Gesetz

Bevorratung von Kaliumjodidtabletten für nukleare Katastrophenfälle

Die Strahlenschutzkommission und die Weltgesundheitsorganisation empfehlen, nach kerntechnischen Unfällen 130 mg Kaliumjodid zur Blockade der Schilddrüse einzunehmen (sogenannte Jodblockade). So könne das Risiko eines Schilddrüsenkarzinoms deutlich verringert werden. Denn kurz nach einem Reaktorunfall aufgenommenes nichtradioaktives Jod sättigt die Schilddrüse und verhindert dadurch die Speicherung von radioaktivem Jod, das in großer Menge bei einem Unfall freigesetzt und von der Bevölkerung über die Atemwege aufgenommen wird. Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden bevorraten deshalb Kaliumjodidtabletten mit hohem Jodgehalt, um diese bei Bedarf an die Bevölkerung auszugeben, sofern sie nicht schon unter bestimmten Voraussetzungen vorher an die Haushalte verteilt wurden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Wie lauten die aktuellen Empfehlungen der Strahlenschutzkommission zur Bevorratung von Kaliumjodidtabletten für nukleare Katastrophenfälle?

In dem von der Strahlenschutzkommission herausgegebenen Merkblatt „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall" werden keine Empfehlungen zur Bevorratung von Kaliumjodidtabletten getroffen.

2. Von wann stammen diese Empfehlungen? In welchen Punkten unterscheiden sie sich von den früheren Empfehlungen?

Das Merkblatt wurde von der Strahlenschutzkommission am 13./14. Dezember 2001 anlässlich des Fachgesprächs zur Jodblockade der Schilddrüse bei kerntechnischen Unfällen verabschiedet und durch die Merkblätter zur „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall" im Jahr 2004 ergänzt.

Geändert haben sich gegenüber früheren Merkblättern die Altersgrenze und der Dosisrichtwert (neu: 50 mSv) für die Einnahme von Jodtabletten bei Jugendlichen.

Weiterhin empfiehlt die Strahlenschutzkommission, die Planungen für die Jodblockade auch auf Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere auf eine Fernzone bis 100 km um ein Kernkraftwerk auszudehnen.

Diese Merkblätter wurden mit den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen" (in der Fassung vom 21. September 2008) bundesweit zur Anwendung vorgesehen.

3. Wie viele Kaliumjodidtabletten mit welchem Kaliumjodidgehalt werden für die Bevölkerung Hamburgs bevorratet?

Für die in einem Radius von 10 bis 25 Kilometern um das Kernkraftwerk Krümmel lebende Bevölkerung Hamburgs (circa 60.000 Haushalte) werden 1.728.000 Kaliumjodidtabletten bevorratet.

Eine Tablette enthält 65 mg Kaliumjodid.

4. Wann wurden diese Kaliumjodidtabletten beschafft?

Die Kaliumjodidtabletten sind im Oktober 2004 beschafft worden.

5. An welchen Orten werden diese Kaliumjodidtabletten vorgehalten?

Die Kaliumjodidtabletten für den 25-Kilometer-Planungsradius werden innerhalb Hamburgs gelagert. Für den 100-Kilometer-Planungsradius dagegen werden die Kaliumjodidtabletten außerhalb Hamburgs vorgehalten.

6. Wie viele Kaliumjodidtabletten wurden an wie viele Haushalte vorverteilt und in welchem Gebiet Hamburgs? (Bitte der Antwort Kartenausschnitt beifügen.)

Siehe Drs. 19/4032.

7. Nach welchen Kriterien sollen die Kaliumjodidtabletten an welche Teile der Bevölkerung vorverteilt beziehungsweise im Ernstfall verteilt werden?

Die Rahmenempfehlung differenziert zwischen allen Personen unter 45 Jahren sowie Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren und Schwangeren.

Eine Vorverteilung der Jodtabletten an die Haushalte erfolgt im 0 ­ 10 Kilometerradius. In der Zone von 5 ­ 25 Kilometern wird eine Vorhaltung der Jodtabletten bevölkerungsnah an mehreren geeigneten Stellen gewährleistet. Dies gilt auch für die Einsatzkräfte.

Des Weiteren erfolgt für den Bereich von 25 ­ 100 Kilometern eine Bevorratung in mehreren zentralen Lagern im gesamten Bundesgebiet.

8. Wie wird die rechtzeitige Verteilung der Kaliumjodidtabletten im Ernstfall sichergestellt?

Aufgrund einer ausreichenden Vorwarnzeit wird die betroffene Bevölkerung rechtzeitig zur Einnahme der vorverteilten Jodtabletten aufgefordert.

Parallel wird der übrigen Bevölkerung der Empfang und die anschließende Einnahme der Jodtabletten durch Verteilung oder Abholung an verschiedenen Orten ermöglicht.

9. Wie lange sind die Kaliumjodidtabletten haltbar?

Der Hersteller garantiert eine Haltbarkeit von zehn Jahren.

10. Inwieweit werden mit Ablauf der Haltbarkeit die Kaliumjodidtabletten entsorgt und durch neue ersetzt?

Eine Ersatzbeschaffung der Kaliumjodidtabletten für den 25-Kilometer-Planungsradius ist frühestens nach zehn Jahren vorgesehen. Die Entsorgung von Kaliumjodidtabletten kann in haushaltsüblichen Mengen als Restmüll erfolgen.

11. Wie viel kostet die Bevorratung von Kaliumjodidtabletten für die Bevölkerung Hamburgs und wer trägt diese Kosten?

Die Kosten für die Bevorratung von Kaliumjodidtabletten für die Bevölkerung Hamburgs haben im Oktober 2004 die Kernkraftwerksbetreiber übernommen; für Hamburg sind somit keine Kosten angefallen.

12. Inwieweit können in Hamburg Kaliumjodidtabletten von der Bevölkerung für die freiwillige Eigenbevorratung rezeptfrei in Apotheken erworben werden?

Kaliumjodidtabletten sind apothekenpflichtige Arzneimittel und ohne Vorlage einer ärztlichen Verschreibung in Apotheken erhältlich.

13. Welche Präparate stehen hierfür zur Verfügung?

Zur Jodblockade der Schilddrüse bei kerntechnischen Unfällen wurde das Präparat Kaliumjodid „Lannacher" 65 mg Tabletten vorverteilt; über weitere Präparate/Anbieter liegen keine Erkenntnisse vor.