Straßenmarkierungen gegen den Schilderwald

In einer Pressemitteilung vom 20. Januar 2009 kündigte der Präses der Behörde für Inneres einen Modellversuch an, mit dem eine Vielzahl Haltverbotsschilder durch gelbe Straßenmarkierungen ersetzt werden sollen. Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 hat die Freie und Hansestadt Hamburg diesbezüglich einen entsprechenden Verordnungsantrag in den Bundesrat eingebracht, dem der Bundesrat am 6. März 2009 zugestimmt hat.

In diesem Zusammenhang frage ich den Senat:

1. Wie stellt sich nach Kenntnis der zuständigen Behörde der aktuelle Umsetzungsstand in Bezug auf den vom Bundesrat beschlossenen Verordnungsantrag „Entwurf einer Verordnung über die versuchsweise Einführung von Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen in Gelb zur Regelung von Halt- und Parkverboten" (Bundesrats-Drucksache 113/09) dar?

Der erfragte Stand der Umsetzung liegt außerhalb des Verantwortungsbereiches des Senats.

2. § 1 Absatz 2 des Verordnungsentwurfs lautet: „Fahrzeugführer dürfen neben einer am Fahrbahnrand oder am Bordstein angeordneten unterbrochenen gelben Linie nicht parken (§ 12 Absatz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung)." In der Begründung ist von Halt- und Parkverboten die Rede, die durch Zeichen 283 und 286 als Schild angeordnet sind. Zeichen 286 regelt jedoch nicht das Parkverbot, sondern das eingeschränkte Haltverbot (§§ 12 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b, 41 Absatz 2 Nummer 8 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)). Laut Senatsantwort (Drs. 19/2921) werden die Begriffe „Parkverbot" und „eingeschränktes Haltverbot" im Allgemeinen synonym verwendet.

a) Worauf stützt sich diese Rechtsauffassung der zuständigen Behörde, die sich zumindest nicht ohne Weiteres aus dem Wortlaut der §§ 12 und 41 Absatz 2 Nummer 8 StVO ergibt?

b) Inwieweit werden die Begriffe „Parkverbot" und „eingeschränktes Haltverbot" auch im Besonderen synonym verwendet?

c) Inwieweit darf im Parkverbot abweichend vom Wortlaut des § 12

Absätze 2 und 3 StVO auch über drei Minuten gehalten werden, wenn dies dem Ein- und Aussteigen oder dem Be- und Entladen dient?

Die Antwort in Drs. 19/2921 stützt sich zum einen darauf, dass ein durch Zeichen 286 angeordnetes gesetzlich so bezeichnetes „eingeschränktes Haltverbot" das Parken grundsätzlich verbietet. Im Unterschied zu diesem Parkverbot im Sinne eines „einge schränkten Haltverbots" verbieten gesetzliche Parkverbote das Parken generell, also auch dann, wenn es zum Ein- oder Aussteigen oder zum Be- oder Entladen erfolgt.

Zum anderen stützt sich die Antwort auf die Formulierungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (vergleiche BR-Drucksache 113/09 (Beschluss)). Zudem war der Verordnungsantrag einschließlich der Begründung auf Fachebene zuvor mit allen zuständigen Fachressorts auf Bundes- und Länderebene abgestimmt worden. Außerdem ist er in den zuständigen Bundesratsausschüssen nochmals beraten worden, bevor er am 6. März 2009 vom Bundesrat der Bundesregierung zugeleitet wurde.

Unabhängig davon hat die zuständige Behörde zwischenzeitlich auf Arbeitsebene empfohlen, bei der Umsetzung des Verordnungsantrages die Formulierung in § 1 zu präzisieren.

d) Das Oberlandesgericht Celle hat 1990 entschieden, dass das Beund Entladen über drei Minuten von den Parkverboten erfasst wird (OLG Celle NZV 1991, 81). Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung 1993 bestätigt (BGHSt 39, 119). Sind der zuständigen Behörde diese Entscheidungen bekannt?

Wenn ja: Warum wurden sie bei der Formulierung des Verordnungsentwurfs nicht berücksichtigt?

Wenn nein: Warum nicht?

Ja. Sie wurden nicht berücksichtigt, weil sie sich auf seit 1. März 1994 nicht mehr geltendes Recht und lediglich auf die Rechtslage an Taxiständen beziehen.

3. Durchgehende und unterbrochene gelbe Linien am Fahrbahnrand als Halt- und Parkverbote sind dem deutschen Recht nicht fremd. Sie waren bereits Gegenstand der Straßenverkehrs-Ordnung der Deutschen Demokratischen Republik vom 26. Mai 1977 (GBl. I Nr. 20 S. 257, nachfolgend: StVO-DDR), siehe nachfolgende Abbildung:

a) Inwieweit hat sich die zuständige Behörde bei ihrem Verordnungsantrag „Entwurf einer Verordnung über die versuchsweise Einführung von Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen in Gelb zur Regelung von Halt- und Parkverboten" von den Regelungen der StVO-DDR leiten lassen?

b) Inwieweit hat die zuständige Behörde dabei auf Erfahrungen von ehemaligen Rechtsanwendern der StVO-DDR zurückgegriffen?

Die zuständige Behörde hat sich mit der StVO der ehemaligen DDR nicht befasst. Im Übrigen siehe Drs. 18/7779 und BR-Drucksache 113/09 (Beschluss).

c) Warum hat der bundesdeutsche Verordnungsgeber nach Kenntnis der zuständigen Behörde die in der DDR bewährten Regelungen, anders als beispielsweise mit dem Grünpfeil geschehen, nicht in die StVO übernommen?

Der zuständigen Behörde liegen dazu keine Informationen vor.

4. Die StVO-DDR enthält mit dem Bild 517 weitere Halt- und Parkverbote betreffende Fahrbahnmarkierungen, siehe nachfolgende Abbildung:

Hat die zuständige Behörde die Übernahme auch solcher Fahrbahnmarkierungen geprüft?

Wenn ja: Mit welchem Ergebnis? Was sprach letztlich dagegen, für bestimmte Fälle auch solche Fahrbahnmarkierungen vorzusehen?

Wenn nein: Warum nicht?

Die zuständige Behörde hat sich mit der StVO der ehemaligen DDR nicht befasst. Im Übrigen siehe Drs. 18/7779 und BR-Drucksache 113/09 (Beschluss).

5. Kritiker der vorgeschlagenen gelben Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen bemängeln, dass sie sich nur schwerlich von den bekannten, vor allem für Baustelleneinrichtungen verwendeten gelben Fahrstreifenbegrenzungen im Sinne des § 41 Absatz 4 StVO unterscheiden lassen, was zu Konflikten führen könne. Außerdem müsse die Reinigung und Schneebeseitigung in Straßen, wo gelbe Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen zum Einsatz kommen, intensiviert werden, um sicherzustellen, dass die Markierungen auch immer sichtbar sind.

a) Wurden die zuständigen Straßenbaubehörden an dem Verordnungsantrag „Entwurf einer Verordnung über die versuchsweise Einführung von Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen in Gelb zur Regelung von Halt- und Parkverboten" beteiligt und wenn ja, wie haben sie sich zu dem Entwurf geäußert, insbesondere im Hinblick auf mögliche Konflikte mit den heute verwendeten gelben Baustellenmarkierungen?

Nein.

b) Wie sollen Verkehrsteilnehmer die gelben Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen von den gelben Markierungen im Sinne von § 41 Absatz 4 StVO unterscheiden können?

Siehe BR-Drucksache 113/09 (Beschluss).

c) Wie beabsichtigt die zuständige Behörde Befürchtungen zu begegnen, wonach die Akzeptanz gelber Fahrstreifenbegrenzungen an Baustellen im Falle der Einführung ebenfalls gelber Fahrbahnrandund Bordsteinmarkierungen sinken könnte?

Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht.

d) Warum hat sich die zuständige Behörde überhaupt für gelbe und nicht, um Verwechslungen mit gelben Baustellenmarkierungen vorzubeugen, für beispielsweise rote Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen entschieden? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das „Protokoll über Straßenmarkierungen zum Europäischen Zusatzabkommen zum Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen, das in Wien am 8. November 1968 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde" (BGBl. II 1977, S. 1026)?

Siehe BR-Drucksache 113/09 (Beschluss).

e) Inwiefern müssen im Falle der wenn zunächst auch nur probeweisen Einführung gelber Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen die „Richtlinie zur Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen" (RSA), die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen" (ZTV-SA) oder ähnliche Regelwerke an diesen Umstand angepasst werden?

Eine Anpassung ist derzeit nicht notwendig.

f) Wie soll sichergestellt werden, dass die Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen jederzeit für die Verkehrsteilnehmer erkennbar sind? Inwieweit sollen in den betreffenden Straßen die Reinigungsund gegebenenfalls Schneebeseitigungsintervalle erhöht werden?

Wie bei anderen verhaltensregelnden Markierungen oder Schildern ist es praktisch ausgeschlossen, dass sie „jederzeit für die Verkehrsteilnehmer erkennbar sind".

6. Die Ernsthaftigkeit der Bemühungen im Kampf gegen den Schilderwald muss sich auch daran messen lassen, ob die zuständige Behörde bereits heute das Aufstellen von Verkehrszeichen auf ein Minimum beschränkt. Ein unrühmliches Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Neubau der Kohövedstraße in Rahlstedt und die damit einhergehende Beschilderung. So findet sich dort auf einem 250 Meter langen Teilabschnitt bereits jetzt 14-mal das Zeichen 315 („Parken auf Gehwegen").

Da die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ist zu befürchten, dass weitere derartige Schilder dazukommen.

a) Gibt es gegenwärtig keine einfachere Möglichkeit, die gewünschte Regelung mit weniger Verkehrszeichen umzusetzen?

Die Frage kann in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht abschließend geklärt werden.

b) Warum kommt im Falle der Kohövedstraße nicht die Anordnung einer Haltverbotszone (Zeichen 290 und 292) in Betracht, in der durch ein Zusatzschild das Parken auf dafür gekennzeichnete Flächen beschränkt werden kann?

c) Sind die auf dem Gehweg zum Parken vorgesehenen Flächen angesichts des deutlich sichtbar anderen Pflasters nicht bereits im Sinne einer solchen schilderarmen Regelung gekennzeichnet?

Die Zeichen 290 und 292 beziehen sich nicht auf Gehwege. Im Übrigen entfällt.

d) Inwieweit trifft es zu, dass diesem Schilderwald auch nicht mit den im „Entwurf einer Verordnung über die versuchsweise Einführung von Fahrbahnrand- und Bordsteinmarkierungen in Gelb zur Regelung von Halt- und Parkverboten" vorgesehenen Fahrbahnmarkierungen abgeholfen werden könnte?

Siehe BR-Drucksache 113/09 (Beschluss).