Nach einem schweren Reaktorunfall im Atomkraftwerk Krümmel müsste ganz Hamburg binnen drei Stunden evakuiert werden

Neue Ausbreitungsberechnung für Radioaktivität im Falle eines GAU in Krümmel ­ welche Konsequenzen zieht der Senat?

Nach einem schweren Reaktorunfall im Atomkraftwerk Krümmel müsste ganz Hamburg binnen drei Stunden evakuiert werden. Das geht aus einer neuen Ausbreitungsberechnung hervor, die Prof. Oda Becker von der Fachhochschule Hannover im Auftrag von Greenpeace erstellt hat. Bisher ist man davon ausgegangen, dass für eine Evakuierung 20 Stunden Zeit bleiben.

Nach der Computersimulation würde die radioaktive Wolke innerhalb von eineinhalb Stunden Hamburg erreichen und hätte sich in weiteren eineinhalb Stunden über ganz Hamburg verbreitet. Auch geschlossene Räume bieten keinen ausreichenden Schutz. Die Strahlung würde 2.000 Millisievert messen und davon würde noch ein Drittel in Häusern ankommen.

In Hamburg bestehen konkrete Evakuierungspläne nur innerhalb einer bundesweit definierten Zehn-Kilometer-Zone um ein Atomkraftwerk. In den Vierlanden gelten die Pläne für Altengamme östlich des Gammer Weges. Dort leben 1.500 Menschen, die im Katastrophenfall mit Bussen in andere Orte Hamburgs gebracht würden. Ansonsten gelte die Regel, die Menschen lieber in geschlossenen Räumen zu belassen.

Die letzte Rahmenübung hat laut „Bergedorfer Zeitung" in Bergedorf 2005 stattgefunden. Die Verantwortung für solche Übungen liegt bei den Ländern, in denen die Reaktoren angesiedelt sind. Sie definieren die Lage für die Übungen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde die Studie von Greenpeace bekannt?

Die Berichterstattung über die Studie ist den zuständigen Behörden bekannt. Die Studie liegt den zuständigen Behörden bisher nicht vor. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

a. Wenn ja, wie bewerten Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde diese Studie und welche Konsequenzen ziehen sie daraus?

Entfällt.

b. Wenn nein, wann wird sich der Senat mit der Studie befassen und sie bewerten?

2. Wird der Senat die neue Ausbreitungsberechnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung beraten?

a. Wenn ja, wann und mit welchem Ziel?

b. Wenn nein, warum nicht?

Die Berichterstattung über die Studie ist den zuständigen Behörden bekannt. Die Studie liegt den zuständigen Behörden bisher nicht vor. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

3. Hält der Senat es für ausreichend, dass allein die Betreiberländer für die Durchführung von Katastrophenschutzübungen im Falle des Reaktorunfalls mit Radioaktivität zuständig sind?

a. Wenn ja, warum?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Die zuständige Behörde sieht keinen Anlass, von der bisher praktizierten Form der Zusammenarbeit abzuweichen. Katastrophenschutzübungen werden auf der Grundlage der bundeseinheitlich abgestimmten „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen" (in der Fassung vom 21. September 2008) vorbereitet und durchgeführt. Da mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein können, sehen die Rahmenempfehlungen sowohl für Übungen als auch für den Ereignisfall eine gegenseitige Abstimmung und Zusammenarbeit vor.

Bei den Übungen in Norddeutschland steht schon seit vielen Jahren der Aspekt der Ländergrenzen überschreitenden Zusammenarbeit im Mittelpunkt und diese konnte durch die bisherigen Übungen verbessert und vertieft werden.

b. Wenn nein, welche Abhilfe wird der Senat schaffen?

Entfällt.

4. Ist es richtig, dass die letzte Rahmenübung im Zusammenhang mit einem Reaktorunfall 2005 stattgefunden hat?

a. Wenn ja, hält der Senat das für ausreichend?

Ja.

b. Wenn nein, wie will der Senat Abhilfe schaffen?

Entfällt.

5. Ist die Übung von 2005 ausgewertet worden?

Ja.

a. Wenn ja, von wem und mit welchen Ergebnissen?

Die Übung ist von allen Beteiligten ausgewertet worden. Ein Abschlussbericht ist durch das Innenministerium Schleswig-Holstein gefertigt worden. Wesentliche Erkenntnisse waren, dass sich der Einsatz der Gemeinsamen Messzentrale und der elektronischen Lagedarstellung bewährt haben sowie Optimierungsbedarf im Rahmen der Kommunikation besteht.

b. Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.

6. Hält der Senat angesichts der neuen Gefahrenlage bei einem GAU die bestehenden Maßnahmen und Evakuierungspläne für ausreichend?

a. Wenn ja, wie begründet der Senat das?

b. Wenn nein, was gedenkt der Senat zu tun?

7. Ist eine Gefahrenlage unter den Bedingungen der schnellen Ausbreitung wie in der Greenpeace-Studie beschrieben beherrschbar?

a. Wenn ja, wie?

b. Wenn nein, welche Konsequenzen wird der Senat daraus ziehen?

8. Wie geschieht die Alarmierung der Bevölkerung?

Im Falle eines Störfalls im Kernkraftwerk Krümmel wird die möglicherweise betroffene Bevölkerung über die vorhandenen Sirenenanlagen, durch Lautsprecherdurchsagen sowie über den Rundfunk und das Fernsehen über die Lage informiert und der Bevölkerung werden Verhaltenshinweise gegeben.

9. Wie ist die Evakuierung sichergestellt?

Eine sofortige Evakuierung der gefährdeten Bereiche ist nur in den Fällen, in denen eine frühzeitige Alarmierung erfolgte, eine geeignete Maßnahme. Grundsätzlich gilt, dass ein Verbleiben im Haus bei einer erfolgten Freisetzung den größtmöglichen Schutz für die Bevölkerung bietet. Erst nach dem Durchzug einer radioaktiven Wolke würde dann über eine Evakuierung der Gebiete zu entscheiden sein. Diese Entscheidung hängt von vielen Parametern (Intensität der Strahlung, Wetter, Ausbreitungsrichtung et cetera) ab.

Für die in jedem Fall zu räumende Zentralzone und die jeweils betroffenen Sektoren in der Mittelzone ist die Evakuierung vorgeplant und würde nach Feststellung ihrer Notwendigkeit durchgeführt werden.

10. Wann wurden in der Gefahrenzone zuletzt Jodtabletten ausgegeben?

Im Oktober 2005 wurden in der Gefahrenzone Jodtabletten ausgegeben.

11. Vom wem wurden sie ausgegeben?

12. Wer hat die Tabletten erhalten?

An die Haushalte, die sich in der Mittelzone (10 km) befinden, wurden Berechtigungsscheine ausgegeben. Damit konnten die Jodtabletten in einer Apotheke in Bergedorf abgeholt werden.

13. Sind die Tabletten noch wirksam?

Ja.

14. Wird die Versorgung mit Jodtabletten zu ändern sein aufgrund der neuen Ausbreitungsberechnungen?

a. Wenn ja, wie?

b. Wenn nein, warum nicht?

Die Planung und Vorbereitung der Versorgung mit Jodtabletten erfolgt bundeseinheitlich auf der Grundlage der Rahmenempfehlungen.

15. Für welchen Fall bieten Jodtabletten Schutz und für wie lange?

Jodtabletten bieten Schutz im Falle einer Freisetzung radioaktiven Jods bei einem kerntechnischen Unfall, wenn hohe Schilddrüsenbelastungen durch Jodinkorporation nicht ausgeschlossen werden können. Im Regelfall ist eine einmalige Einnahme im Ereignisfall ausreichend.

16. Hält der Senat den Schutz durch Tabletten für ausreichend?

Die Jodblockade kann die konzentrierte Speicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse verhindern. Für diesen Schutzzweck ist die Durchführung der Jodblockade eine von Bund und Ländern anerkannte Maßnahme und basiert auf den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (SSK). Sie ist aber nur eine von mehreren möglichen Schutzmaßnahmen, die bei einer Freisetzung von radioaktiven Stoffen zur Anwendung kommen können. 17. Spielt die neue Ausbreitungsstudie für den Senat bei der Beurteilung der Sicherheitslage von Krümmel eine Rolle?

Siehe Antworten zu 1. und 1. b.

a. Wenn ja, welche?

b. Welche Konsequenzen zieht der Senat gegebenenfalls daraus?

c. Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.