Zustand der Landarbeiterhäuser

Die zehn historischen Fachwerkhäuser in Wohldorf-Ohlstedt sind 1937 für Arbeiter des nahe gelegenen staatlichen Pachtgutes Wohldorf errichtet worden. Die Bewohner hatten sich damals lebenslanges Wohnrecht in den Häuser und moderate Mieten erarbeitet. Das baulich marode Ensemble stand bis 2004 im Eigentum der Stadt und wurde dann an private Investoren mit der Auflage veräußert, innerhalb von zehn Jahren sämtliche Gebäude zu sanieren oder im Falle eines nicht vermeidbaren Abrisses originalgetreu unter Verwendung der Originalbausubstanz wieder aufzubauen. Seit dem Verkauf, also mehr als fünf Jahren tut sich vor Ort nichts Wesentliches; der bauliche Verfall schreitet fort.

Laut meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 29.04.2009 (Drs. 19/2939) sind in den zehn Häusern nur noch sieben Personen in vier Häusern gemeldet, das heißt, dass inzwischen sechs Häuser leer stehen. Der Senat selbst ist derzeit über den baulichen Zustand dieser Häuser nicht informiert, obwohl der Senat im Gegenzug in seiner Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 18/40) geantwortet hat, das Ensemble sei vertraglich, aber auch über die Verordnung zu § 172 BauGB vom 05.12.1989 geschützt.

§ 172 BauGB gibt der Stadt unter anderem die Möglichkeit, in speziell ausgewiesenen Gebieten den Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt von einer Genehmigung abhängig zu machen. Wenn schon jede Änderung der Genehmigung bedarf, sollte der Verfall erst recht verhindert werden.

Es hat den Anschein als ob die neuen Eigentümer hier bewusst die Sanierungsfrist ausnutzen, damit nach zehn Jahren alle Häuser leer stehen und dann natürlich zu deutlich höheren Preisen vermietet werden können. Dies gilt umso mehr, als nun im August 2009 ein weiteres Haus abgerissen wurde, obwohl laut der Senatsantwort auf meine Anfrage am 05.05.2009 noch keine Abrissgenehmigung beantragt worden sein soll.

Ich frage den Senat:

1. Aus welchem konkreten Grund wurden die Landarbeiterhäuser seinerzeit unter den Schutz der Verordnung zu § 172 BauGB vom 05.12. gestellt?

Der Verordnung vom 5. Dezember 1989 liegt ein Beschluss der Bezirksversammlung Wandsbek zugrunde. Ziel der Verordnung war, das städtebaulich und baugeschicht lich bedeutsame Ensemble vor Veränderungen zu schützen, die das Milieu beeinträchtigen würden, sowie es in seinem Zusammenhang zu erhalten.

2. Aus welchem Grund hat das Denkmalschutzamt diese Häuser nicht als denkmalwürdig eingestuft, sind sie vor allem doch stadtbildprägend und einzigartig für den Baustil der Vierzigerjahre?

Die zuständige Behörde hatte die Häuser zwar als denkmalwürdig eingestuft, schloss jedoch die Erhaltung als Denkmäler angesichts ihres Bauzustandes bereits zum Zeitpunkt ihres Verkaufes aus. Die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen würden einen zu großen Teil der Originalsubstanz vernichten.

3. Wurde in den Kaufvertrag eine Art Verpflichtung aufgenommen, dass eine Unterschutzstellung dieses Ensembles und/oder Teilen davon nicht erfolgen wird?

Wenn ja, warum?

Nein.

4. Wenn durch die Verordnung zu § 172 BauGB sichergestellt werden soll, dass durch die Genehmigungspflicht von Änderungen und/oder Rückbauten die städtebauliche Eigenart des Gebiets erhalten bleibt und der Senat dieses Gebiet bewusst schützen wollte, muss dann nicht erst recht ein Verfall der Gebäude vermieden werden?

Wenn ja, warum ist der Senat dann nicht über den aktuellen Zustand dieser Gebäude informiert?

Wenn nein, warum nicht?

Ja. Der Eigentümer hat die Pflicht, ein Gebäude vor dem Verfall zu schützen.

Für die zuständige Behörde besteht kein Zutrittsrecht. Im Übrigen siehe Drs. 19/2939.

5. Welche Sanierungsarbeiten wurden seit der Veräußerung im Jahr 2004 bislang an welchen Gebäuden wann durchgeführt?

Der Neubau und die Erweiterung des Hauses Brügkamp 1 wurden aufgenommen. Der Baubeginn war am 21. August 2007. Die Arbeiten am Gebäude sind noch nicht abgeschlossen.

6. Sind für die Durchführung der Sanierungsarbeiten öffentliche Genehmigungen erforderlich?

Wenn ja:

a. Welche Genehmigungen sind jeweils erforderlich (Bitte für jedes Gebäude getrennt angeben)? Ja. Für alle Häuser sind Genehmigungen nach § 61 Hamburgische Bauordnung (HBauO) (vereinfachtes Genehmigungsverfahren) und nach § 172 Baugesetzbuch (BauGB) (Erhaltungsverordnung) erforderlich.

b. Welche Genehmigungen wurden mit Ausnahme der für die Häuser Herrenhausallee 85 a, b und 87 bereits 2007 erteilten Baugenehmigungen, bislang von den Eigentümern beantragt?

Von den Eigentümern wurde der Rückbau und Wiederaufbau des Hauses Brügkamp 3 beantragt. Im Übrigen siehe Antwort zu 5.

7. Welchen Zeitraum wird nach dem Kenntnisstand des Senats die komplette Sanierung voraussichtlich noch in Anspruch nehmen?

Dem Senat liegen hierzu keine Angaben vor.

8. Beabsichtigt der Senat vor dem Hintergrund, dass innerhalb der zehn Jahre die Arbeiten abgeschlossen sein sollten, trotzdem die Zehnjahresfrist abzuwarten und erst dann die Käufer an ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erinnern?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, wann wird der Senat voraussichtlich in dieser Sache auf die Käufer einwirken?

Nein. Die zuständige Behörde erinnert die Eigentümer bereits jetzt halbjährlich an ihre vertraglichen Verpflichtungen.

9. Wurde für das benachbarte Grundstück ­ gegenüberliegend der Hausnummer 93 ­, auf dem sich derzeit diverse Gerätschaften wie Wohnwagen, Bagger div. Fahrzeuge befinden, ein Bauantrag gestellt?

Nein.

10. Wann wurde die Abrissgenehmigung für das erst im August 2009 abgerissene Gebäude beantragt?

Am 23. Juni 2009 für das Haus Brügkamp 3.

11. Aus welchem Grund wurde auch vor dem Hintergrund, dass die Käufer sich vertraglich verpflichtet hatten, diese Häuser zu sanieren, einem Abriss zugestimmt?

Es wurde im Baugenehmigungsverfahren die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung nachgewiesen (§ 172 Absatz 4 BauGB).

Wann wurde folglich die Abrissgenehmigung erteilt?

Am 14. August 2009.

13. Wie stellt die zuständige Behörde sicher, dass beim Wiederaufbau tatsächlich wie auch vertraglich vereinbart, die Originalbausubstanz wiederverwertet wird?

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren (siehe Antwort zu 6. und 6. a.) ist eine Überwachung nicht vorgesehen.

14. Ist der Behörde bekannt, wann dieses Haus originalgetreu nachgebaut fertiggestellt sein wird?

Nein.

15. Wo wird die Originalbausubstanz bis zur Verwertung beziehungsweise zum Neuaufbau, nun eingelagert?

Auf dem Grundstück Brügkamp 3.

16. Welches Material wird in diesem Fall für den Neuaufbau wiederverwendet werden?

Dies ist vom Bauherrn beziehungsweise Bauleiter während der Baumaßnahme zu entscheiden. Es ist zu prüfen, inwieweit die abgetragenen Baumaterialien noch verwendbar sind.

17. Wurde beim Verkauf dieser Immobilien vereinbart, dass die Sanierung der Häuser Priorität haben und die Variante Abriss/originalgetreuer Wiederaufbau nur die Notlösung darstellen sollte?

Wenn ja, warum greift der Senat nicht bereits jetzt ein, damit tatsächlich auch Sanierungen erfolgen?

Wenn nein, warum nicht?

18. Teilt der Senat meine Auffassung, dass es den Anschein hat, als ob die Käufer diese Häuser vorsätzlich verfallen ließen, da ein Neuaufbau für sie vorteilhafter ist, als eine Sanierung?

Wenn ja, was gedenkt der Senat, als Verkäufer dieser Immobilien, dagegen zu tun, damit nicht auch noch die anderen Bauten abgerissen werden?

Wenn nein, warum nicht angesichts der Untätigkeit der Käufer, die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen betreffend?

Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht.