Richter

Gegen den freiwilligen Einsatz weiterhin leistungsfähiger Richter über das für die Übergangsjahrgänge in § 7 Abs. 5 HmbRiG geplante Ruhestandsalter hinaus ist an sich nichts einzuwenden. Allerdings lassen sich über das Fortbestehen einer „hinreichenden" Leistungsfähigkeit eines Richters, der die reguläre Altersgrenze erreicht hat, einigermaßen objektive Prognosen nur schwer treffen. Die entsprechende Eigenwahrnehmung des Richters, die zur Antragstellung führt, wird nicht selten von der Wahrnehmung durch die nähere und die weitere Umgebung abweichen.

Die in § 7 Abs. 6 HmbRiG geplante voraussetzungslose Verlängerungsoption wird die Personalplanung erschweren, weil die Nachbesetzbarkeit von Stellen nicht mehr mit dem erforderlichen zeitlichen Vorlauf geplant werden kann. Hier sollte jedenfalls eine Frist zur Ausübung der Option erwogen werden, die sowohl den Belangen der Richter als auch den Belangen der Dienststelle Rechnung trägt. Es steht außerdem zu vermuten, dass von der Verlängerungsoption vor allem Richter in Beförderungsämtern Gebrauch machen werden, was zu einer plötzlichen Verzerrung der Altersstruktur führen muss, die durch die allmähliche Anhebung des Ruhestandsalters gerade vermieden würde.

Erwägenswert erscheint die Schaffung einer Regelung, die dem Richter die Möglichkeit eines Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand in einer Teilzeittätigkeit eröffnet. Damit würde der typischerweise nachlassenden Spannkraft und Leistungsfähigkeit im Ruhestandsalter Rechnung getragen und nach dem Vorbild der Altersteilzeit zugleich der Eintritt in den Ruhestand erleichtert.

2. Verfahren bei Dienstunfähigkeit (Art. 17 Nr. 9 des Entwurfs) Grundsätzlich ist das mit dem Entwurf verfolgte Ziel einer Straffung und Entschlackung des Verfahrens zu begrüßen. Bedenken ergeben sich im Hinblick auf die geplanten Regelungen in § 88 Abs. 4 und 5 HmbRiG.

a) Die in § 88 Abs. 4 HmbRiG vorgesehene Regelung läuft darauf hinaus, dass die Zulässigkeit der Versetzung in den Ruhestand in zwei verschiedenen Rechtswegen geprüft wird, nämlich einmal durch das Richterdienstgericht, ein zweites Mal durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dies ergibt sich als Konsequenz daraus, dass die entscheidende Stelle die Versetzung in den Ruhestand erst verfügt, nachdem das Richterdienstgericht in einem ­ u.U. langwierigen Verfahren ­ die Dienstunfähigkeit des Richters festgestellt hat. Die Verwaltungsgerichte dürften bei ihrer Prüfung zwar an die Entscheidung der Richterdienstgerichte gebunden sein, hätten aber etwa (tatsächliche oder behauptete) spätere Entwicklungen zu untersuchen, wodurch sich das Verfahren erneut in die Länge ziehen könnte.

b) Aus der Formulierung des geplanten § 88 Abs. 5 HmbRiG könnte gefolgert werden, dass es keinen vorläufigen Rechtsschutz gegen die dort geregelte Einbehaltung der Dienstbezüge, die das Ruhegehalt übersteigen, geben soll. Gedacht ist aber ausweislich der Begründung zum Entwurf eines neuen § 40 HmbBeamtG nur daran, dass insoweit die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfallen sollen. Dies sollte klargestellt werden.

3. Nebentätigkeiten (§ 73 Abs. 1 S. 3, 75 Entwurf des HmbBeamtG)

a) Nach der geplanten Neuregelung in § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HambBeamtG, die nach § 8 Abs. 1 HmbRiG auch auf Richter anwendbar ist, ist durch die Nebentätigkeit eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen u.a. dann zu besorgen, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten behindert werden kann. Gegen diese Regelung ist nichts einzuwenden. Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs gilt diese Voraussetzung aber in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Tätigkeiten acht Stunden in der Woche überschreitet.

Diese pauschale Acht-Stunden-Grenze erscheint nicht gerechtfertigt. Soweit sie sich

­ was die Formulierung jedenfalls nicht ausschließt ­ auch auf einzelne Wochen bezieht, ist sie schon deshalb nicht praktikabel, weil einzelne Nebentätigkeiten dann nicht mehr sachgerecht durchgeführt werden könnten. So dauert etwa eine einzige mündliche Prüfung in der Großen Juristischen Staatsprüfung nicht selten länger als acht Stunden und würde schon allein das Maß des Zulässigen bereits ausschöpfen oder überschreiten. Entsprechendes gilt für die Betreuung von Klausurenkursen.

Ebenso können wissenschaftliche Arbeiten wie etwa die Mitarbeit an einem Kommentar oder die Abfassung eines Beitrags für eine Fachzeitschrift nicht sachgerecht erledigt werden ohne einen Arbeitseinsatz, der ­ u.U. über einen längeren Zeitraum

­ deutlich mehr als acht Stunden pro Woche ausmacht. Wenn und soweit hierfür die Wochenenden und/oder die Abendstunden herangezogen werden, dürfte sich hiergegen auch nichts einwenden lassen.

Dass die Grenze nur „in der Regel" gelten soll, ist insoweit nur ein schwacher Trost, weil sich Kriterien für die Bestimmung der Ausnahmen nicht ohne weiteres erschließen. Insoweit erscheint es deshalb geboten, entweder auf die feste Stundengrenze zu verzichten oder jedenfalls für bestimmte, typischerweise im öffentlichen Interesse liegende Nebentätigkeiten eine abweichende Regelung zu treffen.

b) Bedenken bestehen auch gegen die Regelung in § 75 E-HmbBeamtG, wonach die Übernahme einer Nebentätigkeit einen Monat vorher anzuzeigen sein soll und dabei „die erforderlichen Nachweise, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus" vorgelegt werden sollen. Dieser Verpflichtung könnten die Bediensteten bei vielen Nebentätigkeiten, insbesondere bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Abhandlungen, in der Praxis auch bei gutem Willen nicht nachkommen. Umsetzbar dürfte die Regelung deshalb kaum sein.

Dass die Regelung möglicherweise großzügig gehandhabt werden soll, ist nur ein schwacher Trost, weil damit keine Rechtssicherheit geschaffen wird. Hier sollte eine Regelung gefunden werden, die den sehr unterschiedlichen Formen von Nebentätigkeiten besser Rechnung trägt.