Brummton im Hamburger Westen

Betreff: Brummton im Hamburger Westen (IV): Zahl der Beschwerden steigt! Die Ursachen dieser Lärmbelästigung müssen gefunden werden ­ Was wird getan?

Die Antworten des Senats auf meine diesbezüglichen Anfragen (vergleiche Drs. 19/3733, 19/3790 und 19/3951) machen deutlich, dass der „Brummton" keine Einzelerscheinung war, sondern seit dem Jahr 2001 von über 20 Bürgerinnen und Bürgern Beschwerden vorliegen.

Seit den jüngsten Medienberichten melden sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in meinem Büro, welche von ihren diesbezüglichen Beschwerden berichten: Der Ton wird meistens nachts wahrgenommen ­ und die Spekulationen über den Entstehungsort reichen von dem DESY-Teilchenbeschleuniger über Ausbaggerungsarbeiten an der Elbe und Arbeiten beim Airbus-Werk in Finkenwerder bis hin zum Umspannwerk in Wedel. Nach den mir vorliegenden mündlichen Beschwerden wurde der „Brummton" möglicherweise bereits 1995 wahrgenommen.

Die Wahrnehmung von Geräuschen mit überwiegenden Anteilen im Frequenzbereich zwischen 10 und 90 Hz (tieffrequente Geräusche) kann durch die im Immissionsschutz verbreitete A-Frequenzbewertung nicht immer ausreichend abgebildet werden. Hinzu kommt, dass tieffrequenter Schall beim Übergang in Gebäude nur wenig abgeschwächt wird und in geschlossenen Räumen mit gebräuchlichen Abmessungen sogar resonant verstärkt werden kann. In der Fachliteratur ist dieses Phänomen unter dem Begriff Extreme Low Frequency (des Weiteren: ELF) bekannt.

Daher frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) und des Deutschen Elektronen-Synchrotron Hamburg (DESY) wie folgt:

1.) In der Drs. 19/3733 berichtet der Senat, dass ihm aktuell nur eine Beschwerde vorliege. In der Drs. 19/3951 gibt der Senat bekannt, dass im Bezirksamt Altona seit dem Jahre 2001 23 Beschwerden vorgebracht wurden.

Wie erklärt der Senat diese Differenz?

Die in der Drs. 19/3951 genannten 23 Beschwerden seit 2001 sind abgearbeitet.

Sind die Beschwerden der vergangenen Jahre zur Zufriedenheit der Beschwerdeführer „erledigt" worden?

Wenn ja, wie und wodurch? Bitte einzeln aufführen.

Wenn nein, warum haben sich die Beschwerden dann nicht „erledigt" ­ und gelten sie heute noch als „offene Vorgänge/Fälle"?

Wenn nein, warum nicht?

Beschwerden im Jahr 2001:

Im Jahr 2001 beklagten sich alle Beschwerdeführer ausschließlich über Brummtöne außerhalb von Gebäuden.

· In einem Beschwerdefall wurden bei orientierenden Messungen des Bezirksamts tagsüber die Werte der DIN 45 680 erreicht. Nachtmessungen durch einen nach § 26 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) benannten Gutachter konnten dieses Ergebnis allerdings nicht bestätigen.

· In fünf Fällen wurden die Beschwerdeführer über den damaligen Erkenntnisstand zu dem Phänomen informiert und es wurden Messungen angeboten. Die Beschwerdeführer kamen jedoch nicht auf dieses Angebot zurück.

· Zwei Beschwerden gingen anonym ein und konnten daher nicht weiterverfolgt werden.

· Zwei Beschwerdeführer gaben an, einen Brummton gehört zu haben, der nun aber nicht mehr auftreten würde. Weitere Rückmeldungen erfolgten nicht, sodass diese Hinweise nicht weiterverfolgt werden konnten.

· Ein Beschwerdeführer meldete sich zweimal und informierte sich, wollte dann aber zunächst einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufsuchen. Eine weitere Rückmeldung erfolgte nicht, sodass diese Hinweise nicht weiterverfolgt werden konnten.

Beschwerden im Jahr 2003:

· In einem Fall wurde der Beschwerdeführer über den damaligen Erkenntnisstand zu dem Phänomen informiert und es wurden Messungen angeboten. Der Beschwerdeführer kam jedoch nicht auf dieses Angebot zurück.

· In einem Fall wurden die Werte der DIN 45 680 nicht erreicht.

· In einem Fall war eine Anlage im Gebäude für das Geräusch verantwortlich und wurde entsprechend ertüchtigt.

Beschwerden im Jahr 2004:

· In beiden Beschwerdefällen waren Lüftungsanlagen angrenzender gewerblicher Anlagen ursächlich. Den Beschwerden wurde durch Umbau beziehungsweise Betriebszeitenbeschränkung der Anlagen abgeholfen.

Beschwerde im Jahr 2005:

· Die Beschwerdeführerin klagte über ein Brummen in ihrer Wohnung. Bei zwei Messungen (tags/nachts) waren jedoch keine Geräusche feststellbar.

Beschwerden im Jahr 2007:

· In einem Fall wurden durch Messungen der zuständigen Behörde tieffrequente Schallanteile festgestellt; die in der DIN 45 680 genannten Werte wurden allerdings nicht überschritten. Diese Beschwerde besteht fort und wurde 2009 erneut vorgetragen.

· Eine Beschwerde ging ohne Nennung der Telefonnummer und der Belegenheit auf dem Anrufbeantworter ein. Nur über den Namen war über die Auskunft keine eindeutige Zuordnung möglich, sodass der Fall nicht weiterverfolgt werden konnte.

Beschwerden im Jahr 2008:

· In einem Fall bestätigten Messungen des Bezirksamts und der zuständigen Behörde (die Messungen erfolgten 2009) das Vorhandensein eines Brummtons. Das Geräusch nahm mit Abstand zum Gebäude ab und war in einer Entfernung von zehn Metern nicht mehr feststellbar. Als Ursache wurde eine Pumpe vermutet.

Allerdings konnte keine konkrete Anlage als Ursache festgemacht werden, sodass Abhilfe nicht möglich war.

· Eine Beschwerdeführerin klagte über tieffrequente Brummgeräusche im Haus.

Messungen der zuständigen Behörde ergaben, dass die Anhaltswerte der DIN 45

680 nicht überschritten wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass im Sinne der DIN keine erheblichen Belästigungen durch tieffrequente Geräuschimmissionen vorlagen.

2.) In der Drs. 19/3951 stützt sich der Senat in seinen Ausführungen zu den Betriebsgeräuschen auf dem Gelände des Deutschen ElektronenSynchrotron (DESY) auf Angaben des Betreibers.

Liegen dem Senat hierzu eigene Informationen vor dem Hintergrund von Recherchen und Messungen der zuständigen Behörden/eines beauftragten unabhängigen Gutachters vor?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

Es liegen keine eigenen Erkenntnisse vor. Es bestehen diesbezüglich auch keine Anhaltspunkte, dass derartige Untersuchungen notwendig wären, um immissionsschutzrechtliches Verwaltungshandeln initiieren zu können.

Wenn nein, auf welcher Basis kann der Betreiber dann davon ausgehen, keine tieffrequenten Geräusche zu produzieren? Hat der Betreiber insbesondere Prüfungen im nahen und fernen Umfeld seiner Anlage durchgeführt?

DESY hat Messungen über einen größeren Frequenzbereich durchgeführt. Es konnten keine Frequenzen im Bereich 800 bis 1.000 Hz an der Grundstücksgrenze gefunden werden, die über das Grundrauschen hinausgingen. Insbesondere hat DESY sorgfältig geprüft, ob es zeitliche Korrelationen mit dem Betrieb der Beschleuniger und dem Wahrnehmen des Brummtons durch einen Rissener Bürger gibt. Aus dem vorliegenden Datensatz lässt sich keine Korrelation erkennen.

3.) Der Senat führt in der Drs. 19/3951 aus, dass die wesentlichen Betriebsgeräusche beim Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) durch Gebläse von Kühltürmen, rieselndes Wasser in Kühltürmen und Transformatoren verursacht werden.

Werden grundsätzlich im Betriebsablauf hoch- oder tieffrequente Töne erzeugt, welche durch die vorhandenen Schutzmechanismen grundsätzlich gedämmt werden sollten?

Es gibt auf dem DESY-Gelände Geräusche in unterschiedlichen Frequenzbereichen (200 Hz bis 1.200 Hz). Diese Geräusche hört man allerdings nur, wenn man direkt vor den Anlagen steht. Diese vermischen sich dann mit Blätterrauschen, sodass an der Grundstücksgrenze neben dem Rauschen keine eindeutigen Geräusche zu identifizieren sind. Tiefere Frequenzen als 200 Hz wurden bei DESY nicht wahrgenommen.

4.) Sind die bei DESY vorhandenen Schallschutzwände speziell für die Abschirmung von tieffrequenten Tönen geeignet? Gibt es hierzu spezielle Anforderungen?

Wenn ja, welche?

Nein, tiefe Frequenzen werden wegen der langen Wellenlänge durch örtlich begrenzte Schallschutzwände nicht oder kaum absorbiert. Da bei DESY keine tieferen Frequenzen als 200 Hz wahrgenommen werden, sind Schallschutzwände zur Abschirmung tieffrequenter Töne nach Einschätzung von DESY nicht erforderlich.