Beteiligung der Landesparlamente bei der Wahrnehmung der Integrationsverantwortung der Länder

Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft

Betreff: Beteiligung der Landesparlamente bei der Wahrnehmung der Integrationsverantwortung der Länder

Am 20. August 2009 fand in Frankfurt/Main eine Sonderkonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente statt. Die Konferenz befasste sich ausschließlich mit den Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 zum Lissabon-Vertrag, insbesondere, welche Folgen sich daraus für die Landtage im Hinblick auf das neu zu fassende sogenannte Begleitgesetz ergeben. Die Präsidentinnen und Präsidenten haben die folgende Entschließung bei zwei Enthaltungen (Hessen und Hamburg) verabschiedet.

Entschließung Beteiligung der Landesparlamente bei der Wahrnehmung der Integrationsverantwortung der Länder

1. Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 den Weg für die Ratifikation des Vertrages von Lissabon frei gemacht hat. Dies ist ein wichtiger Schritt für die europäische Integration und die demokratische Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger hieran.

2. Die damit einhergehende Integrationsverantwortung ist in Deutschland Bund und Ländern übertragen, die jeweils im Rahmen ihrer Gesetzgebungsbefugnisse aktiv die europäische Integration begleiten müssen. Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente unterstreichen, dass insoweit die Rolle und Rechte der Parlamente in diesem Prozess erheblich gestärkt wurden.

3. Die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung obliegt dort, wo es um die Befugnisse zur Gesetzgebung geht, als originäre Aufgabe den Parlamenten. Dies gilt nicht nur für die Bundesebene, sondern führt nach dem Verständnis der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente dazu, dass die Landtage als Träger der Landesgesetzgebung an den Entscheidungsabläufen teilnehmen, soweit es um ihre Gesetzgebungszuständigkeiten geht.

4. Infolgedessen muss nach Auffassung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente im Rahmen der Begleitgesetzgebung berücksichtigt werden, dass die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung der Länder, die nach geltendem Verfassungsrecht über die Mitwirkung im Bundesrat erfolgt, den Landesparlamenten eine angemessene Mitsprache ermöglicht. Dafür ist es notwendig, dass die Informationen, welche die Bundesregierung dem Bundesrat zur Verfügung stellen, auch den Parlamenten der Länder zugänglich gemacht werden.

5. Dies erfordert, dass die Verfahrensabläufe im Bundesrat so organisiert werden, dass den Landtagen eine hinreichende Beratungszeit bleibt, um eine tatsächliche Mitsprachemöglichkeit zu erhalten und so die Integrationsverantwortung wirksam wahrnehmen zu können. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesparlamente betonen, dass es einer effektiven, originären Mitsprache der Landtage ins besondere in den Kernbereichen der Landeszuständigkeiten wie beispielsweise der Schule, der kommunalen Selbstverwaltung, der Daseinsvorsorge, der Kultur und des Rundfunks et cetera bedarf.

6. Nach Meinung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente obliegt es den Ländern, die jeweiligen Regeln im Landesrecht, vorzugsweise im Landesverfassungsrecht, so auszugestalten, dass die notwendige Mitsprachemöglichkeit des Landesparlaments gegenüber der Landesregierung zur Wahrnehmung der Integrationsverantwortung gesichert wird.

7. Um die Gesetzgebungsrechte der Länder wirksam zu schützen, ist es nach Ansicht der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente außerdem erforderlich, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Subsidiaritätsklage seitens des Bundesrates so geregelt werden, dass sie nicht auf übermäßige, die Klagemöglichkeit vereitelnde Hindernisse stößt.