Das Revier Klövensteen ist eines über den Hamburger Westen hinaus bekanntes und beliebtes Naherholungsgebiet

Hilferuf aus dem Klövensteen ­ Hohe Auflagen aus der EU-Zoo-Richtlinie. Steht das Rissener Wildgehege vor der Schließung?

Das Revier Klövensteen ist eines über den Hamburger Westen hinaus bekanntes und beliebtes Naherholungsgebiet. Ein gut gepflegtes Wander- und Reitwegenetz steht den Besuchern zur Verfügung. Der neue Waldspielplatz hat sich zu einem Besuchermagneten für Kinder und Familien entwickelt ­ und auch das Wildgehege Klövensteen ist für Familien mit Kindern jederzeit frei zugänglich. Acht Tierarten sind zu beobachten, darunter Wild, Frettchen und Bienen. Das Gehege ist auch für den Besuch Behinderter eingerichtet.

Nun berichtet jedoch die Tagespresse, dass dem Wildgehege Klövensteen für dringende Maßnahmen das Geld fehlt und im schlimmsten Fall die Schließung des Wildgeheges droht. Hintergrund ist die seit zwei Jahren auch in Hamburg geltende EU-Zoo-Richtlinie. Sie bestimmt, dass beispielsweise Wildparks wie der Klövensteen in europäischen Kategorien als Zoo gelten.

Daher müssen bei der Tierhaltung und Arbeitsschutz höhere und kostenintensive Auflagen erfüllt werden. Die Umweltbehörde führt dazu vier Mal im Jahr Kontrollen durch. Sowohl die „BILD-Zeitung" als auch die „Hamburger Morgenpost" berichten übereinstimmend von mehrseitigen Maßnahmenkatalogen, wo folgende Schritte angemahnt würden: Verlegung von Strom- und Wasserleitungen, Verdoppelung der Zäune sowie die Renovierung der Tiergehege.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Die Richtlinie 1999/22/EG des Rats vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren im Zoo wurde erlassen um sicherzustellen, das Zoos ihre Aufgaben bei der Arterhaltung, der Aufklärung der Öffentlichkeit und/oder der wissenschaftlichen Forschung angemessen erfüllen. Am 7. August 2001 wurde diese Richtlinie im § 32 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes (HmbNatSchG) umgesetzt. Eine Änderung der Definition des Begriffes Zoo erfolgte zum 3. April 2007.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Welche Bedeutung misst der Senat dem Naherholungsgebiet und dem Wildgehege Klövensteen grundsätzlich bei?

Das Revier Klövensteen einschließlich des Wildgeheges ist ein bedeutendes Naherholungsgebiet.

2. Welche Auflagen muss das Wildgehege Klövensteen gemäß der EUZoo-Richtlinie erfüllen? Bitte einzeln aufzählen.

Die Genehmigung zum Betrieb und zur Erweiterung der Betriebseinheit „Wildgehege im Klövensteen" vom 30. Mai 2002 als Zoo wurde an die Einhaltung folgender Nebenbestimmungen gebunden:

a) Es ist ein verantwortlicher, entscheidungsbefugter Ansprechpartner zu benennen.

b) Neuere Erkenntnisse zur Ausgestaltung von Zoos, insbesondere zur Haltung einzelner Arten, sind zukünftig fortlaufend im Sinne des § 32 HmbNatSchG zu berücksichtigen.

c) Bis Ende 2002 waren zwei Betonplatten im Schwarzwildgehege des Wildgeheges einzubringen. Auf ihnen müssen zukünftig die Futtertröge stehen.

d) Bis Ende 2002 war im Dam-/Muffelwildgehege eine Betonplatte einzubringen. Auf ihr musste eine Futterraufe für das Muffelwild installiert werden.

e) Nach Erteilung der Genehmigung zur Inbetriebnahme des Zoos war im Rotwildgehege eines der im Süden gelegenen bewaldeten Gatter ganzjährig als Rückzugs- und Ausweichgelegenheit für das Rotwild zu öffnen und im Gehege eine Suhle dauerhaft für das Rotwild einzurichten.

f) Für die Tiere ist (unter Berücksichtigung der Zootierhaltung) auf artspezifische Bedürfnisse zu achten.

g) Das Iltisgehege war im Bodenbereich mit mehr Strukturvielfalt und Bodenbewuchs bis Ende 2003 auszustatten. Der Iltis ist unter anderem durch Verstecken der Nahrung mehr zu beschäftigen.

h) Das an das Iltisgehege angrenzende Holzhaus ist bei Neuanschaffung eines zweiten Iltis zu öffnen und so herzurichten, dass den Iltissen bei Unverträglichkeit Rückzugsmöglichkeiten bleiben. Strohballen, Heu et cetera sind hier locker aufzuschichten (Möglichkeiten zum Verstecken, Klettern und so weiter). Für eine bessere natürliche Belichtung (Sonneneinstrahlung) bis in den hinteren Bereich des Holzhauses war bis Ende 2003 zu sorgen.

i) Das an das Iltisgehege angrenzende Holzhaus darf nur in Kombination mit einer sich daran anschließenden artgemäßen Außenanlage für Musteliden genutzt werden. Die Nutzung als separates Dauergehege für Musteliden wird untersagt.

j) Die Uhus dürfen nur zum Zwecke der Forschung und Lehre und nicht zum Zweck der Wiederansiedlung in Freiheit gehalten werden.

k) Die Errichtung eines Nerzgeheges war bis Ende 2003 umzusetzen. Ein Nachweis, dass der zukünftige Nerzbesatz aus Nachzüchtungen stammt, ist vor dem ersten Einsetzen in das Gehege zu erbringen.

l) Verantwortlich für die Umsetzung des Projekts „Nerzgehege" und dem zukünftigen Betrieb des Nerzgeheges ist im Sinne des § 32 HmbNatSchG gegenüber der zuständigen Behörde die Behörde für Wirtschaft und Arbeit, Abteilung Wald, Jagd und Fischerei als Zoobetreiber und nicht die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

m) Die Beschilderung ist fortlaufend unter Berücksichtigung moderner zoopädagogischer Methoden und Inhalte zu erneuern und zu vervollständigen. Wenn, bezogen auf die jeweiligen Wildarten, Lebensraumstrukturen in den einzelnen Gehegen erkennbar sind, müssen diese mit in die entsprechenden Informationen für die Besucher einfließen.

n) Erste Informationsmaterialien waren bis Ende 2002 bereitzustellen und fortlaufend zu ergänzen.

o) Die Mitarbeiter des Zoos müssen sich, bezogen auf ihre Aufgabenbereiche, fortlaufend weiterbilden.

3. Welche dieser Auflagen müssen noch erfüllt werden?

Die Auflage 2. c).

4. Bis wann müssen diese Auflagen erfüllt werden?

Die Auflage wird bis Mitte 2010 erfüllt.

5. Welche Wildgehege gelten in Hamburg gemäß der oben genannten EURichtlinie als „Zoo"?

Nur das Wildgehege Klövensteen.

6. Welche finanziellen und personellen Aufwendungen sind für die Erfüllung dieser Standards notwendig?

Um die Standards gemäß der EU-Richtlinie zu erfüllen, sind nach Angaben des zuständigen Bezirksamts Betriebsmittel in Höhe von jährlich 50.000 Euro erforderlich sowie investive Mittel von jährlich rund 25.000 Euro (abhängig von den jeweiligen Maßnahmen). Bei der im Wildgehege vorhandenen Anzahl von derzeit 112 Tieren sind für die Hege und Pflege zudem Personalressourcen von einer Meisterstelle (technischer Dienst und Tierpfleger) und vier Stellen Tierpfleger/Forstwirte erforderlich. Sämtliche Ressourcen werden durch Umschichtung innerhalb des Bezirksamts bereitgestellt.

7. Soll die Erreichung der oben genannten europäischen Standards aus den Mitteln zur Bewirtschaftung des Klövensteen realisiert werden oder stehen hier zusätzliche Mittel zur Verfügung?

Wenn ja, welche? Bitte um Nennung der Summen sowie der jeweiligen Haushaltstitel.

Wenn nein, warum nicht?

Es stehen fallweise Mittel der Irmgard-Greve-Stiftung zur Verfügung.

8. Gibt es vonseiten des Senats Erkenntnisse, ob es in anderen Bundesländern zu ähnlichen Problemen bezüglich der Einstufung von Wildgehegen gekommen ist und wie dies jeweils vor Ort bewältigt wurde?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor.

9. Werden diese Standards von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt kontrolliert?

Wenn ja, wie oft? Was wird dabei im Einzelnen geprüft?

Wenn nein, warum nicht?

Die Überprüfung des Wildgeheges erfolgt anlassbezogen durch die zuständige Behörde in Bezug auf die in der Antwort zu 2. genannten Auflagen.

10. Ist es richtig, dass der Klövensteen kürzlich knapp 1 Million Euro aus dem Konjunkturprogramm des Bundes erhalten hatte?

Wenn ja, für welche Aufgaben sollen diese Mittel eingesetzt werden?

Aus dem Konjunkturprogramm des Bundes hat das Bezirksamt Mittel in Höhe von 900.000 Euro für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes für die Försterei Klövensteen mit Büro, Sozialräumen, Werkstatt, Futterküche mit Schlachtplatz und Kühlraum sowie Holzhof erhalten.

11. Haben die zuständigen Fachbehörden dem Bezirksamt bei der Bewältigung der Aufwendungen zur Einhaltung der EU-Auflagen Unterstützung angeboten?

Wenn ja, welche? Bitte je nach Fachbehörde und Art der Unterstützung spezifizieren.

Wenn nein, warum nicht?

Die zuständige Behörde hat das zuständige Bezirksamt 2008 gebeten, ein Konzept über die zukünftige Entwicklung des Wildgeheges vorzulegen, aus dem Bedarf und Priorität notwendiger Betriebs- und Investitionsmittel unter Einbeziehung von Drittmitteln zu erkennen und nachzuvollziehen sind.