wirtschaftlich.

b) Sind geologische Informationen zum geothermischen Potenzial vollständig kartiert?

Wenn ja, wie wird es verfügbar gemacht?

Wenn nein, wie kann eine Detaillierung erfolgen?

Oberflächennahe Geothermie:

Die im Geologischen Landesamt Hamburg digital verfügbaren Daten von mehr als 230.000 Bohrungen wurden ausgewertet und daraus für Hamburg flächendeckende Übersichtskarten zur Abschätzung der spezifischen Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes erstellt. Eine Visualisierung dieser Beratungsinformation im Internet wird derzeit über den Portal-Prototyp „Digitaler Atlas Nord" erprobt (www.digitaleratlasnord.de). Neben den Karten können dort auch Bohrungsdaten mit den zugehörigen geothermischen Kenndaten im Internet abgerufen werden. Außerdem bietet das Geologische Landesamt eine sehr häufig nachgefragte individuelle, grundstücksbezogene Beratung an (rund 500 Anfragen im Jahr 2008).

Tiefe Geothermie:

Der tiefe Untergrund Hamburgs ist im Wesentlichen nur im südlichen Randbereich durch Tiefbohrungen der Erdölindustrie erschlossen. Aussagen über tiefliegende geologische Formationen in anderen Teilen Hamburgs sind nur anhand von Korrelationen mit außerhalb Hamburgs liegenden Tiefbohrungen, geophysikalischen Untersuchungen oder geologischen Karten (wie zum Beispiel Baldschuhn et alii (2001): „Geotektonischer Atlas von Nordwestdeutschland und dem deutschen Nordsee-Sektor") möglich. Eine Verbesserung des Kenntnisstands zum tiefen Untergrund Hamburgs könnte nur durch aufwändige seismische Erkundungsarbeiten oder Tiefbohrungen erreicht werden. Geologische Machbarkeitsstudien zur geothermischen Nutzung insbesondere der Rhät-Sandsteine auf Basis der verfügbaren regionalen Kenntnisse aus dem norddeutschen Raum liegen für den südlichen Hamburger Bereich vor beziehungsweise sind für das östliche Randgebiet Hamburgs in Zusammenarbeit mit dem Geologischen Dienst von Schleswig-Holstein in Vorbereitung.

2) Welche Chancen und Risiken gibt es für Hamburg im Bereich oberflächennaher Geothermie beziehungsweise Tiefengeothermie?

Oberflächennahe Geothermie:

Da oberflächennahe Geothermie in weiten Teilen Hamburgs genutzt werden kann und mithilfe der Wärmepumpentechnik sowohl das Heizen als auch das Kühlen von Gebäuden möglich ist, wird die oberflächennahe Geothermie zunehmend nachgefragt.

Tiefe Geothermie:

Nachdem eine 1997 in Hamburg-Allermöhe niedergebrachte Bohrung in den Mittelrhät-Hauptsandstein zu wenig Wasser für eine wirtschaftliche geothermische Nutzung lieferte, wird das Fündigkeitsrisiko für Hydrothermal-Projekte im Hamburger Südosten als hoch eingestuft. Aufgrund der konkreten Bohrungsdaten aus Allermöhe ist zwar eine Abschätzung der zu erwartenden Temperaturen im Rhät möglich, die für eine Einschätzung der Wirtschaftlichkeit erforderlichen Schüttungsraten sind beim derzeitigen Kenntnisstand jedoch nicht seriös quantifizierbar.

Für petrothermale Projekte zur Stromerzeugung wären aufgrund des äußerst geringen Kenntnisstands über den tiefen Untergrund jenseits des Rhäts zunächst erhebliche Vorerkundungsarbeiten mit entsprechend hohem Investitionsaufwand erforderlich.

Der Senat treibt, nachdem die Förderung tiefer Geothermieprojekte im Rahmen des Marktanreizprogramms der Bundesregierung bis hin zur Übernahme unvorhergesehener Bohrmehrkosten und einer Risikoabsicherung des Fündigkeitsrisikos erweitert wurde, nunmehr auch in Hamburg Projekte der Tiefengeothermie voran.

3) Wie viel CO2 kann bei der Erzeugung von Energie durch oberflächennahe Geothermie beziehungsweise bei Tiefengeothermie im Vergleich zu den herkömmlichen Verfahren bei gleicher Energiemenge eingespart werden?

Oberflächennahe Geothermie:

Nach einer Feldstudie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE können bei der Wärmeerzeugung mittels oberflächennaher Geothermie je nach eingesetztem System (Grundwasser-Wärmepumpe oder Sole-Wärmepumpe) durchschnittlich zwischen 20 Prozent und 25 Prozent CO2 gegenüber der Wärmeerzeugung durch eine Gas-Brennwertheizung eingespart werden.

Tiefe Geothermie:

Nach dem Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB-Arbeitsbericht Nummer 84), „Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland" (2003) betragen die CO2-Äquivalent-Emissionen (CO2, CH4, N2O, SF6 u.a.) eines geothermischen Referenzsystems für die Bereitstellung von 1 GWh Strom mit 79 t/GWh weniger als ein Zehntel der Emissionen eines modernen Steinkohle-Dampfkraftwerkes (878 t/GWh).